Die Protagonisten
Vox ist ein Unternehmen mit einer großen Tradition und gehört ohne Zweifel zu den wichtigsten Innovatoren im Bereich der Musikinstrumententechnologie. Große Namen wie die Beatles, die Shadows, die Rolling Stones, Brian May oder The Edge (to name just a few) sind auf alle Zeiten untrennbar mit den Sounds der Amps mit dem unverkennbaren Design verbunden. Seinen Anfang nahm die Vox-Geschichte am 28 Februar 1917, mit der Geburt von Thomas Walter Jennings in London. Richtig los ging es allerdings erst knappe 24 Jahre später, im Jahr 1941. Nachdem Tom gesundheitsbedingt aus der britischen Armee entlassen worden war, jobbte er in einer Munitionsfabrik in Kent. Hier freundete sich der leidenschaftliche Akkordeonspieler mit Dick Denney an, einem Amateurgitarristen mit einem großen Interesse an Funkrechnik und Elektronik. Parallel zu seinem Fabrikjob, eröffnete Tom 1944 eine Teilzeitfirma, die mit Instrumenten handelte – seiner Passion entsprechend in erster Linie mit Akkordeons.
Nach Kriegsende trennten sich die Wege der beiden Freunde zunächst. Tom entschied, aus seiner Teilzeittätigkeit einen Fulltimejob zu machen und erwarb 1946 Geschäftsräume und ein Büro auf der Dartford Road Nr. 119 in Dartford, Kent. Kurze Zeit später begann die Firma mit dem Import von Akkordeons und Musikerbedarf für den heimischen Markt. Doch damit wollte sich Tom nicht zufrieden geben und da er auch technisch sehr interessiert war, entwickelte und produzierte er eine polyphone elektronische Orgel mit dem Namen Univox! Das Instrument verkaufte sich sehr gut und brachte Jennings das für eine Expansion nötige Kapital. 1951 gründet er die „Jennings Organ Company“.
Es geht voran
Es war 1956 als Elvis mit seinem Song „Heartbreak Hotel“ die UK Charts enterte und damit einen Stein ins rollen brachte, der auch an dem cleveren Mr. Jennings nicht spurlos vorbei kullerte. Die Rock ‘n’ Roll Revolution war ausgebrochen und machte die E-Gitarre immer populärer. Also entschloss sich Tom kurzerhand auf den Zug aufzuspringen und die Verstärkersektion seiner Orgeln so umzubauen, dass sie auch für E-Gitarristen interessant wurde. Wegen des nur mäßigen Erfolgs stellte er das Projekt allerdings schon kurze Zeit später wieder ein. Und genau hier kommt unser zweiter Protagonist Dick Denney zurück ins Spiel. Der technisch begabte Gitarrist war in der Zwischenzeit nämlich nicht untätig gewesen und hatte intensiv an der Entwicklung von Gitarrenverstärkern gearbeitet. Das Ergebnis seiner Arbeit: ein 15 Watt starker Comboamp mit 12“ Lautsprecher und einem sehr druckvollen Sound. Später erweiterte er den Amp noch um einen Tremoloeffekt. Durch einen Zufall fiel einer dieser Amps Tom in die Hände. Er war vom Klang des Verstärkers so begeistert, dass er sich umgehend mit seinem alten Kumpanen in Verbindung setzte und ihm einen Job in seiner Firma anbot. Dick sagte zu!
1957 war es dann soweit: Tom gründete die „Jennings Musical Instruments Company“ (JMI) – mit ihm und seiner Frau als Geschäftsführern und Dick als Chefingenieure. Bereits ein Jahr später präsentierte JMI unter dem Markennamen VOX den ersten 15 Watt Gitarrenverstärker. Modellbezeichnung des Comboamps: AC 15! Im Jahr 1958 entschloss sich Mr. Jennings zu expandieren und das Geschäft in das Zentrum der britischen Rockbewegung zu verlagern – London. Zu diesem Zweck leaste er Geschäftsräume in der Charing Cross Road 100 in denen er Gitarren und den VOX AC15 verkaufte. Zu seinen ersten Kunden gehörten unter anderem auch die „Shadows“, die damals als Backing Band für Cliff Richard arbeiteten. Die „Vielspieler“ sorgten dafür, dass der exzellenten Clean-Sound des AC15 innerhalb kürzester Zeit einem breiten Publikum bekannt wurde und so pilgerten schnell auch andere Bands in die Charing Cross Road. Zu den bekanntesten Usern gehörten damals Acts wie The Checkmates, The Migil Five und die Joe Loss Band. Ende 1958 erweiterte Vox das Angebot um den AC4 und den AC10. Beim AC4 handelte es sich um einen Übungsverstärker mit einer Leistung von 4 Watt und einem 8“ Speaker. Der AC10 war eine vereinfachte Version des AC15, mit einem 10“ Speaker.
A Star is born
Mit dem leistungsstarken amerikanischen Fender Twin Reverb als Hauptmitbewerber im Nacken und der Tatsache vor Augen, dass immer größere Veranstaltungsorte für Musikevents ausgesucht wurden, entstand Ende der 50er Jahre der Plan für einen Verstärker mit mehr Leistung. Da Dick mit dem Sound der im AC15 verbauten EL84 Röhren sehr zufrieden war, entschloss er sich auch den neuen Amp mit den bewährten Glaskolben zu bestücken. Insgesamt kamen vier EL84 Röhren zum Einsatz. Von den stärkeren EL34 Röhren hätte man zwar nur zwei Exemplare gebraucht – aber wie gesagt: Der Sound der EL84 war es einfach. Parallel dazu wurde die Stromversorgung des Netztransformators und der Gleichrichteröhre weiter verbessert und ein größerer Ausgangstransformator mit einer Leistung von 30 Watt verbaut. Die ersten Prototypen des neuen Amps waren noch mit einem einzelnen Goodman Audiom 80 Speaker ausgestattet. Da die Ergebnisse allerdings wenig zufriedenstellend waren, erweiterte man das Gehäuse und spendierte dem Amp zwei 15 Watt Goodman-Speaker. Das klassische AC30 Setup war geboren. Da der Amp vier Eingänge besaß erhielt er die offizielle Bezeichnung AC30/4.
Für dich ausgesucht
Trotz der erstklassigen Performance des AC30 blieben die Audiom Speaker ein Schwachpunkt. Also entschieden Dick und Tom kurzerhand die von Celestion völlig neu entwickelten G12 Speaker mit Alnico Magneten „einzulagern“. Die später als Vox „Blue“ oder „Bulldog“Speaker bezeichneten Lautsprecher, harmonierten ideal mit dem Amp und wurden zu einer wichtigen Komponente des legendären VOX AC30 Sounds. Im Jahr 1960 erreichten die Shadows mit dem Instrumental „Apache“ den ersten Platz der Charts. Der AC30 Sound war überdeutlich zu erkennen und brachte dem neuen Verstärker innerhalb kürzester Zeit den Titel „Bester britischer Gitarrenamp“ ein. Bei Vox hatte aber niemand im Sinn sich auf den Lorbeeren auszuruhen und so wartete man bereits Ende 1960 mit weiteren Verbesserungen auf. Mit Hilfe der zuverlässigeren ECC83 (12AX7) Röhre in der Preamp-Sektion realisierte das Vox-Entwicklungsteam einen dritten Kanal. Der neue „Brilliant“ Kanal hatte zwei eigene Eingänge, was die Gesamtzahl der Inputs auf sechs erhöhte. Offiziell trug der Amp deshalb den Namen AC30/6. Im Sound des „Neuen“ gab es, im Vergleich zum 30/4 allerdings einen kleinen Unterschied. Einige Musiker waren der Meinung, dass der Amp nicht die gleiche Klarheit besäße, wie der AC30/4. Um dem entgegenzuwirken, stattete Vox den Verstärker mit einem zusätzlichen Schaltkreis aus: der „Brilliance“ Option. Diese wurde im Vox Katalog als „Top Boost“ aufgeführt, und war auf einem separaten Panel auf der Amp-Rückseit untergebracht (mit Bass- und Treblereglern für den „Brilliant“ Kanal).
Kapitel 2 – Die 60er und 70er Jahre
1961 erweiterte Vox das Angebot um die ersten Vox Gitarren. Die Instrumente „Stroller“ und „Clubman“ waren recht preiswert und wurden von einem Möbelhersteller für Vox produziert.
Doch der ehrgeizige Tom Jennings wollte sich nicht damit zufrieden geben, billige Gitarren herzustellen, die wie Importe aus den U.S.A. aussahen und so beschloss er ein Instrument mit einem eigenständigen Design und einer ansprechenden Qualität zu entwickeln. Einen Partner mit Know How fand er in dem italienischen Hersteller EKO; der die Hälse der neuen Vox Gitarre produzieren sollte. Die, wegen ihres trapezförmigen Korpus „Phantom“ genannte Gitarre kam Ende 1962 auf den Markt. Populäre User wie die Hollies und die Dave Clark Five machten die „Phantom“ zu einem sehr beliebten Instrument. Ende 1963 präsentierte Vox dann die Phantom MK.III, auch „Teardrop“ Guitar genannt. Das allererste handgefertigte Exemplar wurde von Rolling Stones Gründungsmitglied Brian Jones gespielt – eine Tatsache, die die Phantom MK.III zur wohl berühmteste aller Vox Gitarren machte. In den Folgejahren erweiterte die Firma das erfolgreiche Angebot um weitere Instrumente wie die semiakustische Viktor, die 12-saitige Mando-Guitar und eine Bassversion der Phantom.1962 wurden die Beatles zu den wichtigsten Botschaftern des Vox Sounds und waren auf der Bühne gleich mit einer ganzen Armada von AC30 Amps zu sehen. Eine bessere Werbung konnte man sich nicht vorstellen!
Und auch Dick Denny war weiterhin kreativ und so beinhalte der Vox Katalog bald Innovationen wie die Vox Echo Machine, das Vox Radio Mikrofon und den ersten Vox Transistorverstärker TB60. Andere bemerkenswerte Vox Modelle jener Zeit waren die Foundation Basslautsprecher und das AC100 Topteil, das als Antrieb für die neue Beatle Bass-Lautsprecherbox konstruiert wurde.
Da weitere finanzielle Investitionen anstanden und intern befürchtet wurde, dass die goldenen Zeiten des Pop vielleicht nur von kurzer Dauer sein könnten, suchte Tom Jennings perspektivisch nach einem Käufer für seine Firma. Im Jahr 1964 erwarb die Royston Gruppe eine erhebliche Beteiligung an JMI. Und es gab noch weitere Veränderungen: Mit dem Erfolg der Beatles in den USA und der daraus resultierenden Nachfrage schloss JMI ein Abkommen mit der amerikanischen Thomas Organ Company, die fortan Vox Produkte in den USA vertreiben sollte. 1965 begann die Thomas Organ Company die aus England importierten Vox Röhrenverstärker mit eigenen Transistormodellen zu ergänzen, die in den USA hergestellt und in den LaSepulvenda Labs entwickelt wurden. Doch damit nicht genug. Zu allem Überfluss erwarb die Thomas Organ Company einen großen Anteil an der Royston Gruppe und so verlor Jennings die komplette Kontrolle über Vox in den USA. Als Resultat daraus basierten bald alle US Verstärkermodelle auf der wesentlich günstigeren Transistortechnik. Kurze Zeit später warf Jennings frustiert das Handtuch und reicht seinen Rücktritt ein. In der Folgezeit investiert die Royston Gruppe in Gebiete außerhalb der Musikindustrie. Ein kolossaler Fehlgriff, wie sich schnell herausstellen sollte, der die Company 1969 in die Liquidation trieb. Nach neun Monaten der Unsicherheit wurde die Corinthian Bank neue Besitzerern von Vox und die Firmierung änderte sich in Vox Sound Ltd. Nach zwei weiteren Besitzerwechseln, die mit recht massiven Veränderungen an den Produkten einhergingen, kaufte CBS Arbiter, der Fender Importeure in England, die Firma. Die Produktion des AC30 wurde wieder aufgenommen. Um die Kosten weiter zu senken, ließ man, zum Leidwesen der Fans, allerdings einige Features weg und stellte das ursprünglich aus mehrschichtigem Sperrholz gefertigte Gehäuse fortan aus Spanplatte her. 1972 hatte Vox das Glück eine der größten Gitarrenikonen überhaupt kennen zu lernen:
Den Queen Gitarristen Brian May. Sein Bühnensetup umfasste 12 AC30 und verhalf Vox zu einer entsprechend hohen Popularität in Gitarristenkreisen. Bis 1978 gelang es CBS-Arbiter der Marke Vox einen großen Teil des einstmaligen Status zurück zu geben. Doch der stetige Rückgang von Live-Musik und der starke Wettbewerbsdruck anderer Hersteller machte die Sache zunehmend schwerer. Als Ergebnis daraus fasste CBS Arbiter 1979 den Entschluss die Vox Sound Ltd. zu veräußern. Käufer wurde der ehemalige Marshall Vertrieb Rose Morris. Schon kurze Zeit später konnte das erfahrene Team neue Produkte wie den Vox V125, einen modifizierten AC120 mit 2×12“ Speakerbestückung oder den V15 Röhrencombo vorstellen.
Auch Gitarren wurden wieder ins Programm aufgenommen. Und die Bemühungen trugen Früchte: Zwischen 1985 und 1990 untermauert Vox seinen Ruf als kompetenter Verstärkerhersteller mit Highlights wie einer auf 1000 Exemplare limitierten Auflage des AC30, die exakt so klang, wie die Amps in den „Good old days“. Wegen des riesigen Erfolgs der Amps entschloss Vox 1991 eine Serienvariante aufzulegen, die auf exakt dem beliebten Limited Design basierte – zusätzlich aber durch ein Reverb erweitert wurde. Außerdem stellte man eine Topteil-Version des AC30 vor (AC30 Vintage). Sowohl die Limited Edition als auch das Serienmodell waren standardmäßig mit G12M Celestion Spoeakern ausgestatttet. 1992 kam es erneut zu Änderungen im geschäftlichen Bereich. Die Rezession in den späten 80ern und die langsame wirtschaftliche Erholung in den frühen 90er Jahren veranlassten die Rose Morris Geschäftsführer nach einem Käufer für die Vox Ltd. zu suchen.
Kapitel 3 – Frischer Wind und innovative Neuerungen
1992 erwirbt die japanische Firma Korg die Firmenrechte – ein wahrer Glücksgriff, wie sich schnell zeigen sollte. Schon ein Jahr nach der Übernahme bewies das Korg-Management ein ausgeprägtes Gespür für die Wünsche der Musiker, als es eine nahezu authentische Neuauflage der legendären AC30 Modelle aus den 60er Jahren präsentierte. Der Amp wurde bis 2003 als so genanntes Korg Reissue Modell verkauft und zeigte eindrucksvoll das Tom Jennings und Dick Denney schon bei ihrer ersten Konzeption absolut richtig lagen!
Auch das legendäre Vox Wah-Wah Pedal wurde wieder eingeführt – gebaut nach Original-Spezifikationen versteht sich! 1996 wurde der neue AC15 lanciert. Die Version basierte auf dem Original AC15, war aber zusätzlich mit zeitgenössischen Features wie Reverb, Master Volume und Klangregler ausgestattet. Ein weiteres Highlight, das die Szene in Aufruhr versetzte, war die im Juli 2001 vorgestellte Valvetronix-Serie, Amps mit einer digitalen Klangerzeugung und einer röhrenbefeuerten Endstufen-Sektion. Die Verstärker wurden zum ultimativen Symbol der Schlagkräftigkeit der Verbindung Korg/Vox. Nach dem Release von weiteren Top-Produkten wie dem ToneLab, einem erstklassigen Desktop-Modeling-Amp im Jahr 2004 und der genialen AC Custom Classic Serie, feiert Vox in diesem Jahr den 50 Geburtstag – mit Reissue-Modellen des UR-AC15 und der brandheißen Custom Plus Serie, einem extrem flexibel einsetzbaren Röhrenverstärker in bester Vox-Tradition.
Weitere Infos zur bewegten Geschichte der Kultschmiede und den neuen Produkten findet ihr im Netz unter www.voxamps.de und www.voxamps.com .