1983 veröffentliche Lionel Richie auf dem Motown-Label sein zweites Album mit dem Titel „Can’t slow down”, das bis zum heutigen Tag mit 20 Millionen Exemplaren zu den weltweit meistverkauften Alben zählt und ihm sogar einen Grammy bescherte. Auch die Liste der Musiker, die auf diesem Longplayer vertreten sind, liest sich wie ein „Who’s who” der kalifornischen Musikszene. Namhafte Größen wie Abe Laboriel, Richard Marx, Darryl Jones oder Jeff Porcaro drückten sich bei den Aufnahmen die Studioklinke in die Hand.
Ein weiterer Gitarrist der Produktion war kein geringerer als der damals 26-jährige Steve Lukather, der zu diesem Zeitpunkt bereits auf eine gestandene Karriere mit seiner Band “Toto” zurückblicken durfte und mit dieser Truppe fast zeitgleich das Album “IV” releaste. Neben Hits wie “Hello” oder “All night long” beherbergt „Can’t slow down” außerdem die Medium-Tempo-Rocknummer “Running with the night”, auf der Lukather gleich zwei Soli zum besten gibt. Ist das zweite Solo eher “loose” und improvisiert gehalten, so zeigt das erste die typischen Qualitäten eines Pop-Song-Solos der 80er-Jahre mit einem tollen Aufbau, singbaren Melodien und einem Ton zum Niederknien. Wir wollen genau diese beiden Lukather’schen Ergüsse hier mal ordentlich auseinandernehmen.
Lukather verwendete in seiner frühen Schaffenszeit noch verschiedene Telecaster-oder Gibson ES335-Modelle, bevorzugte jedoch eindeutig Gibson Les Pauls. Zum Zeitpunkt des zweiten Toto-Albums “Hydra” erstand er eine legendäre 59er Les Paul Standard, die aufgrund ihres speziellen Sunburst-Tons und ihres Einsatzes auf dem Toto Hit Rosanna auch “Rosanna-Burst” genannt wurde. Dieses Instrument ist auf unzähligen Hits aus Steves früher Studiokarriere zu finden wie z. B. auch auf “Beat it” von Michael Jackson oder eben nach eigenen Angaben auf dem besagten “Running with the night”-Solo. Allerdings widerspricht das dem Tremoloeinsatz an manchen Stellen des Solos. Auch amptechnisch bewegen wir uns hier noch in der Zeit vor Lukathers Rack-Periode und treffen auf “Amp plus Pedal“-Lösungen. So verwendete Steve in diesen Jahren von Paul Rivera gemoddete Fender 64er oder 65er Blackface Deluxe Reverbs, die er manchmal mit MXR-Pedalen oder dem Ibanez Tube Screamer anblies. Auch wenn Luke ab den frühen 80ern immer mehr auf Marshall-Topteile setzte, hört man hier meiner Meinung nach ganz klar die Fender Handschrift.
Das Stück bewegt sich in der Tonart Am und kommt als Solochanges nur mit dem Akkordpendel Am und F daher. Lukather startet das Solo in der 12. Lage und verwendet tonal eine Mixtur aus der Am-Pentatonik und A-aeolisch. Hier begegnen uns durchaus unorthodoxe Bendings, die sich von Halbtonschritten bis hin zu Großterz-Bends erstrecken. Bei der Solokontur erkennt man sehr schön, wie Luke sich von einem mittelhohen Register zum Solo-Klimax in ein sehr hohes Register mit weiten Bendings hocharbeitet und damit einen tollen Soloaufbau markiert.
Das Outro-Solo findet man in einer Vollversion sowie einer verkürzten Album-Edit-Variante, wobei manche Radiostationen das Solo sogar gänzlich strichen.
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Das wirklich Verblüffende hierbei ist, dass Luke dieses Solo ursprünglich nur als Testlauf zum Aufwärmen im Studio gespielt hat, die Produzenten jedoch bereits das Band mitlaufen ließen. Insofern wird dieses Outrosolo auch gerne als “Zero-Take” beschrieben, da es quasi vor dem eigentlichen “First-Take” stattgefunden hat.
Hier hört ihr die minimal gecuttete Albumversion.
Den Sound erhaltet ihr am besten mit einer Humbuckergitarre und einer eher moderaten Zerre, die entweder von Medium-Gain-Amps, oder aber von Overdrive-Pedalen stammt. Aufgrund der hohen Bendings sollte euer Instrument mindestens 22 Bünde haben. An Effekten benötigt ihr relativ wenig und ein mild gesetztes Solo-Delay sowie ein Hauch Reverb für einen natürlichen Raumsound dürften absolut ausreichend sein. Hier ein Vorschlag meinerseits:
Und nun viel Spaß mit Steve Lukathers Solo und “Running with the night”!