Instrumentenkabel und das symmetrische Mikrofonkabel
In den beiden vorhergehenden DIY-Lötworkshops haben wir die am meisten verbreiteten Kabelsorten für Bühne und Tonstudio abgehandelt: das unsymmetrische mit ihren Klinken- und XLR-Steckern. In unserem Recording-, Bühnen- und Wohnzimmer-Alltag gibt es aber noch eine dritte wichtige Steckverbindung: den guten alten Cinchstecker! Jeder von uns hat heute wie damals seine Stereokomponenten mit diesem Kabeltypus verbunden. Hierfür liegen den meisten HiFi-Komponenten diese schwarzen Billigstrippen bei. Aber wenn ihr auch zu den Zeitgenossen gehört, die solche Ramschkabel als Beleidigung empfinden, steht alsbald der Wunsch nach gescheiten Cinchkabeln im Raum. Sprich: Es ist wieder Zeit für DIY, Zeit zum selber löten!
Der Cinchstecker
Der Cinchstecker ist ein alter Steckverbinder, er wird in den USA (dort heißt er RCA Connector oder RCA Plug) schon seit den 40ern verwendet. Eingesetzt wird und wurde er hauptsächlich in der Consumer-Elektronik, vor allem bei HiFi-Anlagen und bei Videokameras. Der Cinchstecker hat zwei Steckkontakte: einen zentralen Pin, an dem der Innenleiter des Kabels angelötet wird und den äußeren Kontaktring, der leitend mit dem Gehäuse verbunden ist und an den der Schirm angelötet wird. Cinchstecker eignen sich also nur für eine unsymmetrische Leitungsführung.
Der “voreilende” Pin
Beim Betrachten eines Cinchsteckers fällt auf, dass der zentrale Pin vorsteht. Steckt man ein Cinchkabel in die Buchse wird dieser Kontakt als erstes geschlossen. Das ist der Grund, warum es beim Anstecken von Cinchkabeln bei laufenden Verstärkern immer kurz brummt oder kracht. Erst wenn die Abschirmung über den Kontaktring leitend mit der Buchse verbunden ist, herrscht Ruhe. Für das Problem des voreilenden Pins gibt es aber Lösungen. Die einfachste: Cinchverbindungen immer nur anstecken, wenn die nachgeschalteten verstärkenden Geräte noch aus sind.
Etwas eleganter ist die Lösung von Neutrik: Der NF2-Stecker hat einen gefederten Kontaktring, der im ausgefederten Zustand höher als der zentrale Pin aus dem Stecker steht. Beim Anschließen wird so als erstes der Kontakt der Abschirmung geschlossen. Schiebt man den Stecker weiter in die Buchse, wird der Kontaktring nach hinten gedrückt und erst dann erhält der Pin leitenden Kontakt. Beim Abziehen passiert das umgekehrt. Brummen oder Krachen gehört mit den Neutrik-Steckern der Vergangenheit an, deshalb verwende ich diese Stecker sehr gerne bei Cinchkabeln für den Livebetrieb. Bei Festinstallation wie der heimischen HiFi-Anlage kann man gefahrlos Cinchstecker mit voreilendem Pin verwenden, hier wird ja selten um- oder abgesteckt.
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Analog und digital
Während beim Klinken- und XLR-Kabel die Sache eindeutig war, wird es beim Cinchstecker etwas komplizierter. Über diesen fast achtzig Jahre alten Verbinder laufen nämlich nicht nur analoge Audiosignale, wie sie die Ausgänge von Plattenspielern oder HiFi-Komponenten liefern. Für uns Tonmenschen fast wichtiger: Wegen seiner Verbreitung und Verfügbarkeit hat man seinerzeit den Cinchstecker als Verbinder für die S/PDIF-Schnittstelle gewählt – und die überträgt bekanntlich ein digitales Signal! Digitale Signalübertragung wiederum stellt gänzlich andere Anforderungen an Kabel und Stecker als ein analoges Audiosignal. Ich unterscheide deshalb in dieser Folge zwischen analogem und digitalem Cinchkabel.
Analoges Cinchkabel
Da das analoge Cinchkabel ein unsymmetrisches Kabel ist, benötigen wir ein Kabel mit einem Signalleiter und der Abschirmung. Es gibt spezielle Phonokabel für die HiFi-Anwendung, aber wenn man dessen technischen Werte mit denen eines guten Instrumentenkabels vergleicht, findet man kaum einen Unterschied. An meiner HiFi-Anlage stecken deswegen Cinchkabel, die ich mit Reststücken des Gitarrenkabels Sommer Spirit XXL konfektioniert habe. Und auch für die Fotos verwende ich dieses Kabel. Das Spirit XXL hat einen Außendurchmesser von 6,8 mm. Ich suche in meinem Steckersortiment und finde zwei Cinchstecker von Hicon (CM06), die zu diesem Durchmesser kompatibel sind.
Tipp: Hilfe bei der Materialauswahl
Kauft man ein fertiges Kabel, hat einem der Hersteller nicht nur die Lötarbeit abgenommen, er hat auch einen weiteren – manchmal den fast schwierigeren – Part übernommen: die Materialauswahl. Kabel und Stecker gibt es in unzähligen Varianten und es nicht einfach aus dieser Vielfalt die richtige Kombination für den angestrebten Verwendungszweck herauszupicken. Wer sich unsicher ist, sollte sich bei fertig konfektionierten Kabeln in Katalogen und Online-Shops umschauen und sich dort ein bisschen “Inspiration” holen.Der Kabeldurchmesser (der wichtigste Wert) und der maximale Durchmesser, den der Stecker aufnehmen kann – das muss zusammenpassen. Diese beiden Angaben findet man immer in den technischen Spezifikationen von Kabel und Stecker!
Die Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Cinchkabel
Das Löten von Kabeln kann man in elf Arbeitsschritte unterteilen, und die sind bei jedem Kabeltypus nahezu identisch. Da es sich bei den Cinchkabeln um unsymmetrische Kabel handelt, rate ich euch dazu zumindest den ersten Teil des Löt-Workshops über das unsymmetrische Klinkenkabel durchlesen. Dort erfahrt ihr noch mehr über die benötigten Werkzeuge und viele weitere Tipps zum Thema “Löten”!
Arbeitsplatz aufräumen oder einrichten
Ich weiß nicht wie viel Zeit ich in meinem Leben mit der Suche nach dem Schraubendreher verbracht hab, den ich eben noch in der Hand hatte, aber es muss sehr, sehr viel Zeit sein! Deswegen heißt mein persönlicher “nullter” Arbeitsschritt meist: Das Bastelchaos vom vorhergehenden Projekt entfernen und den Arbeitsplatz aufräumen. An einem sauberen Arbeitsplatz, wo alle Werkzeuge an ihrem angestammten Platz auf den Einsatz warten, ist das Löten eine schnelle Angelegenheit. Die Werkzeugsuche an einem unaufgeräumten Arbeitsplatz ist nicht nur unglaublich zeitraubend und nervig, bei heißem Lötkolben kann es sogar gefährlich werden, wenn sich das Kabel des Kolbens verheddert oder man andere Gegenstand vom Tisch fegt. Wer keinen festen Arbeitsplatz hat und am Küchentisch lötet, kommt um das Einrichten des Lötplatzes sowieso nicht herum.
Kleiner Sicherheitshinweis
Beim Löten hantiert ihr mit einem Lötkolben, der an seiner Spitze 250 bis 350 Grad heiß wird. Genug, um ernsthafte Verbrennungen hervorzurufen! Ihr solltet zudem eine Schutzbrille tragen, den heißer Lötzinn ist flüssig und kann spritzen. Die Dämpfe, die beim Löten entstehen, sind ebenfalls nicht sonderlich gesund, achtet auf eine gute Belüftung eures Arbeitsplatzes. Ein kleiner Ventilator, der die Dämpfe von euch wegbläst, ist eine gute Maßnahme. Und ein letzter Hinweis, dann wird gebastelt: Wascht euch nach dem Löten die Hände! Im Hobbybereich arbeiten wir noch mit bleihaltigem Lot, das ist bei den geringen Mengen, mit denen wir hantieren, nicht so kritisch – wenn man sich nach dem Löten die Hände wäscht!
Die “kalten” Arbeitsschritte
Die ersten sechs Schritte erledigt man bei ausgeschaltetem Lötkolben, ich nenne sie deswegen die “kalten” Arbeiten. Dabei werden die Kabel für die Hochzeit mit dem Stecker vorbereitet.
Schritt 1: Das Material zurechtlegen
Eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete für einen erfolgreichen Lötjob. Im ersten Schritt legen ich deshalb das Material und das benötigte Werkzeug zurecht. Werden verschiedene Steckertypen verlötet, sollte man aufpassen, dass die Teile nicht vermischt werden. Je besser man sich alles vorbereitet, desto schneller ist das Kabel fertig. Ein geübter Kabel-Löter braucht nur wenige Minuten, um ein Kabel zu konfektionieren.
Schritt 2: Kabelmarkierung vorbereiten
Nur ein kurzer Blick hinter meine Studioracks genügt und mir wird wieder bewusst, wie wichtig eine saubere Markierung ist. Selbst bei nur 16 Ein- und Ausgängen am Interface und etwas zusätzlichem Outboard-Equipment – wobei bei mir alles über eine Patchbay läuft – kommen schnell Dutzende von Steckverbindungen zusammen. Wer hier nicht sauber markiert, kommt später bei der Fehlersuche oder beim Neuverkabeln in Teufels Küche. Ich markiere nicht jedes Kabel, aber ich bereite zumindest jedes Kabel für die Markierung vor. Transparenter Schrumpfschlauch ist eine gute und günstige Möglichkeit die Kabel mit selbst ausgedruckten Labels zu versehen. Es gibt auch professionelle Kabel-Label-Systeme (zum Beispiel von der Firma Panduit), die sind aber ziemlich teuer.
Schritt 3: Knickschutz, Gehäuse und Isolierhülse aufschieben
Beim Klinkenstecker und beim XLR-Stecker wird das Gehäuse (fast immer) nach dem Verlöten der Stecker aufgeschraubt, bei vielen Cinchsteckern ist das andersherum. Hier wir das Gehäuse von hinten auf den Stecker geschraubt und das heißt auch: Wir müssen ihn vor dem Verlöten aufschieben. Und den Knickschutz – falls vorhanden – dürfen wir auch nicht vergessen! Also, die Aufschiebe-Reihenfolge ist: Schrumpfschlauch für die Markierung, Knickschutz, Steckergehäuse. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich in jedem der Lötworkshops wiederhole: Lieber nerve ich euch mit diesem Thema, als dass ihr eure schönen glänzenden Lötstellen wieder entlöten müsst, weil der Knickschutz fehlt. Deshalb nicht vergessen, Gehäuse und Knickschutz aufzuschieben! Manche Stecker haben zudem eine Isolierhülle, die später die Lötkontakte vom Steckergehäuse isoliert. Diese Hülse wird als letztes aufgeschoben. All das erledigt man am besten, bevor man am Kabel selbst Hand anlegt, da es ohne abstehende Litzen am einfachsten geht.
Schritt 4: Abmanteln
Jetzt muss der äußere Kabelmantel weg, damit man an die Kupferadern kommt! Man nennt diesen Arbeitschritt “Abmanteln” und wie viel abgemantelt wird, hängt vom verwendeten Stecker ab. Das kann man Pi mal Daumen mit dem Augenmaß abmessen oder man wirft einen Blick in die Montageanleitungen der Hersteller: Dort sind genaue Millimeterangaben zu finden, wie das Kabel für den entsprechenden Stecker vorbereitet werden sollte. Allerdings liefern nicht alle Hersteller solche Montageanleitungen – und wenn ja, nicht für alle Stecker. Das Abmanteln ist der erste kritische Arbeitsschritt, weil man hier schnell die Isolierung der Innenleiter verletzt. Passiert das, muss man den bisher abgemantelten Teil abzwicken und von vorne beginnen. Es gibt für diesen Arbeitsschritt verschiedenste Spezialwerkzeuge, ich habe bis heute noch keines gefunden, das für alle Kabelarten taugt. Deshalb werden sich in eurem Werkzeugkoffer mit der Zeit mehrere Abmantelwerkzeuge ansammeln. Und dennoch: Zum Entfernen des Kabelmantels ist mein bevorzugtes Tool immer noch die gute alte Rasierklinge – alt darf man hier übrigens wörtlich nehmen, es ist in diesem Fall hilfreich, wenn diese Rasierklinge nicht mehr rasiermesserscharf ist.
Für mich – und viele andere – hat sich folgender Vorgang bewährt: Ich schneide vorsichtig mit der Rasierklinge einmal um das Kabel herum, allerdings schneide ich den Mantel nicht komplett durch. Wenn man jetzt das Kabel an der Schnittstelle umknickt, öffnet sich der Schnitt unter der Spannung von selbst und die Isolierung der Innenleiter bleibt heil. Mit einem scharfen Taschenmesser geht das natürlich genauso gut.
Schritt 5: Schirm entflechten, Beilaufmaterial entfernen
Zieht man das abgeschnittene Stück Mantel vom Kabel, sieht man als erstes die Abschirmung, in meinem Fall ein Kreuzgeflechtschirm. Die Litzen dieser Abschirmung muss ich gleich an den Stecker löten, dazu müssen ich den Schirm zu einem Strang zusammenfassen. Ein Wendel- oder Folienschirm ist einfach aufgedröselt, einen Kreuzgeflechtschirm muss man recht mühsam mit einem spitzen Gegenstand “entflechten”. Bei den flexiblen Instrumenten- oder Mikrofonkabeln kriegt man mit dem Schnips-Trick (siehe Löt-Workshop #1) den Schirm sehr schnell frei. Andere Kabel, wie zum Beispiel die Koaxialkabel sind zu starr, als das ein Dagegenschnipsen etwas bringen würde. Hier ist also Geduld und Handarbeit angesagt. Den entflochtenen Schirm sammelt man auf einer Seite und verdrillt ihn.
Falls das Kabel einen zweiten Folienschirm besitzt, wird dieser auch entfernt. Das geht einfach, wenn man die Folie mit dem Seitenschneider anschneidet und dann abzieht. Bei manchen Kabeln entdeckt man jetzt Bestandteile, die für den Aufbau nötig sind, die wir aber zum Verlöten nicht brauchen. Bei Instrumenten- und Mikrofonkabeln sind das zum Beispiel Bind- oder Nylonfäden, die beilaufen, damit dass Kabel später rund ist. All das Beiwerk muss weg, übrig bleiben nur die Signalader und die Schirmung.
Schritt 6: Inneneiter abisolieren, Litzen verdrillen
Ist der Mantel und alles nicht benötigte Beiwerk entfernt, werden die Kupferlitzen der Signalader von ihrer Isolierung befreit. Der Fachbegriff für diese Tätigkeit: Abisolieren. Auch hier gilt wieder: Die Länge hängt vom Stecker ab. Genauso wie beim Abmanteln, kann man das mit Augenmaß und einem Lineal erledigen oder in den Hersteller-Spezifikationen zum Stecker nachschauen. Ich nutze für das Abisolieren gerne den Jakori-Entmantler, weil man mit diesem Werkzeug den Innenleiter sehr nahe am Kabelmantel abisolieren kann. Mit den großen automatischen Abisolierzangen ist das nicht möglich.
Ist die Isolierung entfernt, müsst ihr die Kupferlitzen mit den Fingerspitzen verdrillen. Das erleichtert das spätere Löten, weil die feinen Kupferlitzen nicht ausbüchsen und im schlimmsten Fall ein kurzgeschlossenes und somit stummes Kabel verursachen.
Die “heißen” Arbeiten
So, jetzt wird es Zeit, den Lötkolben anzuheizen. Die nächsten Arbeitsschritte sind heiß!
Schritt 7: Schirm und Litze verzinnen und ablängen
Zuerst verzinnen wir die eben vorbereiteten Litzen und den Schirm am Kabel und die Lötkontakte am Stecker. Es gibt durchaus Unterschiede in der “Lötbarkeit” von Kabeln. Manche Kabel nehmen das Lötzinn besser an als andere und so manche Innenleiterisolierung ist extrem hitzeempfindlich und schmilzt weg, was immer sehr ärgerlich ist, weil man wieder von vorne anfangen kann. Mein Tipp ist hier, wie schon in den letzten beiden Löt-Workshops: Flussmittelstifte für SMD-Arbeiten. Diese Stifte sehen aus wie ein Markerstift, nur “schreibt” man mit ihnen zusätzliches Flussmittel auf die Litzen. Das Verzinnen geht damit super leicht und schnell, weil die Litzen das Lötzinn wie ein Schwamm aufsaugen. Spätestens bei der Reparatur von Kabeln ungewissen Alters, wirkt das zusätzliche Flussmittel dann echte Wunder!
Sind die Litzen verzinnt, werden sie noch auf die benötigte Länge gekürzt. Für den Innenleiter steckt man das verzinnte Kabel in den Stecker und kürzt den Innenleiter so, dass die Isolierung kurz vorm Metall der Lötwanne endet. Die verzinnte Abschirmung kann bei Bedarf ebenfalls gekürzt werden.
Schritt 8: Lötkontakte verzinnen
Nicht nur die Kabel, auch die Lötkontakte der Stecker werden verzinnt. Cinchstecker haben für den Innenleiter fast ausnahmslos kleine Lötwannen, die sind schnell mit Lötzinn gefüllt. Der Lötkontakt für den Schirm ist dann von Stecker zu Stecker verschieden. Es gibt Stecker, da muss man erstmal überlegen, wo man den Schirm überhaupt anlöten kann. Dicke HiFi-Stecker stellen einen oftmals vor dieses Problem. Bei großen Lötwannen für den Schirm genügt eine etwa Linsengroße Menge Lötzinn.
Warum ich das so mache, könnt ihr hier nachlesen.
Schritt 9: Hochzeit von Kabel und Stecker
Ist alles derart vorbereitet, geht der eigentliche Lötvorgang sehr schnell. Ob man dabei mit dem Innenleiter oder dem Schirm beginnt, gibt die eigene Präferenz oder der Aufbau des Steckers vor. Die meisten löten den Schirm zuletzt an, weil dieser durch seine Dicke recht starr ist und einmal angelötet das Handling von Stecker und Kabel erschwert. Es gibt aber Cinchstecker, da kommt man nicht mehr an den Schirm, wenn der Innenleiter zuerst angelötet wurde.
Beim eigentlichen Verlöten wird das Lötzinn in der Lötwannen oder am Kontakt erhitzt, bis es flüssig ist. Dann wird das Kabel in das flüssige Lötzinn gedrückt, man zieht den Lötkolben weg und wartet bis das Lötzinn wieder fest wird. Gerade Anfänger meinen, sie müssten Kabel und Lötkontakt zusammen fixieren und dann erst alles mit dem Lötzinn füllen. Das hat den Nachteil, dass man mit dem Lötkolben sehr lange an der Lötstelle hantieren muss, was keine Kabelisolierung lange aushält. Verschmorte oder gar verbrannte Isolierungen sind die Folge. Werden beide Kontakte erst verzinnt, dauert der eigentliche Lötvorgang nur wenige Sekunden und alles bleibt heil.
Schritt 10: Zusammenbau
Sind die Kabel verlötet, wird optisch und mechanisch kontrolliert, ob alles passt. Da wir im Hobbybereich noch bleihaltiges Lötzinn verwenden dürfen, kann man eine gute Lötstellen an ihrem Glanz erkennen. Matte Lötstellen deuten dagegen auf eine unzureichende Verbindung hin, man nennt das eine “kalte Lötstelle”. Eine kalte Lötstelle kann man aber nachlöten, indem man die Lötstelle erneut erhitzt. Dabei sollte neues Lötzinn dazugegeben werden, damit neues Flussmittel an die Lötstelle kommt.
Zur Zugentlastung wird die Spannzange aufgesteckt oder die Klemmzungen werden mit der Zange um das Kabel gebogen und dann der Stecker zugeschraubt. Die erste Seite des Kabels ist fertig, zurück auf Los und ran an die zweite Seite! Viel Spaß, wir sehen uns in ein paar Minuten.
Schritt 11: Funktionstest
Schnell und unkompliziert kann man das neue Kabel mit einem Kabeltester prüfen. So ein Kabelprüfer zeigt einem, ob eine leitende Verbindung besteht, ob die Lötkontakte korrekt verbunden, also nicht vertauscht sind und ob Kurzschlüsse zwischen den einzelnen Kontakten bestehen. Besteht das Kabel diesen Test, ist es befreit für den Ernst des Audiolebens!
Digitales Cinchkabel
Wie eingangs erwähnt kommt der Cinchstecker auch für die digitale Übertragung über die S/PDIF-Schnittstelle zum Einsatz. Es ist also nicht verwunderlich, dass die billige HiFi-Strippe vielerorts als S/PDIF-Kabel verwendet wird.
Digitale Signale sind hochfrequente Signale und kennen genau zwei Zustände: an und aus, null und eins. Die Übertragung digitaler Signale ist deshalb eher unkritisch. Schaut euch nur mal an, was da an billigsten USB-Kabeln zwischen dem Audiointerface und dem Rechner hängt! Über deren Qualität macht sich niemand einen Kopf. Warum? Weil’s funktioniert.
Wer also digitales Equipment mit selbst konfektionierten S/PDIF-Kabeln verbinden will und dafür passendes Material sucht, sollte sich auf eine lange und kreisrunde Recherche-Odyssee gefasst machen. Die startet beim billigen HiFi-Kabel, führt uns via 75 Ohm Wellenwiderstand und RG59-Koaxialkabel zu den BC-Steckern und endet – überraschenderweise – eben doch wieder beim besagten HiFi-Kabel.
HiFi-Cinchkabel und digitales S/PDIF-Signal, das ist ein schönes Fallbeispiel, wo Theorie und Praxis miteinander auf Kriegsfuß stehen und trotzdem bei vielen, entgegen aller Behauptungen, schöne Musik aus den Boxen kommt. Der Grund: Meist sind die Kabelwege kurz genug, um keine Probleme zu machen und zudem ist die maximale Frequenz für die S/PDIF-Schnittstelle in den Spezifikationen auf sechs Megahertz festgelegt – das liegt zwar weit über der höchsten Frequenz eines Audiosignals, ist aber für eine hochfrequente Signalübertragung ein komplett unkritischer Wert (dort werden Werte bis in den Gigahertzbereich übertragen). Und deshalb könntet ihr das eben gelötete analoge Cinchkabel vermutlich problemlos an der S/PDIF-Schnittstelle betreiben.
Kritisch wird es erst, wenn die Kabelwege länger werden sagen. Länger als – sagen wir mal – zwei bis drei Meter. Dann sollte man auf ein Kabel zurückgreifen, das speziell für die Übertragung digitaler Signale gemacht ist: das Koaxialkabel.
Koaxialtheorie
Das Koaxialkabel ist ein zweipoliges Kabel mit einem Innenleiter und einer Abschirmung. Das Kabel hat einen Innenleiter, der von einer Isolierschicht definierter Dicke umhüllt wird. Diese Isolierung, das sogenannte Dielektrikum, trennt den Innenleiter von der Abschirmung, die meist als Kreuzgeflechtschirm, als Folienschirm oder einer Kombination aus beiden ausgeführt wird. Durch diesen besonderen Aufbau haben Koaxialkabel einen definierten Leitungswellenwiderstand. Zur Übertragung in der Rundfunk- und Fernsehtechnik wurde ein Wellenwiderstand von 75 Ohm festgelegt. Der Wellenwiderstand ist ein ziemlich kompliziertes Ding. Im Prinzip will man das wertvolle hochfrequente Signal vom sendenden zum empfangenden Gerät so sauber wie möglich und mit so wenig Verlust an Signalstärke wie machbar übertragen – auch bei langen Kabelstrecken. Kluge Köpfe haben irgendwann herausgefunden: Bei 75 Ohm sind diese Voraussetzungen gegeben.
Material für S/PDIF-Kabel
Wer Meterware für seine digitalen Cinchkabel sucht, sollte sich bei den Videokabeln umschauen. Dort gibt es eine große Auswahl an geeigneten Koaxialkabeln, die alle für hochfrequente Digitalübertragungen konstruiert sind. Ihr müsst nur darauf achten, dass euer Koaxialkabel keinen Aluminiumschirm besitzt, den der lässt sich mit normalen Mitteln nicht verlöten.
Meine Wahl fällt auf das Sommer Vektor Plus, ein Kabel, dass eigentlich als Videokabel für HD-Signale gedacht ist, aber das auch ein gutes S/PDIF-Kabel abgibt. Dieses Kabel hat keinen massiven Innenleiter, sondern besteht aus verdrillten Litzen, es ist also immer noch in geringem Maße flexibel. Das Kabel ist recht dick, misst fast sieben Millimeter im Durchmesser und ich habe nur ein Paar Cinchstecker in meiner Steckerbox, die den dicken Brummer aufnehmen können. Die beiden Cinchstecker von Hicon sind vergoldete HiFi-Stecker und haben eine Press-Spannzangen-Verbindung, mit der die Stecker fest auf ihren Buchsen fixiert werden können.
Und wieder: Die elf Schritte
Zurück auf Los! Die elf Arbeitsschritte beim S/PDIF-Kabel sind mit denen des analogen Cinchkabels identisch. Ihr startet mit den ersten sechs kalten Arbeiten und dann wird der Lötkolben angeheizt.
S/PDIF-Kabel auch als Analogkabel?
Ihr könnt das eben gelötete S/PDIF-Kabel natürlich auch als analoges Cinchkabel verwenden. Das Audiosignal mit seiner Bandbreite von 20 Hz bis 20 kHz wird in der Hochfrequenztechnik scherzhaft als “Gleichstrom” bezeichnet und natürlich überträgt ein Koaxialkabel das Audiosignal ohne Probleme. Allerdings sind Koaxialkabel wie das Vector Plus oder die RG59-Kabel durch den Aufbau recht starr und wesentlich unflexibler im Handling als ein Instrumenten- oder Phonokabel. Ob und wann das ein Nachteil oder ein Vorteil ist, hängt stark vom Einsatzort des Kabels ab.
HiFi-Stecker sind speziell
Fragt mich nicht warum, aber aus irgendeinem Grund sind Stecker aus dem Studiobereich und der Veranstaltungstechnik ganz praktisch mit schönen Lötwannen oder Lötösen für beide Kontakte konstruiert. Dagegen steht man bei dicken HiFi-Steckern ab und an vor der Frage, wie und wo man den Schirm ans Gehäuse lötet. Für die bei meinem S/PDIF-Kabel verwendeten Stecker habe ich einfach mal beim Hersteller nachgefragt. Die Antwort: Im Prinzip ist der Stecker wie eine große Lötwanne zu sehen – also einfach wie gewohnt anlöten. Eine besondere “Verarbeitung” des Schirms ist nicht nötig.
Ausblick
Mit dem Klinken-, dem XLR- und dem Cinchstecker habt ihr alle gängigen Steckverbinder im Homestudio im Griff. Was wir bisher gelötet haben, waren immer Kabel mit identischen Steckern an beiden Enden. Was, aber, wenn man etwas verbinden muss, was auf den ersten Blick nicht zusammenpasst, zum Beispiel einen unsymmetrischen Cinch-Ausgang mit einem symmetrischen XLR-Eingang? Dann kommt die Stunde der Adapterkabel und genau darum wird es in Teil 4 des Lötworkshops gehen!
Michael sagt:
#1 - 24.04.2024 um 17:09 Uhr
Hi, ich weiß nicht, ob nach 8 Jahren ein Kommentar noch gelesen wird, aber da ich heute von Thoman ein hochwertiges „Sommercable“-Koaxkabel und 2 HiCom Stecker bekommen habe, um daraus ein digitales Audiokabel zu konfektionieren und ich die HiCom-Stecker bereits kannte (… und hasse), weil das mit dem Anlöten des Schirms in der Wanne nur mit viel Fluchen und einem armdicken 80-Watt Lötkolben funktioniert hat, weil normale Lötkolben damit überfordert sind, diese Metallmasse zu erhitzen, habe ich diesmal nur die „Seele“ gelötet und den doppelten Schirm des Kabels mit der Pressspannvorrichtung fixiert (so wie in der Antennentechnik mit HF-Kabeln). Funktioniert prima ☺️ und hat 5 Minuten pro Stück mit Abmanteln gedauert.