Praxis
Der erste Moment, in dem ich das Mic in die Hand nehme, verwundert mich ein wenig, denn ich hätte ein höheres Gewicht erwartet. Ich schlage in den Unterlagen nach und lese “245 Gramm”. Stimmt, das ist leicht. Wenig Gewicht ist besonders dann interessant, wenn ein Auftritt nicht nur 45 Minuten dauert, sondern mehrere Stunden – soll ja vorkommen. Trotzdem wirkt das DPA baulich nicht fragil und nach äußerst behutsamem Umgang verlangend. Ich habe aber zu Testzwecken doch keinen Bühnensturz simuliert, schließlich wollte ich nicht riskieren, aus dem d:facto ein “d:fecto” zu machen. Ja, manche Kalauer kann ich mir nicht verkneifen, doch zurück zur Seriosität: Auch Balance und Grip passen zu allen Situationen, selbst Vokalisten mit kleinen Händen werden sicher gut mit dem DPA-Mikrofon zurechtkommen.
Ein erster Audiotest zeigt, dass sich trotz des mehrstufigen Poppschutzes bei naher Besprechung natürlich Popp-Geräusche nicht ganz vermeiden lassen. Das wäre ja auch ein Wunder. Und ein Shure SM58 – generell schon kein besonders anfälliges Mikrofon – poppt durchaus stärker. Auch ein weiterer Live-Dämon wird vom d:facto erfolgreich im Zaum gehalten: Handgeräusche, die nicht nur durch die Kapselkonstruktion, sondern auch durch den Korpus verhindert werden können. Selbst das Klackern von Fingerringen am Tubus ist nicht ungehörig laut.
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Kein Wunder ist, dass das Kondensatormikrofon im Höhenbereich ganz anders aufgestellt ist als ein dynamisches. Besonders im Vergleich mit dem bekanntesten aller Bühnenmikros – dem Shure SM58 – wird deutlich: Das DPA ist weitaus schneller und luftiger. “S”- und “T”-Laute zeigen diesen Unterschied sehr deutlich, doch auch bei den gehaltenen Tönen des Sängers gibt es einen merklichen Unterschied in der Feinheit der Obertonstruktur. Nun sind aber dynamisch und elektrostatisch wandelnde Mikrofone nur bedingt gegenüberzustellen. Positiv am d:facto ist, dass nicht das Kondensatorprinzip dazu genutzt wird, ein auffällig höhenreiches und dadurch schnell bissiges oder scharfes Signal zu generieren. Seine Zurückhaltung macht das DPA zu einem sich sehr wahrscheinlich vielen unterschiedlichen Stimmen gut unterordnenden Werkzeug – auch eine Sprechstimme funktioniert hervorragend. Die Natürlichkeit des d:facto zieht sich übrigens durch alle Dynamikstufen – auch von diesen selbst gibt es viel Positives zu verkünden: Alle Anstiege im Pegel werden schnell und nicht verschleifend übertragen, sodass selbst die kleinen Speichelknackser aus dem Mundraum so gut zu hören sind wie bei den meisten Studio-Kondensern. Die leise säuselnde Jazz-Sängerin muss kein übermäßiges Rauschen und hohe Rückkopplungsneigung fürchten, selbst der fiese Shouter wird es schwer haben, das DPA kleinzukriegen (nun, zumindest was die Verzerrungen angeht): Sogar ein Metal-Sänger, der voller Inbrunst loslegt, wird wie eine Sopranistin meist die 120 dB(SPL) nicht wesentlich überschreiten – der maximale Pegel des d:facto liegt ja bei 157 dB(SPL). Ich möchte behaupten, dass man das Pad oft ausgeschaltet lassen kann. Falls man es zur Sicherheit einschaltet, ist aber nicht mit wesentlicher Verschlechterung zu rechnen. Im Nahbereich des Mikrofons nimmt aufgrund des Empfängerprinzips der Bassgehalt zu. Zwar hat der Live-Techniker am Mischpult natürlich einen Equalizer zur Verfügung, doch klingt das DPA-Kondensatormikrofon bei etwas größerem Abstand und entsprechender Mikrofondisziplin bedeutend leichter und “echter”.
Johannes sagt:
#1 - 06.02.2014 um 16:36 Uhr
Dieser Test ist aus meiner Sichtweise eine Themaverfehlung welcher Oberflächlich die Eigenschaften eines vielversprechenden Mikrofons beschreibt. Extrem wichtige Eigenschaften wie z.B. Rückkoplungsfestigkeit, Übersprechen von anderen Instrumenten sowie Färbung des Signals aus verschiedenen Richtungen bleiben außen vor.Noch viel gravierender: Es werden Äpfel mit Birnen verglichen. Was hilft es mir zu wissen wie sich ein High-End live vocal mic gegen ein SM58 schlägt? Auch der Vergleich zum Studiomikrofon ist nicht gelungen, da es sich hierbei um verschiedene Anwendungsfelder handelt.Was eigentlich interessant wäre:Wie schlägt es sich gegen den Platzhirsch Neumann KMS105, oder wie ist es im Vergleich zu den 'Newcomern' (nun gut, so neu sind die auch wieder nicht): e965, KSM 9?Wieder mal ein oberflächlicher, nichts aussagender Test, eigentlich schade.