Praxis
Robust und unauffällig
Das DPA d:facto II Interview Microphone liegt hervorragend in der Hand. Und zwar nicht nur bei mir, sondern auch bei Personen, die nicht so Wurstfinger haben wie ich. Zudem ist es unauffällig, aber elegant. Einen Sturz aus normaler Interviewhöhe wird es wahrscheinlich vertragen, wenngleich natürlich wie bei jedem derartigen Mikro der Metallkorb die Schwachstelle ist.
Hand und Wind
Windgeräusche können jede Aufnahme ruinieren – und bei Spontaninterviews gibt es genauso wenig ein zweites Mal wie beim Golden-Take im Studio. Der in den Korb eingelassene Schutz verhindert auch bei mehr als nur leichtem Luftzug erfolgreich die Zerstörung des Signals, der aufgesetzte Windschutz funktioniert absolut hervorragend. Ebenfalls top: Gegen Geräusche durch Handbewegungen ist das Mikro ebenfalls sehr immun. Beides sind übrigens Eigenschaften, die sich das Empfängerprinzip Druckempfänger auf die Fahnen schreiben kann.
Für dich ausgesucht
DPA – wie zu erwarten
Im Betrieb zeigt sich das DPA so, wie man es aufgrund der Werksangaben und der Erfahrung mit den drei Buchstaben erwarten kann. Die Auflösung ist grandios, ich hätte kein Problem damit, das d:facto im Studio zu verwenden und es anschließend auf’s Übelste mit dem EQ zu verdrehen. Auch nach enormer Kompression in der Bearbeitung und nach dem heute gewohnt rigorosen Sende-Limiting bewahrt das Kugelmikrofon seine positiven Klangeigenschaften. Es ist tatsächlich offen und luftig, verfügt über eine hohe Sprachverständlichkeit, klingt aber nie zu scharf, und bei naher Mikrofonierung treten weder scharfe S-Laute, Brustkorbresonanzen oder Popplaute hervor. Letzteres wiederum liegt erneut am Prinzip: Druckempfänger sind diesbezüglich unempfindlich und kennen auch keine Bassanhebung durch den Nahbesprechungseffekt. Zusammenfassend: Das Mikrofon klingt absolut natürlich.
Die Natürlichkeit bewahrt das Mikrofon selbst bei Signalen, die von anderer Stelle als von vorne eintreffen, es bleibt ebenfalls klar und deutlich aufgelöst. Gut zu erkennen ist das beim Regen im Hintergrund. Den hatte ich für den Test extra bestellt (den Teller den Tag zuvor nicht leergemacht…). Bei einem bekannteren Signal, der menschlichen Stimme, fällt doch eine gewisse Phasigkeit auf, allerdings hält sie sich in Grenzen und das Signal hat dennoch ausreichend Pegel. Somit ist es keine Katastrophe, wenn der Interviewte noch einen Einwurf nachreicht oder der Moderator mit dem bei Moderatoren nicht unüblichen Delay das Mikrofon erst eine Sekunde nachdem er „Warum?“ zwischengefragt hat, zu seinem Mund und wieder zurück bewegt.
Im Vergleich mit den anderen Mikrofonen wird besonders gut deutlich, wo das d:facto einzusortieren ist. Selbst die sündhaft teuren Studiomikros 4009 aus gleichem Hause haben keinen riesigen Qualitätsabstand zum Interviewmikro, der ein halbes Jahrhundert alte Klassiker MD 21 von Sennheiser, ebenfalls eine Kugel, aber im Tauchspulenprinzip, ist eher als „charaktervoll“ anzusehen.
Gegenargumente? Ja, eines.
Gibt es etwas, das gegen die Anschaffung eines oder mehrerer Interview-Mikros von DPA spricht? Ja, gibt es. Es handelt sich dabei zwar nur um eine Zahl, doch leider ist es die Zahl, die auf dem Preisschild steht. DPA ist bekanntlich ein teurer Spaß, da macht das getestete d:facto II keine Ausnahme. Gut, es ist ein modulares System, welches auch Wireless-Lösungen möglich macht, es ist robust und klingt hervorragend. Guter Ton ist zwar wichtig, aber ich bin eben Tontechniker und nicht der über Excel-Tabellen gebeugte Einkäufer einer Produktionsfirma („So Dinger gibt es aber auch deutlich preiswerter. Wir nehmen die.“ – „Aber…“ – „Wieso ‘aber’?“).
Shane McGill sagt:
#1 - 10.07.2015 um 03:59 Uhr
Preis bewegt sich in absurden Höhen - ähnliche und gleich gute Mikrofone gibts sprichwörtlich wie Sand am Meer und das um Häuser billiger ;)