Was ist besser: Kompressor vor EQ oder EQ vor Kompressor? Dass es auf diese Frage keine pauschale und universell gültige Antwort gibt, erkennt man bereits daran, dass die Reihenfolge dieser elementaren Bearbeitungs-Tools in diversen Mischpulten und Channelstrips umschaltbar ist.
Welche Verkettung sinnvoll ist, hängt von verschiedenen Dingen ab – insbesondere den Eigenschaften der zu bearbeitenden Signale. Was ist bei der Reihenfolge von Kompressor und EQ beim Recording, in Mix und Mastering zu beachten?
Kompressor und EQ – Basics
Kaum eine Musik- oder Audioproduktion kommt ohne die Verwendung der Effekte Equalizer und Kompressor aus. Equalizer (kurz: EQ) dienen der Regelung von Frequenzbereichen eines Audiosignals. Neben dem technischem EQing, also dem Entzerren/Absenken unerwünschter Resonanzen oder Störanteile, werden EQs zur kreativen und ästhetischen Klangformung verwendet. Der Einsatz eines Kompressors dient primär dazu, die häufig viel zu hohe Dynamik eines Audiosignals einzuschränken, um Pegelspitzen zu „entschärfen“ und (zu) leise Nutzsignalanteile im Kontext einer Aufnahme oder Mischung hörbar zu machen. Darüber hinaus werden Kompressoren ebenfalls zur ästhetischen Klangformung und dem plakativen Herausarbeiten wichtiger Mixbestandteile eingesetzt. In der Praxis verwendet man sehr häufig beide Tools auf einem Großteil der Einzelspuren, sowie auch Subgruppen und dem Summensignal beim Mischen und Mastern.
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Warum ist die Reihenfolge nicht egal?
Die Reihenfolge von Equalizer und Kompressor is nicht egal, weil die beiden Anordnungsmöglichkeiten zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Das ist simpel zu erklären: Da der Kompressor in Abhängigkeit vom Eingangspegel das Signal arbeitet und EQ-Eingriffe den Pegel eines Audiosignals beeinflussen, ist die resultierende Kompression hinter dem Equalizer definitiv anders als vor der Klangregelung.
- Ein EQ ändert den Pegel eines Signals. Er ändert ihn zwar nur für bestimmte Frequenzen, doch der Kompressor ist für diese Frequenzabhängigkeit “blind”.
- Ein Kompressor beeinflusst den Pegel im zeitlichen Verlauf.
Besonders EQ-Bearbeitungen im energiereichen Bassbereich haben einen hohen Einfluss auf den Kompressionscharakter, wenn sich der EQ „pre“, also vor dem Kompressor befindet. Somit begünstigt oder minimiert die Reihenfolge beider Effekte gewisse Artefakte, wie z.B. das sogenannte „Pumpen“ des Kompressors, die im Einzelfall beabsichtigt oder unerwünscht sein können. Eine in Stein gemeißelte Regel gibt es daher nicht, aber durchaus Workflows für eine sinnvolle und zielgerichtete Bearbeitung.
EQ vor Kompressor – wo macht es Sinn?
So wie das Bremsen und Beschleunigen mit einem unnötig beladenen Fahrzeug ineffizient und nicht besonders intelligent ist, verhält es sich auch beim Ansteuern eines Kompressors mit unnötigem Ballast. Somit ist das Absenken unerwünschter Frequenzanteile (Trittschall, Resonanzen) vor der Kompression häufig viel sinnvoller als umgekehrt. Warum beispielsweise sollte ich meinen Kompressor mit tieffrequenten Plopplauten zum Pumpen bringen, wenn ich diese Frequenzen für eine ordentliche Produktion sowieso mit einem EQ oder Low-Cut-Filter absenken muss?
Achtung:Veränderungen am EQ erfordern oft eine Anpassung des Thresholds am Kompressor!
Kompressor vor EQ – wo macht es Sinn?
Die kreative und ästhetische Klangformung per Equalizer fällt in vielen Fällen leichter, wenn das Audiosignal einen zweckdienlich homogenen Pegel besitzt und einzelne Transienten nicht über das Ziel hinausschießen. Für frequenzbezogene Einbettungen in den Mixkontext oder beabsichtigte Anhebungen von Frequenzbereichen zur Erhöhung der Präsenz eignet sich ein bereits komprimiertes Audiosignal häufig besser.
Idealfall & Praxis
Wie man sieht, gibt es gute Gründe für beide Anordnungsreihenfolgen von Kompressor und Equalizer. Das spricht dafür, jeweils einen EQ vor UND einen EQ hinter dem Kompressor einzusetzen- In der Plug-in-Ära ist das überhaupt kein Problem, da man in jedem Channel sämtliche Audioeffekte inflationär zur Verfügung stehen! Doch auch in der Analogtechnik findet man Lösungen. So besitzen einige Channelstrips (Standalone und Konsole) neben dem flexiblen Routing (EQ-Comp / Comp-EQ) die Fähigkeit, separate EQ-Bänder/Low-Cut-Filter vom restlichen EQ zu splitten und vor (pre) dem Kompressor zu positionieren. Eine populäre Option ist die sogenannte Sidechain-Compression, bei der ein EQ-Band oder Filter lediglich das (abgezweigte) Steuersignal des Kompressors bearbeitet, während das hörbare Nutzsignal von diesem Band unberührt bleibt.
Fazit
Die hier genannten Herangehensweisen zur sinnvollen Reihenfolge von EQ und Kompressor sind keine „gesetzlichen Regelungen“, sondern als praxiserprobte Empfehlung zu verstehen. Falls ihr weitergehende Erfahrungen oder Tipps zu diesem Thema habt, könnt ihr uns dies gerne über die Kommentarfunktion mitteilen.
Manche Kompressoren, wie den LA-3A, den 1176 oder einen API 2500 findet man in der Mehrzahl der Studios – oder Varianten davon. Wieso bloß?
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