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Diese 3 Mix-Tipps ruinieren deine Abmischung garantiert!

Wer kennt sie nicht, die unzähligen Mix-Tipps, gut gemeinten Ratschläge und vermeintlichen Experten-Hinweise, die die eigene Abmischung angeblich verbessern sollen(?).

(Foto: Shutterstock / 1309218355 / Stokkete)
(Foto: Shutterstock / 1309218355 / Stokkete)
Inhalte
  1. Tipp 1: “Alle Signale an 0 dBFS aussteuern”
  2. Tipp 2: “Alle Bassanteile radikal abschneiden”
  3. Tipp 3: “Alle Signale symmetrisch im Stereobild verteilen”
  4. Fazit

In vielen Fällen wird jedoch nicht das gewünschte Ergebnis erreicht. Dabei wird von Aussteuerung und EQing, von Panning und Dynamik, über Reverb, Delay und Modulation bis hin zu Automation und Buss-Mastering kein Bereich ausgelassen, der sich nicht verschlimmbessern ließe.
Wir haben euch für drei typische Mix-Dimensionen brandgefährliche Tipp-Klassiker herausgesucht, die ihr kritisch sehen solltet.

Tipp 1: “Alle Signale an 0 dBFS aussteuern”

Der erste schlechte Tipp bezieht sich auf das Thema “Gain / Aussteuerung”. Nicht selten kommt dabei der Mixing-“Tipp” aufs Tableau, den Spitzenpegel aller Signale an 0 dBFS auszusteuern. Auf diese Weise soll die Dynamik des aufgezeichneten Signals optimal genutzt werden, so die Theorie 

Werden sämtliche Signale nicht zu hoch ausgesteuert, befinden sich die Kanalfader für gewöhnlich in gut auflösenden Bereichen des Regelwegs.
Werden sämtliche Signale nicht zu hoch ausgesteuert, befinden sich die Kanalfader für gewöhnlich in gut auflösenden Bereichen des Regelwegs.

In der Praxis kann das Befolgen dieses Tipps aber dazu führen, dass die Kanal-Fader des DAW-Mixers beim Abmischen vieler Spuren/Kanäle in sehr niedrigen Bereichen genutzt werden müssen. Das geht oftmals mit einer geringeren Auflösung der Faderwege einher und führt auch optisch (anhand der Fader-Kappen) zu keinem guten Überblick über die Mischverhältnisse der Kanalpegel.
Wird der Spitzenpegel von Kanälen an 0 dBFS eingepegelt und ein Signal sollte im Mix zu leise sein, kann der entsprechende Fader außerdem nicht mehr nach oben bewegt werden, weil sonst digitales Clipping entsteht. An dieser Stelle tappen etliche Do-it-yourself-Mix-Engineers dann in die Kompressor-Falle, indem sie kurzerhand die Signaldynamik einschränken, um das Problem zu lösen.
Gerade in digitalen Mixumgebungen wie einer DAW kann es dagegen besser sein, den RMS-Wert eines Signals um den 0 dBu-Wert des ausgebenden Audio-Interfaces herum einzupegeln. Entsprechen beispielsweise 0 dBFS in der DAW einer maximalen Ausgangsverstärkung von 19 dBu beim Interface, kann eine RMS-Aussteuerung um -19 dBFS herum oftmals ein übersichtlicheres Faderbild schaffen. Außerdem behalten alle Kanäle ausreichend “Headroom” für Faderbewegungen nach oben, ohne (in den meisten Fällen) Gefahr zu laufen, digitales Clipping zu erzeugen.

Tipp 2: “Alle Bassanteile radikal abschneiden”

Ein weiterer schlechter Tipp kommt aus dem Bereich der Klangfilter. Mit dem Hinweis auf das angebliche “Rumpeln”, das sich durch einen allzu überfüllten Bassbereich ergeben kann, kursiert der Tipp, den Bassbereich nahezu aller Kanäle zu beschneiden, ganz oben auf der Liste der angeblichen Allheilmittel. Sinn und Zweck der Übung soll es dabei sein, dass lediglich Bass und Kickdrum noch tieffrequente Signalanteile enthalten. Dadurch soll der Mix dann umso leichter von der Hand gehen und umso druckvoller aus den Membranen klingen.

Eine Kombination von nicht zu steilflankigem LowCut und Kuhschwanzfilter wirkt oft unauffälliger.
Eine Kombination von nicht zu steilflankigem LowCut und Kuhschwanzfilter wirkt oft unauffälliger.

Tatsächlich aber stellen sich dadurch gleich mehrere Probleme ein: Ab welcher Frequenz soll beim jeweiligen Kanal das Low-Cut-Filter greifen? Welche Flankensteilheit sorgt dabei für einen nicht zu radikalen “musikalischen” Schnitt? Welcher Filter-Typ ist überhaupt der passende für das Vorhaben? Und so folgt aus dem Befolgen dieses Mix-Ratschlags nicht selten das radikale Abschneiden sämtlicher Bassfrequenzen, manchmal sogar bis in die Mitten hinein. Grund dafür ist vielfach, dass die Equalizer-Visualisierung der Frequenzverteilung schlichtweg zu langsam aktualisiert und deutlich hörbare Signalanteile optisch nicht sichtbar sind. Das Ergebnis überzeugt dann nur in wenigen Fällen. Werden nämlich die Cutoff-Frequenzen zu hoch gewählt, bekommt der Mix schnell einen unausgewogenen, “kalten” Sound. Ist die Flankensteilheit noch dazu bei vielen Kanälen allzu groß gewählt, tönt die Frequenzbeschneidung unnatürlich und fühlt sich klanglich “falsch” an.
Im Gegensatz dazu führt ein “musikalischer” Ansatz in der Regel zu besseren Resultaten. Dazu zählt, die Cutoff-Frequenz sicherheitshalber tiefer zu wählen als es im visualisierten Frequenzbild ersichtlich ist. In einigen Fällen klingen auch Filter mit gleichzeitiger Anhebung knapp oberhalb der Cutoff-Frequenz deutlich “musikalischer” (Pultec-Style). Eine gute Alternative sind hier Shelf-Filter, die die entsprechenden Bassanteile nur Absenken statt sie abzuschneiden. Optimal kann auch die Kombination von Kuhschwanz- und zusätzlichem Low-Cut-Filter sein, der dann umso tiefer ansetzen kann.

Tipp 3: “Alle Signale symmetrisch im Stereobild verteilen”

“Beim Thema Panning lässt sich zum Glück nichts falsch machen”, denken sich wohl diejenigen, die den Mix-Tipp geben, sämtliche Audiosignale möglichst symmetrisch auf der Stereobühne zu platzieren. Dadurch soll dann vor allem die Mono-Kompatibilität erhöht werden. Und so werden Mono-Signale einfach in der Stereomitte belassen und beide Kanäle von Stereo-Signalen eifrig im gleichen Maße nach rechts und links ausgelenkt. Mixing-Freunde des fetten “Wall-of-Sound”-Klangs wissen: Auf diese Weise lässt sich zumindest in der heutigen Rock- und Pop-Welt kein Blumentopf mehr gewinnen.
Das Problem bei diesem Tipp ist aber nicht nur sein unzeitgemäßes Klangergebnis, sondern auch, dass sein Resultat eine völlig eindimensionale Soundstage erzeugt. Wo aber bleibt für den Zuhörer die Spannung? Wo bleibt die Überraschung? Außer Frage steht, dass das gleichmäßige Auffächern von Signalen eine gute Idee ist, um die Mono-Kompatibilität zu erhalten. Doch muss man sich auch fragen, ob das für den jeweiligen Mix erforderlich ist. Wessen Songs werden schon über kleine Küchenradios abgespielt, die auf Mono-Lautsprecher setzen(?).
Abgesehen von der Links-Rechts-Verteilung einzelner Schlaginstrumente im Mix, kann es sich auch bei anderen Signalen lohnen hier und da Auslenkungen von Mono-Signalen durchzuführen oder auf asymmetrische Platzierungen von Stereo-Signalen zu setzen.

Ein positives Beispiel sind Mixes von Lenny Kravitz-Songs. Und das ist kein Zufall! War Lenny Kravitz doch 25 Jahre lang im Besitz der REDD.37-Konsole aus den Abbey Road Studios, mit der bereits die Beatles “Let It Be” aufnahmen. Er ist einfach ein großer Fan der gewissen 60’s- und 70’s-Klangästhetik. Hört euch etwa den Song “Mr. Cab Driver” an, bei dem die Haupt-Rhythmusgitarre nach hart links ausgelenkt ist und die Vocals leicht rechts von der Stereomitte platziert wurden. Das Retro-Feeling, das der Song durch diesen Balancing-Kniff versprüht, ist ein wichtiger Faktor für die Wirkung der Songs. Ein weiteres Beispiel ist die Funk-Gitarre in Kravitz Studioversion von “Low”, die als einziges Instrument hart rechts ausgelenkt ist und dem Track dadurch Charakter verleiht. Beide Stücke beweisen, dass unsymmetrisches Panning auch jenseits der 1960er Jahre durchaus noch sexy sein kann. (Falls Ihr Euch weiter mit dem Thema befassen möchtet, lohnt es sich auch einen Blick auf die LCR-Mixtechnik zu werfen.)

Fazit

Das sind sie also, drei von vielen gut gemeinten Ratschlägen, die euren Mix an den Rand des sound-technischen Abgrunds bringen können. Gut gemeint und doch oft schlecht im Ergebnis, lassen sie euch an euren Fähigkeiten zweifeln und an der Mix-Praxis verzweifeln. Deutlich geworden ist sicher auch, dass dabei oftmals unzulässige Verallgemeinerungen, pauschale Einschätzungen und mangelnde Individualität der Lösungen zu kleinen und großen klanglichen Katastrophen führen. Falls euch noch mehr schlechte Mix-Tipps einfallen, lasst Sie uns in den Kommentaren wissen.

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