Was waren die 80er-Jahre doch nur für ein wildes und schrilles Jahrzehnt mit einem ganz besonderen Lebensgefühl! Nur wenige Songs dieser Dekade schaffen es, die Stimmung dieser Zeit so gekonnt einzufangen, wie „Wake Me Up Before You Go-Go“. Der Mega-Hit des britischen Duos WHAM! feiert das Leben und macht einfach immer wieder gute Laune. Neben der gelungenen Komposition aus der Feder George Michaels trifft das besonders auf die Bassline des WHAM!-Bassisten Deon Estus zu, der gnadenlos groovt und den Song gelegentlich mit kleinen Fills und Slap-Reißern (Pops) anreichert.
„Wake Me Up Before You Go-Go“ – Video
Hier wie immer zunächst das Original im Video:
Rhythmik
Bereits im Intro fällt auf, dass wir es mit einem Swing-Feeling zu tun haben. Die Achtelnoten in der Transkription werden also nicht binär (gerade) interpretiert. Der Vers besteht aus einem zweitaktigen Pattern: Takt 1 betont die Pulsschläge, Takt 2 ist rhythmisch etwas aufgelockerter.
Im Pre-Chorus spielt die Band dann Unisono-Akzente auf der 1 und der 2+. Hatten wir es bisher mit einem Swing-Feeling zu tun, wechselt Bassist Deon Estus im Chorus dann gänzlich zu einem Shuffle. Diese Verdichtung verleiht dem Groove noch einmal zusätzlich Drive und Dynamik.
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Für seine Bass-Fills greift Deon Estus gerne auf Achteltriolen zurück, und im Interlude gesellen sich dann noch zwei auffällige Vierteltriolen (gespielt zusammen mit den Bläsern) dazu. Im Prinzip haben wir es in „Wake Me Up Before You Go-Go“ also mit der ganzen Bandbreite triolischer Variationen zu tun. Zusammen mit dem flotten Tempo von ca. 162 bpm ist der Song durchaus eine rhythmische Challenge.
Tonmaterial
Der Track befindet sich in C-Dur und nutzt die entsprechenden Stufenakkorde (bestehen nur aus Tönen der Tonleiter!) als harmonische Basis. Auch Deon Estus greift auf die Töne C, D, E, F, G, A, B (das deutsche H) zurück. Für eine coole bluesige Färbung schmuggelt er jedoch ab und zu das Bb – die kleine Septime – in seine Bassfiguren.
Im Vers reduziert sich Estus aber hauptsächlich auf den Grundton des jeweiligen Akkordes. Abweichungen davon dienen als kleine Farbtupfer, sind aber nicht essenzieller Bestandteil der Bassline. Neben der erwähnten kleinen Septime Bb gesellen sich noch hin und wieder chromatische Überleitungen dazu.
Im Chorus bedient sich Deon einer altbekannten und bewährten Formel aus den Genres Soul bzw. Motown der 1960er-Jahre: Grundton, Quinte und Sexte bilden hier ein melodisches Motiv, um Dur-Akkorde darzustellen. Für Moll-Akkorde hingegen kommen der Grundton, die Quinte und die Septime zum Einsatz.
„Wake Me Up Before You Go-Go“ – Basssound
Deon Estus ist sicherlich nicht jedem ein Begriff. Der 1956 in Detroit geborene Musiker, der in den frühen 80er-Jahren nach Europa übersiedelte, hatte jedoch sehr beachtliche Sideman-Karriere vorzuweisen. Unter seinen Auftraggebern befinden sich neben WHAM! keine Geringeren als Marvin Gaye, Harvey Mason, Tina Turner, George Clinton – und später auch George Michael während seiner Solokarriere nach WHAM!. Zudem genoss Deon in seiner Jugend Unterricht bei Motown-Legende James Jamerson. Deon Estus verstarb viel zu früh im Jahr 2021 im Alter von gerade einmal 65 Jahren.
Über das bei den Aufnahmen zum Song verwendete Equipment konnte ich nicht wirklich etwas herausfinden. Deons Basssound klingt für mich nach einem etwas moderneren Instrument mit einer anderen Pickup-Konfiguration als ein herkömmlicher Fender Precision oder Jazz Bass, möglicherweise auch ausgerüstet mit einer Aktiv-Elektronik. Man sollte „Wake Me Up Before You Go-Go“ grundsätzlich aber mit jedwedem Bass problemlos nachspielen können.
„Wake Me Up Before You Go-Go“ – Transkription
Viel Spaß und bis zum nächsten Mal, euer Thomas Meinlschmidt