Ein europäisches Forschungsteam hat die Songtexte aus fünf Genres seit den 70ern analysiert. In allen Genres gibt es Veränderungen, am stärksten ist dabei Rap betroffen.
Songs werden tendenziell kürzer, einfacher und kämpfen mit kräftigen Ausdrücken um die Aufmerksamkeit der Hörer – solche Analysen werden die meisten Musikliebhaber nicht groß überraschen. Eine Studie über Songtexte zeigt dabei in welchem Ausmaß sich Lieder seit den 70ern verändert haben. Dazu wurden insgesamt 353.320 Songs aus fünf verschiedenen Genres – Rock, Rap, Country, Pop und R&B – betrachtet. Bei allen Genres gibt es dabei teils große Veränderungen.
Die Studie wurde von sieben europäischen Forschern erstellt und in der wissenschaftlichen Zeitschrift ‘Scientific Reports’ veröffentlicht. Das Team wollte dabei “die komplexen Beziehungen zwischen lyrischen Inhalten, ihrer zeitlichen Entwicklung über die letzten Jahrzehnte und genrespezifischen Variationen” erforschen. Zur Analyse wurde eine breite Palette an Textdeskriptoren verwendet: lyrische Komplexität, Struktur, Emotion und Popularität.
Mehr Refrains bei allen Genres, mehr Wiederholung bei Rap-Musik
Die fünf Genres Rock, Rap, Country, Pop und R&B haben sich dabei in den letzten fünf Jahrzehnten allesamt verändert. Demnach nimmt der Anteil der sich wiederholenden Zeilen bei all diesen Musikrichtungen zu. Am stärksten ist der Anstieg bei Rap zu beobachten, am wenigsten stark bei Country. Rap-Songs haben allerdings auch allgemein mehr Text-Zeilen als die anderen Genres.
Beim Verhältnis von Refrain zu Song-Abschnitten gibt es ebenso einen Anstieg bei allen Genres. Am stärksten ist wieder Rap betroffen, womit das Ergebnis der sich wiederholenden Zeilen bestätigt wird. Die Wiederholung der Refrains führt schließlich auch zu der verstärkten Wiederholung von Textzeilen. Am wenigsten stark sind die Refrains bei R&B gestiegen, am zweitwenigsten bei Rock. Die Übersicht sieht man in dieser Grafik.
Für dich ausgesucht
- Gene Simmons: „Ich erinnere mich an nichts, was Flea spielt!“
- Erhöhte Insulin-Ausschüttung: ‘We Will Rock You’ könnte Diabetikern helfen
- Wissenschaftler haben ‘Pink Floyd – Another Brick in the Wall Pt. 1’ aus Gehirnströmen rekonstruiert
- Workshop Songtexte schreiben lernen #3
- Studie Uni Hamburg: So können Streaming-Einnahmen gerechter verteilt werden
Songtexte werden einfacher und selbstbezogener
Laut der Studie gibt es in Rap-Musik die höchste Komplexität in den Lyrics. Das ist laut dem Forschungsteam keine Überraschung, da es von den untersuchten Genres jenes ist, bei dem die Texte die größte Rolle spielen. Dazu werden in Rap-Texten oft aktuelle kulturelle Phänomene behandelt, die nur für eine bestimmte Zeit relevant bleiben. In anderen Genres wie Rock oder Pop werden hingegen öfters zeitlose Themen wie Liebe oder Trauer behandelt.
Ingesamt gibt es die Tendenz, dass die Texte über alle Genres hinweg einfacher geworden sind. Die dafür betrachteten Charakteristiken waren “Wortschatzreichtum, Lesbarkeit, Komplexität und Anzahl der sich wiederholenden Zeilen”. Außerdem legen die Ergebnisse Nahe, dass Liedtexte im Schnitt negativer und dazu persönlicher geworden sind. Diese Ergebnisse decken sich mit einer anderen Studie aus 2007. In dieser wurde die Top-10 songs aus den US-Jahrescharts von 1980 bis 2007 untersucht. Die Studie kam zu dem Schluss, dass sich Wörter die sich auf die eigene Person beziehen (ich, mein), und Wörter die auf antisoziales Verhalten hinweisen (hassen, töten), in diesem Zeitraum zugenommen haben. Währenddessen wurden im Laufe der Jahre weniger Wörter benutzt, die soziale Interaktionen (reden) und positive Gefühle (lieben, nett) beschrieben.
Rock-Fans hören am liebsten alte Rocksongs
In der aktuellen Studie kommen die Forscher zu einem vergleichbaren Ergebnis. “In ähnlicher Weise nimmt auch der Anteil der negativen Emotionen in allen Genres zu. Auch hier zeigt Rap den höchsten Anstieg”, steht dazu geschrieben. Von den Texten schneidet demnach Country am positivsten ab – in dem Genre werden weiterhin selten negative Emotionen geweckt. Eine interessante Erkenntnis brachte die Studie außerdem: Rock-Hörer hören am liebsten alte Songs und Texte, während Country-Fans lieber neue Songs bevorzugen. Das ist kein Wunder, wenn man sich ansieht wer die größten Stadien der Welt füllt – Rockbands aus den 80ern und Taylor Swift.
Hier geht es zur Studie über Songtexte in Scientific Reports.