Die Rogers Dyna-Sonic – wohl kaum eine andere Snaredrum in der Geschichte des modernen Schlagzeugs dürfte so kontroverse Reaktionen bei Drummern ausgelöst haben wie diese Trommel. Sensibel in der Ansprache, extrem flexibel in der Stimmung und voller, warmer Klang in jeder Dynamikstufe von ppp bis fff, schwärmt die eingeschworene Fangemeinde. Der größere Teil derjenigen, die diese Trommel unter den Stöcken hatten, spricht allerdings eher von einem unzähmbaren Snarebuzz-Biest, das zickig beim Stimmen und umständlich in der Handhabung ist.
Trotz dieser Umstände war die Dyna-Sonic ein beachtlicher Verkaufserfolg, wurden doch seit der Einführung im Jahre 1962 bis Anfang der 80er Jahre rund 50.000 Trommeln produziert. Die Snare mit dem ungewöhnlichen Snareframe wurde für den damaligen Rogers-Endorser Buddy Rich in dreijähriger Entwicklungszeit konzipiert und sollte das etwas angestaubte Image der Marke Rogers wieder aufpolieren.
Vor der Montage und Justierung ist es sinnvoll, den Gedanken, der hinter diesem ungewöhnlichen Mechanismus steht, zu kennen. In der Theorie kann ein Kessel nur gut klingen, wenn beide Felle frei schwingen können. Beim größten Teil der Strainersysteme wird das Resonanzfell durch das Anspannen der Teppichspiralen und das damit einher gehende Einpressen der Spiralen in das Fell gedämpft. Das freie Schwingen wird unterbunden und der Ton somit abgewürgt. Bei der Rogers Dyna-Sonic wird der Teppich auf dem Snareframe vorgespannt, die Spiralen berühren das Resonanzfell auf der kompletten Länge nur ganz sanft, was genügt, um eine satte Teppichansprache zu erhalten, ohne es zu dämpfen.
Die Dyna-Sonic wurde ab 1962 in vielen Holz- und Metallvarianten angeboten. Größen von 14″ x 5″ bis 15″ x 12″, am Drumset oder im Konzert- oder Marchingbereich, mit Nylon- oder Darmsaitenoption – allein diese große Auswahl dürfte Beleg für die Vielseitigkeit der Trommel sein. Auf dem Sammlermarkt ist sie ebenfalls sehr beliebt. Holzmodelle aus den 60’s erreichen nicht selten Preise jenseits der 1.000 € Marke, sind allerdings auch sehr selten. Häufiger und zu moderateren Preisen anzutreffen sind die Chrome Over Brass Snares mit dem “Big R” Badge, die ab 1976 gebaut wurden. Für 250 bis 400 € bekommt man auf dem Gebrauchtmarkt nicht selten ein sehr gut erhaltenes Instrument. Leider kamen viele Trommler mit dem Frame nicht sonderlich gut zurecht und entfernten ihn, so dass dieser bei vielen Exemplaren fehlt. Allerdings sollte man vor einem Kauf im Hinterkopf haben, dass die Dyna-Sonic aufgrund des kaum vorhandenen Snarebeds ohne Frame eigentlich nicht funktioniert. Also im Zweifel lieber etwas länger suchen und nach einem Modell mit funktionierendem Rahmen Ausschau halten.
Workshop
Meine Dyna-Sonic ist vollständig. Man sieht ihr zwar an, dass sie schon einige Stunden Rock ‘n‘ Roll hinter sich gebracht hat, dennoch befindet sich alles in ordentlichem und vollständigem Zustand. Nach der Überholung der Trommel laufen Dämpfer und Abhebung wieder tadellos, und ich kann mit der Montage des Teppichs beginnen. Gemäß der Rogers Empfehlung stimme ich die Resoseite höher als das Schlagfell. In der alten Rogers Dokumentation zur Trommel wird ein dünnes Diplomat als Schlagfell empfohlen. Da ich das nicht zur Verfügung habe, behelfe ich mir mit einem etwas dickeren Ambassador.
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Da der Originalteppich sehr mitgenommen war, habe ich einen Nachrüstteppich von Puresound besorgt, der für Dyna-Sonic Modelle ab den frühen 70er Jahren erhältlich ist. Ich beginne mit der Montage des neuen Teppichs auf dem Frame, den ich vorher auf Planheit/Verzug überprüft habe. Der komplette Frame besteht aus dem eigentlichen Rahmen, der Teppichspannschraube mit Befestigungs-/Haltemutter und den beiden Schrauben zur Befestigung des Teppichs.
Zunächst befestige ich den Teppich auf der Buttend-Seite locker mit ein paar Umdrehungen, danach auf der Strainer-Seite. Dazu wird die Befestigungsmutter ein paar Umdrehungen auf die Teppichspannschraube gedreht, in die dafür vorgesehen Aussparung geschoben und der Teppich mit der Befestigungsschraube ebenfalls nur locker eingedreht. Dann drehe ich die Teppichspannschraube soweit ein, dass der Teppich minimal unter Spannung steht.
Nun können die Befestigungsschrauben an beiden Seiten des Teppichs festgezogen werden. Der Teppich muss dabei plan und exakt parallel zum Frame liegen. Ich gehe dabei so vor, dass ich mich abwechselnd links und rechts jeweils um 1/4 Umdrehung herantaste, dabei aber immer die Drähte des Teppichs im Auge habe. An der Teppichspannschraube erhöhe ich jetzt die Spannung und überprüfe die Planlage. Auch hier taste ich mich wieder mit kleinen Schritten (1/4 Umdrehung oder weniger) vor.
WICHTIG: Ältere Modelle des Snareframes sind mit einem Schlitz in der Spannschraube versehen, ich rate aber dringend davon ab, diesen Schlitz mit einem Schraubendreher zu betätigen. Für die Teppichspannung wird relativ wenig Kraft benötigt, die Finger sind dazu als Werkzeug absolut ausreichend. Die Spannschraube sollte für die Montage nur so fest angezogen werden, bis alle Spiralen gleichmäßig gespannt sind. Am besten streicht man mit dem Finger, wie bei einer Gitarre, über die Spiralen. Sobald die Spiralen unter Spannung sind, erzeugt das Darüberstreichen einen gleichmäßigen Ton. Diese „Minimal“-Spannung genügt erstmal. Die erforderliche Teppichspannung ist bei der Dyna-Sonic Mechanik wesentlich geringer als bei herkömmlichen Strainersystemen.
Der nächste Schritt ist die Befestigung des Frames am Strainer und Buttend. Dazu lege ich die Trommel mit der Schlagseite nach unten auf. Da der Strainerhebel etwas über den Rand des Spannreifens herausragt, empfiehlt es sich, die Trommel auf zwei schmale Leisten oder an der Tischkante zu positionieren, so dass der Hebel frei bewegt werden kann. Ausgangsposition für den Strainer ist die An-Position bei zur Hälfte angezogener Strainer-Stellschraube. Nach dem Anbringen der Schnüre kann der Frame samt Teppich aufgelegt und zentriert werden. Hilfreich ist ein Stück Klebeband, mit dem der Frame mittig (die Enden des Frames sind fast bündig mit dem Spannreifen) fixiert wird. Beim Befestigen der Schnüre am Strainer und Buttend ist ebenfalls etwas Fingerspitzengefühl gefragt. Auch hier sollte nicht zu viel Zugkraft aufgewendet werden.
Sind die Schnüre mit korrekter Zugkraft eingespannt worden, dürfte nach dem Umdrehen und ersten Anschlagen der Trommel der Teppich schon hörbar sein. Zum Einstellen des „Free Floating Snare“ Sounds löse ich die Spannung nochmals komplett durch Zurückdrehen der Strainer-Stellschraube und arbeite mich unter leichtem Antippen der Snare bis zu dem Punkt, an dem die Teppichspiralen anfangen, am Resonanzfell mitzuschwingen, danach geht es langsam in kleinen Schritten weiter. Die Dyna-Sonic ist dafür gebaut, mit vollem Sustain frei schwingen zu können. Beim schrittweisen Anpassen der Strainerspannung kommt man irgendwann an dem Punkt, an dem die Spannung zu hoch ist, der Teppich in das Fell gedrückt und der Trommelklang abgewürgt wird. Das ist deutlich hörbar.
Die Spannung kann auch gut getestet werden, indem man den Frame mit der Hand verschiebt. Lässt er sich locker bewegen, ist alles gut, ist er fest oder wird Kraft benötigt, ist die Spannung zu hoch. Ab diesem Punkt geht es dann wieder zurück in die entspannte Anfangsposition und gleiches Prozedere kann bei unterschiedlichen Strainer-Spannungen mit der Spannung des Teppichs an der Einstellschraube am Frame durchexerziert werden. Ist der Teppich zu hart gespannt, klingt er sehr dünn und trocken. Wer sich einmal die Mühe macht und so seine optimale Einstellung findet, wird mit einem vollen und warmen Klang des Messingkessels mit sattem Teppichanteil und perfekter Ansprache in jeder Lautstärke belohnt.
Snare Buzz ist bei der Rogers Dyna-Sonic ein großes Thema. Die Trommel ist super sensibel, ein Mitschwingen des Teppichs, bedingt durch die anderen Trommeln am Set oder Instrumente in der Band, wird sich nie komplett vermeiden lassen. Meist lassen sich aber störende Teppichgeräusche mit der Anpassung von Teppich- und Strainer-Spannung oder das „Rausstimmen“ der Trommel aus den Störfrequenzen minimieren. Ich habe die Trommel inzwischen einige Male bei meiner Jazzcombo im Proberaum und bei Auftritten genutzt und sie mit jeder Session mehr lieb gewonnen. Die Frage „Freund oder Feind“ kann ich also für meinen Teil beantworten mit: Freund!
Hier folgt noch eine Auflistung der im Workshop verwendeten Dinge:
Werkzeuge
- Schlitzschraubendreher
- Spitzzange
Aufwand
- Teppichwechsel und Einstellung ca. 20 min.
Teile und Kosten
- Snareteppich Puresound PD-1416: 50 €
Wenn ihr Anregungen und Wünsche für weitere Trommel-Aufarbeitungen habt, dann schreibt sie einfach in die Kommentare. Bis zum nächsten Mal.