Wer zwar viele Snare-Schläge in einem Groove unterbringen, dabei aber komplett auf filigrane Ghostnotes verzichten möchte, dem sei der Beat zum Song ‘Hyper Power’ von den Nine Inch Nails ans Herz gelegt. Ganz dem Motto der Band entsprechend wird hier von der Drumming-Session-Legende Josh Freese gehämmert, als ginge es um wesentlich größere Nägel als solche mit neun Zoll.
Der Groove ist mit Abstand der eckigste, den wir bisher in unserer Workshop-Reihe auseinander genommen haben. Das Ding passt in keine Schrankwand, nicht mal gelegt und gefaltet, knallt aber dafür ganz famos und macht ganz nebenbei noch Muckis! Ein weiterer Vorteil: Man benötigt nahezu keine Technik. Vergesst Moeller, Traditional Grip oder Rebound und denkt eher daran, wie ihr euch gefühlt habt, als ihr das letzte Mal ein Billy-Regal zusammengebaut habt. Also, Zähne zusammenbeißen und Feuer!
Der Groove
Na gut, so ganz ohne Technik läuft dieser Groove natürlich nicht, auch wenn man das Gelernte idealerweise wie ein durchgeknallter Ochse vortragen sollte. Ich habe den Groove als einen Beat mit 172 Temposchlägen notiert, einfach weil das Notenbild sonst zu unübersichtlich geworden wäre. In diesem Tempo hat man es außerdem systembedingt ausschließlich mit Vierteln und Achteln zu tun, was ebenso beruhigend ist wie die Tatsache, dass die rechte Hand sich mit keiner anderen Aufgabe befassen muss als stumpf die Viertel auf der Hihat durchzuspielen. Dafür ist die Linke umso geforderter und muss sämtliche Snare-Schläge so linear und undynamisch wie möglich spielen. Im Wesentlichen geht es um ein viertaktiges Pattern, das sich zweimal wiederholt und in dem der vierte und der achte Takt sich jeweils voneinander unterscheiden. Aufgrund meiner Halftime-Notation landet der Backbeat immer auf den dritten Zählzeiten, ist aber nicht wirklich als Backbeat erkennbar, weil sämtliche Snare-Schläge gleich laut geschlagen werden. Im Notenbild sieht das dann wie folgt aus:
Folgende Tipps sind sehr hilfreich: Nehmt schwerstmögliche Sticks (beispielsweise 5B Extreme von Vic Firth). Beginnt in einem langsameren Tempo, beispielsweise 120 und befasst euch erst einmal ausschließlich mit dem ersten Takt, bis dieser optimal sitzt. Die restlichen Takte zählt ihr zwar zu Ende, spielt sie aber nicht. Wenn der erste Takt sitzt, wird Schlag für Schlag der zweite hinzugefügt. Dieses schlagweise Auffüllen des Grooves ist zwar eine etwas langwierige Angelegenheit, führt aber schneller als jeder andere Weg zum Ziel. Wenn der Groove steht, kann dann langsam das Tempo erhöht werden. Für ganz Ungeduldige gilt: versucht euch wenigstens an Abwandlungen dieser Lernmethode und beginnt beispielsweise direkt in einem schnelleren Tempo oder lasst die Pausen weg und spielt die zu lernenden Takte immer im Loop. Es lohnt sich!
Sound und Equipment
Es ist davon auszugehen, dass das Basis-Set älteren Semesters ist. Dafür spricht der etwas knorzige Sound der Bassdrum, die keinen modernen Attack liefert und auch im Tiefbass eher stumpf ist. Außerdem dürfte relativ sparsam gedämpft worden sein, das Sustain ist jedenfalls gut zu hören, wenngleich er durch harte Komprimierung vermutlich extra in den Vordergrund gestellt wurde. Ich würde auf ein altes Ludwig Kit tippen, ein solches haben wir auch bei den Aufnahmen zu unserem Workshop benutzt.
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Die Snare dazu ist so gestimmt, dass der Charakter der Trommel nicht wirklich gut hörbar ist, sondern hauptsächlich die Felle miteinander arbeiten. Sie klingt platt und scheppert, was dem Drumsound gemeinsam mit der dicken und wohl 14 Zoll großen Hihat enorm viel Dreck und Rock’n’Roll beschert. Ich würde in Sachen Snare auf eine Supra von Ludwig tippen, die sich ähnlich matt tunen lässt, ohne jedoch an Power zu verlieren. Natürlich ist mir klar, dass Josh Freese eigentlich bei DW verwurzelt ist, für Studiosessions ohne Kameras bedeutet das allerdings nichts. Wenn jemand verlässliche Informationen zum Equipment hat, das im Studio für diesen Song benutzt wurde, bitte her damit
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