Dreamtonics Synthesizer V Studio Test

Praxis: Der Workflow von Dreamtonics Synthesizer V 

Zum Aufwärmen gebe ich erst mal eine kleine Melodie und den Text „I want to love you“ ein, einsilbige Worte machen den Einstieg leichter. Als Stimme wähle ich Natalie. Danach geht es in die Detaileinstellungen rechts. Nach vielen Versuchen entscheide ich mich in dieser ersten Zeile für eine eher gehauchte und sanfte Stimmcharakteristik.

Audio Samples
0:00
01. “Twinkle, Twinkle, little Star” mit Natalie und Kevin 02. Melodie “Alle meine Entchen” mit Natalie und Kevin 03. “Happy Birthday” mit Kevin 04. “I want to love you and your revolution” mit Natalie 05. Legato-Melodie mit Natalie
Piano Roll in Synthesizer V
Synthesizer V zeigt bei jeder Note auf Wunsch auch die Aussprache des Wortes an.

Dann kommt eine zweite Zeile zum Testen der Silbentrennung dazu: „And your revolution“. Ich setze sechs weitere Noten, denn „Revolution“ lässt sich, wie oben beschrieben, in vier Silben, ergo vier Töne trennen. Ich setze also das Wort „Revolution“ in eine Note und versehe die nächsten drei Noten mit kleinen Pluszeichen. Synthesizer V trennt genau so, wie man es erwarten würde. Auf meinem Macbook Pro mit M1 Pro CPU ist die nativ auf Apple Silicon laufende Software dabei auch noch angenehm schnell. Jede Änderung passiert fast in Echtzeit. 

Automationen in Synthesizer V – Wie natürlich bekommt man den Gesang?

Wie erwähnt kann man den Klangcharakter mit Parametern wie „Bold“ oder „Soft“ nicht nur global verändern, sondern auch pro Note oder Notengruppe. Das geht über die Gruppierungsfunktion in Synthesizer V. So packe ich die Noten der Phrase „I want to love you“ in eine Gruppe und lasse sie eher zart klingen. Bei „And your…“ lasse ich die Intensität in der zweiten Gruppe steigen – weniger „Soft“, mehr „Soulful“. Und bei „Revolution“ drehe ich in einer dritten Notengruppe bei Lautstärke, Vibrato und Intensität auf das Maximum. 

Arranger im Vocal-Software-Instrument Synthesizer V
Auswahlchaos: Hier ist gerade die Notengruppe unten rechts aus der dritten Spur ausgewählt, aber kein Indikator oben deutet daraufhin. So könnte man versehentlich die falsche Gruppe bearbeiten.

Soweit die Theorie. Um überhaupt in die Nähe dieser Idee zu kommen, artet die Arbeit in Synthesizer V in eine ziemliche Klickorgie aus. Da alle Noten sämtlicher Spuren die gleiche Farbe haben, ist es auch nicht immer leicht, zu erkennen, ob ich gerade überhaupt an der richtigen Gruppe herumdoktere. Oft genug verändere ich einen Parameter, nur um dann festzustellen, dass es die falsche Gruppe war.

Automationskurven im Plugin Synthesizer-V.
Automationskurven für die Parameter „Tension“ und „Loudness“. Leicht verwechselt man, welche Kurve hier gerade bearbeitet wird und welche nicht.

Eine ähnliche Stolperfalle gibt es bei den Parameter-Automationen, die direkt im Plugin ablaufen. Auch hier gilt wieder: erst sichergehen, dass die richtige Gruppe ausgewählt ist, dann unten die Kurve für den Verlauf wie etwa von „Loudness“ malen. Leider liegen in diesem Bereich im Plugin immer zwei Kurven übereinander, sodass man theoretisch den Verlauf der Loudness-Kurve mit einer zweiten wie „Vibrato“ abgleichen kann. Ungünstig, dass beide dieselbe Farbe und denselben Hintergrund haben. So ist visuell nicht erkennbar, welche Kurve diejenige ist, die man gerade bearbeitet. 

Multi-Out und MIDI Import in Synthesizer V

Erstellt man mehr als eine Spur mit Gesang in einer Instanz von Synthesizer V, zum Beispiel für einen Chor, kann man diese über die Multi-Out-Funktion auf einzelne Spuren in der DAW routen und dann unterschiedlich bearbeiten. Dazu geht man im Plugin in die Einstellungen und wählt „Track Combined“ aus. Anschließend richtet man die entsprechenden Spuren in der DAW mit dem Routing zum Plugin ein.

DAW Ableton Live mit Software Instrument Dreamtonics Synthesizer V
Das Multi-Out-Setup in Ableton Live: Die Hauptspur und die beiden Harmonien Synthesizer V haben jeweils zwei Ausgänge – Melodie und Aspiration.

Wem das Einklicken von Noten in Synthesizer V zu umständlich ist, kann auch eine MIDI-Datei importieren. Das geht allerdings nur über den Import-Dialog im Plugin, nicht per Drag-and-drop aus der DAW oder einem Ordner. Toll wäre auch gewesen, wenn man beim MIDI-Import die Möglichkeit hätte, aus Akkorden mehrstimmigen Gesang zu machen. 

Importiert man MIDI-Clips mit Akkorden, spielt Synthesizer V, wie unten in der Piano Roll zu sehen, nichts ab, weil nur der monophone Betrieb möglich ist. Das hätte man besser lösen können.

Momentan ist es so, dass Synthesizer V Akkorde aus MIDI-Noten entweder so „bereinigt“, dass der Gesang zwar monophon zu hören ist, dafür aber von einer Melodie oder echter Stimmführung keine Rede mehr sein kann, oder so, dass das Tool die Akkorde übernimmt und überhaupt nichts mehr abspielt. Monophon geht ja nur pro Synthesizer-V-Spur. Auch sonst gibt es häufig kleine Versäumnisse, zum Beispiel, dass das Plugin nicht automatisch mit dem Songtempo mitgeht, sondern immer erst manuell auf die gewählten BPM eingestellt werden muss. Das gehört nun wirklich zum Einmaleins der Plugin-Welt. 

Wie natürlich klingt der Gesang in Dreamtonics Synthesizer V?

Bei allem Gemecker hätte ich fast die wichtigste Frage vergessen: Wie klingt das Plugin und wie echt klingt der künstlich erzeugte Gesang? Steckt man entsprechend Detailarbeit in die Gesangslinie und lässt sich auf den Workflow von Dreamtonics Synthesizer V ein, bekommt man teilweise sehr überzeugende Ergebnisse.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Video des Stimmpakets Solaria

Natürlich wird eine Engine wie diese (noch) nicht das Kratzige einer Janis Joplin, das Soulige einer Tina Turner oder das Bellende eines Ozzy Osbourne hinbekommen. Auch wenn wir AI sei Dank auch davon wahrscheinlich nicht mehr weit weg sind: Für diese Art des rauen Gesangs ist Synthesizer V nicht gedacht. Geht es aber an kommerzielle Produktionen aus den Bereichen Pop, J-Pop und K-Pop, dann gehört das Plugin zum Besten, was der Markt gerade hergibt.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Bisher unveröffentlichtes Stimmpaket eines Rocksängers

Will man schnell eine Demo mit Gesangslinie für den Gastsänger produzieren, epische Chöre im heimischen Studio erzeugen, die alle englischen Worte singen können, (nicht so eingeschränkt wie in vielen Sample-basierten Chören) oder das Tool als Leitlinie für den Gesangsunterricht einsetzen, hat man, Einarbeitungszeit voraussetzt, hiermit ein sehr gut funktionierendes Werkzeug. 

Kommentieren
Profilbild von guenney

guenney sagt:

#1 - 15.12.2023 um 19:54 Uhr

0

Es wäre schön, wenn es auch eine deutsche Sprachdatenbank geben würde.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.