Die hier vorgestellten Geräte, Synthesizer und Plug-ins taugen nicht nur für einen authentischen Retro-Sound, sondern auch für hypermoderne Produktionen. Deswegen ist diese Aufzählung nicht nur für Nostalgiker und Fans von 8-Bit-Sounds interessant – auch für aktuelle Musik könnt ihr diese Sachen gebrauchen. Wir präsentieren „die besten Chiptune Synthesizer“, hier aber nach den Hardware-Vorlagen sortiert.
Commodore 64
Der Soundchip des 1982 veröffentlichten C64 hat einen legendären Ruf. Der dreistimmige SID arbeitet mit subtraktiver Synthese und hat neben den Schwingungsformen Dreieck, Sägezahn, Rechteck und Rauschen auch ein (analoges) Multimode-Filter, eine ADSR-Hüllkurve sowie einen Ringmodulator im Angebot.
Die schwedischen Entwickler Elektron haben mit der längst nicht mehr erhältlichen SIDstation ihren erstes Produkt und ein seltenes Sammelobjekt geschaffen. Wer etwas Vergleichbares in Form eines Hardware-Synthesizers benutzen will, sollte sich mal Twisted Electrons therapKid ansehen. Auch wenn die Klänge nicht sehr authentisch sind, nimmt das Gerät aber das Konzept des SID auf und erweitert dies um einige Möglichkeiten. Hier könnt ihr den therapKid kaufen (Affiliate).
Es muss aber auch nicht Hardware sein, denn die Software Emulation ist verdammt gut und vielfältig. Ton-Geraet 1 (SyS TG-1) läuft zum Beispiel auf Windows und kostet nicht viel. Wenn ihr Reaktor von Native Instruments benutzt, solltet ihr das kostenlose Ensemble INSIDIOUS 6581 checken. Eine besondere Empfehlung ist SidTracker64: Die iOS-App klingt unglaublich authentisch und ihr könnt die fertigen Tunes nicht nur als Audio, sondern auch im originalen „.SID-Format“ und sogar als PRG-File exportieren. Das lässt sich auf dem originalen C64 laden und abspielen.
Für dich ausgesucht
- Sono Elements RetroByts – C64 und NES Retro-Sounds in einem Synthesizer
- Analogue Pocket: Das HD Gaming Handheld mit Synthesizer und Sequencer
- Plogue chipsynth SFC: Plug-in emuliert Soundchip des Super Nintendo
- SEGA MegaDrive Synthesizer: DIY FM-Monster mit MIDI- und CV-Steuerung
- Impact Soundworks bringt SID-Emulation inSIDious offiziell raus!
Apropos: Falls ihr noch einen „Brotkasten“ im Keller oder auf dem Dachboden habt, erlaubt euch das MSSIAH Cartridge den alten Computer direkt in einen Synthesizer zu verwandeln. In dem Modul steckt ein MIDI-Eingang und „midifiziert“ sozusagen den alten Computer. Außerdem stecken hier vier verschiedene Anwendungen drin, für knapp 50 Euro ein Geheimtipp!
Nintendo NES
Die Klangerzeugung des NES ist im Vergleich zum C64 eher einfach, hat aber trotzdem einen eigenen Charme. Speziell die zwei Rechteck-Schwingungsformen mit variabler Pulsbreite, die Dreieck-Schwingungsform und der Rauschgenerator prägen hier den Sound.
Als Hardware nimmt sich mal wieder ein Gerät von Twisted Electrons diese Ästhetik vor. Das neuere hapiNes L wurde im Vergleich zum Vorgänger verbessert und bietet MIDI- und Sync-Optionen. Das Plug-in Magical 8bit Plug von der japanischen Musikgruppe YMCK ist kostenlos für macOS und Windows erhältlich und klingt sehr nah am Original. Das auf Samples basierende Plug-in Famidrums spezialisiert sich wiederum auf die Drum-Sounds der japanischen 8-Bit-Konsole.
Nintendo Game Boy
Wenn hier von Chiptunes und Nintendo geredet wird, darf der Game Boy einfach nicht fehlen. Kaum ein Gerät ist so populär unter Chiptune-Musikern. Hier ist das Original tatsächlich auch nach wie vor die erste Wahl, ansonsten solltet ihr auf Emulationen zurückgreifen.
Zwei Tools/Apps sind erwähnenswert: Little Sound DJ (LSDJ) ist als Originalmodul nur für recht viel Geld gebraucht zu bekommen. Die Software könnt ihr aber auch als Download kaufen und mit einem Emulator benutzen, oder auf einer kompatiblen Flash-Karte für den Game Boy installieren.
Einfacher zu bekommen und genauso empfehlenswert ist Nanoloop von Oliver Wittchow. Das gibt es in den verschiedensten Ausführungen für den original Game Boy, den Game Boy Advance und sogar demnächst als eigenständige Hardware. Eine Variante verwandelt das Oldschool-Handheld sogar in einen analogen Mono-Synthesizer. Die abstrakte Oberfläche für den integrierten Sequencer und die Klangerzeugung ist bei allen Varianten gleich geblieben, es gibt sogar eine App für Android und iOS! In dem im nächsten Jahr erscheinenden Handheld Analogue Pocket ist Nanoloop übrigens ebenfalls enthalten.
Schneider (Amstrad) CPC, Sinclair ZX Spectrum, Atari ST
Was sollen diese drei Kisten denn bitte gemeinsam haben? Richtig, die Klangerzeugung mit einem AY-3-8910 beziehungsweise YM2149 Soundchip. Und wer bietet da einen passenden Hardware-Synthesizer an? Richtig, die Menschen von Twisted Electrons! Diesmal hört das Gerät auf den Namen AY3 mkII. Als AY3 Module gibt es sogar eine Variante für das Eurorack! Hier bekommt ihr den AY3 mkii (Affiliate) und hier das Eurorack Modul (Affiliate). Als Software kommt das kostenlose ymVST für Windows in Frage.
Sega Mega Drive
Wer AY-3-8910 sagt, muss auch YM2612 sagen (altes 8-Bit-Sprichwort). Im Mega Drive schlummert nämlich dieser Soundprozessor. Zwei Softwareschmieden haben sich eingehend damit beschäftigt: Plogue chipsynth MD und Inphonik RYM2612 nehmen sich beide die kantige FM-Synthese dieser Konsole vor. Beide sind gut – ihr habt also die Qual der Wahl. Die Boutique-Hardware DAFM Synth ist für Menschen, die Hardware bevorzugen und mit dem optionalen DIY Kit sogar was zum Selbermachen haben.
Und sonst?
Plogue chipsounds darf bei einer Liste über Chiptune-Synthesizer einfach nicht fehlen! Das Plug-in für Windows und macOS beschäftigt sich nicht mit einer spezifischen Vorlage, sondern ist so eine Arte eierlegende Wollmilchsau. D10 Labo LowBitSyn ist gratis (oder etwas aufgepeppt kommerziell) erhältlich. Sono Elements RetroByts nimmt sich Schwingungsformen von NES und C64 vor. SocaLabs hat gleich eine ganze Reihe von kostenlosen Plug-ins veröffentlicht. AudioThing haben ein 8 Bit Chiptune Echo Reverb VST programmiert.
Vielleicht habe ich noch was vergessen? Falls ja, bitte kommentieren! Und wenn ihr nicht genug von Chiptune bekommt, empfehle ich diesen Artikel über die Geschichte und Gegenwart der 8-Bit-Music.