Statt für viel Geld ein Tonstudio zu buchen, gehen manche Bands den vermeintlich einfacheren Weg und versuchen sich an der Aufnahme im Proberaum
. Natürlich ist dort einiges anders. Darum haben wir euch hier ein paar kleine Tipps zusammengetragen, die beachtet werden sollten.
Tipp 1: Nutzt den Gewinn einer der wichtigsten Ressourcen bei Recordings: Zeit!
Es hängt keine Studiouhr an der Wand, die euch immer wieder bedrohlich vor Augen hält, dass jede Minute Geld kostet: Wenn es mit dem Song nicht klappt, macht ausgiebige Pausen. Oder brecht ab und versucht es beim nächsten Mal erneut. Denn das ist der größte Luxus: Mit Zeit könnt ihr herumprassen wie ihr wollt.
Tipp 2: Erwartet nicht zu viel
Selbst wenn ihr mit hochwertigem Equipment in rauen Mengen anrückt: Die oft beengten Verhältnisse und die baulichen Unterschiede zwischen Proberaum und Tonstudio mit Akustikausbau und Trennung von Studio und Regie spiegeln sich möglicherweise in den Ergebnissen wieder. Außerdem zahlt man im Studio nicht nur Technik und Räumlichkeiten, sondern auch einen Techniker mit entsprechender Erfahrung. Allerdings solltet ihr die Herausforderungen sportlich nehmen und die Vorteile nutzen. Denn schließlich ist euch die Proberaumsituation vertraut, dort habt ihr die Songs geschrieben oder eingeübt. Und das ist wiederum ein Vorteil.
Tipp 3: Investiert das gesparte Geld
Statt 2000 Euro für das Studio auszugeben, nehmt ihr Interface, Computer, Mikrofone und Kabel von einem von euch, der zuhause Homerecording betreibt? Super! Meist schmeißt man sein Equipment einfach zusammen. Aber irgendetwas wird trotzdem fehlen. Vielleicht ist das der Moment, an dem man einen Teil des Geldes zum Beispiel für ein vernünftiges Kondensatormikrofon in die Hand nehmen sollte. Das kommt dann vielleicht erst über das Drumkit und wird anschließend für Main-Vocals, Backgroundgesang und Akustikgitarren-Overdubs verwendet.
#Testmarathon Großmembran-Kondensatormikrofone
Für dich ausgesucht
Tipp 4: Alles live einspielen? Den Gesang eher nicht…
In den meisten Fällen müsst ihr auf das gemeinsame Aufnehmen von Vocals und Instrumenten verzichten. Natürlich kann man auch ohne die Gesangsanlage arbeiten, die recht wahrscheinlich zu sehr in die anderen Mikrofone hineinplärrt. Selbst damit kann man teilweise leben, aber an ein anschließendes Editieren und vernünftiges Bearbeiten ist dann oft gar nicht mehr zu denken. Der Sänger kann ja mit Kopfhörern aufnehmen? Da bleibt immer noch das umgekehrte Problem, dass so gut wie die ganze Band auf der Gesangsspur zu hören sein wird. Eine ordentliche Kompression oder Pitch-/Timing-Änderungen ist damit so gut wie unmöglich.
#Workshop Vocal Recording, Editing und Mixing
Tipp 5: Haltet alles schön einfach
Je mehr Effektpedale im Einsatz sind, je mehr unterschiedliche Speicherplätze der Gitarrist aufrufen muss, je mehr Sperenzchen der Trommler macht, desto größer ist die Chance, dass etwas in die Hose geht. In den meisten Fällen ist es sinnvoll, mit möglichst geringem Materialeinsatz die Songs möglichst gut und eher schnörkellos einzuhacken. Nehmt dem Trommler also das China-Splash und die zweite Snare weg. Und den Backgroundgesang macht ihr trotzdem besser hinterher, als euch während der Performance noch einen Klotz ans Bein zu hängen.
Tipp 6: Geht auf Nummer sicher
Nehmt wenn möglich, von allen Instrumenten auch die trockenen Signale per D.I./Instument-Input auf. Stellt die Amps tendenziell eher leiser, damit ihr beim eventuellen Re-Amping nicht später noch gegen den Gitarrensound auf dem Schlagzeug-Overheadmikrofon ankämpfen müsst. #Workshop Re-Amping
Tipp 7: Stellt ein Raummikrofon auf
Muss die komplette Mikrofonierung auf maximale Kanaltrennung getrimmt sein? Nein, muss sie nicht: Ihr kennt die Akustik in eurem Proberaum und habt automatisch während der Proben euren Sound daraufhin optimiert. Dann stellt ein Mikrofon (vielleicht sogar ein Stereomikrofon!) an die Stelle, an der ihr für einfache Mitschnitte sonst eure Handys oder Mobilrecorder aufbaut. Wegschmeißen könnt ihr die Spur später immer noch. Aber ihr werdet meist froh sein, einen derart charaktervollen Gesamtklang zur Verfügung zu haben.
Tipp 8: Sorgt für eine gute Abhörsituation zur Beurteilung des Recordings
Wenn ihr wissen wollt, ob die Mikros richtig stehen und alle Sounds passen, solltet ihr nicht über die Proberaum-Anlage abhören, sondern eure Monitorboxen mitbringen. Aber auch hier gilt: Stellt sie richtig hin und hört euch mit Stücken ein, die ihr kennt. Auch gute Kopfhörer sind hilfreich!
#Lautsprecher-Positionierung
#Kopfhörer zum Mischen und Mastern
Tipp 9: Jeder muss sich gut hören
Gutes Monitoring ist das A und O für eine gute Performance. Wenn der Trommler nichts mehr hört oder leiser spielen muss als sonst, ist niemandem geholfen. Eventuell ist Kopfhörermonitoring für alle sinnvoll, doch dabei geht viel vom Vibe einer Proberaumsession verloren.
#Mischen über Kopfhörer
Tipp 10: Der Chef ist der Buchführer
Notiert euch, welcher Song in welchen Versionen wann und wie aufgenommen wurde. Wo waren die Schwachstellen? Kann man vielleicht im Editing das Intro von Take 2 mit dem von Take 8 ersetzen? Beim Recording erscheint euch das alles nachvollziehbar und logisch, ein paar Tage später beim Mixing habt ihr das alles wieder vergessen. Und ihr müsst eine Person bestimmen, die quasi der tontechnische Leiter und der Produzent ist. Regelt vorher, wer das letzte Wort hat – sonst reizt ihr nicht nur die Ressource Zeit über alle Maßen aus. Es soll so manche Band geben, die sich bei derartigen Unterfangen hoffnungslos zerstritten hat!
#Crashkurs Mixing
Einen allgemeinen, aber sehr ausführlichen Ratgeber zum Thema „Mobiles Recording“ findet ihr übrigens hier.