Praxis
Nimmt man die 49er in die Hand, fällt direkt ihre längere Mensur auf. Der Hals streckt sich schon ein ordentliches Stück nach links, was aber nicht heißt, dass er unhandlich wäre – ganz im Gegenteil. Die Saitenlage ist perfekt und mit ihren recht dicken Bespannung (10 auf 50!) lässt sie sich äußerst komfortabel bespielen. Der Hals ist eher von der kräftigeren Sorte und liegt mit seinem runden U-Profil satt in der Hand. Bei jedem Anschlag schwingt das Instrument sofort mit und resoniert überdurchschnittlich, wobei sämtliche Frequenzen gleichmäßig wiedergegeben werden und lange ausschwingen. Obwohl wir es hier mit einer Mahagoni-Gitarre zu tun haben, machen sich Ahorn-Hals und -Decke durchaus positiv bemerkbar und addieren einen ordentlichen Schuss Obertöne hinzu. Ich bin sehr gespannt, wie sie sich am Verstärker macht.
Wie immer beginne ich mit einer cleanen Einstellung am Amp, in diesem Fall einem AC30, den ich mit einem Shure SM 57 abgenommen habe. Ich spiele dreimal dieselbe Figur, um die Klangunterschiede der Tonabnehmer herauszustellen.
Der Hals-PU klingt erstaunlich spritzig, tiefe Frequenzen treten nicht zu stark in den Vordergrund und insgesamt kommt der P90 bauartbedingt wie ein Single-Coil auf Anabolika. In der Mitteleinstellung tönt ein für Duesenberg-Gitarren typischer Sound: Es klingt wie eine Strat, gepaart mit einer Tele, beide jeweils in der Mittelstellung. Die Mitten werden etwas ausgehöhlt und geben dem Instrument eine frische, ungewohnte Soundnote. Am Steg dominiert ganz klar der Humbucker-Sound. Im Gegensatz zu seinen Kollegen wirkt er kompakter, komprimiert in den Mitten etwas, ohne jedoch dumpf zu klingen. Der Grand Vintage ist in seiner Charakteristik ein Vintage-Humbucker mit moderatem Ausgangspegel, was ihn durchaus für cleane Einstellungen am Amp interessant macht. Je nach Anschlag verändert sich der Klang aller Pickups und macht so eine Interaktion mit dem jeweiligen Amp möglich, Stichwort Dynamik! Ich drehe den Tonpoti raus, schalte in die Halsposition und spiele ein paar jazzige Chords, alles mit dem AC30.
Auch in dieser Disziplin macht sich die 49er sehr gut. Obwohl die Höhenfrequenzen ausgeblendet sind, ist der Anschlag mit dem Daumen immer noch definiert wahrzunehmen. Jeder Attack wird mit einem kleinen Bassschub herausgearbeitet. Jetzt wird es funky und ich schalte wie auch im ersten Beispiel alle Pickup-Konstellationen durch. Als Verstärker dient jetzt ein Fender Twin.
Auch hier zeigt sich die immense Soundvielfalt der 49er. Jeder Anschlag wird mit einem Schmatzer quittiert, der Hals-Pickup ermöglicht fetten Oldschool-Sound, der Kollege am Steg rotzigen Lenny Kravitz Style Funk und der Zusammenschluss beider den typischen ausgehöhlten “europäischen“ Funksound.
Für dich ausgesucht
So, genug der klaren Töne, jetzt soll’s rockiger werden! Ich aktiviere wieder den AC30 und teste, wie sich die “Düse“ in diesem Segment schlägt.
Na, das klingt doch schon ziemlich fett und rotzig. Obwohl ich dieses Soundfile mit den Fingern gespielt und mich ziemlich weit unten auf der E- und A-Saite aufgehalten habe, sind alle Töne sehr gut herauszuhören und gefallen mit ihrem tiefmittigen Growl.
Hier habe ich anfänglich eine Singlenote-Line gespielt, die dann in ein Arpeggio mit überstehenden Tönen übergeht. Ein hochmittiger Sound addiert sich hinzu und klingt in seiner Charakteristik völlig anders als in den cleanen Beispielen, er ist also vollwertig am angezerrten Amp zu verwenden, was mir in den meisten Fällen bei Gitarren nicht wirklich gefällt.
Das ist genau seine Welt, hier fühlt sich der Humbucker pudelwohl. Breitbeinig stellt er sich auf und verschafft sich rotzig Gehör. In dieser Einstellung scheint die Gitarre automatisch tiefer am Gurt zu hängen und verlangt nach knochentrockenen Riffs. Schön durchsichtig, aber mit einem gehörigen Pfund pumpt der Sound aus den Speakern.
Ich regele den Amp wieder etwas runter und vergleiche die Pickups miteinander.
Es ist schon erstaunlich, wie grundlegend sich die Charakteristik mit der Einstellung am Amp verändert. Alle Beispiele bekommen wieder mehr Höhenanteile, Attacks werden hervorragend herausgearbeitet und die Mittelstellung klingelt ganz herrlich in den hohen Frequenzen.
Abschließend hören wir, wie sich die Duesenberg 49er im Solospiel schlägt. Als Amp dient dieses Mal ein JCM 800 aus dem Hause Marshall mit passender 2×12“ Box mit Vintage 30 Lautsprechern. Eine Prise Hall habe ich dazugegeben, damit sie nicht so ganz alleine dastehen muss.
Auch hier kann ich nur lobende Worte finden, so klingt meiner Meinung nach ein klassischer Leadsound. Immer transparent, trotzdem fett, Bässe kommen quasi auf Knopfdruck, will sagen, sobald die Saite abgedämpft wird, machen sie sich breit. Jeder Anschlag ist wunderbar herauszuhören und – ein ebenfalls nicht ganz unwichtiger Aspekt – die Töne werden in höheren Lagen nicht dünner! Ein Phänomen, das mir in der Vergangenheit schon sehr oft bei anderen Gitarren aufgefallen ist. Warum das so ist, konnte ich bis jetzt leider nicht in Erfahrung bringen, aber es ist in der Tat hörbar.
Dietmar Bramsel sagt:
#1 - 10.08.2011 um 01:42 Uhr
Hallo,
dieser Test war der letzte Tropfen den es gebraucht hat, eine Doozy 49er Gold Top zu kaufen. Das war die richtige Entscheidung! Ich bin schier begeistert und kann diesen Bericht nur unterstreichen.
Beste Grüße - http://www.facebook.com/pag...