Es gibt Artikel, die zu schreiben einem schwerer fallen als andere. Dieser hier wird mir als der bislang schwierigste meiner journalistischen Karriere in Erinnerung bleiben. Soeben erhielt ich die Nachricht, dass der deutsche Bassist, Pädagoge und Musikjournalist Ove Bosch gestern Abend im Alter von nur 51 Jahren an einem Herzinfarkt verstorben ist. Ove war mit Leib und Seele Familienmensch und hinterlässt eine Frau und eine Tochter.
Der breiten Masse wird Ove Bosch durch das Warwick Bass Camp bekannt sein, welches er von 2012 bis 2018 geradezu meisterhaft organisierte. Im Rahmen dieser weltweit beispiellosen jährlichen Bass-Workshopreihe arbeitete Ove mit so gut wie jedem „Big Name“ der Bassszene zusammen, darunter Victor Wooten, Steve Bailey, Alphonso Johnson oder Jonas Hellborg, um nur die Spitze des Eisberges zu nennen. Nach dem Ende des Warwick Bass Camps war er für die GuitCon und die von ihm initiierte BassCon Online tätig.
Als Endorser arbeitete er im Laufe der Jahrzehnte mit verschiedenen Companies, allen voran die Firma Warwick, für die er mehrere Workshoptouren spielte (u. a. mit Stu Hamm, Divinity Roxx, Chuck Rainey oder Bakithi Kumalo) und auch als Produktspezialist auf zahlreichen Messen arbeitete. Zuletzt benutzte Ove DR-Saiten, Klotz-Kabel und Gurte des deutschen Herstellers Richter.
Als Bassist und Sänger spielte Ove Bosch während der letzten 30 Jahre mit Künstlern wie Paul Gilbert (Mr. Big, Racer X), Phil X (Bon Jovi), Guthrie Trapp (Garth Brooks, Trisha Yearwood, Lyle Lovett), Devin Townsend, Chuck Rainey (Aretha Franklin, Quincy Jones), Stuart Hamm (Steve Vai, Joe Satriani), Divinity Roxx (Beyonce), Bakithi Kumalo (Paul Simon), TM Stevens (James Brown, Joe Cocker), John Lawton (Uriah Heep, Lucifers Friend), Joan Orleans, “Fast” Eddy Wilkinson, Matthias Simoner (Christina Stürmer), Bodo Schopf, Marianne Sägebrecht, Günther Illi und vielen mehr. Als stilistisch wandelbaren Bassisten konnte man ihn aber auch bei Shows wie „Hair“, „Jesus Christ Superstar“, „Mamma Mia“, „We Will Rock You“, „Disney in Concert“, „Weltweihnachtscircus Stuttgart“ etc. erleben. Auch war er festes Mitglied der Mundart-Band Wendrsonn.
Ove war ein leidenschaftlicher Pädagoge und unterrichtete u. a. beim Warwick BassCamp, der Mediterranean Music School, sowie diversen Musikschulen, Akademien etc. Im Jahr 2015 erschien mit „Bass Vertiefung“ Oves erstes Bass-Lehrbuch, das er sehr erfolgreich im Eigenvertrieb herausbrachte. Seit 2013 unterhielt er einen eigenen Youtube-Kanal, den er während der letzten Jahre fortwährend mit interessantem Bass-Content fütterte, darunter Reviews, Interviews und Konzert-Mitschnitte.
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Kennengelernt habe ich Ove Bosch vor vielen, vielen Jahren in der Redaktion des Bassmagazins „Bass Professor“, wo wir schnell gute Freunde wurden. Unvergessen sind mir zum Beispiel die vielen Frankfurter Musikmessen, bei denen wir den Messestand des Magazins betreuten, Messe-News zusammentrugen – oder früh morgens gemeinsam den Messe-Notarzt aufsuchten, weil sich Ove beim Duschen mit unerwartet viel zu heißem Duschwasser den Oberkörper verbrüht hatte. Nach dem „Bass Professor“ schrieb er u. a. für „BassQuarterly“ sowie „Gitarre & Bass“.
In der Corona-Zeit hielt Ove – wie unzählige andere Musiker auch – Ausschau nach einem neuen Standbein: An einer allgemeinbildenden Schule wurde er Musiklehrer und erzählte mir erst kürzlich in einem unserer gelegentlichen Telefonate, wie froh er sei, seinem Leben diese neue Konstante hinzugefügt zu haben!
Apropos Konstante: Wer Ove noch aus früheren Zeiten kannte, konnte während der letzten Jahre seinen Augen nicht recht trauen, denn aus dem einstmals gemütlichen Schwergewicht war binnen weniger Jahre ein ernährungsbewusster Sport-Fan geworden, der sein Faible für Capoeira entdeckt hatte und „mal eben“ mit dem Fahrrad Hunderte von Kilometern nach Sylt in den Urlaub fuhr.
Das Wichtigste aber war wie immer für die Augen unsichtbar: Ove blieb all die Jahre ein bemerkenswerter und wunderbarer Mensch, gesegnet mit einem sensationellen Humor und jeder Menge Wortwitz. Oberflächlichkeit war ihm fremd! Ich erinnere mich gut an eine Situation, in der wir bei einem Besuch in der Küche der Bosch-Familie saßen und uns YouTube-Videos anschauten, in denen amerikanische Soldaten auf Heimaturlaub ihre nichtsahnenden Familienmitglieder überraschten. Es dauerte nicht lange, und ich sah Tränen der Rührung an Oves Gesicht herunterlaufen. So war er: Eine gute Seele, die stets an das Gute glaubte, gleichermaßen den Blick ins Innere wie auf das weltpolitisch große Ganze richtete, und die bereit war, das eine wie das andere anzupacken und zum Positiven zu verändern. Ein Mensch mit Überzeugungen – ausgestattet mit einem riesigen, allseits offenen Herzen. Und ein fantastischer Freund, den man jederzeit um einen guten Rat ersuchen konnte!
Du wirst uns fehlen, Ove! Danke für alles! Danke, dass wir dich kennenlernen und Zeit mit dir verbringen durften. Irgendwann sehen wir uns wieder, dann nenne ich dich wieder „mein Rehkitz“ und wir lachen uns kaputt und sinnieren wieder über „Gott und die Welt“, wie wir es immer getan haben. Deiner wunderbaren Familie wünsche ich alle Kraft der Welt! Dein Freund “Larsemann”
Um die immensen wirtschaftlichen Unwegsamkeiten in dieser Situation abzufedern, kann man Ove Boschs Familie durch eine Spende auf folgendes Konto unterstützen:
- Institut: ING DiBa
- Empfängername: Bosch
- Betreff: „Spende für Ove“
- IBAN: DE84 5001 0517 5434 7753 08
- BIC: INGDDEFFXXX
Zur Erinnerung habe ich eine Compilation eines Auftritts von Ove Bosch mit Paul Gilbert aus dem Jahr 2009 herausgesucht. Hier erleben wir Ove als zuverlässigen Sideman des berühmten US-Gitarrenhelden – mit den für Ove so typischen satten Grooves und einem Top-Basssound!
Denis sagt:
#1 - 22.06.2022 um 21:12 Uhr
Das kam erschreckend überraschend. Ich wünsche seinen Hinterbliebenen viel Kraft.
Marco Minner sagt:
#2 - 23.06.2022 um 13:48 Uhr
Lieber Lars, ein wunder- und würdevoller Nachruf. Ove wäre zu Tränen gerührt. Möge er die ewige Ruhe finden. Die Welt ist um einen wertvollen Pädagogen, super Bassisten und Kollegen, und nicht zuletzt einen tollen Menschen ärmer. Einfach nur schade.
Juergen Boxberger sagt:
#3 - 25.09.2022 um 10:55 Uhr
Er ist viel zu früh gegangen. Aber seine Musik wird bleiben. Danke, Ove!
Maximilian Ebner sagt:
#4 - 12.10.2023 um 06:58 Uhr
Er war ein wunderbarer Musik Lehrer er wird immer in meinem Herzen sein