Im Jahr 1958 stellte Leo Fender die Jazzmaster als neue Top-of-the-line-Gitarre auf der Namm-Show in Anaheim vor. Trotz der hohen Erwartungen an das damals brandneue Modell konnte sich das Instrument mit den Verkaufszahlen von Stratocaster und Telecaster bei weitem nicht messen. Die angestrebte Zielgruppe der Jazzgitarristen zeigten sich damals wenig beeindruckt von seinem futuristischen Äußeren. Ähnliche Schüsse in den bekannten Ofen gab es jedoch nicht nur bei Fender, auch Gibson brachte Ende der 50er Jahre einige Modelle auf den Markt, die sich erst Jahrzehnte nach ihrer Entwicklung etablieren konnten – und auch dort nicht unbedingt in den Metiers, denen sie zugedacht waren. Dazu gehörte die Gibson Firebird, die Explorer und die Flying V. Auch bei der Jazzmaster hatte man vergeblich auf experimentierfreudige Vertreter der Zunft gehofft.
Stattdessen entdeckten Musiker der Surf- und Rock’n’ Roll-Szene die Qualitäten der Jazzmaster für sich. Unter ihnen The Ventures, The Surfaris und Carl Wilson von den Beach Boys. Der kurze Hype der 60er Jahre hielt jedoch nicht lange an, und so führte die Jazzmaster lange Zeit ein Schattendasein, bis sie mit dem Erfolg von Grunge und Kurt Cobain eine Renaissance erlebte.
Details
Unterschiede zur Stratocaster und Telecaster.
Die Jazzmaster ist nicht einfach eine Abwandlung der Stratocaster oder eine Mischform aus Stratocaster und Telecaster, sondern konnte bei ihrer Vorstellung mit einigen bis dato ungewöhnlichen Features aufwarten. Sie war die erste Fender-Gitarre mit einer schwebenden Tremoloeinheit, ähnlich dem Bigsby-Tremolo, und einer unsymmetrischen Taille, die einen besonders hohen Komfort beim Spielen im Sitzen bietet. Aber auch technisch hatte die Jazzmaster einiges zu bieten. Sie war die erste E-Gitarre mit einer separaten Rhythmus-Elektrik, mit der man zwei unterschiedliche Soundvarianten per Knopfdruck abrufen kann.
Ein weiterer Unterschied sind die Tonabnehmer der Jazzmaster, die das ungeübte Auge schnell als P90 identifizieren möchte. Obwohl sich Leo Fender optisch an den Modellen von Gibson angelehnt hatte, sind Jazzmaster-Tonabnehmer zwar ebenso wie Stratpickups und P90 reine Singlecoils, dank ihrer breit aufgefächerten Wicklung erhält ihr Sound aber eine etwas weichere Färbung, die tatsächlich in Richtung P90 tendiert, ohne aber deren Rotzigkeit zu haben.
Korpus
Die Jazzmaster wirkt insgesamt größer und voluminöser, als man es von der Stratocaster gewohnt ist. Speziell die rechte untere Korpushälfte ist dank der asymmetrischen Korpusform etwas ausladender ausgefallen und ein Grund dafür, dass sich die Gitarre tatsächlich auch im Sitzen hervorragend bespielen lässt. Alle Ecken und Kanten des nitrolackierten Erle-Bodys sind weich abgerundet und dank der geschmackvollen Shapings im oberen Bereich schmiegt sich die Gitarre sehr gut an den Körper, es sind also keine Druckstellen oder blaue Flecken nach langem Spielen zu befürchten.
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Auffallend ist die aufwändige Tremolokonstruktion mit dem von der Decke aus montierten Federkasten inklusive Saitenhalterung. Von dort werden die Saiten in einem relativ flachen Winkel auf den Steg geleitet, und dieser flache Verlauf ist denn auch die Schwachstelle des Jazzmasterdesigns. Nur sehr wenig Druck wird so auf den Steg ausgeübt und die Saiten können beim harten Anschlagen schnell von den Reitern springen. Und diese sind auch nicht gekerbt, sondern rund und in der Lage, je nach Anschlag und Spielweise rasselnde Geräusche zu verursachen, die allerdings auch ihren Charme haben können. Aus diesem Grund ersetzen viele professionelle Gitarristen, die mit der Jazzmaster auf die Bühne gehen, die Original-Brückenkonstruktion durch Ersatzprodukte wie beispielsweise die Mastery Bridge. Bei der CLSC 60s Jazzmaster hat man sich allerdings an die historische Vorlage gehalten und die Gitarre ohne Wenn und Aber genau so gebaut, wie es 1958 von Leo Fender geplant war. Dank der unsymmetrischen Form des Bodys ergibt sich so schon automatisch ein Cutaway, der bequemes Greifen bis hin zum 21. Bund ermöglicht. Dreht man die Gitarre um, sieht man außer der Neckplate … nichts! Bei einer Jazzmaster wird eben alles auf oder in die Decke montiert. Sogar die Buchse fürs Gitarrenkabel sitzt im Pickguard und nicht im Holz.
Die elektrische Schaltung
Wie es sich für eine waschechte Jazzmaster gehört, hat auch unsere Testgitarre die klassische Schaltung mit zwei abrufbaren Presets. Wenn man sich das Schlagbrett einmal genauer ansieht, bemerkt man, dass sich nicht nur im unteren, üblichen Bereich Regler und Schalter befinden, sondern auch in einem kleinen Teil oberhalb des Halstonabnehmers. Während unten wie gewohnt ein Klang- und ein Lautstärkeregler bereitstehen sowie ein Kippschalter für die Aktivierung der unterschiedlichen Pickup-Konstellationen, findet man oben neben zwei Drehreglern auch einen Kunststoffschalter. Schiebt man ihn nach oben, wird die Schaltung im unteren Teil des Pickguards deaktiviert. Nun kommt der Sound zum Tragen, den man mithilfe der beiden Drehregler oberhalb des Halspickups voreinstellen kann. Der sogenannte “Rhythm Circuit” greift allerdings nur auf den Halstonabnehmer zu und klingt wegen unterschiedlicher Poti- und Kondensatorwerte auch bei voll aufgedrehten Volume- und Tone-Reglern wesentlich dumpfer als der untere Bereich. Als Leo Fender die Jazzmaster entwickelte, wollte er damit Marktanteile seines Erzrivalen Ted McCarty von Gibson ergattern. Deshalb entwarf er einen “muffigen” Kanal, um die damals angesagten Big-Band-Gitarristen für sich zu gewinnen.
Der Hals
Der Hals besteht aus den klassischen Zutaten Ahorn und Palisander. Fender hatte übrigens erst mit der Einführung der Jazzmaster damit begonnen, Gitarrenhälse mit Palisandergriffbrettern auszustatten. Vorher waren es ausschließlich einteilige Ahornhälse. Bei der Konstruktion unserer Testkandidatin hat man sich auch in diesem Bereich an die Vorgaben aus den 60er Jahren gehalten und den Hals mit einem 7,25 Zoll Griffbrettradius und einem relativ flachen Bunddraht versehen. Ich persönlich spiele lieber Hälse mit 9,5 Zoll und fetterem Bundmaterial, weil dort die Töne beim Ziehen in den oberen Lagen nicht absterben und man beim Fingervibrato nicht allzu sehr mit dem Holz in Kontakt kommt. Aber gut, das ist Geschmackssache und historisch gesehen geht das auch völlig in Ordnung. Auch in Sachen Stimm-Mechaniken hat man sich an klassische Vorgaben gehalten und entsprechende Vintage-Tuner verbaut. Die Verarbeitung der Bundstäbchen ist im Großen und Ganzen ok, aber beim Fingervibrato kann man hier und da ein leichtes Kratzen vernehmen, was auf eine nicht hundertprozentige Polierarbeit schließen lässt.