Mit ihrem Debütalbum „The Piper at the Gates of Dawn“ sicherten sich Pink Floyd Ende der Sechziger ihren Platz innerhalb der Psychedelic-Szene. Nachdem Frontmann Syd Barrett die Band 1968 verließ, nahm Bassist Roger Waters mehr und mehr Einfluss auf das Songwriting der Band. Pink Floyds Alben bekamen daraufhin im Laufe der Siebziger-Jahre einen zunehmend progressiven und textlich konzeptionelleren Anstrich, was schließlich in ihrem 1979er Album „The Wall“ gipfelte, das als eine Art Rock-Oper zu verstehen ist. Ein ganz bestimmter Song aus diesem Album, nämlich „Another Brick in the Wall, Pt. 2“, gilt als einer der berühmtesten Protest- und Rocksongs aller Zeiten. In diesem Workshop schauen wir uns das dazugehörige Drumming von Nick Mason genauer an.
„Another Brick in the Wall” – Rock mit Disco-Beat
Das Album „The Wall“ entstand zusammen mit dem Produzenten Bob Ezrin, der sich zuvor einen Namen durch Produktionen mit Alice Cooper, Peter Gabriel, Kiss und Lou Reed gemacht hatte. Ende der Siebziger, zum Zeitpunkt der Recordingsessions zu „The Wall“, war Disco-Musik schwer angesagt, die auch einen bedeutenden Einfluss auf Pink Floyd haben sollte.
Roger Waters komponierte „Another Brick in the Wall“ von vornherein als dreiteiliges Stück, das in der Demoversion allerdings durchweg ruhig und getragen gehalten war. Hier kommt Bob Ezrin ins Spiel, der schließlich die Idee in den Raum warf, den zweiten Teil der Trilogie mit einem Disco-Beat zu spielen, wie Pink Floyds Gitarrist David Gilmour später im Interview verrät:
„It wasn’t my idea to do disco music, it was Bob’s. He said to me, “Go to a couple of clubs and listen to what’s happening with disco music,” so I forced myself out and listened to loud, four-to-the-bar bass drums and stuff and thought, Gawd, awful! Then we went back and tried to turn one of the “Another Brick in the Wall” parts into one of those so it would be catchy.“ (David Gilmour, Guitar World, 2009)
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„Le Freak“ von Chic ist einer der bedeutendsten Disco-Songs der späten Siebziger:
Dabei kreiert der Disco-Beat einen spannenden Kontrast zum recht düsteren, ernsten Inhalt des Songs. Neben der Änderung der Beat-Ästhetik verhalf Bob Ezrin dem zweiten Teil von „Another Brick in the Wall“ übrigens auch zu einer radiotauglichen Songlänge. Ursprünglich umfasste dieser nämlich lediglich nur einen Vers und einen Chorus:
„The most important thing I did for the song was to insist that it be more than just one verse and one chorus long, which it was when Roger wrote it. When we played it with the disco drumbeat I said, “Man, this is a hit! But it’s one minute 20. We need two verses and two choruses.” And they said, “Well, you’re not bloody getting them. We don’t do singles, so fuck you.” So I said, “Okay fine,” and they left. And because of our two-[tape recorder] setup, while they weren’t around we were able to copy the first verse and chorus, take one of the drum fills, put them in between and extend the chorus.“ (Bob Ezrin, Guitar World, 2009)
Die „Another Brick in the Wall, Pt. 2“ Grooves
Der Song bewegt sich überwiegend auf dem besagten Disco-Beat. Dieser setzt sich hier aus einer Bassdrum auf allen vier Zählzeiten, einem Backbeat auf „2“ und „4“ sowie einer Achtel-Hi-Hat zusammen, die Drummer Nick Mason jeweils am Taktende auf „4+“ öffnet.
Ganz im Stile von Disco-Musik konzentriert sich Nick Mason im gesamten Verlauf von „Another Brick in the Wall, Pt. 2“ nahezu stoisch auf den oben beschriebenen Achtel-Beat und verzichtet durchweg auf Fill-ins. Lediglich ein Crashbecken kommt hier und da zum Einsatz, um Songteile voneinander abzusetzen:
Der Beat verändert sich im Outro
Nach dem zweiten Chorus geht der Song in ein langes Outro mit einem legendären Gitarrensolo von David Gilmour über. Hier wechselt Nick Mason erstmals seinen Beat, wenn auch auf subtile Art. Durch Weglassen des Snareschlags auf der zweiten Zählzeit verliert der Beat merklich sein Vorwärts-Momentum, was die etwas verträumte Klangwelt des Outros unterstützt.
Das passende Intro-Fill
Hört man das Album „The Wall“ in einem Rutsch durch, bemerkt man die Übergänge der einzelnen Songs kaum, da sie nahtlos ineinander überfließen. Der Track, der „Another Brick in the Wall, Pt. 2“ vorangestellt ist, heißt „The Happiest Days Of Our Lives“ – eher eine Klangcollage als ein Song im eigentlichen Sinne. Er ist als eineinhalbminütige Spannungskurve zu verstehen, die „Another Brick…“ vorbereitet. Das epochale Ende von „The Happiest Days…“ bilden unter anderem wilde Tom-Fills, die auch noch in der ersten Sekunde von „Another Brick in the Wall, Pt. 2“ zu hören sind, sobald man den Song einzeln hört. Daraus lässt sich wunderbar ein passendes Intro-Fill ableiten, sollte man den Song mit seiner Band nachspielen wollen:
Ich wünsche euch viel Spaß beim Anhören und Nachspielen der Soundfiles. Bis zum nächsten Mal!
Jonas