Die frustrierende Realität eines Newcomers

Welche Hindernisse beeinträchtigen heranwachsende Musiker und wie kann man diese umgehen?

Eine Rockband bei einem Konzert

Aller Anfang ist schwer

Seitdem ich denken kann, habe ich den Traum; meine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Diesen Traum teilen ungefähr 20 Millionen weitere Menschen, doch es bleibt trotzdem mein Traum. Für sechs Jahre habe ich in einer Big Band gespielt, die durch England und die Vereinigten Staaten gereist ist. Als ich schließlich genug Erfahrung hatte, wurde es Zeit für den nächsten Schritt: Ich gründete mit einigen Schulfreunden eine Band. Seit fünf Jahren spielen wir nun zusammen und schafften es bis zum Bundesfinale des größten deutschen nichtkommerziellen Bandcontests. Trotz dieser Erfahrungen und Errungenschaften fühlen wir uns jedoch – so wie viele andere Musiker auch – ein wenig verloren in der Industrie.

In diesem Artikel wird es keine endgültige Lösung für die Branche als Newcomer geben, erst recht wenn ein Großteil unserer Leser höchstwahrscheinlich länger Musik macht als ich. Vielmehr geht es um die Herausforderungen, die junge Musiker in der Branche erwarten.

Kosten und Geduld

Dies mag wohl der beängstigende Aspekt für die Eltern eines Musikers sein. Doch nachdem man mehrere hundert oder tausend Euro für sein Instrument bezahlt und die Nachbarschaft für Jahre mit den Proben des Instruments beschallt hat, wurde es Zeit für eine Band. Hier kommen wir zu der ersten und einer der größten Herausforderungen für heranwachsende Musiker:

Der Proberaum.

Mit einer Menge Glück und gnädigen Eltern hat irgendwer in der Band einen Keller, wo man wöchentlich proben kann. Dies war bei uns fünf Jungs jedoch nicht der Fall.

Die Suche ging weiter…

Tagelang zerbrachen wir uns den Kopf darüber und landeten schließlich in einem verlassenen Kasernengebäude in einer Lebenshilfe. Endlich hatten wir unseren Traumproberaum. Keine Miet- und Nebenkosten, nettes Personal, keine Lärmbeschwerden und sehr viel Privatsphäre. Für drei Jahre konnten wir dort unserer Kreativität freien Lauf lassen, bis wir rausgeschmissen wurden.

Erhöhte Strompreise machten uns einen Strich durch die Rechnung. Ende 2022 mussten wir schließlich den geliebten Proberaum räumen und die Suche ging erneut los. Nun haben wir uns in einem Musikkeller eines Jugendzentrums eingenistet. Einen geeigneten Proberaum als Band zu finden, ist eine der größten Herausforderungen als heranwachsender Newcomer und geht leider oftmals mit hohen Kosten einher. Wer in einer Großstadt wie Hamburg oder Berlin vielleicht mit ein wenig Glück und Geld einen Proberaum bekommt, hat in einer Kleinstadt, wo junge Musiker sowieso schon wenig gefördert werden, sehr oft Pech.

Unser ehemaliger Proberaum

Die ersten Gigs

Nach einem Jahr Proben wird es nun Zeit, Konzerte zu geben. Bei einer Kleinstadt von 30.000 Einwohnern, wo das größte Event das jährliche Altstadtfest mit Schlagerband ist, kann es schwierig werden, mit Jimi Hendrix Covern einen Auftritt zu bekommen. Falls man jedoch durch gute Kontakte einen Gig gebucht kriegt, kann man sich die Gage erstmal abschminken, denn als “Anfänger” macht man das ja für die “Erfahrung”. Trotz teurer Anfahrten mit mehreren Autos, monatelangen Vorbereitungen und einem Set, das mehrere Stunden geht, bekommt man am Ende nur einen Getränkegutschein. Wenn man als Band ernst genommen werden möchte, muss man sich schließlich etablieren. Doch wie schafft man das ohne große finanzielle Unterstützung und mangelnde Erfahrung in der Industrie?

Vernetzung

Kaum ein Punkt ist essenzieller für Newcomer als das Kontakteknüpfen. Ob es beim eigenen Konzert, oder bei anderen Shows in der Umgebung ist: Networking ist dein Freund!

Ein Barbesitzer, der deine Musik mag und im Publikum steht, oder eine andere Newcomer-Band, die du live gesehen hast, können deine Musikkarriere in neue Höhen schießen lassen. Der ein oder andere Smalltalk mit Clubbesitzern kann schon den nächsten Gig für deine Band garantieren. Ebenso kann eine gute Beziehung mit einer anderen Newcomer-Band zu einem gemeinsamen Konzert führen und die eigene Fanbase erweitern.

Networking alleine reicht jedoch nicht, um es als Musiker weit zu schaffen. Trotz zahlreicher lokaler Konzerte und einer kleinen, aber treuen Fanbase kommen immer noch keine Antworten auf deine Festivalbewerbungen.

Studio und Streaming Releases

Noch nie war es einfacher, die eigene Musik aufzunehmen und auf Streaming-Diensten hochzuladen. Schlechte Handy-Demos der Songs deiner Band reichen nicht, um für Festivals gebucht zu werden. Ein Festivalmitarbeiter möchte deinen Katalog in guter Qualität hören, um zu wissen, ob du ins Schema passt.

Ich muss also ein Tape oder Album veröffentlichen… Wie mache ich das?

In ein professionelles Studio zu gehen, ist für die meisten heranwachsenden Musiker leider außer Frage. Besonders als Band, wo man mehrere Instrumente tracken muss, wird ein voller Studiotag schnell drei- bis vierstellig. Wie umgeht man nun diese Finanzhürde ohne erheblichen Qualitätsverlust der Aufnahmen?

Die Antwort ist: DIY.

Ein Bandmitglied, welches sich mit Tontechnik auskennt und das Mix und Mastering beherrscht, ist Gold wert. Sobald die Eltern von einem von uns für die Woche fort waren, wurde das Wohnzimmer leergeräumt und die Instrumente wurden rangeholt. Mit einem uralten 8-Kanal-Mischer, ein paar SM58 und viel Kreativität haben wir es innerhalb von zwei Tagen geschafft, einen eigenen Song aufzunehmen. Der Prozess dauerte im Vergleich zu einem professionellen Studiobesuch deutlich länger, jedoch war unser Ergebnis fast genau so gut und erheblich billiger.

Unser DIY Recording Setup

Wohin führt der Weg?

Die Reise als heranwachsender Musiker ist zweifellos voller Herausforderungen, die oft von finanziellen Hürden bis zu mangelnder Erfahrung und der richtigen Vernetzung reichen. Sei es durch das Finden des richtigen Proberaums, das Knüpfen wertvoller Kontakte oder das Erlernen neuer Techniken: Jede überwundene Herausforderung trägt zur Entwicklung bei. Musik bleibt trotz aller Hindernisse ein Ausdruck von Leidenschaft und Kreativität. Das Streben nach der eigenen Vision lässt sich nicht leicht entmutigen. Schließlich ist es nicht nur der Erfolg der zählt, sondern der Weg, den man als Musiker geht.

Ob lokale Bühne oder großes Festival: Wer die nötige Geduld und den Mut hat, sich in dieser oft unübersichtlichen Branche zurechtzufinden, wird mit der Zeit nicht nur als Musiker wachsen, sondern auch seinen eigenen Platz finden.

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