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Dual DTJ 303 USB Test

Praxis

Ich muss es gleich loswerden: So angenehm und zurückhaltend sich der Dual DTJ-303 USB in meinem Wohnzimmer zum gelegentlichen Abspielen von Schallplatten präsentiert hat, so enttäuschend schlägt er sich im professionellen Betrieb. In meiner DJ-Booth kann er den vorübergehend auf die Ersatzbank geschickten Technics SL1210 Mk.2 zu keinem Zeitpunkt ersetzen. Der Motor ist zu schlapp zum Scratchen und punktgenauen Einstarten und der mittelgerasterte Pitchfader bietet auf seinem Weg von Plus-10 zu Minus-10 gefühlt 50 Shades of Widerstände. Präzises Pitchen wird dadurch nicht gerade gefördert.

Gut behütet: Die Scheibe fühlt sich unter der Haube richtig wohl
Gut behütet: Die Scheibe fühlt sich unter der Haube richtig wohl

Die preisgünstige Anmutung setzt sich bei allen anderen Komponenten des DTJ-303 USB fort: Der Puck ist aus Hartplastik gefertigt, ebenso wie die Schalter für Start/Stop und 33/45 RPM. Das Target-Licht kommt zwar im fühlbar angenehm strukturierten Metallschaft, aber klickt sehr hohl und relativ ungebremst in die Versenkung.
Entwarnung gibt es beim Lifthebel: Dieser hat einen Metallhebel mit Plastikkappe und ist zwar nur schwach gedämpft, aber senkt sich auch nicht völlig ungebremst auf die Nadel. Man darf ihm zugute halten, dass er sich nicht so schnarchig langsam absenkt wie der Lifthebel des Technics-Turntables, sondern in etwa so schnell, wie DJ zügig manuell die Nadel aufsetzen würde. Also befriedigend für ungeduldige Musikhörer.

Fotostrecke: 4 Bilder Man sieht dem Dual DTJ-303 USB an, dass er größtenteils aus Kunststoff gefertigt ist

Aber das Türmchen für den Tonarm ärgert mich. Das Antiskating ist einstellbar, die Tonarmhöhe jedoch nicht, denn die Riffelung des Kontrollrings ist lediglich eine dekorative Attrappe aus Hartplastik. Nun werden sicher die allermeisten stolzen Besitzer dieses Turntables niemals das Headshell gegen ein anderes Tonabnehmersystem austauschen, so dass nicht zwingend die Notwendigkeit zur Veränderung der Tonarmhöhe besteht. Aber wenn der Tonarmturm schon eine Riffelung wie einen Kontrollring hat, dann sollte diese doch bitte auch eine Funktion erfüllen. Oder bitte einfach weglassen.

Abdeckhaube

Dass ihr hier vor allem Bilder mit Abdeckhaube seht, hat einen recht pragmatischen Grund: Idealerweise wird der Dual DJT-303 USB mit Haube betrieben. Anders als bei Technics Plattenspielern und vielen ihrer Wiedergänger, sind die Steckschäfte für die Klarsichthaube fest mit dem Turntable-Chassis verbunden und ragen ohne aufgesteckte Haube recht ratlos in die Höhe. Möchte man den Dual lieber ohne Haube betreiben, wünscht man sich, die Haubenschäfte abmontieren zu können, aber das geht nicht, sie sind fest mit dem Chassis verbunden und lassen sich bei Beschädigung auch nicht austauschen.
Und Beschädigungen können vorkommen: Beim Entfernen der Haube schien es mir, als wenn Plastik an Plastik reiben würde und beim Entfernen der Haube mit einem gewissen Ruck war ich froh, dass diese nicht aufbrach, so wie ich das auch schon bei anderen ineinander verkeilten Hartplastik-Komponenten, wie beispielsweise Batteriefachabdeckungen von Synthesizern und Drummachines, öfters erlebt habe.
Andererseits funktioniert der Betrieb mit Haube ganz tadellos. Der Klappmechanismus ist schön leichtgängig und die Haube kann gefahrlos auch bei laufender Platte auf- und abgesenkt werden. Das habe ich gerade bei preisgünstigen Plattenspielern auch schon viel ruckeliger – und damit für die Nadel auch „sprunghafter“ – erlebt. Oder die Abdeckhaube kann nur aufgelegt und überhaupt nicht geklappt werden, wie bei meinem alten Denon DP-DJ150 mit digitalem Koaxial-Ausgang, den ich mir vor vielen Jahren zum Digitalisieren meiner Schallplatten zugelegt hatte. Und richtig: Der Dual kann ja auch digital!

Die klappbaren Schäfte für die Abdeckhaube sind fest mit dem Chassis verbunden

USB-Ausgang

Einfacher geht’s nicht: Per USB anschließen, „USB Audio CODEC“ in den Voreinstellungen der Audiosoftware eurer Wahl anwählen und aufnehmen. Der Dual sendet mit 44,1 kHz oder 48 kHz. Ich musste beim Test übrigens die Samplingrate in den DAW-Preferences erst einmal kurz umstellen, um unter beiden Frequenzen ein Signal zu erhalten.
Die Signalstärke ist im grünen Bereich, bei den Testaufnahmen mit 12-Zoll-Club-Maxis blieb ein Headroom von ca. 6 dB. Leider gibt es nicht nur Gutes zu berichten:  Beim Überspielen von Vinylscheiben in Ableton gab es bei jeder zweiten bis dritten Aufnahme einen kurzen Digitalaussetzer, der die Aufnahme unbrauchbar und einen neuen Aufnahmeversuch notwendig machte, selbst bei übertrieben hohen Latenzen von 512 msec.
Für das schnelle Sample zwischendurch ist das sicher kein Problem. Wer aber einen Turntable sucht, um seine Vinylsammlung in die digitale Domäne zu überführen, dürfte mit dem Dual auf Dauer nicht glücklich werden.

Die rückseitigen Anschlüsse: 2x Cinch (umschaltbar zwischen Phono- und Line-Impedanz und 1x USB. Ein Masseanschluss fehlt, denn der Dual DTJ-303 USB ist intern geerdet
Die rückseitigen Anschlüsse: 2x Cinch (umschaltbar zwischen Phono- und Line-Impedanz und 1x USB. Ein Masseanschluss fehlt, denn der Dual DTJ-303 USB ist intern geerdet

Für wen ist das?

Für wen ist der Dual DTJ-303 denn nun überhaupt? Gut geeignet scheint der Dual als Installationsplattenspieler z. B. zum Vorhören im Plattenladen, damit man auch mal eine Scheibe schneller oder langsamer pitchen kann. Es gibt für diesen Zweck sicher preiswertere Turntables, aber der Dual schaut eben auch schicker aus als viele seiner Mitbewerber.
In die DJ-Booth passt er weniger gut, denn für authentisches „Technics-Feeling“ ist der Motor einfach zu schwach. Für 100,- Euro mehr bekommen anspruchsvolle DJ-Novizen mit dem Audio-Technica AT-LP140XP tatsächlich schon einen richtig brauchbaren Turnie. Der ist vom Mixfeeling und der Bauqualität näher dran am Original als der Dual. Auch der dort verbaute Audio-Technica AT-XP3-Tonabnehmerist die bessere Wahl.
Dank seines zurückhaltend-eleganten Erscheinungsbilds, der praktischen rauchfarbenen Staubhaube und der Patina des „Dual“-Logos macht sich der Dual DTJ-303 USB vor allem gut als Turntable fürs Wohnzimmer.
Gerade Nostalgiker, die einen nicht zu teuren Plattenspieler ohne Automatik und mit DJ-Appeal suchen und auf eine geschmeidig klappbare Staubabdeckhaube Wert legen, dürften sich angesprochen fühlen. Dazu passt auch die elliptische Form der Nadel, die eher für das Hören als das Scratchen von Musik geeignet ist. Zum Digitalisieren der Schallplattensammlung produzierte der USB-Anschluss mir jedoch zu viele Aussetzer. Das mag am Testgerät liegen. Aber der DTJ-303 USB ist halt keine „deutsche Wertarbeit“, sondern günstige OEM-Qualität aus Fernost.

Fotostrecke: 3 Bilder „Testpressung“: Für den großen Dual DTJ-303 USB-Test haben wir uns extra eine besorgt

In den folgenden Audiofiles zeige ich das Anlaufen und Abbremsen des Dual DTJ-303 USB im Vergleich zum Technics SL1210 Mk.2. Das allseits beliebte Austrudeln per Power-off via Line- und USB-Ausgang kann ich leider nicht zeigen, da bei Power-off kein USB-Signal anliegt. Wer gern mit diesem Trick arbeitet, sollte den Dual per Phonoausgang betreiben. (Musik: Marquardt – Just Realized (Mijk van Dijk Remix) – City Gossip)

Audio Samples
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Anlaufen, abbremsen und ausschalten des Dual DJT-303 USB via Phonoausgang Anlaufen und abbremsen Dual DJT-303 USB via Line-Ausgang Anlaufen und abbremsen Dual DJT-303 USB via USB-Ausgang Anlaufen und abbremsen Technics SL-1210 Mk.2 Digitales Knacken Dual DJT-303 USB bei Überspielung via USB, 1 Digitales Knacken Dual DJT-303 USB bei Überspielung via USB, 2 Digitaler Aussetzer Dual DJT-303 USB bei Überspielung via USB

Tradition verpflichtet

Dass der Name Dual auch für puren Luxus stehen kann, zeigt die Firma übrigens mit dem Dual Primus Maximus. Nicht nur der Name klingt selbstbewusst, sondern auch der Preis von 5.885,- Euro. Das edle Teil soll in einer limitierten Auflage von 100 Exemplaren hergestellt werden.
1993 wurden die originalen Dual-Fertigungsanlagen in St. Georgen von der Alfred Fehrenbacher GmbH übernommen und unter dem Namen Dual Phono GmbH werden seit den Nuller-Jahren wieder hochwertige HiFi-Plattenspieler wie z. B. der Dual Primus Maximus gebaut.
Auf der Dual Website findet man übrigens keinen Hinweis auf die DTJ-Serie. Der Verdacht liegt nahe, dass es sich hierbei um OEM-Turntables aus Fernost handelt, das günstige Einsteigermodell DJT-301.1 wirkt zum Beispiel baugleich mit dem Jaytec DJT-2.

Dual Primus Maximus Plattenspieler
Dual Primus Maximus Plattenspieler

History

Die 1907 von den Gebrüdern Steidinger in St.Georgen im Schwarzwald gegründete Firma für Feinmechanik produzierte erst Federwerke für Grammophone und erfand 1927 den Elektro-Feder-Motor, eine Kombination aus Federlaufwerk und Elektromotor, dieser wurde „Dual“ genannt und gab der Firma den allseits bekannten Namen gab.
Anfang der 1960er-Jahre baute Dual das Modell 1009, den ersten HiFi-tauglichen Plattenwechsler aus deutscher Fertigung und stieg zum größten deutschen Hersteller von Plattenspielern auf. Seinerzeit namhafte Hersteller wie Grundig, ITT, SABA und Wega statteten ihre Kompaktanlagen bis in die späten 70er-Jahre mit Dual-Plattenspielern aus und Dual wurde zum Synonym für deutsche HiFi-Plattenspieler.
Aber die Schwarzwälder stellten auch andere Einzelkomponenten für andere Hersteller her, wie Tape-Decks, Tuner und Receiver.
1981 kam dann aufgrund des wirtschaftlichen Drucks aus Fernost die Insolvenz und Dual fiel zuerst an die Thomson-Gruppe aus Frankreich, später an die Schneider Rundfunkwerke, die vor allem auf recht erschwingliche Kompaktanlagen spezialisiert waren.

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Profilbild von Hans-Ulrich Neumann

Hans-Ulrich Neumann sagt:

#1 - 27.02.2023 um 10:08 Uhr

0

Na, da ist Ihnen in Sachen "Dual" aber einiges durcheinander geraten. Die Dual Phono GmbH, das war Fehrenbacher, hatte bis vergangenes Jahr nur eine einfache Lizenz den Namen Dual für die "CS..."-Plattenspieler zu nutzen. Fehrenbacher ist nicht mehr existent, die Produktion wurde vom Mutterhaus von Project übernommen, die ehemaligen Dual-Geräte werden technisch weitgehend unverändert unter dem Namen "Rekkord" angeboten und genauso in Deutschland gefertigt, wie die Project-Dreher, die eine Automatik haben, wie der von Ihnen getestete A1. Die Dual GmbH in Landsberg, die bislang die "DTJ..." Modelle und allerlei DAB-Radios, Minianlagen usw. anbot, war zwischen zeitlich insolvent, ist nun in Fuchstal ansässig. Dieses Unternehmen hat nun selbst einige Modell mit der Bezeichnung "CS..." neu im Angebot, die in Teilen in Deutschland entwickelt wurden, so z.B. der Antrieb des neuen Dual CS 618Q. Gebaut werden diese Geräte bei Hanpin. Entwickler ist Alfred Langer, der, basierend auf dem "Langer 7" auch den Dual Primus Maximus entwickelt hat, der als Manufakturware als einziger Dual in Deutschland gefertigt wird. Die Dual-Geschichte ist inzwischen immer komplizierter und es ist nun seit vergangenem Jahr gar nicht mehr auszumachen, wer im Endeffekt der "legitime Erbe" der "Dual Gebr. Steidinger" ist, die damals nach dem Konkus in die Dual GmbH aufging, deren Eigner Thomson Brand war, dann Schneider, teilweise Karstadt... Es werden im Schwarzwald Plattenspieler mit der Technik der alten Dual-Geräte gebaut, vertrieben eben als Project und Rekkord. Zwischenzeitlich gab es auch Thorens-Modelle, die bei Fehrenbacher gebaut wurde.

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