Vor ca. zehn Jahren wurde Spotify gelauncht und hat das gesamte Musikgeschäft auf den Kopf gestellt. Das Konsumverhalten von Millionen von Musikhörern – Tendenz steigend – hat sich radikal verändert. Die Arbeit von Künstlern, Labelsund sogar Akteuren aus der Live-Branche hat sich infolge dieser Entwicklung ebenfalls verändert und nicht wenige von diesen Menschen kommen in finanzielle Schwierigkeiten. Aber warum eigentlich? Wie genau sehen die Geldflüsse aus? Warum hat das einen Einfluss auf das Live-Geschäft? Was könnte man daran ändern? Ich habe die Suchmaschine qualmen lassen, um mal ein paar Fakten und Konsequenzen zusammenzustellen, damit sich jeder eine dezidierte Meinung zu diesem schwierigen Thema bilden kann.
- Wer streamt mich – und wenn ja, wie viele?
- Wohin gehen Streaming-Einnahmen und wie viel davon erhalten Künstler?
- Wie können Künstler fairer bezahlt werden? Pro-Rata- vs. User-Centric-Modell
- Andere alternative Bezahlmodelle für Streaming
- Was macht Spotify mit Userdaten? Playlisten und Geld!
- Inflationärer Musikkonsum – Musik verliert ihren Wert
- Streaming = Zuckerbrot und Peitsche
- Ist Musik-Streaming jetzt gut oder böse?
Vorab möchte ich klarstellen, dass dieser Artikel keine Hasstirade auf Spotify oder Streamingplattformen im Generellen sein soll. Ich habe versucht, ein Bild von der finanziellen Funktionsweise, dem Potenzial und den Konsequenzen zu zeichnen, die Streaming für den Musikmarkt haben und wie diese zustande kommen.
Wer streamt mich – und wenn ja, wie viele?
MIDIA-Research nennen in einer Erhebung aus dem Herbst letzten Jahres geradezu schwindelerregend hohe Zahlen über Abonnenten, Marktanteile und Umsätze. Von insgesamt 229,56 Millionen Premium-Usern nehmen Spotify (83 Millionen Abonnenten), Apple Music (43,5 Millionen Abonnenten) und Amazon Play (27,9 Millionen Abonnenten) zwei Drittel des Marktes ein – und das sind ausschließlich die Premium-Accounts, die Gewinne in Milliardenhöhe generieren. Socialmediastatistik.de spricht von insgesamt 191 Millionen registrierten Nutzern.
Beeindruckende Zahlen, die, wenn man mich fragt, eigentlich niemanden wundern können. Insbesondere Spotify hat die konsumfreundliche Aufbereitung von Musik perfektioniert. Für sehr wenig Geld erhält man als Konsument eine Plattform, die praktischer ist als jeder gut sortierte Plattenladen. Man findet nahezu jeden Song, den man finden will, kann ihn sich unbegrenzt anhören, nach Lust und Laune Playlists erstellen, sie mit Freunden teilen, sich über die Hörgewohnheiten seiner Lieblingskünstler informieren, und und und. Und wer zu faul ist, all das selbst zu machen, für den stellt Spotify von ganz alleine Mixtapes und Vorschläge für neue Künstler zusammen, die einem gefallen könnten. Kein Wunder, dass die Kunden wie die Fliegen angeflogen kommen und sich die geringen monatlichen Beträge zu einem ziemlich ansehnlichen Geldbetrag anhäufen.
Wohin gehen Streaming-Einnahmen und wie viel davon erhalten Künstler?
Das vorherrschende Verteilungsmodell in der Welt des Streamings ist das sogenannte “Pro-Rata-Modell”. Nach diesem Prinzip werden alle Abo-Einnahmen dieser Plattform in einen Topf geworfen und dann nach prozentualem Anteil einzelner Songs aufgeteilt. Wenn beispielsweise Taylor Swift mit einer neuen Single fünf Prozent der gesamten Streams ausmacht, gehen fünf Prozent der Ausschüttungen aus diesem Quartal an alle Rechteinhaber dieses Songs. Je nachdem, welche Releases wie viele Streams generieren, kann es also sein, dass ein Künstler, der jeden Monat konstante 20.000 Streams generiert, darunter leidet, dass ein großer Major-Label-Künstler ein sorgfältig beworbenes Release durchführt.
Hier ein Rechnungsbeispiel:
Wir stellen uns der Einfachheit halber eine imaginäre Streamingplattform mit imaginären Acts und Usern vor, die nach dem Pro-Rata-Prinzip abrechnet. Wir nennen sie Feelings und es gibt genau zehn User, die jeden Monat jeweils 10 Euro zahlen. Acht User haben denselben Lieblingssong, “I love you” von der Band Lovebirds, und streamen ausschließlich diesen Song – zehnmal pro Tag. Zwei User stehen aber eher auf den Song “I hate you” von den Hatebirds und hören diesen wiederum zehnmal pro Tag. Das sind insgesamt 3000 Streams pro Monat, davon macht “I love you” mit 2400 Streams 80 Prozent aus, “I hate you” mit 600 Streams 20 Prozent.
Wir schätzen mal, dass 70 % der Abonnement-Einnahmen an die Rechteinhaber (Label, Künstler, Produzenten) ausgezahlt werden und gehen davon aus, dass beide Bands sich selbst produziert haben und einen Direktvertrag mit Spotify haben, also das gesamte Geld erhalten. Die Gesamteinnahmen betragen bei zehn Abonnenten 100 Euro pro Monat, davon gehen 70 Euro in den Topf für die Rechteinhaber und von diesem Topf wiederum 80 Prozent, also 56 Euro, and die Lovebirds und 20 Prozent, also 14 Euro, an die Hatebirds.
Wenn die beiden Hatebirds-Fans im nächsten Monat jeweils 110 mal am Tag “I hate you” hören, also 6400 Mal im Monat, dann ergibt das zusammen mit “I love you” 9000 Streams im Monat. Davon gehören dann gut 73 Prozent “I hate you” und knapp 27 Prozent “I love you”. Die Lovebirds verdienen dann plötzlich nur noch 18,9 Euro, obwohl sie genau so viel Streams erzielen wie vorher, die Hatebirds haben 51,1 Euro in der Tasche.
Was bedeutet das jetzt? Wenn man es scharf formulieren möchte, bedeutet das, dass der Großteil des Geldes, von dem die kleineren Künstler schon zu den Hochzeiten physikalischer Tonträger sehr wenig hatten, in die Tasche jener Acts und Labels fließt, die ohnehin keine finanziellen Sorgen und eine enorme Reichweite haben. Nicht, dass man dafür jemanden verurteilen sollte, aber schön ist das definitiv nicht, und deshalb auf jeden Fall diskutabel!
Und in der Realität? Wie hoch ist die Bezahlung pro Klick im Schnitt? Und wie viele bräuchte man zum Überleben? Das könnt ihr der folgenden Tabelle entnehmen.
Quelle: www.digitalmusicnews.com
Wie können Künstler fairer bezahlt werden? Pro-Rata- vs. User-Centric-Modell
Das Gegenstück zum Pro-Rata”-Bezahlmodell ist das User-Centric-Modell. Die Idee dahinter ist, dass jeder User genau die Künstler bezahlt, die er hört. Wenn also ein User ausschließlich einen Künstler streamt, bekommt auch nur dieser Künstler das Geld ausgeschüttet, dass dieser User bezahlt. Digital Media Finland hat eine Studie durchgeführt, die aufzeigt, wie sich die Verhältnisse der Ausschüttungen zwischen den Top-Artists und kleineren Artists verändern würde. Simpel zusammengefasst, lautet das Ergebnis, dass das User-Centric-Modell eher vorteilhaft für weniger gestreamte Künstler ist als das Pro-Rata-Modell. Das muss zwar nicht immer der Fall sein, würde jedoch höchstwahrscheinlich zu einer faireren Ausschüttung führen. Bezogen auf die von Digital Media Finland analysierten Tracks, Künstler und User bekamen die erfolgreichsten 0,4 % der Künstler 9,9 % des Geldes ausgeschüttet. Nach dem User-Centric-Modell wären es nur 5,6 % gewesen, während sich die freiwerdenden 4,3 Prozentpunkte zusätzlich auf die übrigen 99,6 % aller Künstler verteilt hätten. Um mal konkretere Zahlen vor Augen zu haben, hier eine beispielhafte (!) Hochrechnung:
Für dich ausgesucht
- Spotify hat ca. 85 Millionen Abonnenten
- jeder Abonnent zahlt ca. 10 Euro im Monat monatliche Einnahmen i. H. v. 850 Millionen Euro
- 70 % für Rechteinhabern (595 Millionen)
- 4,3 % (rund 25,6 Millionen Euro) für über 95 % der Musiker
Wie viel genau bei jedem einzelnen Artist landen würde, hängt logischerweise von den jeweiligen Streamingzahlen ab und sprengt deswegen den Rahmen dieser Rechnung. Dennoch: Hier geht es nicht um Peanuts.
Will Page, Spotifys Director of Economics, hält auf der Basis einer anderen, von ihm coadministrierten Studie, dagegen, dass die Kosten zur Implementierung und Aufrechterhaltung dieses Systems so hoch seien, dass letztendlich keiner der Künstler einen wesentlichen Vorteil von dieser Umstellung hätte. Das mag sein, ist jedoch leider schwierig zu überprüfen und bleibt fragwürdig!
Einige namhafte Akteure im Musikgeschäft sprechen sich jedoch deutlich für das User-Centric-Modell aus. Das britische Music Managers Forum, Midia Research-Gründer Mark Mulligan und Yet Hartwig Masuch, Geschäftsführer von BMG – einem der größten Musikverlage weltweit – nennen das alternative Berechnungsmodell fairer, transparenter sowie künstlerfreundlicher. Yet Hartwig Masuch bezeichnet die damit einhergehende Diskussion als essenziell für die Zukunft des Musikstreamings.
Andere alternative Bezahlmodelle für Streaming
Der Hamburger Musiker Wolfgang Müller hat sich ein sehr interessantes Konzept einfallen lassen, wie eine Streamingplattform gleichzeitig profitabler und benutzerfreundlich aussähen. Um diese klugen Gedanken nicht zu verfälschen, zitiere ich sie mal in den Worten von Herrn Müller:
“Jeder Streamingdienst trackt ja schon heute mit, wie oft welcher User einen Song hört. Nehmen wir an, wir wollen jeden Song für 1,- Euro verkaufen, aber nur an die Leute, die ihn wirklich gerne hören (also die, die früher das Album gekauft haben). Alle anderen, die ihn nur mal so hören, oder auch ein paar Mal, sollen den Preis NICHT oder nur marginal zahlen. Das würde bedeuten, dass je öfter ich einen Song höre, desto mehr bezeuge ich damit implizit, dass er mir so gut gefällt, dass ich dafür bereit wäre zu zahlen. Ein faires Bezahl-Modell, das gewissermaßen das Beste aus Spotify und Resonate vereint, könnte also wie folgt aussehen:
- Bis zu 10 Streams pro Song sind für den Hörer kostenlos
- Ab dem 11. Stream beginnt er den Song zu kaufen, d. h. es fallen Kosten auf seiner Abrechnung an.
- Dabei bezahlt er nicht ab dem 11. Stream den vollen Preis, sondern er wandert über einen kleinen Preis-Hügel
- So würde er z. B. für den 11. Stream 1 Cent zahlen, für den 12. Stream 2 Cent, und so weiter.
- Nach dem 25. Stream hätte er den Song zur Hälfte bezahlt, ab dort bezahlt er wieder weniger pro Play
- Hat er den Song so oft gehört, dass 1,- Euro Einnahmen generiert wurden, hört er ihn dauerhaft kostenlos und kann ihn auch herunterladen”
An dieser Stelle sollte auch die Plattform Bandcamp lobend erwähnt werden! Hier kann man Songs bzw. Alben zunächst ein paar Mal streamen und muss sie dann kaufen, um sie dauerhaft hören zu können. Dabei sind sowohl physikalische Tonträger als auch Downloads verfügbar. Ein Mindestpreis wird vom Künstler festgelegt, wer seinen neuen Lieblingskünstler unterstützen will, der kann auch mehr bezahlen!
Was macht Spotify mit Userdaten? Playlisten und Geld!
Schon mal darüber nachgedacht, wo die vielen tollen “Mixtapes” herkommen, die Spotify so mir nichts dir nichts generiert? Um so gut kuratierte Compilations nach bestimmten Genres, Stimmungen und Hörgewohnheiten zu erstellen, braucht es verdammt schlaue Algorithmen. Diese analysieren das Hörverhalten und gleichen es mit dem gesamten Musikkatalog ab, um daraus eine Playlist zu kombinieren, die einem als User dann Musik präsentiert, von der man bloß noch nicht wusste, wie sehr man sie mag. Aber eine so genaue Analyse ist nicht nur nützlich für die perfekte Playlist, sondern auch eine potentielle Einnahmequelle.
Streamingdienste verdienen nicht nur Geld durch ihre Premium-Abonnenten, sondern auch durch die Werbung, die bei Kunden ohne Premium-Account geschaltet wird, für die der jeweilige Werbepartner logischerweise Geld an Spotify bezahlt.
Dabei ist Spotify ganz besonders attraktiv für Werbepartner, weil die Nutzungsprofile der Accountinhaber dabei helfen, ganz gezielt Werbung zu schalten oder an Firmen verkauft werden, die nicht an eine so strenge Datenschutzverordnung gebunden sind wie die EU-Staaten.
Vor allem wenn man seinen Spotify-Account mit seinem Facebook-Account erstellt, kann ein sehr genaues demografisches Profil der Musiknutzung erstellt werden. Man kann also verfolgen, wer zu welcher Zeit und an welchem Ort welchen Song hört, und welche Korrespondenzen es zu Geschlecht, Alter und persönlichen Interessen gibt. Ich nehme mal mich selbst als Beispiel: Ein 24-jähriger Mann, der mit Vorliebe alternative Rockmusik hört, auf Facebook diverse Musikversandhandel abonniert hat und in mehreren Gruppen zum Thema Equipment aktiv ist, könnte damit gezielt per Werbung auf einen neuen Musikalienfachhandel aufmerksam gemacht werden.
Des Weiteren kann das Hörverhalten mithilfe von Algorithmen so detailliert analysiert werden, dass die Daten nicht nur Auskunft über die Person geben, die einen bestimmten Act gerne hört, sondern auch, welche musikalische Parameter dazu führen, dass ein Song zum Beispiel schneller weggeschaltet oder eben durchgehört wird und welche Eigenschaften ein Song haben muss, um von möglichst vielen Usern gehört zu werden. Diese Informationen liefern das berühmte “Schema F”, nach dem Labels und Songwriter nach Reichweite orientiert ihre Musik konstruieren können – was die am meisten konsumierte Musik zu nicht mehr als einem kalkulierten Produkt macht, die Hörgewohnheiten der User immer weiter auf bestimmte Schemata trimmt und außergewöhnlichere Musik immer tiefer in Richtung Nische abdriften lässt. Das ist dasselbe, wie eine Urwaldrodung zugunsten einer riesigen Soja-Plantage: Monokultur.
Man muss gerade Spotify an dieser Stelle jedoch zugute halten, dass über vorgefertigte Playlists auch außergewöhnlichere Musik unterstützt wird. Playlists wie “Klare Kante” , “Wilde Herzen” , “Gegen den Strom” oder “Indie Radar” promoten Musik jenseits des Mainstreams. Und auch in diesem Feld lässt Spotify keinen Zweifel an seiner Stilsicherheit aufkommen – das mag daran liegen, dass solche Playlists vermutlich zum größten Teil von Menschen erstellt werden. Ob allerdings die Einnahmen aus dem Verkauf von Nutzerdaten auch den Künstlern zugute kommen, ist leider schwer herauszubekommen und unter anderem auch gerade deswegen fraglich.
Inflationärer Musikkonsum – Musik verliert ihren Wert
Wie schon gesagt: Die nimmer endende Vielfalt von neu zu entdeckender Musik ist ein wahrer Traum für jeden, der gerne Musik hört – vom stilbewussten Indie-Nerd bis zum Ich-höre-was-im-Radio-läuft-Typen. Aber egal, für wie standhaft man sich als Wertschätzer hält, die ständige Verfügbarkeit von so viel Musik zum einen Spottpreis von ein paar Euro im Monat macht etwas mit einem. Die Bereitschaft, Geld für Musik zu bezahlen sinkt.
Wenn man diesen Satz sagt, bekommt man meist das Argument “Ja, aber immerhin ist das doch besser als illegale Downloads” zu hören. Stimmt, aber es bleibt dabei, dass die ständige Verfügbarkeit von Musik die damit zusammenhängende Wertvorstellung beeinflusst. Musik wird ganz automatisch zu einer Sache, die trotz hohem emotionalen Wert immer weniger finanziellen Gegenwert besitzt. Deswegen konsumieren immer mehr Menschen Musik per Streaming-Abo. Kein Geheimnis: Der physikalische Absatzmarkt wird kleiner und kleiner und die Einnahmen damit ebenfalls. Der Verdienst durch Streaming vermag diesen Verlust nicht zu kompensieren und die Einnahmen aus den Konzerten und Merchandise-Verkäufen werden immer wichtiger. Vor einigen Jahren war eine Konzerttour Promo für die neueste Veröffentlichung, heute ist es andersherum. Unzählige Acts im Newcomer- und Independent-Sektor stürzen sich auf den Live-Markt, um weiterhin eine Chance zu haben, von ihrem Tun überleben zu können oder zumindest keine herben Verluste verkraften zu müssen. Die kleinen bis mittelgroßen Clubs in Deutschland sind chronisch aus-, wenn nicht sogar überbucht und nicht wenige schließen dennoch früher oder später ihre Pforten. Das Publikum fehlt, vor allem das, was bereit ist, mehr als ein paar Münzen für ein Konzert auszugeben. Warum? Naja, alles nur auf Streaming zu schieben, würde an Hatespeech grenzen. Das Überangebot an Live-Musik führt mit Sicherheit zur Übersättigung des Publikums, dennoch bekommt man auch hier die mangelnde Bereitschaft, Geld für Musik auszugeben, deutlich zu spüren.
Deswegen: Seid euch darüber bewusst, wie wichtig jeder einzelne Kauf für eure LieblingskünstlerInnen ist. Wenn ihr wollt, dass sie weiter Alben produzieren und Konzerte für euch spielen, kauft euch die Musik als Download oder physisch und nehmt euch beim Konzert ein T-Shirt mit! Und an alle Künstler unter den Lesern: Es ist keine Schande, seinen Fans darüber Auskunft zu geben, wie sehr man zu kämpfen hat, also spread the word: “Support your artist!”
Streaming = Zuckerbrot und Peitsche
Dann setzt man eben ein Zeichen und boykottiert das alles! Naja, wo holt man denn seine zukünftigen Fans am besten ab, wenn nicht live? Ganz genau: auf Streamingportalen. Und genau deshalb ist es gerade für kleine Künstler sehr schwierig, auf die potenzielle Reichweite von Streamingplattformen zu verzichten. Selbst riesige, international etablierte Acts wie Thom Yorke, Taylor Swift oder Adele, die sich zunächst öffentlich und zum Teil höchst polemisch gegen Spotify aussprachen, sind mittlerweile mit ihrem gesamten oder großen Teilen ihres Musikkataloges auf den bekannten Plattformen vertreten. Thom Yorke sprach zunächst noch von “dem letzten Furz einer verreckenden Leiche”, nicht allzu lange Zeit später war der gesamte Katalog seiner Band Radiohead per Streaming verfügbar, und auch sein eigenes Material gesellte sich irgendwann stillschweigend dazu.
Dass die oben schon erwähnten Playlists ein extrem wichtiges Promowerkzeug geworden sind, ist wohl schon lange kein Geheimnis mehr. Yahoo Finance zitiert eine Studie, die ergab, dass ein Artist sich nur durch das Hinzufügen in die “Today’s Top Hits” bis zu 20 Millionen Streams und zwischen 80.000 und 160.000 Dollar Einnahmen erhoffen kann.
Mit solchen Zahlen lässt sich zwar nicht in jeder Playlist rechnen, aber die Reichweite steigert sich allemal. Gerade die Tatsache, dass man direkt in Playlists landet, die sich auf eine bestimmte Ästhetik oder ein Genre fokussieren, und man mit ziemlicher großer Sicherheit an genau die richtigen Hörer gerät, macht Playlists zu einem sehr effektiven und für aufstrebende Acts zu einem quasi unverzichtbaren Promo-Werkzeug, dass rein theoretisch jedem Artist dieser Welt zur Verfügung steht. Leider lässt sich auch hier vermuten, dass sich Major-Label-Acts deutlich leichter in diesen Playlists einnisten können, da alle Major Firmen Anteile an Spotifyhalten, als jemand, der auf die alleinige Gunst des Kurators für die jeweilige Playlist angewiesen ist.
Socialmediastatistik fasst es so zusammen: “2016 schätzte der Bundesverband Musikindustrie die Umsätze auf 1,58 Milliarden Euro. Davon seien ca. 38 % digital erwirtschaftet. Das Downloaden von Musik scheint daher auf dem Vormarsch zu sein. Das hat für die Künstler den Vorteil, dass sich erfolgreiche Lieder schnell verbreiten und viel Umsatz einbringen. Stücke, die es jedoch nicht in den Mainstream schaffen, gehen damit schneller unter. Das setzt die Künstler unter einen zusätzlichen Druck. Dennoch bietet die Erreichbarkeit von Songs durch Streamingdienste den Interpreten eine Top-Bühne, um sich und ihre Musik vorzustellen.”
Ist Musik-Streaming jetzt gut oder böse?
Diese Frage lässt sich nicht mit Ja oder Nein beantworten. Das Bezahlungssystem ist fragwürdig, die Verwendung der Nutzerdaten ein schwieriges Thema und die ganze Sache leider nicht vollkommen transparent. Dennoch bieten Spotify & Co. auch Chancen für aufstrebende Künstler und sind aus Benutzersicht ein großartiges Konzept. Du hast eine Meinung dazu? Wir wollen sie hören! HInterlass uns in den Kommentaren, was du über dieses Thema denkst!
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Knecht ruprecht sagt:
#1 - 02.02.2024 um 19:17 Uhr
bandcamp ist wesentlich besser und demokratischer.