Vor nicht allzu langer Zeit haben wir das Lebenswerk der am 24.5.2023 verstorbenen Jahrhundertsängerin Tina Turner bereits mit einem Workshop zum Song „Simply The Best“ gewürdigt. Kaum jemand wird mir wohl widersprechen, dass bei dieser Legende ein einziger Song einfach zu wenig ist. Daher gibt es heute mit „Private Dancer“ aus dem gleichnamigen Album etwas Nachschub. Der Song ist nicht nur ein Paradebeispiel für Tinas unglaubliche Gesangskünste und emotionale Tiefe, sondern hat auch musikalisch eine Menge zu bieten. Geschrieben wurde „Private Dancer“ von Mark Knopfler, der seinen Dire-Straits-Kumpel John Illsley für den Basspart verpflichtete. Illsley zeigt hier eindrucksvoll, wie man einen Song einfach aber effektiv und vor allem dynamisch begleiten kann. Dabei mischt er klassische Elemente aus Pop und Soul bzw. R&B. Und auch das Arrangement von „Private Dancer“ ist geradezu eine Art “Masterclass” in Sachen Spannungsbögen und Dynamik.
„Private Dancer“ – Originalvideo
Hier wie immer zunächst das originale Video zum Song:
„Private Dancer“ – Rhythmik
Hier findet sich nichts wirklich Spektakuläres, doch die Bassline trägt entscheidend zum zur Struktur des Songs bei. Im Intro haben wir es mit einem zweitaktigen Pattern zu tun. Die Schwerpunkte liegen auf den Zählzeiten 1, 3 und 4 +. John Illsley nutzt kleine rhythmische Variationen, um eine vier- bzw. achtaktige Abschnitte zu schaffen. Das hält die Sache zu jeder Zeit spannend!
Im Vers wechseln die Schwerpunkte dann zu 1 und 3 im ersten bzw. 1 und 2+ im zweiten Takt. Schon im ersten Vers verdichtet John Illsley seine Bassline, um die Spannung bis zum Chorus aufzubauen. Der zweite Vers enthält dann noch einmal mehr Noten. Im Chorus geht es etwas geradliniger aber auch etwas lebhafter zu. Kleine Variationen mit Sechzehntel-Noten lockern das Ganze auf und sorgen für Bewegung.
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„Private Dancer“ – Tonmaterial
Der Vers von „Private Dancer“ befindet sich in E-Moll. Neben den leitereigenen Tönen E, F#, G, A, B, C und D nutzt John auch chromatische Leittöne, um zum nächsten Zielton zu führen. Im Chorus wechseln wir dann in die parallele Dur-Tonart G. Hier zitiert John die beliebte Soulformel „Grundton-Quinte-Sechste“ über die erste (G) und fünfte Stufe (D). Komponist Mark Knopfler hat mit ein paar Leihakkorden aus Moll und anderen Kadenzen noch ein paar „Einser-Bremsen“ eingestreut. Hier hält sich John Illsley aber stets an die Grundtöne und geht kein Risiko ein.
Insgesamt lässt sich Ähnliches wie bei der Rhythmik feststellen: John Illsley nutzt kleine Variationen, um den Song zu strukturieren und dynamisch aufzubauen. Er verdichtet die Bassline geschickt im Chorus und tritt dann wieder auf die Bremse. Auch der zweite Vers ist zum einen etwas anders, zum anderen auch etwas lebhafter als der erste. Fills oder wilde Läufe sucht man vergebens – sie wären aber sicher auch viel zu aufdringlich für die intime Stimmung des Songs.
„Private Dancer“ – Basssound
John Illsleys Basssound lässt sich als „positiv unspektakulär“ beschreiben. Illsley, der an Leukämie erkrankt war und sich im Jahr 2011 einer zum Glück erfolgreichen Stammzellentherapie unterzog, liebt seinen Fender Precision Bass – daher kam er bei dieser Session zum Einsatz. Einen Bassverstärker und eine Bassbox höre ich nicht, daher vermute ich mal, dass der Bass über einen Preamp aufgenommen wurde.
Ein leichter Boost in den tiefen Mitten und ein leichter Cut der höheren Mitten plus etwas Kompression sollten uns dem Ergebnis schon nahebringen. Und hat man gerade keinen P-Bass zur Hand, so tut es natürlich auch der Halstonabnehmer eines Jazz-Basses. Hier sollte man vielleicht die Tonblende noch etwas zurückdrehen.
„Private Dancer“ – Transkription, Playback
Bis zum nächsten Mal, euer Thomas Meinlschmidt