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Epiphone Hummingbird Pro Test

Die Epiphone Hummingbird Pro im bonedo-Test – 1960 brachte Gibson eine Gitarre auf den Markt, die auf den ersten Blick einer Dreadnought sehr ähnelte: die Hummingbird (= Kolibri), eine Akustikgitarre, die Rockgeschichte schreiben sollte. Obwohl diese Gitarre seit nunmehr über 50 Jahren produziert wird, hat sich das Erscheinungsbild immer wieder gewandelt. Doch gelten die Exemplare der ersten drei bis vier Produktionsjahre nach wie vor als Nonplusultra. Es liegt in der Natur der Sache, dass diese alten Gitarren, die bis 1970 ohnehin in kleinen Stückzahlen gebaut wurden, inzwischen unerschwinglich teuer sind, wenn sie denn überhaupt noch auf dem freien Markt angeboten werden.

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Von Gibson gibt es bereits ein Remake dieser legendären Instrumente und die Tochterfirma Epiphone legt nach: Die Hummingbird Pro ist ein preiswertes Remake, das zwar in Indonesien das Licht der Welt erblickt, aber genau wie die große Schwester den Geist der legendären Hummingbird in sich tragen soll.

Details

Messungen zeigen, dass der Body unserer Square Shoulder im direkten Vergleich mit dem Original oder dem Gibson Remake kleiner ausfällt. Mit einer Breite von 29,3 cm (Gibson: 30,0 cm) am Oberbug, einer Breite von 39,7 cm (Gibson: 40,5 cm) am Unterbug und einer Länge von 50,5 cm (Gibson: 50,5 cm) sind die Unterschiede jedoch filigran. Mit einer vergleichsweise tiefer dimensionierten Zarge geht die Epiphone Hummingbird Pro aber ohne Wenn und Aber als Vollakustikgitarre durch – immerhin misst die Zarge am Hals satte 10,5 cm (Gibson: 9,8 cm). Am Strapjack finden sich dagegen keine Unterschiede (12,0 cm). Obwohl es feine Abweichungen gibt, stimmt der optische Gesamteindruck, denn es gibt weitere Übereinstimmungen im Vergleich zum Original/Gibson Remake. Dazu gehören das originelle Schlagbrett, die Form des Saitenhalters, das Cherryburst Finish, die Parallelogramm-Griffbretteinlagen, die Mensur und einiges mehr. Die Illusion wäre perfekt, wenn da nicht die Kopfplatte mit dem Logo der Firma Epiphone wäre. Auch mit den verbauten Materialien, der Fichtenecke, den Mahagonizargen und dem Mahagoniboden kann sich unsere Kandidatin – äußerlich betrachtet – mit Original und Gibson-Remake vergleichen lassen. Aber ob sie auch so gut klingt?

Fotostrecke: 3 Bilder Klassiker: Faded Sunburst

Wir schauen uns die Epiphone Hummingbird Pro aber erst einmal genauer an und beginnen mit der zweiteiligen Decke. Die beiden Hälften mit feingezeichneten Maserungen ergeben ein harmonisches Spiegelbild, die Nahtstelle in der Mitte kann man schnell lokalisieren. Die zweifarbige Cherryburst-Lackierung darf bei unserem Epiphone Remake natürlich nicht fehlen, denn auch die alte Hummingbird wurde 1960 mit einer solchen präsentiert und berühmt. Zwei Lackschichten (rot und natur) sind kunstvoll übereinandergelegt und abschließend mit einem hochglänzenden Klarlack versiegelt. Aus verschiedenen Gründen verabschiedete sich aber damals nach kurzer Zeit die rote Farbschicht bei einigen Exemplaren (Bj. 62 – 63) bis eine nicht unattraktiv wirkende honiggelbe Naturdecke ihr ungeschminktes Gesicht zeigte. Die blasse „Gesichtsfarbe“ wurde deshalb im Musikerjargon später als „faded sunburst“ bezeichnet. Obwohl das Problem längst gelöst ist, wird das optische Ergebnis – wie die Macken einer alten Fender – heute immer noch hochgeschätzt. Auch unsere Hummingbird Pro wird mit einem leicht ausgebleichten Kirschrot auf alt getrimmt. Allerdings muss man heute nicht mehr damit rechnen, dass sich die rote Restschicht auch noch verabschiedet. Ansonsten blendet die Decke der Epiphone Hummingbird nicht mit bunten Einlagen aus Abalone oder Perlmutt. Nur der schwarz-weiß gestreifte Herringbone-Streifen verziert – wie damals – rundum diskret den Deckenrand. Aber Abalone und Perlmutt alleine haben bekanntlich noch nie den Klang einer Gitarre verbessert.
Eine echte Augenweide ist das große Pickguard, das der Designer Hartford Snyder damals der alten Hummingbird schenkte und das im Maßstab 1:1 mit allen Motiven übernommen wurde. Dieses Pickguard ist reichlich mit Blattornamenten (Farne) und Blütenkelchen verziert und passt so wunderbar zum „Flower Power“ der 60er. Auf der einen Seite erkennt man einen flatternden Schmetterling und auf der anderen einen nektartrinkenden Kolibri. Geschmacksache.
Mit einem „Top-Belly“ (Saitenhalter mit Oberbauch) konnte sich auch die alte Hummingbird in den frühen 60er Jahren brüsten und sich von ihrer ähnlich dimensionierten Konkurrentin, der Dreadnought (Saitenhalter mit Unterbauch) optisch absetzen. Unser „Top-Belly“ beherbergt einen einteiligen diagonal eingelegten Steg, der die Intonation auf der ganzen Länge aufrechterhält. Für die B-Saite ist außerdem die „Nase“ geschaffen, die das Intonationsproblem vollständig löst, in den 60er Jahren aber noch nicht zum Standard gehörte. Die Saiten werden traditionell mit Ball-Ends und weißen Pins am Saitenhalter aus Palisander befestigt.

Top-Belly Saitenhalter
Top-Belly Saitenhalter

Und es gibt weitere Unterschiede, wie ein Vergleich mit der alten Hummingbird zeigt. Das Schallloch hatte in den frühen 60er Jahren noch einen geringfügig kleineren Durchmesser (max. 9,56 cm) und sollte dadurch den Druck im unteren Frequenzbereich erhöhen. Später wurde der Durchmesser jedoch vergrößert. Unsere Epiphone kommt mit dem großen Schallloch (max. 10 cm) gut zurecht, denn der Druck im Bassbereich ist unüberhörbar.

Auch der Korpus unserer Kandidatin besteht aus leichtem, verwindungssteifem Mahagoni mit einem rötlich-braunen Farbton. Die beiden leicht gewölbten Bodenhälften ergeben ein Spiegelbild mit attraktiven Strukturen und gekonnt kaschierter Nahtstelle, ein Zierspan wird deshalb nicht vermisst. Weißes Binding eint rundum Boden- und Deckenhälften mit den Zargen und bietet einen gewissen Schutz. Der gesamte Body ist perfekt hochglänzend lackiert. Der Strapjack dient als Gurthalterung, eine zweite Halterung sollte der Besitzer bei Bedarf anbringen (lassen).

Fotostrecke: 4 Bilder Auch ein schöner Rücken kann entzücken!

Werfen wir nun einen Blick in den Innenraum unserer Probandin. Ein wuchtiger Halsblock aus Mahagoni verbindet Zargen, Decke, Boden und Halsfuß. Vier Querverstrebungen am Boden, die an den Seiten angespitzt wurden und eine längs angeordnete dünne Bodenmittelleiste sorgen dafür, dass sich die beiden Bodenhälften nicht voneinander lösen. Die Decke wurde seit jeher mit einem Single-X-Bracing unterbaut. Boden und Zargen sowie Decke und Zargen sind mit einem Ring aus Reifchen und einem zusätzlichen Holzstreifen rundum stabil miteinander verleimt. Der Innenraum hinterlässt jedenfalls einen ordentlichen Eindruck.

Das Griffbrett aus Palisander mit acht auffälligen Bundmarkierern aus Perloid im 1., 3., 5., 7., 9, 12., 15. und 17. Bund kann sich sehen lassen und vermittelt bei näherer Betrachtung eine dreidimensionale Illusion. Die originalen doppelten Parallelogramm-Einlagen prägen das Erscheinungsbild der Hummingbird. Entsprechende schwarze Punkteinlagen findet man im Binding auf der Halsoberkante. 20 Bünde mit schmalen Kronen sind sauber abgerichtet, sodass man problemlos die Lage wechseln kann. Ein sanftes Shaping erleichtert das Spiel mit Barrégriffen. Die sechs Saiten laufen über einen sorgfältig gearbeiteten Sattel mit einer Breite von 4,38 cm. Im 12. Bund hat das Griffbrett eine Breite von 5,5 cm. Auch diese Maße entsprechen der Tradition.

Fotostrecke: 2 Bilder Blick durch das Schalloch

Die Hummingbird wurde bei ihrer Markteinführung 1960 mit einer ungewöhnlich kurzen Mensur (628,7 mm) präsentiert, die unserer Testkandidatin präsentiert sich mit 629 prinzipiell genau so lang. Der Halsumfang (mit D-Profil) beträgt nur 11,4 cm am Sattel und 14 cm im 10. Bund. Auch eine kleine Greifhand könnte ggf. mit dem Daumen der linken Hand die dicke E-Saite und die A-Saite greifen bzw. dämpfen. Selbstverständlich gibt ein eingelegter Stahlstab dem dünnen Hals (und der Decke), der durch die Spannkraft der Stahlsaiten ziemlich beansprucht wird, die nötige Festigkeit. Das eine Ende des Stahlstabs sitzt fest im Halsansatz und das andere, justierbare Ende schließt mit einer Mutter an der Kopfplatte ab. In die Kopfplatte ist eine kleine Vertiefung eingefräst, die Stellschraube liegt dort unter der Abdeckung verborgen. Das Griffbrett aus Palisander ist stabil und ohne „Ecken und Kanten“ auf dem schlanken Hals aus Mahagoni verleimt.

Der „Neck Joint“ befindet sich standardgerecht am 14. Bund. Unser Paradiesvogel punktet mit einem flachen Halsfuß, denn die Bünde in den oberen Lagen (bis zum 16. Bund) lassen sich ohne Anstrengung (und ohne Cutaway) erschließen. Der flache Halsfuß wird bei der Hummingbird – wie damals – stabil mit einem Schwalbenschwanz (Single-Dovetail) mit dem Halsblock verzapft.

Die geschlossene große und stilvoll geschwungene Kopfplatte ist angewinkelt am Hals aus Mahagoni angesetzt. Der Winkel betrug bei der Markteinführung im Jahr 1960 noch 17 Grad. Dieser große Winkel, der mit einer höheren Saitenspannung einhergeht, sollte auch einen klareren Sound produzieren. Unser Remake kommt aber offensichtlich auch mit dem kleineren Winkel gut klar. Die Saiten sitzen nämlich auch bei harten Plektrum-Anschlägen sicher in den Kerben.

Fotostrecke: 2 Bilder Kopfplatte und Sattel

Die Oberseite der Kopfplatte ist mit einem schwarzen Furnier verblendet. Das Logo von Epiphone glänzt mit einer Pearloid-Einlage, im Zentrum ein Crown-Inlay, wie es auch die alte Hummingbird an gleicher Stelle präsentierte. An der rechten und linken Unterseite der Kopfplatte sind jeweils drei geschlossene verchromte Mechaniken von Grover mit griffigen und leichtgängigen Stimmflügeln angebracht.

Elektronik

Der Preamp, ein Shadow ePerformer, bietet dem Spieler die totale Kontrolle über den elektro-akustischen Sound, der dazugehörende piezokeramische Tonabnehmer (Shadow Nanoflex) versteckt sich unter der Stegeinlage. Zwei flache CR2032 Lithium-Batterien (3 V) unter der Abdeckung im Preamp sorgen für die benötigte Energie und das für mindestens 1.000 Stunden oder 250 Gigs. Plus- und Minuspol der beiden Knopfbatterien, obwohl auch am Preamp gekennzeichnet, kann man bei schlechten Lichtverhältnissen irrtümlich vertauschen.

Shadow ePerformer
Shadow ePerformer

Das Panel  bietet die drei Potis Bass, Treble und Volume, einen Slider mit der Bezeichnung Dynamics und einen Mute- und einen Phase-Taster. Der Dynamics-Schieberegler ist ein Novum. Mit dieser Einheit kann das Frequenzband in der ganzen Breite verändert werden.  Das Umdrehen der Phase erfolgt mit dem Phasenumkehrschalter. So lassen sich mit einem Knopfdruck Brummschleifen und Phasenauslöschungen beseitigen. Mit dem Taster Mute wird der Signalfluss einfach unterbrochen – auf der Bühne ein nützliches Tool, dadurch wird der Pegel nicht verändert und der Gang zum Amp, der immer mit der Gefahr von Rückkopplungen verbunden ist, kann unterbleiben. Eine kleine LED leuchtet rot, wenn die Leistung der Batterie stark nachlässt. Der Klinkeneingang befindet sich im Knopf in der Zarge.

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Profilbild von Juergen

Juergen sagt:

#1 - 31.05.2013 um 12:52 Uhr

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Also rein optisch ist meine 200€ Eigenmarkenklampfe vom T schöner verarbeitet. Auf dem Foto vom Schalloch sehe ich eine schlechte Lackierung und abstehendes Holz. Ihr schreibt "ordentlicher Eindruck" und "der Body ist perfekt hochglänzend lackiert"Immer eine Ansichtssache, mich würde es stören, letztendlich gibt es in kaum einem Test beu Euch Kritikpunkte, optisch sind sie aber ersichtlich.lg JR

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