Der Beat zum Song “Like I Love You” von Justin Timberlake ist etwas für Leute, die gerne harten, dreckigen Funk hören. Ursprünglich war der Track ein Bestandteil eines Albums, das der Legende nach von den Neptunes für Michael Jackson geschrieben und produziert wurde. Kurz vor Ende der Aufnahmen habe sich Michael dann aber doch gegen die Songs entschieden und das Album abgelehnt, womit diese Ansammlung unglaublich heißer Soul-Tracks einfach an den nächstbesten Falsett-Boy weitergereicht worden ist: Justin Timberlake. Gleich mehrere Songs dieser nach wie vor brandheißen Scheibe sind mittlerweile legendär, was natürlich an Justin liegt, aber im Ranking direkt dahinter taucht der Drumbeat auf, der jedem Track das gewisse Etwas verleiht. Besonders “Like I Love You” ist schon fast ein Groove-Klassiker. Wir entziffern den Mythos dieses zweitaktigen Rumpelgrooves.
Und wer hat’s getrommelt? Pharrell Williams! Ja, der Sänger, Produzent und Lebemann aus den Staaten, der seine Konzerte mit einem wilden Mix aus Stille und Reizüberflutung um den Globus rollt. Damit geht es in diesem Workshop auch um eine ganz besondere Spezies Drummer, die häufig für die spannendsten Grooves sorgt: Produzenten. Um so trommeln zu können wie Produzenten braucht es folgende Zutaten: Man darf nur gerade eben gut genug Schlagzeug spielen können, um die Beats, die einem im Kopf herumschwirren mit Ach und Krach auf Band zu bekommen. Es ist immer wieder erstaunlich wie angstfrei genau diese Typen auf besondere Expertise beim Aufnehmen verzichten und trotzdem behaupten, etwas geschaffen zu haben, das Michael Jacksons Ansprüchen genügt. Oder eben zur Not auch “nur” Justins Ansprüchen. Und damit kommen wir zur wichtigsten Eigenschaft eines Produzenten: Das Gespür für das richtige Feeling! Der Groove zu Like I Love You von Justin ist ein Loop eines echten Drumgrooves, der zwar etwas hakig gespielt ist, dafür aber durch die Konstanz des sich immer wiederholenden Fehlers sehr schnell extrem in die Beine geht. Fehler zu wiederholen, also ein “Ei” zu spielen, wie Questlove von den Roots mal gesagt hat, bedarf wesentlich mehr Skills als einen Ausschnitt eines Grooves elektronisch zu loopen. Also, seid ihr Manns genug, eine menschliche Loopmaschine zu werden? Versucht es mit diesem Beat!
Der Groove
Auch wenn der Beat wirklich mit einem großartigen Feeling gespielt ist, zeichnet Pharrell nur sehr unwahrscheinlich für einige der wichtigsten Komponenten verantwortlich: Equipment, Sound und Raum. Die Drums sind offensichtlich einigermaßen gut gestimmt und der Mix lässt das Pattern sonor und kompakt erscheinen. Die Loopfunktion des DAW von Pharrell hat dann ihr übriges getan und der schnieke Eintakter – zusammenschnitten auf ein viertaktiges Loop – rollt wie eine glatte Eins. Bevor wir allerdings zu tief in das Thema Sound einsteigen, befassen wir uns erst mal mit dem Pattern, das dem Groove zugrunde liegt. Die rechte Hand spielt, wie bei gefühlt 90 Prozent aller Popsongs, ein straightes Achtelpattern auf der Hi-Hat. Dabei werden die Zählzeiten leicht betont. Die Linke Hand spielt brav einen klaren Backbeat auf der zweiten und der vierten Zählzeit, aufgefüllt mit zwei Ghostnotes in der Mitte des Taktes, die in ihrer Dynamik an frühe Breakbeats erinnern. Jede zweite Snare wird noch von einer ganz leichten Hihat-Öffnung begleitet, die aber äußerst rotzig gespielt ist und dadurch dem gesamten Groove eine ordentliche Portion Lebendigkeit verpasst. So klingt der Beat:
Und so sieht er aus:
Sound und Equipment
Ich stelle jetzt mal ein paar steile Thesen auf, die ich schrittweise erläutern werde. Bei der Recherche zu dem Kit, das vielleicht benutzt wurde, habe ich ein Video gefunden, das augenscheinlich zu der Session zum Album Justified von Justin gehört. Man sieht drei Jungs bei einer lustigen Jam-Session: Justin, Chad Hugo und eben Pharrell. In diesem Video sind folgende Dinge feststellbar: Pharrell ist wirklich ein sehr schlechter Drummer mit einem allerdings ganz guten Groove-Gefühl. Aber er spielt, technisch gesehen, wirklich schlecht. Außerdem klingt das Set so, wie das Kit im Track Like I Love You und im Abgleich mit der im Internet einsehbaren Equipment-Liste des Studios dürfte es sich um ein Sonor-Designer-Set handeln – im Video lässt sich relativ wenig erkennen, die schwülstigen Sonor Bassdrum-Klammern von Sonor zeichnen sich aber deutlich ab.
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Des Weiteren klingt die Snare eher hochfrequent, tiefe Frequenzen sind fast nicht zu hören. Das lässt auf eine flache Snare schließen. Eine solche Snare findet sich in der Equipment-Liste des Studios ganz unten in der Rubrik Drums: eine Peter Erskine Piccolo-Snare von Yamaha. Ich habe diese Snare dann bei Youtube gesucht und direkt im ersten Eintrag ist eine solche Trommel zu hören, die sich sogar im ähnlichen Tuning-Range der bei der Aufnahme benutzten Snare befindet. Piccolo-Snares sind in der Tonalität meistens etwas eingeschränkt, was ein weiteres Indiz für meine gute Spürnase ist.
Zu guter Letzt würde ich noch einen vagen Tipp zur Hihat abgeben: Diese klingt wie meine alten Zildjian Avedis Hats. Auf der Equipment-Liste ist lediglich von vorhandenen “Zildjian & Paiste cymbals” die Rede, aber so spricht nichts gegen meine Theorie! Mindestens lässt sich der Groove mit einem solchen Equipment hervorragend nachstellen!
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