Die Anfänge
Zu Beginn der 50er Jahre kamen Vinyl-Schallplatten in Form der heute noch gebräuchlichen Langspielplatte (33 1/3 RPM) und 7-Inch-Single (45 RPM) in den weltweiten Handel. Gegenüber dem Vorgänger Schellackplatte erreichten die Manufakturen nun längere Spielzeiten und vor allen Dingen einen Quantensprung in Sachen Tonqualität. So entstanden, nicht zuletzt dank der damals angesagten Musikstile wie Rock´n´Roll und Boogie Woogie, erste Tanzveranstaltungen, bei denen die Musik nicht von einer Live-Band, sondern rein „aus der Konserve“ kam. Um die Schallplatten ohne größere Pausen wechseln zu können, setzte die neue Berufsgruppe der Discjockeys vermehrt zwei Schallplattenspieler gleichzeitig ein. Der Wechsel zwischen den beiden Laufwerken musste zunächst per Umschalter erfolgen. Oft setzten die Protagonisten hierfür eigene Konstruktionen ein. Prompt reagierte der Markt und brachte bereits Ende der 50er Jahre erste Konsolen mit zwei Turntables und einer Umschalt- oder Überblend-Einheit in Umlauf. Allerdings waren diese Geräte sehr teuer, relativ schwer erhältlich und fast nur im Broadcast-Bereich im Einsatz. „DJing“ als Betätigung für „jedermann“ lag noch in sehr weiter Ferne.
Der erste DJ-Mixer
Erst die Entstehung der Disco-Bewegung Anfang der 70er Jahre (in Clubs wie dem New Yorker “Loft”, “The Gallery” und später dem “Paradise Garage”) und DJ-Pioniere wie David Mancuso und Nicky Siano brachten den Markt für DJ-Equipment wirklich in Bewegung. Der New Yorker Alex Rosner war ein Sound-Engineer, dessen Job seinerzeit erforderte, genau diese Clubs mit hochwertigen Custom-PAs zu bestücken. Auf Anfrage seiner DJ-Kundschaft fertigte er Anfang der siebziger Jahre den ersten Prototypen eines eigenständigen DJ-Mixers an. Dieses Gerät namens „Rosie“ (so benannt wegen seiner roten Lackierung) war eine etwa handflächengroße Einheit mit lediglich drei Schiebereglern. Rosie offerierte zwei Eingänge für Phono-Signale, einen Tape-Input sowie eine Cue-Sektion, wurde lediglich in einer kleinen Stückzahl angefertigt und ging nie in Serie.
Vom Modell seines Kollegen inspiriert, entwickelte der US-Ingenieur Rudy Bozak in Kooperation mit dem damals schon legendären Sound-Engineer Richard Long den ersten kommerziell erhältlichen DJ-Mixer. Anfang der siebziger Jahre brachte die Firma Bozak Inc. das Modell CMA-10-2DL in den Handel: ein Sechskanal-Mixer im 19-Zoll-Rackformat. Dieser verfügte über zwei Turntable-Eingänge, zwei Tape-Inputs sowie zwei Mikrofonkanäle. Neben der Möglichkeit zum Vorhören war das Gerät mit einer Tone-Control ausgestattet. Dabei handelte es sich um einen Zweifach-EQ für das Master-Signal. Da die Entwickler aus dem audiophilen Bereich stammen, waren die Mixer von Bozak qualitativ sehr hochwertig und mit Preisen von circa 1000 US Dollar auch sehr teuer. Man verzichtete aus Qualitätsgründen auf Schieberegler und verbaute stattdessen technisch hochwertigere Drehregler. Wohl aus dem gleichen Grund hatten die Pulte von Bozak auch keinen Crossfader, obwohl dieses Bedienelement schon lange vorher im Broadcasting zum Einsatz kam.
DJ-Pulte werden erschwinglich
Wegen der hohen Preise des Equipments war DJing zunächst nur eine Sache für gut bezahlte Residents der angesagten Clubs. Das änderte sich erst Mitte der siebziger Jahre, als das US-Unternehmen GLI das Geschäftsfeld für sich entdeckte. Modelle wie der GLI Disco 3800 konnten bezüglich der Soundqualität zwar Bozak nicht das Wasser reichen, doch waren sie deutlich günstiger und kompakter. Außerdem stellten die Amerikaner den Crossfader auf dem „Massenmarkt“ vor. Genau diese Neuerung machte das Konzept des Hip-Hop-DJings – entwickelt von Leuten wie Kool Herc, Grandmaster Flash oder Grandwizard Theodore – überhaupt erst möglich. Im Gegensatz zum Disco-DJing dominieren im Hip-Hop-Mixing nämlich keine weichen Übergänge, sondern schnelle Wechsel von einem Deck zum anderen. Der Crossfader wurde zum „Aushängeschild“ der Turntablisten. Das hat sich bis heute nicht geändert.
Vom 19-Zöller zum Battlemixer
Während Drehknöpfe bei erschwinglicheren DJ-Pulten nach und nach an Bedeutung verloren und durch Schieberegler ersetzt wurden, hielten die meisten Hersteller bis zum Ende der 80er Jahre am klobigen, breiten 19-Zoll-Format der Geräte fest. Ein gutes Beispiel dafür ist der GLI PMX 9000, welcher Mitte der 80er Jahre bei Mobile- und Hip-Hop-DJs sehr verbreitet war. Aber auch die Mehrheit der Konstruktionen aus den Häusern Numark oder Gemini hatten damals diese Bauform. Während bereits das erste kommerziell erhältlich Produkt einen Master-EQ vorweisen konnte, dauerte es noch Jahre, bis auch den einzelnen Kanälen Equalizer zuteilwurden. Erst 1980 brachte das englische Unternehmen Formular Sounds mit dem PM80 ein modulares DJ-Pult auf den Markt, für das ein Pre-Channel-EQ erhältlich war.
Die sperrige Größe der meisten Pulte änderte sich im Jahr 1988 – als ein DJ namens Cash Money aus den USA bei der DMC DJ-Weltmeisterschaft antrat, um den Titel zu erringen. Cash Money benutzte seinerzeit den Gemini MX-2200, der aufgrund seiner kompakten Maße, lediglich zwei Kanälen und seinem symmetrischen Aufbau von Volume- und Crossfadern sozusagen der erste richtige Battlemixer war. Nach dem Titelgewinn von Cash Money explodierte die Nachfrage nach diesem, qualitativ eigentlich eher mittelprächtigen Pult. Andere Firmen folgten bald dem Trend und brachten ihre eigenen „Varianten“ des neu entdeckten Formfaktors auf den Markt. Bis heute hat der Battlemixer seinen festen Platz im Produktportfolio der Hersteller – und in den Herzen vieler Discjockeys.
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Sampler, Effektsektionen, Pre-Channel-EQs & Kill-Switches
Ende der 80er Jahre wurde die Sampler-Technologie erschwinglich und hielt auch in die Kanzel Einzug. 1988 stellte Numark mit dem Modell PPD DM-1755 den ersten DJ-Mischer mit integriertem Sampler vor. Diese Sektion wurde zusätzlich auch zur Erzeugung von Effekten wie Delay, Echo und Flanger verwendet. Reguläre Pre-Channel-EQs kamen trotz der frühen Modelle von Formular Sound erst Anfang der 90er Jahre in Mode, gefolgt von Modellen mit Kill-Swichtes, wie Intimidations „Blue“ und „The Don“.
MIDI, digitale Signalverarbeitung und Audiointerfaces
Ein wichtiger Pionier auf diesem Sektor ist das Unternehmen Allen&Heath. Im Jahr 2004 debütierte ihr XONE:92, der erstmals über einen MIDI-Output (5-pol DIN) verfügte, um diverse Regler und Schalter zum Steuern von Software-Parametern zu verwenden. 2007 folgte der Hersteller Pioneer diesem Trend mit seinem Modell DJM-700, welches ebenfalls mit einer MIDI-Schnittstelle bestückt war. Dieser Mixer war gleichzeitig einer der ersten mit einer komplett digitalen internen Signalverarbeitung. Seit etwa 2009 ist diese Technik auch bei günstigen Pulten verbreitet. Außerdem gibt es seit einigen Jahren zahlreiche Mischer mit integrierten USB-Audiointerfaces auf dem Markt.
Die aktuelle DVS-Ära
Das Deejaying verlagert sich seit einiger Zeit verstärkt in Richtung “softwareunterstützte Performance”. Controller und DVS-Systeme (DVS = Digital Vinyl System) liegen klar im Trend. Warum also nicht gleich die benötigten Audiointerfaces oder Steuerbauteile zum Durchsuchen der Playlists, zum Anfahren der Cue-Punkte und zum Loopen direkt in den Mischer integrieren? Im Jahr 2010 stellt Rane den Mixer TTM-57 vor, welcher mit MIDI-Controllern zur Befehligung der DVS-Software „Serato Scratch Live“ ausgestattet ist. Im Frühjahr 2012 erscheinen die beiden Nachfolger Rane Sixty OneundRane Sixty Two, welche ebenfalls für Scratch Live konzipiert sind. Die Berliner Konkurrenz von Native Instruments folgt Ende 2012 dieser Entwicklung und veröffentlicht den Mischer Traktor Kontrol Z2.Wie der Name es schon vermuten lässt, ist dieser primär auf die hauseigene Traktor Scratch Software zugeschnitten.