Wenn es so etwas wie eine Liste der “sinnvollsten” Effektgeräte für E-Bass gibt, dann steht der Octaver darauf definitiv ganz weit oben, denn mit einem Bass-Octaver lassen sich Basslines wunderbar “andicken”. Heute bietet der Markt eine breite Auswahl an unterschiedlichsten Octavern, welche sich speziell an uns Tieftöner richten. Das war nicht immer so: Erst Anfang der 1980er-Jahre kam mit dem BOSS OC-2 der erste ernstzunehmende Bass-Octaver auf den Markt. Seine im Vergleich zu allen Vorgängern hervorragende Klangqualität ließen ihn schnell zum Kultpedal werden. Gerade in den 80ern und zu Beginn der 90er-Jahre war der BOSS OC-2 quasi permanent in den Charts zu hören. Das Pedal prägte den Basssound in Hits wie “Sledgehammer”, “Like A Prayer”, “Earth Song” u.v.a.m. Höchste Zeit also für eine Liebeserklärung an diesen kleinen Glücklichmacher für Bassisten!
BOSS OC-2 – History
Der BOSS OC-2 Octave(r) trägt seine Funktion bereits im Namen: Das Pedal fügt dem Originalsignal eine bzw. zwei tiefere Oktaven hinzu. Auf den Markt kam das Pedal im Jahr 1982 und erfreute sich schnell großer Beliebtheit.
Witzig: Die ursprüngliche Zielgruppe des OC-2 waren eigentlich Gitarristen, doch im Proberaum oder im Studio liehen sich auch Bassisten das Gerät von ihren Kollegen, um damit zu herumzuexperimentieren. Und siehe da: Der Betrieb mit dem E-Bass funktionierte hervorragend und hatte klanglich seinen ganz besonderen Reiz!
Octaver-Pedale waren vor allem bei Bassisten bis dato nicht sehr beliebt, was daran lag, dass ihr Tracking sehr schlecht war: Frühe Geräte konnten das oktavierte Signal des E-Basses nur mit nervigen Verzögerungen produzieren und es stabil halten. Der BOSS OC-2 löste dieses technische Problem – der Weg war nunmehr frei für den Siegeszug des Octaver-Pedals!
BOSS OC-2 – Versionen, Produktionsstätten
Die erste Version des BOSS OC-2 wurde in Japan produziert und ist leicht daran zu erkennen, dass sie noch das “r” am Ende von “Octaver” aufweist. Auf späteren Versionen liest man nur noch “Octave”, zudem wurde das Gehäuse in einem helleren Braun gehalten. 1984 wurde die Produktion nach Taiwan verlegt. Auch bei diesen Versionen fehlt das “r” und das Gehäuse erhielt abermals eine etwas dunklere Farbgebung.
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Im Laufe der Produktionsjahre musste aufgrund von Versorgungsengpässen der für den Sound essentielle Chip namens “BA634” durch ein Pendant mit der Kennung “4013” ersetzt werden. Dieser Umstand führte dazu, dass die Modelle mit dem alten Chip begehrte und teure Sammlerobjekte wurden. Bis heute hält sich hartnäckig die Legende, dass die frühen OC-2-Pedale immer noch am besten klingen. Das darf natürlich jeder für sich selbst entscheiden, ich persönlich kann jedenfalls in der Praxis keine signifikanten Unterschiede ausmachen!
1997 gab es ein weiteres Update, welches die Stromversorgung betraf: Von nunan konnte der BOSS OC-2 mit dem Standardnetzteil (9V) von Boss oder anderen Herstellern betrieben werden. 2003 sollte das letzte Produktionsjahr des OC-2 werden; es folgte nunmehr der Nachfolger OC-3. Heute sind wir beim BOSS OC-5 angelangt, welchen wir ebenfalls bei den Soundsamples in diesem Artikel unter die Lupe nehmen.
BOSS OC-2 – bekannte User und Songs
Aus den unzähligen Fans des BOSS OC-2 möchte ich an dieser Stelle vier herausgreifen: Den Anfang macht die britische Sessionlegende Pino Palladino. Vor allem als Sideman des 80er-Popstars Paul Young nutzte Pino den OC-2 häufig, und zwar gerne in Kombination mit seinem Music Man Stingray Fretless und einem Chorus. Den Song “I’m Gonna Tear Your Playhouse Down”möchte ich hier exemplarisch für Pinos Zeit mit Paul Young erwähnen.
Ein weiterer Fan des BOSS OC-2 ist Tony Levin: Das bekannteste Klangbeispiel ist sicher Peter Gabriels “Sledgehammer”. Tony spielt hier ebenfalls einen bundlosen Music Man Stingray mit Plektrum plus OC-2 und Kompressor. Das Ergebnis ist ein brachialer Sound, der bis heute begeistert.
Der britische Bassist Guy Pratt ist vor allem als Bassist von Pink Floyd bekannt, hat aber eine beachtliche Karriere als Studiomusiker vorzuweisen. Seine Bassline (vor allem in der Bridge und im Outro) zu Madonnas “Like A Prayer” ist wirklich einzigartig und wurde auf einem Spector-Bass zusammen mit einem BOSS OC-2 eingespielt.
Von dieser Bassline absolut begeistert war auch Megastar Michael Jackson, der Guy dann umgehend für seinen Hit “Earth Song” engagierte und ebenfalls auf den Einsatz des BOSS OC-2 bestand.
Als letzten Vertreter möchte ich noch den Octaver-Papst Tim Lefebvre erwähnen. Seine Vorliebe für den OC-2 bzw. Octaver-Pedale im Allgemeinen ist hinlänglich bekannt. Tim hat vor allem in elektronischer Musik mit dem E-Bass neue Maßstäbe gesetzt, allen voran bei seiner Arbeit mit Drummer Jojo Mayer. Was er für seinen Sound alles zum Einsatz bringt, zeigt seine beeindruckende Sammlung.
BOSS OC-2 – Anwendungsmöglichkeiten
Die Oberfläche eines BOSS OC-2 hält drei Regler bereit:
- Direct Level: Lautstärke für das Originalsignal
- Oct 1: Lautstärke für Signal 1 Oktave tiefer
- Oct 2: Lautstärke für Signal 2 Oktaven tiefer
Mit diesen Reglern lässt sich bequem das favorisierte Mischungsverhältnis einstellen. Für die nachfolgenden Soundbeispiele habe ich folgende Settings benutzt:
- 50% Direct
- 50% Oct 1
- 25% Oct 2
Dies ist eine typische Einstellung, um Basslines schön fett zu machen, siehe Pino Palladino, Tony Levin etc. Um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten, habe ich den aktuellen BOSS OC-5 im Vintage-Modus gelassen, in dem er sich klanglich ähnlich wie ein OC-2 verhält:
Für synthetische Basssounds in elektronischer Musik im Stile von Tim Lefebvre wird meist nur das Oct-1-Signal zu 100% verwendet – Direct und Oct 2 werden hier ersatzlos gestrichen. Das klingt dann so:
Diese Basis lässt sich natürlich hervorragend mit weiteren Effekten kombinieren. Hier kommen zusätzlich ein Overdrive, ein Fuzz, ein Chorus und ein Kompressor mit ins Spiel:
Soweit erst einmal für heute. Ein großes Dankeschön geht an Gregor Fris vom YouTube-Kanal BassTheWorld, der mir freundlicherweise seine Sammlung an BOSS OC-2s zur Verfügung gestellt hat!
Bis zum nächsten Mal, euer Thomas Meinlschmidt
Hans Georg K. sagt:
#1 - 11.12.2023 um 09:18 Uhr
Vielen Dank für den informativen Artikel! Ich habe dazu noch ein paar zusätzliche Infos, die vielleicht von Interesse sind. In meinem Besitz befindet sich ein "Octave OC-2", den ich im November 1988 bei Musik Schmidt in Frankfurt erworben habe, damals noch in der Berliner Straße. Da sollten dem Gregor doch die Ohren klingeln..... Dieses Pedal hat eine im Batteriefach aufgeklebte Seriennummer, die auf das Baujahr 1988 hinweist. Dazu steht auf der Rückseite "Made in Japan". Meines Wissens wurde die Produktion erst im Jahre 1989 nach Taiwan verlegt. Die Stabilität des Octaversignals scheint auch von der Stromversorgung abzuhängen. Mein Pedal verlangt noch die alten nicht stabilisierten "BOSS ACA" Netzteile, die so weit ich verstanden habe, etwa 12 Volt abgeben. An den modernen PSA Netzteilen ist nach meinem Eindruck das erzeugte Octaversignal deutlich wackliger. Pino Palladino benutzte nach eigener Aussage beim Song "Gonna tear your playhouse down" einen Pedulla-Fretless, der wohl ein sehr stabiles Octaversignal abgab. Tony Levin benutzte bei Sledgehammer einen bundlosen Music Man Sabre Bass und mehrfache Kompression.
Thomas Meinlschmidt sagt:
#1.1 - 12.12.2023 um 08:48 Uhr
Hallo Hans Georg, Vielen Dank für die nützlichen Infos. Liebe Grüße, Thomas
Antwort auf #1 von Hans Georg K.
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