Das Laney L5 Studio Topteil verspricht direkten Zugang zur DAW und gleichzeitig großen Ton aus fünf Röhrenwatt. Vor einiger Zeit hatte ich bereits den L5 Combo des britischen Traditionsherstellers auf der Testbank und war recht angetan vom Klang und den Features, die er mitbrachte.
Wie es in dieser Hinsicht mit dem L5 Studio aus der Lionheart-Serie aussieht, soll der folgende Test klären. Immerhin preisen ihn seine Erzeuger als einzigartig in seiner Klasse an.
Details
Optik/Verarbeitung
Der 190x 420x 185 mm (T x B x H) große und 7,8 kg schwere, oder besser gesagt leichte Amp, wird inklusive Fußschalter und Schutzhülle geliefert. Bezogen mit blauem Tolex und einem braun-blau-gewebtem Stoff oberhalb der Bedienelemente besitzt das L5 Studio Topteil ein markantes Äußeres, das sich positiv von vielen Mitbewerbern absetzt. Abgerundet wird das Ganze von glänzenden Metallecken und einem beigefarbenen Ledergriff auf der Oberseite. Dort sorgen auch zwei Lüftungsschlitze für Frischluft, die allein aber nicht ausreichen, weshalb der größte Teil der Rückseite mit einem schwarzen Lochblech versehen ist. Das garantiert Kühlung für die Röhren, von denen drei 12AX7 in der Vor- und eine EL84 in der Endstufe arbeiten. Das Ergebnis ist eine Ausgangsleistung von 5 Watt, die sich durch Umstecken der Lautsprecher aber auch auf 0,5 Watt reduzieren lässt. Bevor ich mich den Bedienelementen der Vorder- und Rückseite zuwende, noch ein kurzer Blick auf die Unterseite, die ebenfalls ein Lüftungsgitter beherbergt, sehr vorbildlich! Natürlich dürfen auch die obligatorischen Gummifüße nicht fehlen, die für einen sicheren Stand sorgen.
Die Frontplatte zeigt sich mit ihren weißen Chickenhead-Reglern aufgeräumt und übersichtlich. Ganz links stehen zwei Klinkeneingänge bereit, die mit LO und HI bezeichnet sind und auf unterschiedlich starke Gitarrensignale warten. Daneben geht es weiter mit dem Clean Volume-Poti. Das lässt bereits erahnen, dass es sich hier um einen mehrkanaligen Amp handelt, und so ist es auch. Neben dem Clean-Channel gibt es erwartungsgemäß einen zweiten, der mit Drive betitelt ist. Ein Kippschalter aktiviert die Bright-Funktion, die sich auf beide Kanäle auswirkt und von einer roten LED unterhalb des Schalters markiert wird. Weiter geht es mit Drive und Drive Volume, die für Gain und Lautstärke des Zerrkanals zuständig sind. Soll der Drive-Kanal angewählt werden, geschieht dies mithilfe des danebenliegenden Kippschalters, was ebenfalls durch eine LED angezeigt wird. Natürlich kann diese Funktion auch der beiliegende Fußschalter übernehmen. Eine Dreiband-Klangregelung, bestehend aus Bass, Middle und Treble, greift, wie schon der Bright-Schalter, auf beide Kanäle zu. Fehlen noch Reverb und Tone, wobei ersterer seinen Effekt digital generiert, und mit Tone eine Funktion an Bord ist, die ebenfalls beide Kanäle abdeckt und laut Laney bei verzerrten Klängen für mehr Durchsetzungsfähigkeit und in gemäßigteren Gefilden für runde und weichere Sounds sorgen soll. Den Standby-Schalter hat man mit “Run” beschriftet, auch hier leuchtet ein rotes Lämpchen und signalisiert den Betriebsstatus.
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Der Blick auf die Rückseite lässt kurz innehalten, denn so viele Schalt- und Regelmöglichkeiten hatte ich nicht unbedingt erwartet. Hier finden sich natürlich die Buchse zum Einstecken des Netzkabels und der Netzschalter. Dass letzterer auf der Rückseite zu Hause ist, hat wahrscheinlich den Grund, dass vorne schlicht und ergreifend der Platz fehlt. Sollte die Sicherung des Amps das Zeitliche segnen, lässt sich diese dort problemlos tauschen. Bei der XLR-Buchse mit der Aufschrift DI ist die Emulation an- und abschaltbar, was nichts weniger bedeutet, als dass dieser Ausgang bei Bedarf über einen Speaker-Simulator verfügt, der eine 4 x 12 Box nachbilden soll. Eine Einrichtung, die bei Tests in der Regel sehr kritisch unter die Lupe genommen wird und deren Sound in den meisten Fällen nicht mit dem Klang des mikrofonierten Amps konkurrieren kann. Um so gespannter bin ich, was Laney sich hier hat einfallen lassen, um der Realität so nahe wie möglich zu kommen. Auch im Pegel lässt sich dieser Ausgang anpassen, und zwar per Mini-Dip-Schalter zwischen +4dB und -30dB. Genau wie der daneben liegende Ground Lift-Schalter, der eventuellem Brummen zu Leibe rückt. Weiter geht es mit einem USB-Anschluss, dessen Ausgangspegel sich feinfühlig per Poti verändern lässt, eine tolle Idee, wie ich finde. Die Buchse mit der Aufschrift Re-Amp-Send zeigt eine weitere Besonderheit des kleinen Verstärkers. Es lässt sich mit ihm nachträglich eine Gitarre reampen.
Den allermeisten dürfte sicherlich bekannt sein, was es damit auf sich hat, für alle anderen noch einmal kurz eine Erklärung: Viele Toningenieure und/oder Produzenten nehmen neben dem Mikrofonsignal eine getrennte DI-Spur auf, also das Signal der Gitarre, bevor sie in den Verstärker geführt wird. Fällt im späteren Verlauf der Produktion auf, dass der Klang des Gitarrenamps doch nicht alle vollends überzeugt, lässt sich mit diesem unbearbeiteten Signal beispielsweise ein anderer Verstärker ansteuern oder Effekte so einsetzen, als käme das Signal direkt von der Gitarre. Bei der Aufnahme per USB-Kabel auf einem iOS oder Android-Gerät oder einem Computer kommt ein Stereosignal in der DAW an, wobei die linke Spur das unbearbeitete Signal aufnimmt und die rechte den Speaker-emulierten Klang. Wählt man also zwei Monokanäle beispielsweise in Logic zur Aufnahme, stehen beide Optionen bereit. Im Zeitalter des Total Recalls ein echter Segen!
An die 6,35mm Phones-Klinkenbuchse lässt sich nicht nur ein Kopfhörer anschließen, das Signal kann auch stereo beispielsweise an eine PA geschickt werden. Ein kleiner Schiebeschalter bietet in beiden Fällen die Wahl, ob es sich dabei um das Ampsignal oder das Stereo-Return-Signal aus dem Computer handeln soll. Ein tolles Feature, denn so müssen keine Lautsprecher aktiv sein. Soll ein MP3 Player oder ein ähnliches Abspielgerät angeschlossen werden, kann dies mithilfe eines 3,5mm Miniklinkenkabels geschehen. Fehlt nur noch der Effekteinschleifweg, der in diesem Fall seriell ausgelegt, zwischen -10dB und 0dB schaltbar ist und eine Bypass-Option besitzt. Wird also kein Effektgerät verwendet, sollte man einfach in den Bypass-Modus schalten. Für den Anschluss einer Lautsprecherbox stehen zwei Klinkenbuchsen mit der Beschriftung 0,5 und 5 Watt zur Wahl. Dort lassen sich 8 oder 16 Ohm Cabinets unter der jeweiligen Leistungsangabe betreiben, keinesfalls aber beide gleichzeitig. Und jetzt die alles entscheidende Frage: Läuft der Amp auch ohne Boxen? Ja, auch das ist kein Problem! Diese Option macht ihn zur perfekten Wahl für die Nachtsession im Schlafzimmer. Und bevor es in den Praxisteil geht, noch ein Wort zur Remote-Buchse. Hier wird der mitgelieferte Fußschalter angeschlossen, der die Kanäle umschaltet und den Hall aktiviert. Er ist mit einem fest installierten sechs Meter langen Anschlusskabel versehen, genug also, um den Amp auch noch vom Bühnenrand aus fernzusteuern. Was ich vermisse, sind LEDs, denn beim Gig so ohne Weiteres zu hören, ob nun der Hall aktiv ist oder nicht, kann schon etwas kniffelig werden. Allerdings beantwortet diese Frage der Amp – ein Blick zurück, und die Einstellung ist klar.
Die Verarbeitung des Topteils ist insgesamt hochwertig und mit viel Liebe zum Detail realisiert, was Lust auf mehr macht, daher schwenke ich jetzt in den Praxisteil.
Walter Kurtz sagt:
#1 - 24.07.2015 um 14:25 Uhr
Sagging bezeichnet das Einbrechen der Betriebsspannung unter Last. Dies betrifft nur Röhrenendstufen im Push-Pull-Betrieb: Davon kann hier kein Rede sein ...