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Das iPad als DVS-System

Die Tage des Laptops scheinen wohl gezählt. Zumindest wenn man der Tatsache ins Auge blickt, dass auf dem Tablet oder Smartphone installierte DJ-Apps wie DJiTs edjing Mix oder DJ Player Pro mittlerweile das Zusammenspiel mit einem Plattenspieler unterstützen. Das Zauberwort hierfür lautet DVS. Die mit Timecode-Vinyl abgespielten Tracks verlangen allerdings neben der App auch eine externe Soundkarte oder einen USB-Plattenspieler. Ob sich diese Investitionen lohnen und wie der DVS-Betrieb in der Praxis funktioniert, verrät euch dieser Bonedo-Crashkurs.

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Was ist DVS?

DVS: Hinter diesem Kürzel verbirgt sich die Bezeichnung „Digital Vinyl System“, dessen Geburt mit der Einführung von Final Scratch, einer damaligen Zusammenarbeit von Stanton und Native Instruments, auf das Jahr 2001 datiert wird. Seit vielen Jahren dominieren Scratch Live, Serato DJ und Traktor Scratch Pro die Szene, aber auch Mixvibes, VirtualDJ oder Pioneer Rekordbox sind auf die Rille gekommen. Native Instruments und Serato erlauben den DVS-Betrieb nur unter Anschluss entsprechend zertifizierter Hardware (DJ-Controller und/oder Audiointerfaces). Mixvibes und VirtualDJ hingegen akzeptieren Soundkarten verschiedener Hersteller.

Hardware-Voraussetzungen

Ohne DJ-Plattenspieler kein DVS. Bei Turntables mit USB-Anschluss, wie zum Beispiel dem Reloop RP7000, Stanton ST.150 oder Pioneer PLX-500 spart ihr euch die Soundkarte als Signal-Vermittler zum iPad. Andernfalls benötigt ihr ein per Netzteil stromversorgtes Interface mit Phono-Eingängen, in meinem Fall Native Instruments Traktor Audio A6.
Komplete Audio A6 funktioniert nicht, weil das Interface seinen Saft ausschließlich via USB zieht. Das stößt dem iPad übel auf. Die mittlerweile betagteren Scratch Live Audiointerfaces von Rane unterstützt es ebenfalls nicht.

Mit dem A6 auf Tuchfühlung

Verbindet das iPad mit Apples Camera-Connection-Kit und der Traktor Audio A6. An die Phono-Eingänge der Soundkarte schließt ihr eure Plattenspieler an. DJ Player Pro ermöglicht unter dem Reiter „Config“ die Zuweisung der Signalausgänge, sodass ihr die beiden Line-Ausgänge (3+4 sowie 5+6) des A6 am DJ-Mixer anschließen könnt. Im External Mixer Mode der App wird die Mischeinheit auf dem Tablet inaktiv, sodass sich die Tracks über die Fader des angeschlossenen Mixers blenden und cutten lassen. Die einstellbare Puffer-Größe belasse ich es bei der empfohlenen Einstellung „Auto“.
Wollt ihr edjing mix nutzen, dockt ihr den Hauptausgang der Traktor Audio A6 an einen Line-Input des Mixers an. Die getrennte Ausgabe der Decks wie bei DJ Player Pro funktioniert hier nicht, da edjing keinen „External Mixer Mode“ anbietet. Somit bleibt euch zum Mischen außerhalb des iPad-Displays nur der Anschluss eines per Bluetooth verbundenen Mixfaders, hier bei uns im Test.
Tipp: Die Native Instruments Traktor Audio A6 fährt zunächst werkseitig immer in den THRU-Modus. Um das DVS-Signal durchzuschleusen, müsst ihr die Soundkarte an einen Rechner mit installiertem NI Control-Panel anschließen und sie standardmäßig für den Phono-Input konfigurieren.
Schließt ihr hingegen einen USB-Turntable an das Camera Connection Kit und iPad an, könnt ihr ein DJ-Splitter-Kabel für die Soundausgabe an der Kopfhörerbuchse verwenden und in der App die Split-Funktion aktivieren. Der Stereoausgang wird dann in ein mono Master- und Cue-Signal geteilt, ihr könnt einen Kopfhörer sowie einen Verstärker, Receiver oder DJ-Mixer anschließen, verliert aber die Stereoinformationen des Tracks. Eine Lösung, die in mehrfacher Hinsicht nur für den Heimgebrauch zu empfehlen ist.

Fotostrecke: 3 Bilder Kompaktes Setup – USB-Turntable mit iPad.

Timecodes

Bei Traktor Scratch heißt es schlicht “Timecode”. Serato DJ spricht vom “NoiseMap Control Tone”, beide basieren auf einer Timeline, deren in die Rille gepresster Signalton von unterschiedlicher Frequenz ist. Das Traktor liegt bei 2000 Hertz, Serato dagegen hört auf 1000 Hertz. Im Setup von DJ Player Pro lässt sich die entsprechende Frequenz des eingesetzten DVS-Vinyls manuell einstellen. Etwas „zickiger“ dagegen verhalten sich edjing Mix und Scratch, da sie aktuell nur Traktor-Vinyl erster Generation und Serato-Vinyl zweiter Edition akzeptieren.
Viele Einstellmöglichkeiten für das DVS-Signal gibt es nicht. Lediglich der Schwellwert, ab dem das System auf das abgetastete Vinyl-Signal reagiert, lässt sich konfigurieren, um störende Vibrationen, die beispielsweise von Bässen einer PA resultieren, vom Vinyl-Signal auszuschließen.
Die beiden edjing-Apps bieten einen Wertebereich von 0 bis 100 Prozent, DJ Player Pro hingegen -24 bis -72 Dezibel inklusive Feedback über die Qualität des DVS-Signals. Welchen Wert ihr letztlich einstellen müsst, lässt sich nicht pauschal sagen. Das hängt von der jeweiligen Umgebung und dem Standpunkt des Turntables ab. Daher gilt: ausprobieren.
Generell spielen DVS DJ-Apps die Tracks im sogenannten relativen Modus ab, d.h. stur entlang der Timeline. Dieser Modus erlaubt digitale Spielereien wie Loops und Hotcues und ignoriert Bewegungen quer zur Rille. Der absolute Modus verhält sich dagegen wie beim Abspielen analogen Vinyls. Echtzeitposition also.
DJ Player akzeptiert außerdem den Serato Needle Drop und bietet mit „DVS FX“ noch ein Highlight, um per Vinyl-Bewegung die Intensität zwischen Wet (vorwärts) und Dry (rückwärts) vorzugeben. Möchte ich herkömmliches Vinyl auflegen, schleife ich es bei DJ Player Pro via „THRU-Modus“ und bei edjing Scratch unter der Option „Audio-Vinyl“ durch.

Fotostrecke: 4 Bilder Nicht viele Einstellungsmöglichkeiten in edjing Scratch.

Performance

Für mich ist neben dem Klang auch die Latenz von größtem Interesse, kann sie einem doch im „Worst Case“ mit starken Verzögerungen zwischen Bewegungen auf dem Plattenteller und dem, was man aus den Boxen hört, den Auflegespaß verderben.
Doch ich kann Entwarnung geben: Die Synchronisation zwischen realem und virtuellem Plattenteller erfolgt gefühlt in Echtzeit. Selbst schnelle Scratches gelingen damit passabel und klingen recht sauber. Mit aktiviertem Prozessorleistung einforderndem Key-Lock klingt DJ Player Pro indes unnatürlicher und „digitaler“, eine spürbare Verzögerung zur Vinyl-Bewegung geht ebenso einher. Mein persönlicher Eindruck ist hier, dass die edjing-Programme trotz geringerer Anpassungsmöglichkeiten die bessere Performance abliefern.

Für DJ Player Pro spricht dagegen der externe Mixer-Modus mit getrennter Signalausgabe an die Kanäle eines Mischpults, die weniger eingeschränkte Auswahl an kompatiblen Timecode-Vinyls und der Serato Needle Drop.

Resümee

Beide Apps liefern eine ordentliche Performance im Zusammenspiel mit Timecode-Vinyl. Für den Club empfehle ich allerdings, sich für ein Setup mit komplettem DVS und Laptop zu entscheiden, denn Hard- und Software sind gut aufeinander abgestimmt, arbeiten entsprechend sicher, klingen noch besser und bieten etliche zusätzliche Setup-Einstellungen und Funktionen, mit denen die Apps kaum mithalten können.

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