Interview und Gear-Chat: Joey Jordison

Beim Namen Joey Jordison dürften die meisten sofort an den maskierten Mann hinter den Drums der Metal Supergroup Slipknot denken. Immerhin hat er die Band in den späten 90er Jahren mitbegründet und über 15 Jahre lang dort seine Double Bass Salven in die Felle gehämmert. Als langjähriger Endorser der Firma Pearl kann er sich zudem glücklich schätzen, mit einer eigenen Signature Snare bedacht worden zu sein, die nach wie vor erhältlich ist. Über die Gründe seines Ausscheidens bei Slipknot im Jahre 2013 streiten sich die Experten in den einschlägigen Foren noch heute. Uns interessiert aber viel mehr, was Joey heute macht…

Bild: © WMG/Roadrunner Joey Jordison mit Scar The Martyr 2013 / Equipment-Bilder: Marcel Gast für bonedo.de
Bild: © WMG/Roadrunner Joey Jordison mit Scar The Martyr 2013 / Equipment-Bilder: Marcel Gast für bonedo.de


Anlässe, Joey Jordison zu interviewen, gäbe es eigentlich mehr als genug: Er trommelte nicht nur für Slipknot, sondern saß bereits als Ersatz für den erkrankten Lars Ulrich bei Metallica am Schlagzeug, und auch Korn, Ministry, Satyricon und Rob Zombie riefen ihn an, als sie dringend einen Tourdrummer benötigten. 2010 wählte ihn das Drummer-Magazin Rhythm sogar zum besten Drummer der letzten 25 Jahre. Solche Lobgesänge sind dem eher zurückhaltenden Mann aber eher unangenehm, und so sprach er im Interwiew anlässlich der Promo-Tour seiner aktuellen Band Vimic weniger von seinen eigenen Heldentaten als vielmehr von den Drummern, die er verehrt und die ihn beeinflusst haben. Hierzu gehört übrigens auch ein gewisser Charlie Watts. Im folgenden Interview erfahrt ihr mehr…

Hi Joey, herzlich willkommen in Hamburg. Du bist mit deiner neuen Band Vimic erstmals in Europa auf Tour. Wie lief es bisher?
Es läuft großartig. Die Fans sind klasse und die Shows waren der Hammer. Wir sind hier, um Promo für unser kommendes Album zu machen und den Fans zu zeigen, dass wir am Start sind.
Wann erscheint euer Album?
Es ist geplant für Ende Februar, und dann werden wir auf jeden Fall auch eine ausgedehntere Tour durch Europa machen.
Was bedeutet eigentlich euer Bandname?
Um ehrlich zu sein, hat der Name eigentlich keine Bedeutung. Er gefiel mir einfach, weil er gut klingt und leicht zu merken ist. Ich finde auch, dass er zur Musik passt. Es wäre toll, wenn die Leute beim Namen Vimic sofort unsere Musik im Ohr hätten, der Name also ein Synonym für eine bestimmte Musikrichtung wird.
Wann hast du angefangen, Schlagzeug zu spielen und wie kam es dazu?
Im Alter von fünf Jahren begann ich Gitarre zu spielen, aber ich habe mich schon zu der Zeit auch für Schlagzeug interessiert. Als ich in der vierten Klasse war, wurden Kinder für die Besetzung der Schul-Jazzband gesucht, und ich bekam die Gelegenheit, mich ans Schlagzeug zu setzen und vorzuspielen. Dem Lehrer gefiel es, und ich war in der Band. Ab da war es um mich geschehen. (lacht)
Als ich begann, Schlagzeug zu spielen, haben die meisten Kids eher AC/DC gecovert anstatt sich mit Jazz zu befassen. War das üblich in den USA?
Ja, viele Schulen hatten eine Jazz Big Band damals. Ich habe allerdings schon du der Zeit auch härtere Musik gehört. Im Nachhinein denke ich, dass mir die Zeit in der Schulband sehr dabei geholfen hat, meine Technik zu entwickeln, wodurch mir später vieles leichter fiel.
Wie sah dein erstes Schlagzeug aus?
Mein erstes Drumkit war eigentlich eher ein Spielzeug. In meiner Heimatstadt in Iowa gab es ein großes Kaufhaus, und als es darum ging, was mir meine Eltern zu Weihnachten schenken, entdeckten wir dort ein Toy Drumkit mit dem schönen Namen “Black Magic” (lacht). Wie der Name schon sagt, war es schwarz, und es hatte goldene Hardware. Lustigerweise hat sich viele Jahre später der Kreis geschlossen, denn genau diese Kombination hatte auch das Pearl Drumset, das ich bei Slipknot benutzt habe. Etwa zwei Jahre nach dem Spielzeug-Kit schenkten mir meine Eltern dann mein erstes richtiges Drumset von der Marke Maxwin, das war die damalige Einsteigerserie von Pearl. Danach folgte ein Pearl Export, das ich mir allerdings hart erarbeiten musste. Ich habe einen ganzen Sommer lang meinem Vater beim Betongießen geholfen, und das war echt ein harter Job, wie du dir vorstellen kannst. Aber umso stolzer war ich, als das Drumset dann vor mir stand! Und dadurch wurde mir auch sehr früh bewusst, dass man arbeiten muss, wenn man im Leben etwas erreichen will.

Fotostrecke: 4 Bilder Joey spielt ein Pearl Reference Set mit zwei Bassdrums, …

Deine Eltern haben deine musikalischen Interessen also von Anfang an unterstützt?
Ja, hundertprozentig. Mein Drumset war zu Hause in einem Raum aufgebaut, in dem ein Paar riesige Lautsprecher standen, die mein Vater selbst gebaut hat. Ich habe dann die Musik aufgedreht und dazu getrommelt, und für meine Eltern war es o.k.
Welche Drummer haben dich am Anfang inspiriert?
Keith Moon, Peter Criss – ich war und bin großer Kiss und The Who Fan -, John Bonham, dann Bill Ward von Black Sabbath, und nicht zu vergessen Charlie Watts. Die Rolling Stones habe ich schon immer geliebt, und Charlie Watts bewundere ich für seinen ureigenen Stil, der ihn unverwechselbar macht.
Du meinst zum Beispiel das Auslassen der Hi-Hat auf dem Backbeat…
(lacht) Genau! Und das macht er seit Jahrzehnten! Ich finde es auch einfach unglaublich, dass diese Band es über eine so lange Zeit geschafft hat, am Ball zu bleiben, und der alte Charlie sitzt da oben und rockt immer noch das Haus, und jeder Schlag sitzt genau da, wo er sein muss. Dazu gehört meiner Meinung nach schon einiges.
Wann hast du eigentlich angefangen, Metal zu hören?
Oh, das hängt davon ab, welche Art von Metal du meinst. Wenn man Led Zeppelin und Black Sabbath schon dazu zählt, ging das bei mir mit fünf bis sechs Jahren los, denn meine Eltern hatten all diese Platten zu Hause. April Wine waren ebenfalls ein großer Einfluss, Mott The Hoople und schließlich Kiss. Ab da kam ich dann, vor allem durch ältere Leute, die ich von der Schule kannte oder mit denen ich Musik machte, in Kontakt mit härterer Musik.
Welche Metal-Drummer hatten einen besonderen Einfluss auf dich?
Nun, als erstes Bill Ward, dann natürlich Lars Ulrich, Dave Lombardo und Charlie Benante, an denen kam man ja gar nicht vorbei. Aber dann gab es Drummer, die noch weiter ins Extrem gingen wie zum Beispiel Pete Sandoval von Morbid Angel. Er ist bis heute einer meiner absoluten Favoriten. Thomas Haake von Meshuggah finde ich auch großartig, Danny Carey von Tool, und – fast hätte ich ihn vergessen – ich bin ein riesiger Fan von Dale Crover von den Melvins. Wenn ich mich für eine Band entscheiden müsste, die ich für den Rest meines Lebens hören muss, wären das die Melvins. (lacht) Was ja auch nicht schwer ist, wenn man bedenkt, wie viele Alben die bisher veröffentlicht haben und wie unterschiedlich die teilweise klingen. Ich war sogar in einem Melvins-Fanclub damals. Sie waren und sind meine absolute Lieblingsband.
Da sprichst du mit dem Richtigen. Ich habe in meinem Leben keine Band öfter live gesehen als die Melvins…
(lacht). Siehst du, wir haben etwas gemeinsam. Ich wusste doch von Anfang an, dass ich dich mag.
Danke! Joey, du bis ja seit jeher bekannt für deine schnellen Double Bass Figuren und dadurch für viele Drummer zu einem Vorbild geworden. Hast du Tipps, wie man Speed und Ausdauer trainieren kann? 
Ich hatte da nie ein besonderes Rezept. Ich habe mir damals einfach meine Lieblingsplatten mit den Drummern, die ich bewundert habe, genommen und versucht, dazu zu spielen. Man darf sich auf keinen Fall abschrecken lassen, wenn es nicht auf Anhieb klappt, denn das braucht seine Zeit. Es ist wie mit dem Songwriting. Die ersten Songs, die du schreibst, werden Müll sein, aber mit der Zeit wirst du immer besser. Das gilt auch für das Double Bass Drumming. Wenn du konstant dran bleibst, wird es irgendwann passieren, dass du Sachen spielen kannst, von denen du am Anfang nur träumen konntest. Diese Schwelle musst du überwinden, und von da ab an ist es einfacher. Sehr geholfen hat mir auch, dass ich während meiner Schulzeit einige Jahre im Drum Corps gespielt habe. Dort habe ich viel über Stick Control gelernt, wovon ich später profitieren konnte.

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Wie oft und wie lange übst du heutzutage?
Wenn ich nicht auf Tour bin, etwa drei bis vier Stunden pro Tag. Auf Tour kommt das gerade etwas zu kurz, denn ich habe kein Warmup-Kit dabei. Da bleibt eigentlich nur der Soundcheck zum Üben.
Du hast in einem Interview mal gesagt: “Wenn ich hungrig bin, esse ich, wenn ich müde bin, gehe ich ins Bett, die restliche Zeit verbringe ich mit Trommeln.” Trifft das immer noch zu?
(lacht). Gewissermaßen schon. Das muss aber nicht immer heißen, dass ich am Drumset sitze. Man kann ja bei jeder Gelegenheit trommeln, mit den Fingern, mit den Füßen… Also, da ist schon etwas Wahres dran.
Du bist aber in den letzten Jahren auch häufig als Produzent für andere Bands in Erscheinung getreten…
Ja, das stimmt, das mache ich auch weiterhin. Im Prinzip habe ich sogar auf jedem Album, auf dem ich zu hören bin, auch einen Teil der Produzentenrolle eingenommen. Ich war beim Mix und meist auch beim Mastering dabei. Die Folge davon ist allerdings, dass ich die Alben, auf denen ich gespielt habe, im Nachhinein kaum noch anhöre, weil ich im Studio über einen so extrem langen Zeitraum mit den Songs beschäftigt war.
Eine Frage, die viele unserer Leser interessiert: Wie fühlt es sich eigentlich an, kopfüber zu trommeln? Schließlich war das bei Slipknot ja eine Zeitlang Teil eurer Show.
Das ist wirklich schwer zu erklären. Es ist ein extremes Gefühl und löst definitiv einen krassen Adrenalinschub aus. Als ich das zum ersten Mal gemacht habe – das war bei einer Probe – , hatte ich nur einen 5-Punkt-Sicherheitsgurt und bekam Panik, als es losging, so dass die Aktion erstmal abgebrochen wurde. Beim zweiten Mal klappte es dann besser, und ich dachte: O.K., kein Problem, ich kriege das hin. Dann passierte es aber während einer Show einmal, dass der Gurt sich etwas lockerte, als ich kopfüber stand, und ich merkte, wie ich ganz langsam zu rutschen begann und bekam wirklich Angst. Während ich mein Solo spielte, versuchte ich krampfhaft, mich zu halten, was mir nur mit Mühe gelang, aber am Ende ging zum Glück alles gut. Das war das letzte Mal, dass ich diesen 5-Punkt-Gurt benutzt habe. Danach wurde ich dann immer regelrecht eingeschnürt, wodurch das Atmen schwieriger wurde, aber wenigstens konnte ich da nicht rausfallen.
Welche Musik hörst du eigentlich privat?
Das hängt ganz von der Stimmung ab. Ich höre viel Classic Rock, viel von dem Old School Metal Zeug, das ich früher geliebt habe, aber auch ganz andere Sachen. Und ich entdecke auch gerne neue Bands.
Welche Platten sollte deiner Meinung nach jeder Drummer besitzen?
Oh, da muss ich kurz drüber nachdenken… “Quadrophenia” von The Who, “Spectrum” von Billy Cobham, alles was Buddy Rich und Gene Krupa getrommelt haben, Dave Lombardo auf den Fantomas-Platten und natürlich mit Slayer und Pete Sandoval auf “Blessed are the sick” von Morbid Angel, für mich eines der besten Death Metal Alben überhaupt. Da gibt es sicher noch viel mehr, aber das sind die, die mir als erstes einfallen.

Im Zentrum von Joeys Kit ist auch noch Platz für ein paar Splash-Becken.
Im Zentrum von Joeys Kit ist auch noch Platz für ein paar Splash-Becken.

Lass uns zum Schluss noch über dein Equipment sprechen. Wie sieht dein Drumset zur Zeit aus?
Ich spiele nach wie vor Pearl Drums, im Prinzip seit Jahren in derselben Konfiguration mit zwei Bassdrums und fünf oder sechs Toms, dazu Paiste Becken, die schwarz lackiert und mit dem Vimic Logo versehen sind. Auch das Rack und die Hardware stammen von Pearl. Von Promark kommen meine Signature Sticks, und die Felle sind seit neuestem von Evans. Auf dieser Tour habe ich aber meine vier Octobans nicht dabei, und auch die Roland Pads fehlen.
Als ich die Octobans und die drei kleinen Splash-Becken auf Live-Fotos von dir sah, musste ich sofort an Stewart Copeland denken, der ja einiges zur Popularität dieser Trommeln beigetragen hat.
Klar, Stewart Copeland gehört natürlich auch zu meinen Lieblings-Drummern, und daher stammt auch die Inspiration. Die Octobans werde ich auf jeden Fall im nächsten Jahr, wenn es auf größere Tour geht, auch wieder dabei haben.
Benutzt du live und im Studio die gleichen Trommelgrößen?
Ja, da gibt es keinen Unterschied. Das Pearl Reference Drumset, das hier auf der Bühne steht, habe ich auch auf den letzten beiden Alben, die ich eingespielt habe, benutzt. 
Vielen Dank für das Gespräch.

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Equipment Joey Jordison
  • Drums/Hardware: Pearl
  • Serie: Reference (Piano Black)
  • 22” x 18” Bassdrums (2)
  • 8” x 8” Rack Tom
  • 10” x 8” Rack Tom
  • 12” x 8” Rack Tom
  • 13” x 9” Rack Tom
  • 16” x 16” Floor Tom
  • 14” x 6,5” Masters Maple Snare
  • Eliminator Hi-Hat Maschine
  • Demon Drive Doppelfußmaschine
  • Felle: Evans
  • Toms: Black Chrome / Resonant Black
  • Snare: White Coated Power Center Reverse Dot
  • Bassdrums: EQ 4 Batter
  • Becken: Paiste
  • Serien: Signature / RUDE (Black Coated)
  • 14” RUDE Wild Hats
  • 19” RUDE Wild China
  • 17” Signature Power Crash
  • 6”/8”/10” Signature Splash
  • 18” Signature Power Crash
  • 20” RUDE Wild China
  • 20” Signature Power Ride
  • Sticks: Promark
  • Modell: Joey Jordison TX515W

Anspieltipps der Redaktion:

Slipknot: Iowa (2001)
Roadrunner United: The All-Star Sessions (2005)
Sinsaenum: Echoes Of The Tortured (2016)
Vimic: Open Your Omen (2018)

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Bild: © WMG/Roadrunner Joey Jordison mit Scar The Martyr 2013 / Equipment-Bilder: Marcel Gast für bonedo.de

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