Nach fünfzig Jahren sollte es ihm endlich gelingen: ein Nummer-Eins-Album in den US-Billboard Charts. Die Rede ist von David Robert Jones, besser bekannt als David Bowie. Tragisch ist nur, dass er den großen Erfolg seines neuen Albums „Blackstar“, das pünktlich zu seinem 69. Geburtstag erschien, selbst nicht mehr miterleben kann. Bowie erlag bereits zwei Tage nach Veröffentlichung des Albums am 10. Januar 2016 seiner schweren Krebserkrankung. „Blackstar“ ist demnach viel mehr als nur ein neues Bowie Album. Es ist der unerwartete Schlussakkord einer schier unendlichen Popmusik-Arie, die schriller und abwechslungsreicher nicht hätte sein können.
Dabei ist „Blackstar“ nicht etwa ein Best-of der allseits bekannten Radiosingles wie „Let’s Dance“ oder „China Girl“ geworden. Das absolute Gegenteil ist der Fall: die sieben Songs fordern, überraschen und polarisieren. „Blackstar“ klingt wie ein Labyrinth aus verwinkelten Arrangements, vertrackten Beats und düsteren Klangsphären, in dem man vergeblich nach einer Hookline sucht. Dafür sind sicherlich auch die werten Musiker, die sich Bowie für die Aufnahmen ins Studio bestellte, mitverantwortlich. Neben Tim Lefebvre, Jason Lindner und Donny McCaslin beweist auch Schlagzeuger Mark Guiliana auf dieser Platte einmal mehr, warum er seit geraumer Zeit zur Crème de la Crème der internationalen Musikerszene zählt. Im folgenden bekommt ihr einen Eindruck von Marks ausgefallenem Drumming auf „Blackstar“.
Sound & Stil
Die Songs auf „Blackstar“ sind, was Sound und Stil anbelangt, größtenteils in hochmodernster Beat-Kultur zuhause. Der Titeltrack oder auch das durchgeknallte „Sue (Or In a Season of Crime)“ beispielsweise zeigen die Rhythmusgruppe in technischer Höchstform, während Bowie mit gedehnten Phrasen einen interessanten Kontrapunkt setzt. Mit „Lazarus“ gelingt ein schwebender und unfassbar smooth groovender Sechsminüter, der vielleicht der zugänglichste Song der Platte ist. Achtet man gezielt auf die Art der Produktion, speziell im Hinblick auf das Schlagzeug, so bestechen die Songs nicht alleine durch ihre Beats, sondern auch durch die große Bandbreite an interessanten Drumsounds. Mark hat es zusammen mit den Produzenten geschafft, jedem Track einen ganz eigenen Charakter zu geben. Vier Ausschnitte davon schauen wir uns jetzt mal genauer an. Vorher könnt ihr euch hier das PDF mit allen Noten zum Workshop herunterladen.
Die Beats
„Blackstar“
Der Opener und zugleich Titeltrack umfasst in seiner Länge von knapp zehn Minuten neben langen Spannungsbögen und unerwarteten Wendungen auch ein ganzes Sammelsurium an interessanten Beats. Das folgende Beispiel zeigt die ersten vier Takte des Beats, mit dem der Song bei 0:15 min erstmals in Fahrt kommt. Dieser Rhythmus erinnert mich vor allem durch sein vertracktes Snare Pattern an aktuellere Songs der Band Radiohead. Mark verpasst dem Ganzen obendrein durch einen sehr pappigen, 808-ähnlichen Snare Sound eine Extraportion Elektro-Charme.
Für dich ausgesucht
„Lazarus“
Der Drum Sound von „Lazarus“ lebt von einem ähnlich tiefen und trockenen Snare Sound. Um diesen speziellen Klang zu imitieren, stimme ich meine 14“x5,5“ Yamaha Sensitive Maple Snare – ein „Standard“ Snare-Modell also – ziemlich tief und dämpfe das Schlagfell obendrein mit einem sehr breiten Dämpfungsring, den ich zuvor aus einem alten Fell ausgeschnitten habe. Neben einem soften Anschlag in die Mitte des Schlagfells ist dabei vor allem der Spannungsgrad des Snareteppichs essentiell für das richtige Maß an wohligem „Gush“. Hier kann so mancher Millimeter Drehung am Snare Strainer entscheidend sein! Ich habe für euch exemplarisch den Grundbeat des Songs notiert. Es handelt sich um einen straight gespielten Sechzehntel-Beat, den Mark im Verlauf des Songs durch einige Fills und kleineren Verzierungen variiert.
„Sue (Or In a Season of Crime)“
Der wildeste Song auf „Blackstar“ verbindet Prog-Rock Gitarren à la Porcupine Tree mit irrem Drum ‘n’ Bass Getrommel – und das hat es wirklich in sich! Was Herr Guiliana hier mit einer unglaublichen Leichtigkeit bei Tempo 170 bpm auf Band zimmert, ist wirklich atemberaubend. Der komplette Drumtrack basiert im Wesentlichen auf wilden Synkopen der Snare und der Bassdrum, die Mark von Takt zu Takt stark variiert. Das folgende Beispiel zeigt die ersten vier Takte des Songs. Es empfiehlt sich, die einzelnen Takte zunächst separat sowie vor allem langsam(!) zu üben und diese daraufhin peu à peu zusammenzusetzen.
„Girl Loves Me“
Das vierte und letzte Beispiel stammt aus dem Song „Girl Loves Me“. Der Beat bringt mit seinem Halftime Feel, in Kombination mit einigen schnellen Verzierungen auf der Hi-Hat und der Snare, eine amtliche Portion an DubStep-Anleihen mit. Dies wird zudem produktionstechnisch durch eine bewusst „dosige“ Hallfahne des Backbeats verstärkt. Den Effekt baue ich für das folgende Soundfile wie folgt nach: ich schicke die Snare-Spur durch ein Gate, das ich so einstelle, dass es lediglich laute Akzente „durchlässt“. Mit diesem Signal speise ich dann EQ, Compressor und letztendlich ein Reverb, das daraufhin automatisch auf der Zählzeit „3“ loslegt. So entsteht der Eindruck eines „Big Backbeat“, während Ghostnotes lediglich über die restlichen Mikros zu hören sind und somit „clean“ bleiben.
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dan sagt:
#1 - 20.08.2016 um 13:26 Uhr
Super, herzlichen Dank!!