Man kann über Amazon sagen, was man möchte, aber mit der Musikauswahl zu ihren Werbespots beweist die Marketing-Abteilung immer wieder Geschmack. Einer der kürzlich verwendeten Songs ist „Memphis Soul Stew“ vom amerikanischen Saxophonisten King Curtis. Dessen Karriere begann zunächst in den Jazzbands von Lionel Hampton und Horace Silver etc. Doch Curtis’ Leidenschaft galt insgeheim stets dem Soul und dem Rhythm&Blues. Mit seiner eigenen Band, den Kingpins, veröffentlichte er mehrere Alben. Am Bass: Kein Geringerer als Basslegende Jerry Jemmott, den sogar der große Bass-Innovator Jaco Pastorius als eines seiner Vorbilder bezeichnete. 1967 erschien die Single „Memphis Soul Stew“, welche musikalisch das Rezept eines „Soul-Eintopfs“ (engl. Stew) beschreibt. Der Song entwickelte sich aus mehreren Gründen zum Bass-Klassiker: Schon die Intro startet Jerry Jemmott im Alleingang und zementiert damit sofort einen beinharten Groove. Danach folgt eine Bassline, die rhythmisch, melodisch und auch spieltechnisch viel Gutes zu bieten hat!
„Memphis Soul Stew“ – Video
Hier wie immer das originale Video zum Song:
„Memphis Soul Stew“ – Rhythmik
Zurzeit der Aufnahme von „Memphis Soul Stew“ nahmen Bands und Künstler so gut wie immer alles live und ohne Click Track auf. Auf der Aufnahme „menschelt“ es dementsprechend. Aber genau das macht den Reiz aus und sorgt für die Lebendigkeit des Song!
Nicht selten wird dieser Song zurecht als Sechzehntel-Übung herangenommen, bietet er doch zahlreiche unterschiedliche Kombinationen: Pulsorientiertes Spiel wechselt sich regelmäßig mit verschiedenen Synkopen (Akzente, die nicht auf den Puls fallen) ab. Schon in der Intro spielt Jerry Jemmott ein Pattern, welches die ersten drei Pulsschläge betont und den vierten um eine Sechzehntel antizipiert. Es geht es schon ganz schön „busy“ zu!
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Wenn der eigentliche Song startet, wechseln auch die Akzente der Bassline. Nun wird anstelle der Zählzeit 4 die 3 um eine Sechzehntel antizipiert. Am Ende der Form wirft Jerry noch eine rhythmische Überlagerung mit in den „Soul-Eintopf“: Eine Gruppe von drei Sechzehnteln verschiebt hier die Schwerpunkte in Relation zum Puls, der in vier Sechzehntel unterteilt ist. Mit einem Tempo, das munter um die 114 bpm schwankt, ist „Memphis Soul Stew“ nicht nur rhythmisch, sondern auch spieltechnisch eine schöne Herausforderung!
„Memphis Soul Stew“ – Tonmaterial
„Memphis Soul Stew“ ist im Wesentlichen ein Blues in A-Dur. Verwirrung stiftet zunächst die Intro, denn wir starten auf der Dominante (V. Stufe) E7. Daher hat man zunächst das Gefühl, dass wir uns in E-Dur befinden, doch wir werden schnell eines Besseren belehrt.
Noch ein Stolperstein: Die Töne von A-Dur lauten bekanntlich A, B, C#, D, E, F# und G#. Schon auf der Tonika (I. Stufe) A finden wir aber den Ton G. Und auch bei der Subdominante (IV. Stufe) D taucht ein C anstelle des C# auf. Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir uns in einer anderen Tonart befinden oder die Band falsch spielen würde!
Vielmehr haben wir es mit einer authentischen Blues-Färbung zu tun, denn die Form eines einfachen Blues besteht aus Dominantsept-Akkorden der drei Hauptstufen (I, IV, V). Die Septime von A7 ist daher also G; die von D7 lautet C. Die Klangfarbe der kleinen Septimen erzeugt also den typischen Blues-Sound, gleichzeitig bleiben wir aber klar in der Tonart A-Dur.
Jerrys Bassline setzt in der Intro auf den Grundton. Als Variation benutzt er die E-Dur-Pentatonik. Danach startet die eigentliche Bluesform. Hier verschiebt Jerry über alle drei Akkorde ein Pattern aus Grundton, Quinte, Septime und Oktave. Mit ganz wenigen Ausnahmen bleibt er diesem Pattern treu und setzt klar auf Repetition. Im letzten Takt der Form leitet Jerry erst skalar und dann chromatisch von der ersten Stufe A zur fünften Stufe E.
„Memphis Soul Stew“ – Basssound
Schon allein das Jahr 1967 lässt mit ziemlicher Sicherheit darauf schließen, dass Jerry Jemmott auf die damals alles dominierende Kombination aus Fender Precision Bass, Flatwound-Saiten und Ampeg B15-Bassverstärker gesetzt hat. Viele Alternativen gab es auch nicht zu dieser Zeit. Und auch der Sound auf „Memphis Soul Stew“ unterstützt diese Annahme.
Wer diese Kombination nicht gerade zu Hause herumliegen hat, kommt auch mit einem P-Style Bass bzw. dem Halstonabnehmer eines J-Style Basses schon sehr weit. Ein Schwamm oder Ähnliches in der Nähe der Bridge unter die Saiten geklemmt hilft zusätzlich, sich dem Originalsound anzunähern. Unterstützend kann außerdem ein Absenken der Höhen und ein Boost der Tiefmitten wirken.
Einige externe Bass-Preamps bieten auch Simulationen des Ampeg B15 – wie zum Beispiel die SGT DI von Ampeg selbst, die auch bei meinem Soundbeispiel zum Einsatz kam.
„Memphis Soul Stew“ – Transkription
Hier findet ihr die Transkription in Noten und TABs sowie ein von mir eingespieltes Klangbeispiel. Um dem Original halbwegs gerecht zu werden, habe ich versucht, ein relativ rohes „Live-Feeling“ zu erhalten und auf die Hochglanz-Politur (Nachbearbeitung) verzichtet.
Viel Spaß und bis zum nächsten Mal, euer Thomas Meinlschmidt