Dynamisch auf dem Klavier zu spielen ist eine hohe Kunst. Aber was bedeutet Dynamik in der Musik überhaupt? Beim Musikhören kann man feststellen, dass sich die Lautstärke der beteiligten Instrumente an bestimmten Stellen im laufenden Stück ändert – man spricht hier von Dynamik. So gibt es Passagen die sehr leise gespielt werden, während andere sehr laut sind. Wieder andere Teile befinden sich in einer mittleren Lautstärke, die sich aber jederzeit ändern kann. Gerade im Bereich der Filmmusik werden starke Lautstärkesprünge auch szenisch eingesetzt, um große Spannung zu erzeugen. Lautstärkeschwankungen innerhalb der Musik sind also wichtig, um besondere Stimmungen zu erzeugen.
Die Dynamik ist somit der Stimmungsgenerator in der Musik, um den es in diesem Workshop in der Umsetzung auf dem Klavier geht.
- Was bedeutet Dynamik in der Musik?
- Wozu dient Dynamik in der Musik?
- Warum ist Dynamik wichtig?
- Dynamisch Klavier spielen – wie notiert und liest man Dynamik eigentlich?
- Dynamisch Klavier spielen – die acht in der Musik möglichen Dynamikstufen
- Dynamisch Klavier spielen – Zeichen zur allmählichen Steigerung oder Senkung der Lautstärke
- Dynamisch Klavier spielen – wie spielt man eigentlich laut und leise?
- Wie kann man Dynamik am Klavier üben?
- Zum Schluss
Was bedeutet Dynamik in der Musik?
- Unter Dynamik versteht man in der Musik die Lehre von der Tonstärke (physikalisch: Lautheit). Man unterscheidet einheitliche Lautstärken (Stufen) gleitende Lautstärkenänderungen (Übergänge) abrupte Lautstärkenänderungen (Akzente).
- Die dynamischen Angaben in den Partituren sind in der Regel in italienischer Sprache gehalten, seit dem 19. Jahrhundert auch in der Sprache des Komponisten.
- Unterschiedliche Tonstärken werden auf verschiedenen Musikinstrumenten auf unterschiedliche Weise erzeugt: Bei Streichinstrumenten wird der Druck, die Geschwindigkeit des Bogenstrichs und die Strichlage verändert, Bläser variieren den Druck und auch die Menge des Luftstroms. Die Dynamik der Zupf- und Schlaginstrumente wird, wie beim Klavier, durch die Härte des Anschlags bestimmt.
Wozu dient Dynamik in der Musik?
In der Musik bedeutet Dynamik unterschiedliche Lautstärken, die in einem weiten Bereich liegen können. Unmittelbar mit Dynamik verbunden sind auch die Begriffe Ausdruck, Energie oder Kraft – Aspekte, die man beispielsweise mit einem Klavier hervorragend umsetzen kann. Spricht man in der Musik von Dynamik, so geht es um den Ausdruck von Größe und Kraft, von Zartheit und Zerbrechlichkeit, von Stimmungen wie Fröhlichkeit und Traurigkeit. Auch alle Zwischenstufen der Gefühle werden durch dynamisches Spiel ausgedrückt. Musik lebt von der Dynamik, und musikalische Kompositionen nutzen diesen Mechanismus, der Musik zu einem einzigartigen Erlebnis macht. Schaut man sich beispielsweise notierte klassische Werke an, so findet man auch dort entsprechende Ausdruckszeichen, die vorgeben, wie an den entsprechenden Stellen gespielt werden soll.
Warum ist Dynamik wichtig?
Spricht man in der Musik von Dynamik, meint man die Lebendigkeit der Musik. Aber nicht nur die Musik ist dynamisch, auch im Zusammenhang mit Menschen wird der Begriff verwendet. Man stelle sich einen dynamischen Menschen vor. Aktiv, beweglich, offen, reaktionsschnell, mal stark, mal schwach. Er lebt in unterschiedlichen Stimmungen, kurz gesagt: Er ist in seinem ganzen Wesen lebendig, nicht starr oder statisch. Die Gegensätze Leben und Tod zeigen hier ihre Bedeutung. Wenn etwas lebt, ist es dynamisch, wenn es tot ist, ist es statisch. Das sind auch die Eigenschaften der Musik. Nur dynamische Musik lebt, sie ist spannend, fließend und beweglich. Sie ist ein Abbild des Lebens selbst, und damit können wir uns alle identifizieren. Deshalb gefällt sie uns auch besser. Akustische Musik ist oft sehr dynamisch und spricht uns deshalb besonders an. Hören wir uns diese beiden Beispiele an. Zuerst hören wir das Stück dynamisch gespielt.
Und nun das Ganze ohne Dynamik.
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Der Unterschied ist offensichtlich. Die erste Version klingt definitiv besser, einfach lebendiger und interessanter. Wirklich gute Musiker nutzen deshalb die verschiedenen Lautstärken, um ihr Spiel sehr lebendig und ausdrucksstark zu gestalten. Mit dynamischem Spiel drückt man Gefühle aus. Das beweist auch diese Soloaufnahme von Oscar Peterson. Man beachte, wie dynamisch seine rechte Hand auf dem Klavier spielt.
Video: Oscar Peterson – Back In Indiana
Und jetzt hören wir uns an, wie dynamisch die noch junge Jennifer Hudson in diesem Video a cappella singt und damit den Text des Liedes unterstützt.
Video: Jennifer Hudson – Spotlight Acapella
In der klassischen Musik sind je nach Epoche, Komponist und Stück die unterschiedlichsten dynamischen Angaben in der Literatur notiert. Das ist der Grund, warum klassische Musik immer so tiefgründig und interessant ist. Wenn man die ganze dynamische Bandbreite zur Verfügung hat, kann man fast jedes Gefühl musikalisch ausdrücken. Schubert und Alfred Brendel zeigen das hier meisterhaft.
Video: Alfred Brendel – Schubert – Six Moments Musicaux
Manch einer fragt sich vielleicht, wo die Dynamik in der modernen elektronischen Musik bleibt. Wer schon einmal auf einer Techno-Party war, hat sicher bemerkt, wie beweglich diese Musik ist. Aus voller Fahrt kommt plötzlich ein Breakdown und die Drums sind weg. Man hört dann einen ruhigen Teil, um sich zu entspannen, bevor wieder ein rhythmisches Element einsetzt. Die Musik nimmt dabei langsam wieder an Fahrt auf. Alles steigert sich, bis schließlich wieder die ursprüngliche Intensität erreicht ist. Auch die aktuellen Charts sind stark von tanzbarer elektronischer Musik geprägt. Lauscht man aktuellen Songs, findet man überall dynamische Bewegungen. Natürlich wird bei einem gesungenen Titel die Stimme in der Strophe nicht allmählich lauter, so etwas gibt es in der aktuellen Popmusik kaum. Aber der ganze Song ist dynamischen Bewegungen unterworfen. Inspiriert von den Breakdowns des Techno gibt es inzwischen auch einen sogenannten Pre-Chorus, eine Art Vor-Refrain.
Es passiert aber noch mehr …
Der Pre-Chorus nimmt Fahrt auf und erzeugt Spannung, die sich im eigentlichen Refrain entlädt. Dadurch wirkt der Refrain noch größer und lauter. Außerdem passiert noch viel hinter den Kulissen, was man als Laie vielleicht gar nicht mitbekommt. Die sogenannten ‚Mixing Artists‘ sind Tontechniker wie beispielsweise Chris Lord Alge, Michael Brauer oder Tchad Blake, die aufgenommene Musik zusammenmischen und damit erst konsumierbar und erfolgreich machen. Dabei wenden sie viele kleine Tricks an, die oft auch auf eine dynamische Entwicklung abzielen. So werden beispielsweise am Ende der Strophe bestimmte Frequenzen betont, um den Refrain größer und lauter wirken zu lassen. Ein anderes Beispiel ist Jacob Collier. Sein Song ‚Hideaway‘ beginnt in einer Stimmung von 432 Hz, endet aber in 440 Hz. Auch das trägt zur Lebendigkeit und damit zur Dynamik der Musik bei.
Video: Jacob Collier – Hideaway
Wie man sieht, ist auch moderne Musik dynamisch.
Dynamisch Klavier spielen – wie notiert und liest man Dynamik eigentlich?
Das Lesen von Dynamikangaben ist nicht besonders schwierig. Für die Umsetzung von Dynamik auf dem Klavier stehen die Angaben fast immer ‚zwischen den Händen‘ der Klaviernoten. Von dieser Regel wird nur abgewichen, wenn die Noten diesen Raum einnehmen oder wenn die Angaben nur für eine Hand gelten.
Grundlegend gehen die Dynamikangaben in Klaviernoten und Noten für andere Instrumente auf die italienische Sprache zurück und bestehen oft aus nur einem Buchstaben. Deshalb sollte man deren Bedeutung einfach auswendig lernen. Aber keine Sorge, das gelingt mit der Zeit recht schnell. Alle Steigerungen sind logisch aufgebaut. Je öfter der Buchstabe steht, desto intensiver soll die Angabe umgesetzt werden. So kommt man auf diese acht Dynamikangaben, die alle für ein italienisches Wort und damit für eine bestimmte Lautstärke stehen.
Dynamisch Klavier spielen – die acht in der Musik möglichen Dynamikstufen
Zeichen | Bezeichnung | Bedeutung |
---|---|---|
p | piano | leise |
pp | pianissimo | sehr leise |
ppp | pianissimo piano | sehr sehr leise |
mp | mezzopiano | mittel leise |
mf | mezzoforte | mittel laut |
f | forte | laut |
ff | fortissimo | sehr laut |
fff | fortissimo forte | sehr sehr laut |
Um dynamisch auf dem Klavier zu spielen sind allerdings nur sechs dieser acht Stufen relevant, denn es gibt am Klavier eigentlich kein ppp oder fff, das gibt das Instrument nicht wirklich her.
Zum Mitspielen: Im folgenden Stück die ersten beiden Takte leise und ab dem dritten Takt dann laut spielen.
Es gibt aber auch Zeichen, die den zu spielenden dynamischen Verlauf bildlich symbolisieren. Diese kommen zum Einsatz, wenn nicht eine sofortige, sondern eine allmähliche Zunahme oder Abnahme der Lautstärke gewünscht wird.
Dynamisch Klavier spielen – Zeichen zur allmählichen Steigerung oder Senkung der Lautstärke
Zeichen | Bezeichnung | Bedeutung |
---|---|---|
< | crescendo | lauter werden |
> | decrescendo | leiser werden |
In einem Stück sieht das Ganze dann so aus.
Die Länge des Crescendo-Zeichens entspricht dabei genau der Dauer der gewünschten Steigerung. Wenn am Ende des Zeichens ein Ton wie beispielsweise f steht, muss die Steigerung genau dort enden. Ansonsten ist man aber freier.
Dynamisch Klavier spielen – wie spielt man eigentlich laut und leise?
Wenn es darum geht, wie man auf dem Klavier laut und leise spielt, gibt es bei Laien und Anfängern oft viele Missverständnisse. Die Tasten bewegen sich, da sind sich jedoch alle einig.
Viele Anfänger glauben anfangs, dass man fester drücken muss, um laute Töne zu erzeugen. Zum Drücken braucht man aber einen festen Gegenstand. Fest ist die Taste aber erst, wenn sie am Tastenboden angekommen ist. Dann ist der Ton aber auch schon erzeugt. Wie fest man drückt, hat also keinen Einfluss auf die Lautstärke des Tones. Das Drücken, nachdem die Taste bereits am Tastengrund angekommen ist, hat allerdings zwei Nachteile. Erstens wird man durch den Druck in der Hand ‘fest’ und zweitens kommt man schnell ‘aus der Taste’.
Man drückt also die Hand von den Tasten weg. Das ist der falsche Weg. In Wirklichkeit geben wir den Tasten sozusagen kleine Ohrfeigen. Und eine Ohrfeige tut umso mehr weh, je weiter man dafür ausholt. Wir schlagen nicht härter, sondern schneller. Je mehr Schwung, desto mehr Geschwindigkeit und damit umso mehr Wirkung. Genauso verhält es sich mit der Lautstärke am Klavier. Je schneller man die Finger nach unten schwingt, desto lauter wird der Ton.
Dynamik auf dem Klavier sichtbar machen
Zuerst habe ich meinen Finger mit mittlerer Geschwindigkeit zur Taste geschwungen und der Ton war mezzoforte. Dann habe ich ihn sehr langsam bewegt und der Ton wurde sehr leise, oder pianissimo. Zum Schluss habe ich ihn sehr schnell bewegt und der Ton wurde forte. Und sobald man am Ende der Taste angekommen ist, muss man aufhören, mit den Fingern nach unten zu schwingen. Sonst wird aus dem Schwung tatsächlich Druck, mit dem bekannten Ergebnis. Das ist das Geheimnis unterschiedlicher Dynamik am Klavier.
Also noch einmal bewusst machen: Man drückt die Taste nicht, man schlägst sie an. Mein Klavierlehrer hat immer gesagt, dass unsere Finger die Tasten so anschlagen müssen, wie die Hämmer die Saiten anschlagen. Das ist ein schönes Bild und wird sicher dabei helfen, Dynamik auf dem Klavier in Zukunft gut umzusetzen.
Wie kann man Dynamik am Klavier üben?
Um ein dynamisches Spiel auf dem Klavier zu erlernen, müssen im Prinzip nur zwei Dinge geübt werden. Der erste Schritt besteht darin, einen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Dynamikstufen und der Bewegung der Finger herzustellen. So geht das laute und leise Spielen in Fleisch und Blut über. Am besten gewöhnt man sich an, den Fingern mehr Schwung zu geben, wenn man lauter spielen will.
Kleiner Tipp: Im folgenden Video mal auf die Lautstärke achten und wie weit sich meine Finger beim Ausholen von der Taste entfernen.
Gerade crescendo und decrescendo sind am Anfang nicht so einfach umzusetzen. Aber hier sollte man sich nicht zu sehr stressen, denn manches braucht Zeit und ständiges Üben. Im zweiten Schritt ist es notwendig, sich intensiv mit den dynamischen Symbolen der Musikliteratur zu beschäftigen, um nach einiger Zeit den notierten Buchstaben schnell die entsprechende Lautstärke zuordnen zu können. Wer dabei bleibt, gehört bald zu den Dynamik-Profis am Klavier. Und dann klingt auch die eigene gleich Musik viel besser!
Zum Schluss
Um dynamisch auf dem Klavier spielen zu lernen, sollte man folgende vier Schritte beherzigen:
- Die motorischen Zusammenhänge zwischen Tastenanschlag und entstehender Lautstärke üben, damit man nicht mehr darüber nachdenken musst.
- Alle dynamischen Zeichen lernen, um sie beim Spielen schnell umzusetzen zu können.
- Beim Musikhören auf die dynamischen Entwicklungen achten, um die Bedeutung von Dynamik in der Musik besser zu verstehen.
- Sich Zeit geben und fleißig sein, dann ist der Erfolg voraussehbar.