Die Firma Groove Tubes hat ihren Namen nicht wie so manche deutsche Band aus dem Lexikon, sondern mit Bedacht gewählt. Dass “Groove” außer “Rille” noch eine weitere Bedeutung hat, muss in Musikerkreisen wohl nicht erklärt werden; “Tube” steht für Vakuumröhre, da alle Produkte des Unternehmens (unter anderem Gitarrenverstärker) auf Röhrenschaltungen basierten, und es bis heute hauptsächlich Röhren verschiedenster Art anbietet. Der Unternehmensgründer Aspen Pittman ist der Autor eines Standardwerkes über Röhrenverstärker. Umso erstaunlicher, dass das Testmikrofon GT50 zusammen mit einigen anderen aus der Groove-Tubes-Produktpalette nicht mit Röhren, sondern mit Class-A FET (also Transistortechnik) arbeitet. Den Vorteilen von Tube-Mikes steht eine Vielzahl von Nachteilen gegenüber. Röhren im Signalweg bedeuten nicht automatisch “besser”, aber zumindest “teurer”.
Der Preiskampf auf dem Mikrofonmarkt ist in vollem Gang, und an Dogmen festzuhalten, hat schon manchem Unternehmen das Genick gebrochen. Es spricht also nichts dagegen, dass auch Röhrengeräte-Hersteller Mikrofone ohne Röhre herstellen.
Sei es, um Vocals aufzunehmen oder sämtliche Küchengeräte zu sampeln: Ein Großmembran-Mikrofon ist ein Standard-Werkzeug, welches in so gut wie jeder Recordingsituation benötigt wird. Dabei sind einige Ausstattungsmerkmale sinnvoll, andere eher in seltenen Fällen wichtig. So wird man etwa auf umschaltbare Charakteristika verzichten können, das spart eine Kondensatorkapsel und somit Geld. Als Musiker oder Tontechniker ist man bekanntlich immer knapp bei Kasse, zumal man zum Aufnehmen mit dem Mikrofon alleine nicht weit kommt. Der Markt ist heute voll mit Großmembran-Kondensern mit Nierencharakteristik. Bei Beträgen für ein eine Nahverkehr-Monatskarte fängt die Preisspanne für die Geräte an und endet irgendwo hinterm Mond.
Mikrofone sind Präzisionsinstrumente mit nur wenige Mikrometer dicken Membranen, daher ist klar: Halb geschenkte Mikrofone taugen so gut wie nichts! Groove Tubes haben sich durch ihre höherpreisigen Mikrofone einen guten Ruf erarbeitet und bieten heute einigermaßen preisgünstige Einsteiger-Mikrofone an, ohne riskieren zu wollen, ihren Namen durch miese Qualität in den Dreck zu ziehen. Betrachtet man die Ausstattung und die Marktpositionierung, scheint das GT50 also das ideale “Erstmikrofon” zu sein. Wir Schnüffelnasen von bonedo haben uns die Sache mal genauer angeschaut.
Details
Informative Lieferzugaben
Das Öffnen der Pappschachtel sorgt für eine positive Überraschung: GT liefern das Kondensator-Mikrofon im kleinen, gepolsterten Aluminium-Köfferchen aus. Sehr schön! Unter dem Koffer liegt in der Verpackung eine kleine Garantiekarte, auf der schon die Seriennummer des GT50 aufgeklebt ist. Zudem gibt es einen mehrseitigen “Quick Start Guide”, der den generellen Umgang mit Mikrofonen erklärt. Diese vierzigseitige Broschüre ist kein Handbuch im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr eine Mikrofon-Fibel von Groove-Tubes-Gründer Pittman, in der klar und verständlich der Unterschied zwischen dynamischen und Kondensator-Mikrofonen, die Bedeutung des Nahbesprechungseffekts, die gängigen Stereo-Verfahren und vieles mehr erklärt wird. Bevor das Mikrofon überhaupt ausgepackt ist, hat es schon zwei Pluspunkte eingeheimst. Nicht schlecht!
Hinter Gittern ist die Kapsel gut geschützt
Im Gegensatz zu früheren Modellen setzt Groove Tubes bei der Gestaltung des Mikrofonkorbes mittlerweile auf eine bei anderen Herstellern bewährte Kombination: Außen ein grobes Standardgitter und ein innen liegendes Feingitter. Das ehemals verwendete Material war dicker und hatte große, runde Löcher – war also eher Lochblech denn Gitter – und wurde womöglich aufgrund der höheren akustischen Einflussnahme pensioniert. Die Einfassung des Gitters zeigt einen Makel, der glücklicherweise ausschließlich optischer Natur ist: Sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite liegt das Gitter nicht parallel zum Rahmen. Allerdings müsste man schon HiFi-Esoteriker sein, um dort irgendwelche Nachteile hineinzuinterpretieren.
Alles dran, was benötigt wird
Durch seinen leicht konischen Mikrofonkorpus und die Form des Korbes erinnert das GT50 zumindest vom Aussehen her sehr an Großmembran-Kondenser deutscher Herstellung. Ein großes Gewinde an der Unterseite des Mikrofons ermöglicht, die schwarze Messinghülle zu entfernen. Über ein weiteres Gewinde wird die einfache, aber stabile Mikrofonhalterung eingeschraubt. Unterhalb des Korbes können die beiden Schaltfunktionen des Groove Tubes mit Metall-Kippschaltern bedient werden: Das Pad verringert die Empfindlichkeit um 10 dB und erhöht dadurch den Grenzschalldruck-Pegel, das Hochpass-Filter senkt das Signal mit 12 dB/oct unterhalb von 75 Hz ab. Diese Grenzfrequenz ist auf dem Mikrofon nicht vermerkt, wohl aber mit dem üblichen Zeichen die festgelegte Richtcharakteristik: Niere.
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Nicht sehr rauscharm
26 mm, also gut ein Zoll, durchmisst die Membran der Kapsel, deren drei Mikron dünne, goldbedampfte Mylarmembran von Hand gefertigt wird. Mit 32 mV/Pa ist das Mikrofon ordentlich empfindlich, allerdings kann die Class-A-Schaltung mit 22 dB (A-gewichtet) nicht als herausragend rauscharm bezeichnet werden. Bei 144 dB SPL ist selbst mit eingeschaltetem Pad die Zerrgrenze erreicht. Für einen leichten Vintagecharakter des Schallwandlers soll wohl der Transformator am Ausgang dienen. Der Frequenzgang des GT50 wird vom kalifornischen Unternehmen mit 20 Hz bis 18 kHz angegeben. Groove Tubes versucht mit einem Disk Resonator genannten Prinzip den Frequenzgang und das Auflösungsvermögen des Mikrofons zu erhöhen.
Insgesamt macht das Mikrofon einen soliden Eindruck: Es ist viel Metall verbaut und passgenau gefertigt, die Gewinde sind ordentlich geschnitten, die Lötstellen perfekt.