Die Wurzeln der amerikanischen Band No Doubt reichen zurück bis ins Jahr 1986. In ihrer kalifornischen Heimat feierte die Gruppe erste Erfolge als Ska-Band. Aber erst mit ihrem Richtungswechsel hin zu Pop und New Wave gelang der große Durchbruch. Verantwortlich dafür war ihr Album „Tragic Kingdom“, welches 1993 erschien und der Band mit „Don’t Speak“ den ersten weltweiten Hit bescherte. Nach einer Dekade des Erfolges war es Zeit für eine „Singles Collection“. Dies enthielt auch den Cover-Titel „It’s My Life“, der im Jahr 1984 ursprünglich von Talk Talk intoniert worden war. In seiner originalen Fassung ist der Song 80’s-Synthie-Pop vom Feinsten. No Doubt drehten dann in ihrer Version “alle Regler auf 11” und machten daraus eine ganz eigene Version. Bassist Tony Kanal übernahm größtenteils die geniale Bassline des Originals mit zahlreichen melodischen Elementen, drückte dieser aber auch seinen eigenen Stempel auf. Das Resultat ist ein in jeder Hinsicht bassistischer Leckerbissen!

„It’s My Life“ – Originalvideo
Das originale Video zeigt nicht nur einen wie immer spektakuläre Auftritt von Sängerin Gwen Stefani, sondern auch das schauspielerische Talent von Bassist Tony Kanal:
„It’s My Life“ – Rhythmik
Wie bereits beim Original hat man den Vers sehr luftig gehalten – dies gilt für sämtliche Instrumente wie auch für den Gesang. Die auffälligen Merkmale der Bassline ist die antizipierte (vorgezogene) Zählzeit 1, die für eine Art „Beschleunigungs-Effekt“ sorgt. Es folgen zwei Akzente auf der 2 und der 3, um die Sache wieder etwas zu beruhigen.
Im Pre-Chorus erhöht sich die Anzahl der antizipierten Noten, da jetzt auch noch die 3 um eine Achtel vorgezogen wird. Diese Maßnahme verstärkt das nach vorne treibende Feeling des Tracks umso mehr. Lange Ketten aus Achtelnoten verdichten die Bassline, sorgen für Dynamik und Kontrast im Vergleich zum Vers.
Im Chorus gibt es dann Vollgas, da sämtliche Instrumente inklusive des Gesangs das gleiche Riff spielen, was für maximalen Schub sorgt. In Sachen Dynamik werden hier also abermals zwei Gänge hochgeschaltet. Die vorgezogene 1 bleibt erhalten und pusht den Chorus ordentlich nach vorne.
„It’s My Life“ – Tonmaterial
Der Song ist ein schönes Beispiel dafür, wie harmonisch vielfältig Popmusik in den 80er-Jahren noch war – angesichts der Fließband-Ware, die heute das Radioprogramm dominiert, gerät das leider manchmal in Vergessenheit. Zunächst starten wir in der Tonart E-Moll. Tony beschränkt sich auf die Grundtöne der jeweiligen Akkorde plus die Septime oder Sechste als Wechselnote.
Im Pre-Chorus modulieren wir mit der Dominante F7 nach Bb-Moll mit – auweia – ganzen sechs B-Vorzeichen! Hier geht es mit einer melodischen Bassline aus Arpeggios, Tonleiter und Pentatonik richtig rund. Diese Mischung ist für mich tatsächlich ein kleiner Geniestreich und kommt nach dem spärlichen Vers wie aus dem Nichts.
Der Chorus entwickelt dann maximale Power mit einem Unisono-Riff von Gitarre und Bass, welches auf vier Tönen der Bb-Moll-Pentatonik basiert. Nachdem sich alles einmal wiederholt, finden wir noch eine Bridge, in der die Tonart kurzzeitig nach B-Moll moduliert. Tony wählt hier den Grundton, die Quinte und die Septime für seine Begleitung aus.

„It’s My Life“ – Spieltechnik & Basssound
Tony Kanal kennt man eigentlich fast nur mit seinen Yamaha-Bässen der BB-Serie mit PJ-Pickupbestückung. Es gibt auch keinen Hinweis darauf, dass er für die Aufnahmen zu „It’s My Life“ etwas anderes benutzt hätte. Sein kraftvoller Anschlag mit den Fingern ist ebenfalls wichtiger Bestandteil seines Sounds. Bereits im Intro ist ein Fuzz-Effekt zu hören, welches im Vers und Pre-Chorus aber wieder verschwindet – aber nur, um im Chorus mit noch mehr Wucht und Verzerrung zurückzukehren.
Im Outro klingt es dann so, als würde zusätzlich ein Octaver ins Spiel kommen. Sicher bin ich mir nicht, schaden kann es aber auch nicht. Ansonsten hört man im Basssound noch warme Sättigung und einen Schuss Kompression. Beides kann entweder durch einen Verstärker mit Box oder externes Studio-Equipment, wie einen Preamp und einen Kompressor, zustande gekommen sein.
„It’s My Life“ – Transkription
Hier findet ihr die Noten, TABs und das von mir eingespielte Playback.
Viel Spaß mit diesem 90er-Kracher und bis zum nächsten Mal, euer Thomas Meinlschmidt