Auch die Gibson Les Paul Standard 2015 hat wieder einige neue Features mit auf den Weg bekommen. Als im Jahr 1952 die ersten Les Paul Modelle das Licht der Welt erblickten, konnte noch niemand ahnen, welchen Siegeszug diese Gitarre antreten würde. Dabei stand Gibson Boss Ted McCarty dem Konzept einer Solidbody-Gitarre anfangs sehr skeptisch gegenüber und ließ sich erst nach den Erfolgen des Konkurrenten Fender mit dessen Erfolgsmodell Broadcaster auf die Ideen des Erfinders und Gitarrenvirtuosen Les Paul ein. Nach einer kurzen Euphorie wurde die Les Paul im Jahr 1961 jedoch wegen kaum noch relevanter Verkaufszahlen komplett aus dem Programm genommen und durch die damals modernere SG ersetzt. Das konnte Künstler wie Jeff Beck, Eric Clapton, Peter Green, Steve Howe und Keith Richards jedoch nicht davon abhalten, diese Gitarre weiterhin zu spielen und damit weltweit populär zu machen.
So wurde die Produktion der Les Paul im Jahr 1968 wieder aufgenommen und für 500 Dollar, was 1968 umgerechnet etwa 2000 DM entsprach, in den Verkauf gebracht. Seit dieser Zeit zeigt die Beliebtheitskurve nahezu ungebremst nach oben und das Instrument gehört neben Stratocaster und Telecaster zu einer der angesagtesten E-Gitarren der Welt. Natürlich steht auch das 2015er Standard-Modell fest in der Tradition des Klassikers, obwohl jede aktuelle Serie versucht, mit Neuheiten zu punkten. Ob das auch bei unserer Testkandidatin der Fall ist?
Details
Was ist neu?
Bei der Testgitarre handelt es sich um eine Les Paul Standard der neuesten Generation und um eine – zumindest für Gitarristenaugen – absolute Schönheit. Das Modell 2015 HBPC ist ein Instrument von der Stange, obwohl man auf den ersten Blick durchaus an eine Customshop-Gitarre denken könnte. Neu bei der 2015er Ausgabe ist das “G Force”-Tuning System, das im Prinzip ein Stimmgerät mit motorisierten Mechaniken kombiniert und die Gitarre bei Bedarf vollautomatisch stimmt. Lange überfällig, macht Gibson nun endlich den Null-Bund salonfähig und meldet auch direkt ein Patent darauf an. Im Unterschied zu den Nullbünden, die schon seit den 20er Jahren besonders auf europäischen Gitarren wie z.B. alten Schlaggitarren von Framus verbaut waren, kann man hier die Höhe mittels zweier Madenschrauben verändern. Der Hals bei den 2015er Modellen ist breiter und das Griffbrett etwas dicker, gleichzeitig ist der Bunddraht flacher. Die Saitenreiter der Tune-o-matic Bridge bestehen aus Titanium. Sowohl die Einstellung der Steghöhe als auch der Position der Reiter wird mit Inbusschlüsseln vorgenommen. Neben den großen Verbesserungen gibt es noch einige kleine Schmankerl, wie das Befestigen des Schlagbretts ohne Schrauben mittels Einklicken in die Pickuprähmchen und eine verbesserte Verkabelung. Ein Hologramm von Les Paul zum Gedenken an den hundertsten Geburtstag des Masterminds befindet sich auf der Halsrückseite unterhalb der Mechaniken.
Der Hals
Die meisten Neuerungen beim 2015er Modell betreffen die Konstruktion des Halses. Zwar besteht der nach wie vor aus Mahagoni mit einem aufgeleimten Palisandergriffbrett, im Gegensatz zum Ursprungsmodell ist das Griffbrett hier allerdings etwas dicker ausgefallen, während der Bunddraht flacher als gewohnt ist. Dieser Unterschied ist aber im Gegensatz zur Halsbreite kaum zu spüren. Mit knapp 3 mm mehr ändert sich das Spielgefühl zwar nur leicht, aber doch spürbar. Auf der Kopfplatte arbeitet das so genannte “G-Force”-Stimmsystem, das die Gitarre automatisch in die richtige Stimmung bringt. Dabei handelt es sich im Grund um sechs motorisierte Lockingmechaniken, die von einem integrierten und intelligenten Stimmgerät gesteuert werden. Die Arbeitsweise des G-Force Tuning Systems erinnert an den Polytune von TC Electronic. Es erkennt, welche Saite verstimmt ist, auch wenn man alle Saiten gleichzeitig anschlägt. Nach Aktivierung des Tuners auf der Rückseite der Kopfplatte tut man genau das und kann nun dabei zusehen, wie sich die Mechaniken wie von Geisterhand drehen und die Gitarre stimmen. Das System arbeitet wirklich präzise und äußerst schnell und eignet sich bestens für die Bühne. Zu Hause und im Studio würde ich meinem Peterson Tuner jedoch den Vorrang geben. Die Saiten laufen über eine sogenannte Nullbund-Konstruktion, sodass die Leersaiten genau so klingen wie gegriffenen. Zum Gedenken an den 100. Geburtstag von Les Paul ist dessen Signatur auf der Kopfplatte zu sehen.
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Der Korpus
Wie bei den ersten Les Paul Modellen kommen auch hier für die Konstruktion des Bodys zwei Holzarten zum Einsatz: Die Basis bildet Mahagoni, die aufgeleimte Decke besteht aus Ahorn. Diese Kombination generiert genau den perfekten Mix aus Sustain und Brillanz, der den Les Paul-Sound weltweit bekannt gemacht hat. Die leicht gewölbte Figured Maple Decke mit der Honeyburst Perimeter Candy Lackierung ist rein optisch ein wirklicher Augenschmaus und gibt dem Instrument gleichzeitig einen leichten Vintage Look. Dank der Klangkammern im Inneren des Korpus ist die Gitarre nicht nur angenehm leicht, sie resoniert auch ausgesprochen gut. Sowohl die Tune-o-matic Bridge als auch das Stoptailpiece sind vernickelt. Die Saitenreiter sind aus Titanium hergestellt, was ich für eine sehr gute Entscheidung halte. Meiner Customshop Les Paul habe ich schon vor einigen Jahren Titaniumreiter verpasst, was zwar nicht billig war, dem Ton aber einen weiteren Schub verpasst hat. Dreht man die Gitarre um, entdeckt man die beiden Fächer, hinter denen sich Poti- und Schalteranschlüsse verbergen. Nach Entfernen der Abdeckungen offenbart sich auch hier eine erstklassige Verarbeitung. Gibson verwendet bei den neuen 2015er Les Paul Modellen außerdem besseres Kabelmaterial und ausschließlich Push/Pull-Potis.
Die Schaltung
Bis auf die Push/Pull-Potis ist die Gitarre klassisch verkabelt. Die beiden Burstbucker Pro Humbucker werden klassisch mittels Kippschalter aktiviert. Jeder Pickup hat seinen eigenen Volume- und Tone-Regler, und alle Potis verfügen über eine Doppelfunktion, wenn man sie herauszieht. So versetzen die beiden Volume-Regler den jeweiligen Humbucker in den Singlecoilmodus, wobei sich in einem gewissen Rahmen telecasterähnliche Sounds realisieren lassen. Zieht man den Toneregler des Neckpickups nach oben, wird dessen Phase gedreht und man erhält einen nasalen Peter-Green-Sound. Dieser Effekt tritt aber nur dann ein, wenn beide Tonabnehmer gleichzeitig aktiviert sind. Hier lassen sich je nach Verstärkereinstellung auch Sounds einstellen, die an Brian May erinnern. Der herausgezogene Steg-Tonregler schließlich sorgt dafür, dass das Signal des Stegpickups zugunsten eines direkteren und kräftigeren Sounds sofort und ohne Umwege über die Potis zur Ausgangsbuchse geleitet wird.
Ben sagt:
#1 - 09.12.2014 um 22:13 Uhr
Gutes Review!
Aber um jetzt mal noch die Preispolitik von Gibson anzusprechen. 3100€ für eine "Standard"? Für 300€ mehr bekomme ich eine 58 VOS aus dem Custom Shop! Tut mir leid, aber da verstehe ich die Welt, auch trotz GForce, nicht mehr...
Gundua sagt:
#2 - 13.12.2014 um 05:38 Uhr
Kauf dir doch eine Customshop Les Paul und gut ist.
Tom Mueller sagt:
#3 - 25.10.2022 um 00:01 Uhr
Das hier immer noch von Bundreinheit statt Oktavreinheit gesprochen wird spricht nicht gerade für Kompetenz.