Drum Cover: Portishead – „Mysterons“

Mit „Mysterons” und dem dazugehörigen Debütalbum Dummy definierten Portishead maßgeblich den Sound von Trip-Hop, dem Genre, das in den frühen 1990er Jahren in Bristol, Großbritannien entstand und Elemente aus Hip-Hop, Dub, Soul und elektronischer Musik verbindet. Dabei spielt der Session-Schlagzeuger Clive Deamer eine entscheidende Rolle. Neben vielen anderen Songs auf Dummy prägt sein feingeistiges und präzises Drumming auch die düstere, atmosphärische Stimmung von „Mysterons“. In diesem Workshop werfen wir einen genauen Blick auf Deamers eintaktigen Drum-Loop, der ein Paradebeispiel für Trip-Hop-Beats ist und zeigen euch, wie ihr diesen authentisch am Schlagzeug nachspielen könnt.

Portishead "Mysterons" Drum Cover

Clive Deamer – Sideman par excellence

Clive Deamer ist ein britischer Schlagzeuger, der vor allem für seine Arbeit mit der Trip-Hop-Band Portishead bekannt ist. Seit 2011 arbeitet Deamer auch mit Radiohead zusammen, die er regelmäßig bei Live-Auftritten als zweiter Schlagzeuger neben Philip Selway unterstützt. Seine musikalische Karriere startete er in den 1980er Jahren als Rockdrummer, wandte sich mit der Zeit jedoch mehr und mehr dem Jazz zu und bewegt sich heute stilistisch mühelos zwischen den beiden Welten. So war er in den frühen 2000er Jahren Teil von Robert Plants Band Strange Sensation, die Plant auf mehreren Alben und Tourneen begleitete. Auch mit Jeff Beck arbeitete er zu verschiedenen Zeitpunkten zusammen. 

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Portishead – „Mysterons“

Der Portishead-Sound: Tape, Vinyl und softes Drumming

Im Interview der Podcastreihe „The Leftstage Podcast“ verrät Clive Deamer, wie der spezielle Drumsound auf Portisheads Dummy im Studio erreicht wurde. Während heutzutage unzählige Plugins in der DAW dabei helfen können, in Nullkommanix drastische Veränderungen im Klang eines aufgenommenen Signals zu erreichen, mussten Portishead Anfang der Neunziger noch auf analoge Mittel zurückgreifen:

„There was an awful lot of [recording] to tape, to vinyl, […] and this is before a lot of what everybody now has in terms of Pro Tools. […] The greatest part of the Portishead sound is that a lot of the sub bass, that everybody takes for granted now, they don’t use. A lot of top end, the high end […] is taken away. They deal mostly in […] mid frequencies.“ (Clive Deamer, The Leftstage Podcast)

Ein wichtiger Bestandteil des „Mysterons“-Drumsounds ist zudem Deamers super-leise Spielweise im Studio, wie er erzählt. Denn es gilt: Je leiser das Signal ist, desto höher lassen sich die Preamps „gain-en“, was zu einem umso „artifizielleren“ Resultat führt.

Ein altes Gretsch Drumset kam im Studio zum Einsatz

Auch von seinem Vintage Gretsch Drumset, das er Ende der Achtziger gebraucht gekauft und seitdem nonstop im Einsatz hat, erzählt Deamer begeistert im besagten Interview:

„My old Gretsch kit […] I bought that kit in the late 80s and it’s a fabulous drumkit, because to me the Gretsch kits are like pianos. [When] you play them softly, you get different tonality and a different timbre to when you hit it with power – a lot drumkits don’t have that. So that’s why I use Gretsch kits. That was the one we used on the [Portishead] record.“ (Clive Deamer, The Leftstage Podcast)

Der „Mysterons“-Groove

Der eintaktige „Mysterons“-Drumbeat hat es wirklich in sich, da er auf verschiedenen Ebenen die Spieltechnik herausfordert. Zunächst haben wir es hier mit einem recht bewegten Bassdrum-Pattern zu tun, das mit zwei Doppelschlägen dem Fuß eine gewisse Schnelligkeit abverlangt. Das technisch wohl anspruchsvollste Element ist jedoch der Buzzroll, der auf der vierten Zählzeit startet und sich bis zur nächsten „1“ zieht. Dazu zeigen wir euch im Folgenden verschiedene Übungen. Hier hört ihr zunächst den Beat in voller Gänze, einmal mit Playback, einmal ohne und obendrein mit dem Versuch, den Klang der Originalversion durch einiges an Röhrenzerrung und Bandsättigung sowie mithilfe eines Hall-Plugins ein Stück weit nachzuempfinden.

„Mysterons“ Beat
„Mysterons“ Beat
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Beat + Playback (82 bpm) Beat (82 bpm)

Näheres zum Buzzroll

Auch mit ausgewachsener Groove-Erfahrung mag es zunächst gar nicht so einfach sein, den Buzzroll von Takt zu Takt immer wieder sauber und vor allem locker ins Spiel einzubauen. Daher schauen wir uns einmal das genaue Sticking des Buzzrolls an, das hier auf Sechstolen basiert. Natürlich gibt es viele Möglichkeiten, diesen Buzzroll zu spielen. Nach einigen Experimenten erscheint die folgende Variante jedoch am sinnvollsten: 

Der Buzzroll startet zusammen mit der Hi-Hat (rechte Hand) auf der vierten Zählzeit. Dabei ist wichtig, dass der linke Stick mit recht viel Druck auf die Snare fällt, um weiterhin einen „Backbeat“-Moment auf der „4“ zu gewähren. Daraufhin „buzzed“ man die letzten vier Sechstolen mit rechts, links, rechts, links locker mit einem leichten Crescendo und kommt somit mit rechts wieder auf die „1“ raus. Im folgenden Soundfile hört ihr übrigens lediglich das Raummikro, ohne viel Processing. Das gibt einen guten Eindruck darüber, wie der Beat in natura klingt.

„Mysterons“ Beat (alternative Notation)
„Mysterons“ Beat (alternative Notation)
Audio Samples
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Beat (82 bpm, ohne Processing) Beat (langsam und ohne Processing)

Übungen zum Beat ohne Buzzroll

Um das Ganze zu üben, kann man nun den Beat zunächst ohne den Buzzroll spielen, indem man mit dem Snareschlag auf „4“ stoppt, was dann so klingt:

„Mysterons“ Beat (Übung 1)
„Mysterons“ Beat (Übung 1)
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Übung 1

Im nächsten Schritt lässt sich der Buzzroll dann als einfacher Singlestroke-Roll hinzufügen, um das grundsätzliche Sticking des Rolls zu verinnerlichen. Ein rhythmisches Grundgerüst bei Buzzrolls im Hinterkopf zu haben, seien es Sechzehntel, Quintolen, Sechstolen oder Zweiunddreißigstel, hilft ungemein, das Timing zu halten:

„Mysterons“ Beat (Übung 2)
„Mysterons“ Beat (Übung 2)
Audio Samples
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Übung 2 Übung 2, langsam

Übungen zum Buzzroll

Um schließlich den Buzzroll isoliert zu üben, könnte die folgende Übung helfen. Ausgehend von Singlestrokes, „buzzed“ man in der Wiederholung zunächst nur den ersten Schlag und schließlich alle Schläge, während man die rhythmische Grundlage (Sechstolen) durchweg beibehält.

„Mysterons“ Beat (Übung 3)
„Mysterons“ Beat (Übung 3)
Audio Samples
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Übung 3

Daraufhin kann man noch üben, aus dem Buzzroll zur „1“ die Hi-Hat oder das Becken zu spielen, was einem dabei hilft, den „Mysterons“-Beat flüssig im Loop zu spielen:

„Mysterons“ Beat (Übung 4)
„Mysterons“ Beat (Übung 4)
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Übung 4

In diesem Video seht ihr Clive Deamer, wie er „Mysterons“ live performt:

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Ich wünsche euch viel Spaß beim Anhören und Nachspielen der Soundfiles. 

Bis zum nächsten Mal!
Jonas

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