Jede Sängerin und jeder Sänger kennt das Problem: Welches Mikro ist das Richtige für mich? Welches bringt meine Stimme am besten zur Geltung? Worauf muss ich achten? Deshalb haben wir für Euch neun gängige Livemikrofone von Shure, Sennheiser, Audix, t.bone und Beyerdynamic im Praxis-Check unter die Lupe genommen.
Dafür haben wir uns ein anderes Vorgehen als bei unserem üblichen Testformat überlegt: Diesmal geht es vor allem um Eindrücke und Erfahrungen aus erster Hand – im wahrsten Sinne des Wortes: Wie fühlt sich ein Mikro an? Wie fühlt sich der Sänger oder die Sängerin beim Singen? Zum Mittesten habe ich mir drei Stimmen eingeladen, die in anderen Musikrichtungen und Stimmlagen als ich zu Hause sind: Buket Koçatas, Alex Diogo und Ulita Knaus (Infos und Audiobeispiele auf der Seite “Tester und Audio”). Außerdem bei der Session dabei: Studiobesitzer Jan Rubach und unser Redakteur Felix Klostermann. Nach unserem Test habe ich noch mit dem erfahrenen Live-Soundmann Thorsten Seeliger (u.a. Nneka, Digitalism) gesprochen, so dass wir das Thema wirklich von allen Seiten beleuchten. Aus all den Eindrücken, Erfahrungen und Erlebnissen, sowie unserem Praxistest ist ein Ergebnis entstanden, das zum einen natürlich unseren subjektiven Eindruck widerspiegelt, zum anderen aber in Bezug auf die Testsieger ganz gut die Realität auf den Bühnen und in den Proberäumen abbildet.
Alle neun Mikrofone waren gleichzeitig mit dem Pult verkabelt, so dass ein direkter Vergleich im fliegenden Wechsel möglich war. Die EQs in den Kanalzügen waren neutral eingestellt, lediglich die Eingangspegel haben wir uns anzugleichen erlaubt. Wir probierten die Mikros dann erst einmal einzeln aus, ohne dass wir uns mit den anderen Anwesenden vor oder während dieser Tests ausgetauscht haben. Auch das eines der zu testenden Produkte kein dynamisches Mikrofon sondern ein Kondensatormikrofon war, haben wir vorher nicht verraten. Die Preise waren ebenfalls nicht bekannt. Das alles sollte dabei helfen, dass wir möglichst unvoreingenommen an den Test herangehen (so weit das überhaupt geht: Schließlich sind wir ja alle bereits an unser eigenes Mikro gewöhnt). Auch ich habe mich vor dieser Testreihe bewusst nicht im Internet über die ausgewählten Modelle informiert. Erst im Anschluss an unsere Einzeltests haben wir uns zusammen gesetzt, gemeinsam unsere aufgenommenen Stimmbeispiele angehört und die Eindrücke diskutiert. Bei der abschließenden Bewertung ging es uns dann nicht um technische Daten, sondern allein um das „Singgefühl“ jedes und jeder einzelnen. Erwartet also bitte keinen klassischen “Technik-Test”, sondern einen subjektiven “wie-fühlt-es-sich-an” Vergleich!
Grundsätzliches zu Mikrofonen – das müsst ihr beachten!
Richtcharakteristiken: Gesangsmikros für die Bühne gibt es mit drei verschiedenen Richtcharakteristiken: Niere, Superniere und Hyperniere. Stellt Euch das wie eine Taschenlampe vor. Eine Niere hat den breitesten Lichtkegel, klingt dadurch offen, nimmt aber auch am meisten Umgebungsschall mit auf. Bei der Superniere ist der Lichtkegel schon enger. Und eine Hyperniere nimmt am meisten Schall gerade von vorne auf und blendet die Umgebung am stärksten aus.
Dynamisches oder Kondensatormikrofon? Hauptunterschied ist, wie das Signal erzeugt wird: Beim Dynamischen Mikro wird es von einer Spule erzeugt, die an einer beweglichen Membran angebracht ist. Sie bewegt sich in einem Dauermagnetfeld, die erzeugte Spannung ist proportional zur Bewegungsgeschwindigkeit. Beim Kondensatormikro wird eine vor einer Metallplatte angebrachte hauchdünne und leitfähige Membran in Schwingung versetzt, wodurch sich der Abstand von Membran und Platte verändert. Dynamische Mikros sind robuster und werden deshalb gern im Livebereich eingesetzt. Kondensatormikros zeichnen ein feineres Klangbild auf, sind aber auch in der Regel empfindlicher in Bezug auf Rückkopplungen und Feuchtigkeit.
Handgeräusche und Körperschall: Meint das Maß der Nebengeräusche, die durch das Anfassen des Mikros oder des Mikrofonstatives entstehen können.
Pop- und S- Laute: Viele Fische schießen scharf und machen Peng: Wie stark überträgt ein Mikro unerwünschte Plosiv- und Zischlaute?
An- und Aus- Schalter: Viele Mikros gibt es in zwei Varianten, also mit oder ohne Schalter. Schalter sitzen meist an der falschen Stelle und das Mikro ist aus, wenn es eigentlich an sein soll. Sehen Soundleute nicht gern und möchten das lieber in ihrer Hand haben. Die kleinen Mute Schalter von Sendermikrofonen bewähren sich hier besser.
Die Testkandidaten unseres Praxis-Checks
Hier nun die angetesteten Mikrofone in der Reihenfolge ihrer Platzierung im Praxis-Check, wo es vor allem um die “subjektiven” Eindrücke unserer Sänger geht – nicht um die technischen Daten. Per Klick auf das Einzelmikro kommt ihr zu ausführlicheren Erläuterungen des Testeindrucks des jeweiligen Mikrofons. Im Anschluss an die Liste dann noch ein Fazit:
Für dich ausgesucht
Gesamtfazit
Die Preisschere unserer Testkandidaten geht mit Preisen von 39 € bis 610 € weit auseinander, aber die meisten Mikros kosten um die 200 €. Wer kein Budget hat, aber unbedingt ein eigenes Gesangsmikro haben möchte, wird vom t.bone abgeholt, und (um nicht ungerecht zu sein) so lange nicht mehr verlassen, bis es in die richtig teuren Kondensatormikrofon-Bereiche geht – das Shure KSM 9 muß sich kein Anfänger oder Anfängerin aufbürden. Mit allen mittelpreisigen Modellen können hervorragende Ergebnisse erzielt werden.
Egal was wir vier hier für ein Testergebnis vorgelegt haben: Die Symbiose Stimme + Mikrofon ist immer höchst individuell und sollte unbeeinflusst von Anschaffungspreis und Beliebtheit eines Mikros getestet werden. Wir können auch einen unbewussten Einfluss auf unsere Bewertung, durch die Gewöhnung an “unser” Mikro, nicht ausschließen: Zu Hause schmeckt es halt immer am besten. Das von UNS am schlechtesten bewertete Mikro könnte also leider genau das richtige für Dich sein – Überraschungen sind da garantiert! Deswegen haben wir auch keinem Mikro unter drei Sterne in der Gesamtwertung gegeben. Das beste und richtigste Mikro ist das, welches am besten zu Deiner Stimme und Deinem Gesangsstil passt. Seht diesen Bericht also bitte nicht als die Verkündung der absoluten Wahrheit, sondern als einen Richtungsweiser durch den Mikrofondschungel! Wer noch mehr wissen möchte, findet Am Ende des Artikels die Ergebnisse unserer Gesprächsrunde