Schlechte, verhuschte oder verwackelte Ansagen sind ein Kritikpunkt bei vielen jungen Bands. Meistens geht die Kritik an die Sänger/innen, da diese traditionell für die Moderation des Auftritts verantwortlich sind. Die folgenden Tipps geben euch Antworten auf die Fragen: Worum geht es eigentlich bei Ansagen? Wie kommt ihr zu guten Ansagen? Was macht ihr, wenn ihr keine Ansagen machen wollt? Was haben Ansagen überhaupt mit dem gesamten Konzept eurer Bühnenshow zu tun?
Ganz ehrlich, ihr könntet zwischen den Songs auch ein Telefonbuch vorlesen. Was ihr sagt, und ob ihr überhaupt etwas sagt, ist eigentlich ganz egal, Hauptsache ihr bleibt bei euch. Bei sich zu bleiben heißt, sich in der eigenen Haut wohlzufühlen, und das ist das Geheimnis von Präsenz. Präsenz wiederum meint, ganz im Moment sein zu können. Und wer das ist, der hat auch den inneren Raum, das Publikum und dessen Stimmung wahrnehmen zu können. Und dann findet ihr auch die richtigen Worte oder Blicke oder Gesten. Der traut sich, etwas von sich preiszugeben. Der traut sich, auf sein Gegenüber zu reagieren.
Die meisten Infos über euch gebt ihr dabei gar nicht während der Songs, sondern in den Momenten dazwischen. Und das nicht nur verbal, sondern auch nonverbal. Wie ihr mit eurer Band kommuniziert, was ihr anhabt, was ihr trinkt, wie eure Körpersprache ist.
Das Publikum, eure Fans, möchten etwas über euch erfahren. Wissen, wer ihr seid. Dabei spielt es keine Rolle, ob ihr mit eurem privaten Ich auf die Bühne geht oder eine eigene Bühnenpersönlichkeit oder Rolle für euch entwickelt habt, sondern wie authentisch ihr seid. Alles, worauf ihr wirklich Lust habt, ist erlaubt.
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Schaut euch zum Beispiel das Konzert von Adele an, das sie 2015 in New York, nach vier Jahren Bühnenabstinenz, gegeben hat. Ich finde es faszinierend, wie sehr sie die Rolle der Gesangsdiva in den Songs einnimmt, und wie charmant persönlich sie zwischen den Songs ist. Direkt am Ende des ersten Songs schneidet sie eine Grimasse während noch die letzten Akkorde gespielt werden, macht dann eine sehr persönliche Ansage und wird im nächsten Song wieder zur perfekten Sängerin in ihrer Rolle.
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Weitere InformationenAdele – Live in New York City (2015) [Full Show] von chuy-cantu
Tipps für klassische Ansagen mit Text
1. Stichworte und kurze Formulierungen
Ansagen müssen nicht spontan sein. Vielen von euch fällt das schwer. Dem könnt ihr entgegenarbeiten, indem ihr euch vorbereitet. Nehmt euch einen Zettel und stellt euch folgende Fragen zu den Songs:
– Was war der Anlass diesen Song zu schreiben?
– Was ist die Kernaussage des Songs?
– Was könntet ihr noch zu dem Song erzählen?
– Was bewegt euch, wenn ihr den Song singt?
Schreibt euch eure Antworten in Stichworten oder kurzen Formulierungen auf. Dann schreibt daraus in einem zweiten Schritt eine komplette Ansage. Diese lernt ihr aber nicht auswendig, sondern übt lieber, spontan aus den Stichworten eine Ansage zu formulieren. So wird die Ansage immer ein bisschen anders und wirkt nicht steril oder einstudiert. Ihr müsst auch nicht immer alle Stichpunkte mit in die Ansagen nehmen. Seht es eher als eine Art Fundus an, aus dem ihr schöpfen könnt.
Lest den Stichwortzettel vor dem Auftritt noch einmal durch.
2. Next Song, please
Vereinbart mit der Band, was der Cue für den Beginn des nächsten Songs ist. Allgemeine klassische Regel ist die Nennung des Titels, den ihr ans Ende der Ansage packt. So fährt euch die Musik nicht in die Ansage und die Musiker und Musikerinnen um euch sind nicht irritiert, weil sie nicht wissen, wann es weitergeht.
3. Freeflow
Vielleicht wollt ihr auch gar nichts über den Song erzählen, sondern lieber über Dinge, die an dem Tag passiert sind und eure Stimmung gerade beeinflussen. Ein sehr schönes Beispiel ist die Eingangsansage von Kate Tempest bei einem BBC-Fernsehkonzert zu ihrer aktuellen CD:
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Weitere InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr Informationen4. Wichtige Informationen
Es gibt ein paar Fakten, die ihr unbedingt während eines Konzertes mit eurem Publikum teilen solltet. Euren Bandnamen, Hinweise auf neue Musik, die neue CD, das neue Video, auf soziale Netzwerke, Mailinglisten, und den Merchstand. Überlegt vor einer Show, welche Facts tagesaktuell wichtig sind. Schreibt sie euch auf und klebt sie euch an die Monitorbox.
5. Bleibt sprachlich ihr selbst
Versucht nicht in Schriftsprache zu sprechen. Benutzt keine Begriffe, die ihr selber nicht im Alltag benutzen würdet. Redet so, wie ihr mit Freunden sprecht. Bleibt auch in der Wahl eurer Sprache authentisch.
6. Ansagen im Gesamtkontext der Show
Überlegt euch, auch mit der Band, wie ihr eure Show gestalten möchtet. Überlegt, welche Gesamtdynamik zu euch und eurer Musik passt. Versucht, eine Dramaturgie von Ansagen und Songs zu planen. Bedenkt, dass lange Ansagen Tempo rausnehmen und kurze Ansagen Tempo machen können. Fragt euch, wie das Tempo der Ansagen zum Tempo der Songs passt.
Zeichnet euch zur Verdeutlichung den Dynamikbogen der Songabfolge auf ein Blatt Papier. Plant, wie viele Ansagen ihr braucht und schaut, wo ihr unbedingt eine Ansage machen möchtet. Manchmal ist es auch cool gar keine Ansagen zu haben. Ihr müsst nicht nach jedem Song sprechen. Stellt euch eure Show wie einen Film mit einer Geschichte vor. Plant die Tempo- und Stimmungswechsel, um damit Spannung zu erzeugen.
Tipps, wenn ihr keine Lust habt zu reden
Wie schon oben geschrieben, müsst ihr nicht unbedingt reden. Ihr könnt auch mit anderen Mitteln den Platz zwischen den Songs füllen.
7. Weitere Bühnenmittel als Alternative
Zum Beispiel durch musikalische Übergänge, durch Lichtstimmungen, durch Projektionen. Als Inspiration schaut euch das Konzert von Bon Iver an:
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Weitere Informationen8. Gesangsmittel
Ihr könnt eure Ansagen auch singen oder rappen. Ich habe nie eine schönere Ansage über den Merchstand gehört als bei Sharon Jones. Schaut ab Minute 11:52:
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Weitere InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr Informationen9. Müssen nur Sänger Ansagen machen?
Zu Beginn der Show von Sharon Jones seht ihr auch, dass sie nicht die einzige ist, die den Abend moderiert. Sie wird von ihrem Gitarristen an- und abgesagt. Wenn ihr den Part der Ansagen nicht übernehmen wollt, könnte dies vielleicht auch ein anderes, redegewandteres Bandmitglied tun.
Training
10. Übung macht bessere Ansagen
Übt Ansagen aus Stichworten schon auf den Bandproben, zum Beispiel mit Freunden. Nehmt euch mit dem Handy auf und kontrolliert euch so.
11. Tipps für ganz harte Fälle
Besucht einen Schauspielkurs. Dort lernt ihr, mit eurem Körper umzugehen und frei zu sprechen. Außerdem macht so etwas verdammt viel Spaß.
12. Seht anderen Sängern beim Ansagen zu
Durchforstet das Netz nach Liveshows, geht auf Konzerte und überlegt euch, was euch bei den anderen gefällt. Probiert auch mal Ansagen im Stil eurer Favoriten und schaut, ob sie zu euch passen, oder wie ihr sie modifizieren könnt. Abgucken ist unbedingt erlaubt!
13. Bleibt bei euch
Wenn euch das schwerfällt, könnt ihr zum Beispiel eine Murmel in der Hand halten. Ihr Gewicht holt euch bei Lampenfieberattacken zurück auf den Boden.
Habt ihr noch weitere Ideen? Ich würde mich über eure Kommentare freuen.
Bis zum nächsten Mal!
Eure Catharina
Steve Schneiderbanger sagt:
#1 - 01.04.2022 um 11:54 Uhr
Hi Catharina, Danke für die anregenden Tips. Das ist sehr gut aus dem Live-Leben gegriffen und einiges finde ich in mir wieder. Da ich jetzt weiß was es bedeutet, kann ich Positives verbessern und Negatives weglassen.
Catharina Boutari sagt:
#1.1 - 24.04.2022 um 22:00 Uhr
Hey Steve, you made my day. Genau das möchte ich mit dem Artikel erreichen. Danke für das Feedback.
Antwort auf #1 von Steve Schneiderbanger
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenJoerg Kirsch sagt:
#2 - 09.07.2024 um 09:58 Uhr
Was auch klasse ist: Etwas über das Publikum erzählen, z.B: 1) Was ein Lied bei einem Fan ausgelöst hat 2) Ein Fan mit einem ganz besonderen Tag, der sich einen Song wünscht 3) Was jemand aus dem Publikum passiert ist....zu dem Thema gibt es eventuell einen Song. Auf gut Deutsch: Die themen müssen nicht immer die eigenen sein.