Eine Liebeserklärung an den Big Muff

Der Electro Harmonix Big Muff verhalf schon Gitarristen wie Jimi Hendrix zu ihrem sagenumwobenen Sound. Und auch das Thema “Bassverzerrung” wäre ohne dieses kleine Helferlein aus den Händen des legendären Soundtüftlers Mike Matthews nicht das, was wir heutzutage damit assoziieren! Eine Liebeserklärung an ein kleines Treterchen, das im Laufe der Jahrzehnte viele Gesichter hatte – und den Sound des Rock’n’Roll maßgeblich geprägt hat!

Eine Liebeserklärung an den Big Muff
Es gibt Stimmen, die behaupten, es gäbe Verzerrung vor und nach dem Big Muff. Eine Liebeserklärung!
Inhalte
  1. Electro Harmonix Big Muff – History
  2. Zahlreiche Versionen im Laufe der Zeit
  3. Klangbeispiele
  4. V2 (ab ca. 1973)
  5. V3 (ab ca. 1976)
  6. V4 (ab ca. 1978)
  7. V5 (ebenfalls ab ca. 1978)
  8. V6 (ab ca. 1979)
  9. V7 (ab ca. 1990)
  10. Berühmte Big-Muff-User (Bassisten)
  11. Electro Harmonix Big Muff – Anwendungsmöglichkeiten
  12. Aktuelle Kauftipps

Electro Harmonix Big Muff – History

“Was ist ein Big Muff?”

First things first: Der Big Muff ist ein Fuzz-Pedal, also ein Verzerrer, der im Vergleich zum Overdrive oder Distortion einen synthetischen, fett-cremigen Charakter besitzt. Sehr vereinfacht ausgedrückt basiert dies darauf, dass die Verzerrung nicht mehr durch die Übersteuerung eines Röhrenverstärkers, sondern eines Transistorverstärkers zustandekommt.

Anfang der 60er-Jahre nahm das Fuzz Einzug in die Welt der Rockmusik. Zu den frühen Fans zählten z. B. die Rolling Stones, The Kinks, The Beatles, Eric Clapton etc. Ein begnadeter Elektrotechniker namens Mike Matthews baute bereits früh solche Pedale als Auftragsarbeiten für Firmen wie Guild Guitars.

Beflügelt vom Verkaufserfolg der von ihm gebauten Pedale entschloss Matthews schließlich, sein Glück selbst in die Hand zu nehmen und gründete kurzerhand die Firma Electro Harmonix. Das erste Produkt war ein Booster; kurz darauf erblickte das sogenannte Muff Fuzz das Licht der Welt, dessen Namen bereits andeutet, dass es der Vorgänger für den Big Muff sein sollte.

Matthews entwickelte seine Produkte stets weiter und entwarf eine ausgeklügelte Schaltung, welche im Wesentlichen aus Input Booster, Clipping Amplifier, Tone Stage und Output Booster bestand. Diese Schaltung ermöglichte hohe Gain- und Zerr-Reserven und besaß einen ganz speziellen Sound, der von weich und gedämpft (muff) über synthetisch bis brachial reichte. Die größere Platine (damals noch Lochraster Board) musste jedoch unweigerlich in ein größeres Gehäuse, was das Präfix “Big” zur Folge hatte. Größe und Soundcharakter ergaben zusammen also den Namen “Big Muff”.

Muff Fuzz & Big Muff
Muff Fuzz & Big Muff

Zahlreiche Versionen im Laufe der Zeit

Ab ca. 1970 war der Big Muff in der Version 1 (V1) im Handel erhältlich. Die Regler (Volume, Tone, Sustain) waren in einem Dreieck (Triangle) angeordnet, das Zeichen für die mathematische Konstante Pi zierte die Oberseite. Was es damit auf sich hat, darf bei Interesse jeder mal selbst googeln. Nur so viel: Es hat jedenfalls definitiv nichts mit Mathematik zu tun! Der Big Muff fand schnell viele Fans, darunter auch zahlreiche berühmte Namen.

Version 2 besaß bereits alle Regler auf einer Ebene, und ab der Version 3 erhielt der Big Muff den Look, mit welchem er auch heute noch ausgestattet ist. Bis hierhin hatten alle Big Muffs neben dem Fußschalter einen Schieberegler als An- /Ausschalter. Ab Version 5 wich dieser jedoch einem Bypass-Schalter für den Tone-Regler.

Version 7 wurde aufgrund finanzieller Schwierigkeiten der Company in Russland von der Firma Sovtek gebaut. Diese Big Muffs erkennt man leicht an ihren olivgrünen oder schwarzen Gehäusen. Auf die elektrotechnischen Feinheiten jeder einzelnen Version einzugehen, gleicht einer Doktorarbeit und würde hier unweigerlich den Rahmen sprengen. Wer sich für die entsprechenden Details interessiert, der findet hier die ultimative Quelle!

Big-Muff-Versionen verschiedener Jahrzehnte
Familienbild fürs Rock’n’Roll-Fotoalbum: Big-Muff-Versionen aus verschiedenen Jahrzehnten

Klangbeispiele

Bilder und Sounds sagen bekanntlich mehr als 1000 Worte, und wenn ich schon den Luxus habe, für diesen Artikel derart viele alte Treter vor mir liegen zu haben, stelle ich sie euch lieber auf diese Weise vor, als sie groß zu beschreiben. Ihr werdet feststellen, dass sich einige Modelle kaum voneinander unterscheiden, bei anderen hingegen sind die Unterschiede sehr deutlich.

V1

(Aufgrund astronomischer Preise für ein Original steht mir leider “nur” das Reissue zur Verfügung)

Reissue der Ur-Version des Electro Harmonix Big Muff
Reissue der Ur-Version (V1) des Electro Harmonix Big Muff
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Big Muff V1 Reissue – WAV

V2 (ab ca. 1973)

Big Muff V2 ab ca. 1973
Big Muff V2 ab ca. 1973
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Vintage Big Muff V2 – WAV

V3 (ab ca. 1976)

Big Muff V3 ab ca. 1976
Big Muff V3 ab ca. 1976
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Vintage Big Muff V3 – WAV

V4 (ab ca. 1978)

Big Muff V4 ab ca. 1978
Big Muff V4 ab ca. 1978
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Vintage Big Muff V4 – WAV

V5 (ebenfalls ab ca. 1978)

Big Muff V5 ab ca. 1978
Big Muff V5 ab ca. 1978
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Vintage Big Muff V5 – WAV

V6 (ab ca. 1979)

Big Muff V6 ab ca. 1979
Big Muff V6 ab ca. 1979
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Vintage Big Muff V6 – WAV

V7 (ab ca. 1990)

Big Muff V7 ab ca. 1990
Big Muff V7 ab ca. 1990
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Vintage Big Muff V7 – WAV

Natürlich gibt es den Big Muff noch bis heute – ebenso wie unzählige Derivate, die sich mehr oder weniger zu ihrem großen Vorbild bekennen. Seit einigen Jahren hat die Firma Electro Harmonix sogar drei spezielle Big Muffs für Bass im Programm sowie Reissues von verschiedenen Versionen.

Nach der V7 sprechen Fans jedoch nicht mehr von “Vintage”, und auf diesen Bereich wollen wir uns hier und heute konzentrieren. Der Vollständigkeit halber haben wir aber auch noch den aktuellen Kandidaten des klassischen Big Muff auf die Soundliste gesetzt:

Big Muff V8
Big Muff V8
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Big Muff V8 – WAV

Zu den einzelnen Versionen muss man noch Folgendes hinzufügen: Vintage-Equipment ist in der Regel nicht mit modernen Equipment vergleichbar. Häufig muss man für seinen Sound “kämpfen” und findet dann eventuell auch nur einen kleinen Einstellungsbereich, der wirklich brauchbar ist: der sogenannte “Sweet Spot”. Dieser ist dann jedoch die ganze Mühe wert – und der Weg dahin ist Teil des ganzen Spaßes!

Darüber hinaus finden sich sehr viele Produktions- und Bauteil-Toleranzen und die Elektronik ist über die Jahre natürlich immens gealtert. Daher ist eigentlich jedes Vintage Big Muff ein Unikat – zwei Pedale einer Version können daher durchaus sehr unterschiedlich klingen! Klangvergleiche wie z. B. “alle Regler auf 12 Uhr” machen daher wenig Sinn. Vielmehr geht es darum, bei jedem Pedal den “Sweet Spot” finden.

Berühmte Big-Muff-User (Bassisten)

Bei einem Effektgerät, welches es bereits seit über 50 Jahren gibt, stellt sich eher die Frage, wer es NICHT schon gespielt hat. Dennoch möchte ich hier lediglich drei berühmte Namen aus dem Bassbereich herauspicken, die für sehr unterschiedliche Sounds stehen.

In den 70er-Jahren nutze Paradiesvogel Bootsy Collins das Big Muff, um fette Synthie-ähnliche Basssounds zu erzeugen, häufig in Kombination mit einem Envelope Filter.

Tim Commerford von Rage Against The Machine nutzte das Big Muff für zahlreiche brachiale Sounds in den 90er-Jahren. Und auch andere Bassisten dieser Ära, wie zum Beispiel Jeff Ament (Pearl Jam) und Ben Shepperd (Soundgarden) sorgten zu Zeiten der Grunge-Welle für das Comeback des Big Muff.

Aus neuerer Zeit steht auf der Liste der Big-Muff-Fans ganz klar Chris Wolstenholme von Muse an erster Stelle. Kaum ein Song des britischen Trios kommt ohne das Kultpedal aus. Als bekanntestes Beispiel ist hier sicher “Hysteria” zu nennen , welches sich mittlerweile zu einem echten Bassklassiker entwickelt hat.

Electro Harmonix Big Muff – Anwendungsmöglichkeiten

Das Fuzz hatte seine erste Blütezeit in den 60er- und 70er-Jahren. Im folgenden Jahrzehnt trat es etwas in den Hintergrund, kam jedoch mit voller Wucht mit der aufkommenden Grunge-Welle zurück. Und auch heute noch ist das Fuzz wieder allseits beliebt, gerade in Stilistiken, die sich an den Sounds der 60er und 70er orientieren, z. B. Stoner Rock etc.

Ein Fuzz ist aber auch ein cooles Werkzeug, um sich in Kombination mit anderen Effekten einen Synthie-Sound zu basteln. Gerade die Big Muffs eigen sich mit ihrer cremig-fetten Klangcharakteristik dafür hervorragend. Dazu habe ich euch ein Beispiel mit einem Octaver erstellt:

Big Muff und Bass Octave Deluxe
Big Muff & Octaver
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Big Muff und Octaver – eine sehr coole Mischung!

Hier noch ein paar allgemeine Tipps zum Thema: Was in den eigenen vier Wänden ein brachialer Basssound ist, kann im Bandkontext durchaus mal völlig untergehen. Dies liegt meist an dem Mid Scoop des Big Muff, also einer Absenkung der Mitten, welche bekanntlich für die Durchsetzungsfähigkeit verantwortlich sind. Eine beliebte Lösung dafür ist, den Tone-Regler zu bypassen und an dessen Stelle einen zusätzlichen Equalizer in der Signalkette nach dem Big Muff zu verwenden.

Eine weiterer Ansatz sind Geräte wie z. B. der Xotic Effects Blender. Mit ihm lässt sich auf einfache Weise ein Effekt Loop erstellen und so das Originalsignal mit dem Signal des geliebten Treters stufenlos mischen:

Fotostrecke: 2 Bilder Mit dem praktischen Xotic Effects Blender kann man …
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Satter Bassanteil: So fett klingt ein Big Muff mit einem Xotic Effects Blender

Aktuelle Kauftipps

Hier noch einige aktuelle Kauftipps (Affiliate-Links zum Musikhaus Thomann) – bei der Wahl entscheiden einzig euer Ohr und euer Geldbeutel:

So viel für heute! Ein großes Dankeschön geht an Gregor Fris vom Youtube-Kanal BassTheWorld, der mir freundlicherweise seine Sammlung an Vintage Big Muffs für diesen Artikel zur Verfügung gestellt hat.

Bis zum nächsten Mal, euer Thomas Meinlschmidt

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