Immer schneller werdende Internetverbindungen, neue Software und Streaming-Portale wie Ustream & Co bieten besonders DJs nie dagewesene Möglichkeiten, die „eigene“ Musik im Netz effektiv zu verbreiten. Wer heutzutage seine eigene Mix-Show „senden“ möchte, der muss sich nicht mehr zwangsläufig um einen Sendeplatz bei einem der vergleichsweise wenigen Radiosendern bemühen, die solche Formate beinhalten. Nein! Jeder, der über ein wenig Equipment, einen Internetanschluss und das nötige Know-how verfügt, kann sein eigener Broadcaster werden. Wie so etwas aussehen kann, zeigen die Kölner Macher von Bangbutze.com.
Seit nun circa zwei Jahren streamen sie an jedem ersten Samstag im Monat von 21.00 bis circa. 0:00 Uhr ihre Live-Mix-Show ins weltweite Netz. Mit diverser Technik bestückt, wird neben dem Ton auch ein Bildsignal übertragen. Ihr innovatives Konzept namens „Your Club in the Cloud“ bedeutet, das Gefühl, sich in einem virtuellen Club zu befinden, auch visuell herüberzubringen. Darüber hinaus hat die Show mit der Chat-Funktion eine interaktive Ebene. Die gut vernetzten Kölner hatten in ihrer Sendung bereits einige namhafte DJs an den Mix-Reglern zu Gast. Zu nennen wären unter anderem AL Linndrum (Urban World Records Copenhagen/San Francisco), Pierre Chevallier (Doppelschall, Brandt & Chevallier, Köln) sowie DJ Superstereo (Ungarn, Budapest). Doch wie ist so ein „Sendebetrieb“ technisch und logistisch umsetzbar? Diese Fragen klärt Detlef Rick im bonedo-Talk mit den Kölner Bangbutze-Machern Marcus Klein (Kleinski), Phil Anthrop und Patrick Höderath (Triplet Tricks).
Was unterscheidet Bangbutze von anderen DJ-Shows in Netz?
Patrick: Im Gegensatz zu regulären Internet-Radiosendungen möchten wir mehr ein Club-Flair über das Netz verbreiten. Es soll das Feeling der Club-Subkultur rüberkommen. Unser Schwerpunkt liegt dabei auf der Bassmusic. Und die beinhaltet viele Musikstile, zum Beispiel Dub Step, Drum & Bass und vieles mehr. Marcus: Wir kreieren eine Party, bei der jeder vom Rechner zu Hause aus teilnehmen kann.
Phil: Der DJ legt bei uns daher nicht zu irgendwelchen Leuten hin gerichtet auf, sondern direkt zur Kamera.
Habt ihr auch beruflich mit Broadcasting zu tun?
Marcus: Auf mich trifft das nicht zu, da ich mich bei Bangbutze mehr um A&R-Tätigkeiten als um technische Dinge kümmere.
Phil: Patrick und ich arbeiten beide im technischen Bereich des Fernsehens und die Bangbutze ist für uns ein bisschen ein Ventil und eine Möglichkeit unser technisches Wissen mit unserer Leidenschaft für Musik zu verbinden.
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Wie wichtig ist für eure Show das interaktive Element durch Chat-Funktion, Facebook-Kommentare und dergleichen?
Marcus: Auf Facebook-Kommentare kann heutzutage keiner mehr verzichten. Da unsere Sendung seit einiger Zeit nun nicht mehr von einer privaten Wohnung, sondern aus einer öffentlichen Bar übertragen wird, hat die Chat-Aktivität ein wenig abgenommen. Meiner Meinung nach ist das aber auch nicht weiter schlimm, da die Musik und die Videos für sich selbst sprechen sollen.
Patrick: Der kommunikative Bereich unterliegt ja einer ständigen Entwicklung. Der Trend geht weg von eigenen Websites und Chatrooms, hin zu den neuen Embedding-Varianten im Netz. So kann man zum Beispiel neuerdings direkt in die Facebook-Timeline streamen.
Wo seid ihr im Netz überall vertreten und wie läuft die Promotion für eine Sendung ab?
Marcus: Ich persönlich bin an verschieden anderen Projekten beteiligt und nutze deren Kanäle und Facebook-Seiten zur Promotion der Shows. Und da ich schon lange im Netz unterwegs bin, verstehe ich es gut, dieses entsprechend effektiv einzusetzen. Allerdings posten wir nichts in Foren oder dergleichen. Wir nutzen hauptsächlich Facebook und Twitter zur Promotion der Shows. Und neuerdings auch Instragram, Tumbler und Blogs.
Seht ihr euch als Konkurrenz zum althergebrachten Format Radio?
Patrick: Nein, absolut nicht. Wir machen etwas total anderes. Unsere Sendung ist speziell für das Netz gedacht. Aber je nachdem, wie das Ganze wächst, könnte das klassische Radio Formate wie das Unsrige durchaus als Konkurrenz betrachten.
Marcus: Das Radio hat das gesamte Internet als Konkurrenz! Im Gegensatz zu den meisten Sendungen, die regulär über den Äther gehen, sind unsere Inhalte auch nach der Ausstrahlung noch abrufbar.
Phil: Wir sind die Konkurrenz zu „Deutschland sucht den Superstar“! (Alle lachen)
Welche Soft- und Hardware habt ihr im Einsatz?
Phil: Eigentlich sind wir immer noch in der Experimentierphase. Daher wechselt die Technik öfters mal. Zurzeit arbeiten wir von der Audiotechnik her mit einer MBOX Mini 2 von Digidesign als Soundkarte und einem DN 504 Limiter der Firma Klark Teknik. Bezüglich der Videosignale verwenden wir eine MXO2 Mini Videokarte von Matrox, eine Sony HDV Cam sowie diverse USB HD-Kameras. Die Videosignale kommen mit 1080p im Videocapturing-Interface an und werden mithilfe der Wirecast 4 Software von Telestream für das Internet codiert.
Wie viele Kameras beinhaltet euer Setup und wie werden diese gesteuert?
Phil: Wir arbeiten mit zwei bis vier Kameras. Eine selbst programmierte iPhone-App dient dabei zum Umschalten zwischen den Kameras als Bildregie-Tool. Über die Wirecast-Software können wir außerdem Bauchbinden mit den DJ-Namen et cetera einblenden. Als Rechner verwenden wir ein MacBook Pro Retina.
Wie lange dauern Planung, Vorbereitung und Aufbau für eine Show?
Phil: Für den gesamten Aufbau benötigen wir drei bis vier Stunden. Und der Abbau ist innerhalb von dreißig bis fünfundvierzig Minuten erledigt.
Marcus: Für die Planung einer Show benötigen wir ebenso circa drei bis vier Stunden. So müssen wir uns zum Beispiel Themen überlegen. In der heutigen Show ist beispielsweise Drum & Bass an der Reihe. Die Leute müssen kontaktiert und Termine abgeglichen werden. Aber vieles von der Planung wird so nebenher erledigt.
Warum seid ihr von Ustream zu Bambuser gewechselt?
Phil: Bambuser hat gegenüber Ustream den Vorteil, dass parallel zum Stream ein Backup erstellt wird. Nach einer Show vor einiger Zeit war plötzlich die Festplatte mit dem Videomaterial defekt. Dadurch war die zuvor ausgestrahlte Show für immer weg. Das kann uns jetzt nicht mehr passieren, da wir immer noch auf das Bambuser Backup zurückgreifen können. Außerdem ist die Show direkt nach der Ausstrahlung als Aufzeichnung online verfügbar.
Wie erstellt ihr die Grafiken und wie werden die ins Bild eingebunden?
Phil: Die werden über die Wirecast-Software ins Bild eingebunden. Wir blenden diese in der Regel mit der iPhone-App ein und aus. Die verwendeten Grafiken werden ganz einfach in Photoshop erstellt. Es handelt sich dabei um reguläre, transparente png-Dateien.
Wie läuft das Streaming technisch ab?
Phil: Unser DJ-Setup besteht aus zwei Technics Turntables sowie einem DJ-Mixer. Von dort geht das Audiosignal weiter in den Limiter, um so digitales Clipping zu vermeiden. Dieser leitet den Sound weiter an eine Soundkarte. Die Bilder kommen von diversen Kameras, welche über das Video-Interface und die Software mit dem Ton zusammengefügt werden. Für das Web wird das kombinierte Bild- und Tonsignal im H.264 Standard encodiert und anschließend über den Bambuser Client gestreamt.
Wie schnell muss die Internetverbindung für eine derartige Sendung sein?
Phil: Hm …Je schneller, desto besser würde ich sagen. Benötigt wird halt ein Upstream von mindestens 1 Mbit/s. Wir kommen zurzeit auf einen durchschnittlichen Upstream-Wert von circa 800 Kbit/s. Hier in der Location (Bar in Köln-Ehrenfeld) ist es ein bisschen Rock ‘n’ Roll, da wir über WLAN ins Internet gehen müssen. Normalerweise ist aber natürlich eine Kabelverbindung zu empfehlen.
DJs neigen ja gerne mal dazu, das Audiosignal zu überfahren. Wie schützt ihr euch davor?
Phil: Wie bereits erwähnt, verwenden wir einen sehr teuren und hochwertigen Limiter, um entsprechende Pegelspitzen zu vermeiden. Dieses Gerät ist wirklich das Herzstück unserer Technik. Denn dieser alte Klark Broadcast Limiter kann sehr hohe Pegelspitzen vertragen, ohne Clippings zu erzeugen oder dabei zu „pumpen.
Was sind eure Zukunftspläne für euer Bangbutze-Format?
Phil: Da wir alle beruflich fest eingebunden sind, bleibt der monatliche Sende-Rhythmus erst einmal erhalten. Aber es kommen definitiv Specials dazu, die zurzeit noch in Planung sind. Und da das zum Streaming benötigte Equipment mittlerweile in einen einzigen Trolley reinpasst, ist die Überlegung, auch mal aus anderen Städten zu senden. Oder auch aus den Homestudios anderer DJs. Für diese Aktionen haben wir zurzeit zwar noch keine bestimmten Termine, aber wir sind diesbezüglich ziemlich spontan.
Marcus: Ich bin immer froh, wenn wir eine Sendung gut über die Bühne gebracht haben. Häufigere Sendungen wären bei mir persönlich aus zeitlichen Gründen gar nicht möglich. Wir wollen das Besondere der Show erhalten. Wenn man so etwas zum Beispiel alle zwei Wochen aufzieht, nur weil man die Möglichkeit dazu hat, kann das Spezielle auch schnell mal abhandenkommen.
Hätte euer Konzept, wenn damit Geld zu verdienen wäre, das nötige Potenzial für einen kontinuierlichen Sendebetrieb?
Patrick: Mit meiner 15-jährigen Erfahrung im Medienbereich muss ich feststellen, dass ich das nicht für unmöglich halte. Denn bei den schon etablierten Radiosendern geht der Trend klar in Richtung Bild und Audio sowie Web-Streaming.
Marcus: Es gibt zum Beispiel Boiler Room, die ein ähnliches Konzept wie wir schon seit Längerem professionell und auch kommerziell erfolgreich umsetzten. Die sind in diversen Ländern weltweit vertreten. Und die haben oft auch ein sehr hochwertiges Line-Up. Wir möchten aber im Gegensatz dazu die Leute einladen, auf die wir persönlich Bock haben, unabhängig davon, ob diese Künstler nun bekannt sind oder nicht. Das ist Liebhaberei und Hobby, keine Frage. Wir haben auch kein Businessmodell oder Derartiges, wir arbeiten mehr wie ein Verein. Unser Schwerpunkt liegt auf der Bassmusic, aber wir wollen uns auch andere Wege offenhalten. Vielleicht haben wir auch mal Singer/Songwriter zu Gast, alles ist möglich. Es geht auch nicht nur um DJing, denn wir haben auch schon diverse Male Liveacts zu Gast gehabt.
Phil: Das Besondere an unsrer Show ist ja, dass es kein direktes Publikum gibt. Daher spielen die DJs oft besonders ausgefallene Sets – mit Songs, die sonst eher selten in Clubs zu hören sind. Marcus: Und da die Sendung aus dem Hinterraum einer öffentlich zugänglichen Bar gesendet wird, tanzen die Leute trotzdem. Es entsteht trotz aller Liebhaberei der DJs immer eine coole Party-Atmosphäre. Bei uns kannst du halt Sachen spielen, die in „normalen“ Clubs nie und nimmer funktionieren würden.
Vielen Dank für das Interview!
- Sendetermine:
- Jeden ersten Samstag im Monat von 21.00h – 0:00h
- Musikstil:
- Bassmusic
- www.bangbutze.com
- www.facebook.com/Bangbutze
- MacBook Pro Retina
- Digidesign MBOX Mini 2 Soundkarte
- Matrox MXO2 Mini Videokarte
- Diverse USB-Kameras Klark Teknik DN 504 Limiter
- 2x Technics 1210
- A&H Xone 22 Mischer
- Sony HDV Kamera
- Telestream Wirecast 4
- Bangbutze Video Switcher App für iPhone (Eigenbau)