Praxis
Wunderschönes Mikrofon
Zunächst muss ich eine vermeintliche Trivialität loswerden, die mir unter den Nägeln brennt: Das Earthworks SV33 sieht einfach nur verdammt gut aus. Edel, zurückhaltend, mit Korbgitter-Verstrebungen, die an Hochhausarchitektur erinnern und einer geradezu erotischen Formgebung des Korpus. Dazu die luftig-leichte Bügelaufhängung und die dunkle, edelmatte Nextel-Oberfläche: Wow!
Da verschmiert nichts!
Für das Stimmensignal darf festgehalten werden, dass Earthworks bezüglich der Fähigkeiten des SV33 den Mund nicht zu voll genommen haben: Die Natürlichkeit ist erstaunlich und zeigt einmal mehr, dass Earthworks in der gleichen Liga spielen können wie die hochwertigen Kleinmembranmikrofone aus deutscher und dänischer Produktion. Das Ausgangssignal scheint förmlich an den Stimmbändern zu kleben. Das bedeutet auch, dass bei etwas näherer Besprechung jedes noch so kleine platzende Spuckebläschen, jede „Nebenluft“ im Mundraum zu hören ist – man möchte sogar meinen: jedes Nasenhaar. Dinge, die sich schon bei etwas trägeren Großmembranern schnell einmal versenden oder durch Übertrager verschmiert werden, finden ihren Weg in das Audiosignal. Die Geschwindigkeit ist das große Plus des SV33. Sie steht beispielsweise einem Schoeps (hier mit dem MK 8 verglichen, also einer Achterkapsel) in nichts nach. Der Vergleich ist sogar ein wenig gemein, denn die Schoeps-Achterkapsel vermag im Vergleich zu vielen anderen aus der Colette-Serie, den erweiterten Verstärkerfrequenzgang von bis zu 40 kHz nicht komplett zu bedienen, sondern macht prinzipbedingt etwas früher „zu“.
Fehlbedienung nicht ausgeschlossen – wäre aber nicht so schlimm
Die Gefahr, dass das Earthworks SV33 versehentlich im Side-Fire-Betrieb verwendet wird, ist gar nicht mal so gering. Wieso? Nun, selbst fast mit 90 Grad Einsprechwinkel ist das Signal noch absolut vollständig, weist keine auffälligen Einbrüche oder Verfärbungen auf – nicht einmal größere Pegeleinbußen. Das Pattern tendiert deutlich zur Wide Cardioid und nimmt die Höhen dabei recht gut mit. Bei 180 Grad gibt es Mikrofone, die deutlich stärker bedämpfen. Es sind weniger die Tiefen denn die Höhen weit oberhalb der Präsenzen, die sich ihren Weg ins Signal mogeln. Dadurch bleibt das Signal (auch bei korrekter, also axialer Besprechung) frisch, offen und luftig. Wäre eine hohe rückwärtige Empfindlichkeit eher in den Mitten der Fall, würde man sich bei der Aufnahme durch Raumrückwürfe schnell Färbungen einheimsen. Der genannte Umstand trägt also zur hervorragenden Klangqualität nicht unerheblich bei.
Für dich ausgesucht
Rauschen gering und homogen
Richtig Spaß macht die exorbitante Grobdynamik des Mikrofons. Mit der Stimme ist es so gut wie unmöglich, das Mikro zu überfahren, da braucht es tatsächlich schon laute Instrumente. Also: Ein Pad vermisst niemand. Der Rauschteppich ist gering genug und – wichtiger – besonders fein und homogen. Auch ein brutal plattkomprimiertes Signal, bei welchem die Dynamikgeräte in Signalpausen jeden Noise Floor nah an das Nutzsignal holen, erhält zwar ein leichtes Rauschen, aber eben ohne störende „grainy“ Komponenten. Ob an einem edlen Röhrenpreamp (Tube-Tech MP-1A, einem Neve-Style (Heritage ’73 Jr.), einem preiswerten Audio-Interface (Focusrite Saffire 6i6) oder einem sehr hochwertigen Wandlersystem (Mergin Technologies HAPI / Premium) – das Mikrofon konnte an allen seine Fähigkeiten unter Beweis stellen und die Eigenschaften der Vorverstärker herausspielen. Die Audiofiles sind übrigens mit dem HAPI erstellt.