Mit dem JP-08 aus der Boutique-Serie lässt Roland den 1981 veröffentlichten polyphonen Analogsynthesizer Jupiter-8 als virtuell-analoges Desktop-Modul aufleben. Wie die Geschwister JU-06 und JX-03 wurde der JP-08 auf Miniaturgröße geschrumpft und lässt sich mit dem optionalen Mini-Keyboard K-25m kombinieren. Die Emulation des analogen Vorbilds beruht auf der ACB-Technik („Analog Circuit Behavior“), die die Schaltungen auf Bauteilebene nachbildet. Mit 415 Euro ist der JP-08 etwas teurer als seine beiden Boutique-Geschwisterchen. Ist dieser Preis für eine Desktop-Miniatur des legendären Vintage-Synthesizers gerechtfertigt? Das zeigt euch dieser Test.
Der Sound des mittlerweile 35 Jahre alten Roland Jupiter-8 ist aus der Geschichte der Pop-, Rock- und Filmmusik nicht wegzudenken. Der einzigartige Klang konnte von keinem anderen Hardware-Synthesizer simuliert werden. Um auf dem Gebrauchtmarkt einen der nur 2000 gebauten Jupiter-8 zu ergattern, muss man deshalb nicht nur Glück haben, sondern auch ein dickes Portemonnaie besitzen, denn die Rarität wird sehr hochpreisig gehandelt. Außerdem sind die alten Bauteile mittlerweile in die Jahre gekommen und das bedeutet: Wartung. Die kann natürlich ebenfalls kostspielig sein. Mit Hilfe der ACB-Technologie, die unter anderem auch in der TR-8 und im TB-3 arbeitet, lässt Roland den Jupiter-8 nun in der eigenen Boutique Serie als geschrumpfte Hardware-Emulation mit halbierter Polyphonie auferstehen. Warum der JP-08 100 Euro teurer angeboten wird als die beiden anderen Modelle der Boutique Serie, erschließt sich mir nicht ganz. Ist es vielleicht der Kultfaktor?
Details
Gehäuse und Oberfläche
Beim Design orientiert sich der JP-08 ganz am großen Vorbild, bis auf ein paar Kleinigkeiten und natürlich die Größe der Hardware. Mit seinen Abmessungen von 30 x 12,8 x 4,5 Zentimetern wirkt der Desktop-Synthesizer auf den ersten Blick wie ein kleines Spielzeug. Die Frontplatte der Boutique Serie ist aus Metall, während der Rest der Ummantelung aus Kunststoff besteht. Die Haptik ist wie bei den beiden anderen Boutique-Synthies eher für kleine Finger gemacht. Mit den 21 Fadern, die einen Regelweg von lediglich 20 Millimetern aufweisen, sieben Drehreglern, die teilweise so nah beieinander liegen, dass man mit dem kleinen Finger dazwischen hängen bleibt, acht Wahlschaltern und 19 Tastern wurden die wichtigsten Bedienelemente des Vorgängermodells auf der Oberfläche nachgebildet.
Optional bietet Roland ein Keyboard mit 25 Minitasten an. Das K-25m besteht seitlich aus Metall und sonst aus Kunststoff. Es wird mit einem Flachbandkabel an der Unterseite des JP-08 angesteckt und dieser wird dann in die vorgegebene Haltevorrichtung geklemmt. Das sieht auf jeden Fall schick aus. Für die mobile Stromversorgung befindet sich an der Unterseite des JP-08 ein Batteriefach für vier AA Batterien oder Akkus und ein kleiner Lautsprecher mit 0,5 Watt Leistung. Mobilität pur!
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Bedienfeld
Die Bedienoberfläche bildet den Signalfluss von links nach rechts in zwei Reihen ab und besteht aus den folgenden Sektionen:
- LFO (Zuordnung erfolgt in den jeweiligen anderen Sektionen)
- VCO MOD (Pitch- und Pulsbreiten-Modulation der Oszillatoren)
- VCO-1 (Schwingungsformen: Sinus, Dreieck, Sägezahn, variable Pulsschwingung, Rechteck, Noise)
- VCO-2 (Schwingungsformen: Sinus, Sägezahn, variable Pulsschwingung; kann in einen Low-Frequency-Mode versetzt werden und zum ersten Oszillator gesynct werden)
- VCO Mixer
- Hochpassfilter ohne Resonanz
- Tiefpassfilter mit Resonanz, schaltbarer Flankensteilheit (12/24 dB) und Modulationseingängen
- VCA mit LFO-Eingang
- zwei ADSR Hüllkurven, wobei ENV1 in der Polarität invertiert werden kann
Darunter befinden sich die Patch-Auswahltasten für die im Gerät speicherbaren 64 Presets, die durch gehaltenes Drücken der rechts liegenden Optionstasten zusätzliche Funktionen zum Steuern des Synthies erfüllen. Unter anderem wird hierüber auch der eingebaute Sequencer gesteuert.
Als weitere Controller verfügt der JP-08 über zwei sehr präzise reagierende Touch Ribbon Controller. Der linke ist für Pitch Bend zuständig und kann auch Notenwerte erzeugen, falls kein Keyboard angeschlossen ist. Der rechte regelt die Modulation.
Unterschiede zum Jupiter-8
Im Vergleich zum Jupiter-8 schenkt Roland dem Nachbau einige neue Schwingungsformen in der Oszillator-Sektion. VCO1 erzeugt wahlweise Sinus, Dreieck, Sägezahn, variable Pulsschwingung, Rechteck oder Rauschen, während VCO2 mit Sinus, Sägezahn und Puls aufwartet und in einem Low-Frequency-Modus betrieben werden kann. VCO2 lässt sich zu VCO1 synchronisieren. Der Tonumfang beider Oszillatoren wurde von 16′ – 2′ beim Jupiter-8 auf 64′ – 2′ beim JP-08 erweitert. Die maximale Frequenz des LFO wurde ebenfalls erhöht. Eine weitere Neuheit ist das Delay. Damit bietet der JP-08 flexiblere Möglichkeiten zum Sounddesign als das Vorbild.
Über die Vierstimmigkeit tröstet das aber keineswegs hinweg. Der große Vorgänger trumpfte mit für die damalige Zeit gewaltigen acht Stimmen auf, die die Grundlage für die berühmten Flächen- und Streichersounds des Jupiter-8 bildeten. Beim JP-08 muss man sich mit mageren vier Stimmen begnügen. Ein Schelm, wer mutmaßt, dass Roland anscheinend mehrere Geräte verkaufen möchte, denn die neue Generation kann zur Verdoppelung der Stimmenzahl kaskadiert werden. Der einzigartige Arpeggiator des Vintage Synths fehlt beim JP-08 ebenfalls. Schade! Er wurde wie bei allen Roland Boutique Synths durch einen monophonen 16-Step Sequencer ersetzt.
Anschlüsse
Bei den auf der Rückseite des JP-08 befindlichen Anschlüssen hat ebenfalls die Miniaturisierung zugeschlagen. Neben einem kleinen Drehregler für die Hauptlautstärke und dem Power-Schalter findet man hier MIDI In und Out, je einen Stereo-Ein- und Ausgang und einen Kopfhöreranschluss. Alle Audioanschlüsse sind als 3,5mm-Stereo-Miniklinkenbuchsen ausgeführt, was professionellen Ansprüchen kaum genügen kann und in vielen Fällen Adapterkabel erforderlich macht. Zur Diebstahlsicherung gibt es eine Bohrung für ein Kensington Lock. Die Unterseite beherbergt das Batteriefach und den internen Lautsprecher, der verstummt, sobald ein Stecker in einen der Ausgänge gesteckt wird.
Matthias Wille sagt:
#1 - 19.09.2017 um 13:56 Uhr
Die Steuerung von Klangparametern per MIDI CC ist mittlerweile möglich. Schon kurz nach dem Erscheinen gab es ein Update. (Mir unverständlich, wie Roland das am Anfang weglassen konnte) Die Fader sind wirklich sehr klein, fühlen sich aber recht robust an und haben einen gesunden Widerstand. Ich bin mit der Kiste ganz zufrieden - konnte gleich am ersten Abend brauchbare Sounds programmieren und fand den Output recht inspirierend. Trotzdem: Größer wäre schon besser gewesen....