Im vierten Teil unserer Sound Tipps für Gitarristen widmen wir uns gleich zwei Musikstilen, in denen der unverzerrte Gitarrensound ganz klar dominiert. Außerdem sind hier Gitarrensoli eher seltener an der Tagesordnung als im Blues oder Rock, dafür wird gegroovt, bis der Arzt kommt. Messerscharfe Akkordlicks auf den hohen Saiten sind angesagt, für die man ein paar Grundzutaten braucht, die obendrauf mit den entsprechenden Gewürzen verfeinert werden.
Aber zuerst einmal soll es um die elementaren Dinge gehen, denn wie meinte schon Funkmeister George Clinton anno dazumal: “If you fake the funk your nose will grow!”…
EQUIPMENT
Gitarre
Der Funk-Gitarrist spielt sehr perkussiv und überwiegend auf den hohen Saiten, daher sollte die Gitarre eine direkte Ansprache und gerade bei Cleansounds ein gutes Durchsetzungsvermögen besitzen. Hier sind natürlich Fender-Style-Gitarren wie Telecaster und Stratocaster klar im Vorteil, denn der Esche- oder Erle-Korpus spricht schnell an und die Singlecoils erzeugen einen eher dünnen und drahtigen Ton, der sich in dem großen Bandkontext mit Bläsern und Keyboards optimal seinen Raum sucht. Gerade bei den älteren Soulbands wie der Motown Studio Band, den Funk Brothers oder auch bei den Gitarristen von James Brown hört man sehr häufig die Telecaster. Ab und zu, sozusagen als Ausgleich für den schneidigen Klang der Tele, ist aber auch eine Semi-Akustik wie zum Beispiel die ES-335 im Einsatz. Die Strat hingegen wurde in den 80ern gerne mit dem Zwischenpositions-Sound für die markanten Single Note Lines eingesetzt. Eine definitive Funk-Gitarre gibt es also nicht, erlaubt ist, was gefällt, Hauptsache, es groovt, aber das liegt meist am Gitarristen. Hier sind einige Helden aus Soul und Funk mit deren überwiegend eingesetzten Gitarrentypen:
• Jimmy Nolen (James Brown) – Telecaster, ES-175
• Prince – Auerswald Style Gitarren und Hohner Telecaster (!)
• Paul Jackson Jr. (Studio) – Stratocaster, Gibson ES 347 (Paul Jackson Jr. Signature)
• Rob Harris (Jamiroquai) – Stratocaster
• Nile Rodgers (Chic) – Tokai Stratocaster
• Steve Cropper (Blues Brothers, Stax Studio Band) – Telecaster
• John Frusciante (Red Hot Chili Peppers) – Stratocaster
• Curtis Mayfield – Stratocaster
• Leo Nocentelli (The Meters) – ES-335
• David Williams (Michael Jackson) – Ibanez Roadster (Strat Style
• Freddie Stone (Sly & The Family Stone) – Gibson L4
• Joe Messina (Motown Funk Brothers) – Telecaster, Gibson L5
• Robert White (Motown Funk Brothers) – Gibson ES-335, L5
• Eddie Willis (Motown Funk Brothers) – Gibson Firebird, ES-335
• Johnny Guitar Watson – ES-335
Verstärker
Beim Amp gibt es eine wichtige Ansage: Clean und laut muss er sein! Das trifft natürlich perfekt auf Fender-Amps zu, die deshalb in diesem Genre oder beispielsweise auch im Country extrem beliebt waren und sind, denn genau für diesen Sound sind sie konzipiert. Sie liefern den crispen Ton, der dem Klangideal der Funk-Gitarre entsprechend entgegenkommt. Natürlich ist das nicht die goldene Regel, es wurden auch Gitarristen mit AC30 gesehen und John Frusciante spielte bei den Chilis immer drei Marshall Fullstacks.
Für dich ausgesucht
Wichtig aber ist der knackige, etwas höhenbetonte Cleansound, der unter Umständen auch bei hartem Anschlag ganz leicht in die Übersteuerung gehen darf. Das Einstellen ist recht einfach, den Cleankanal anwählen (wenn ihr zwei oder mehr Kanäle am Amp habt), die Klangregelung in die mittlere Position bringen (12 Uhr) und das Gainpoti so weit aufdrehen, bis es bei hartem Anschlag ganz leicht zu zerren beginnt. So legen wir die Basis und können uns jetzt mit der Klangregelung beschäftigen, die ja bekanntermaßen bei jedem Amp etwas anders gestrickt ist. Hier hilft (wie so oft), genaues Hinhören.
Das Ganze wird in drei Stufen erledigt:
Bass
Klingen Licks auf den tiefen Saiten mulmig? Wenn ja, dann nehmt den Bassregler etwas zurück. Erfahrungsgemäß muss man diesen Regler auch nicht weiter als auf 12 Uhr stellen. Der Klang wird vielleicht etwas dünner sein, als ihr ihn gerne nach eigenem Empfinden einstellen würdet, aber bedenkt immer, dass ihr einen Bassisten in der Band habt, der auch bei dieser Musik einen ziemlich großen Raum einnimmt. Hier ist ein Beispiel für den schlanken Bassbereich.
Mitten
Zerrt es schon leicht bei kräftigem Anschlag von mehreren Saiten? Wenn ja, denn nehmt die Mitten etwas zurück. Falls es dann immer noch zerrt, müsst ihr mit dem Gainregler weiter runter. Die Center-Frequenz des Mittenreglers ist bei jedem Amp unterschiedlich angesiedelt, deshalb solltet ihr euch einfach anhören, was passiert, wenn der Mittenregler zurückgenommen oder aufgedreht wird. Der Sound darf nicht zu mächtig sein, wenn ihr Akkorde auf den inneren vier Saiten spielt (A, D, G, B). Hier ist ein Beispiel dazu:
Höhen & Presence
Ausgangsbasis ist die 12-Uhr-Position, und wenn Bass und Mitten schon justiert sind, könnt ihr mit den beiden Reglern für die hohen Frequenzen experimentieren. Dreht den Treble-Regler einmal auf 15 Uhr und hört euch das Ergebnis an, dann zurück auf 12 Uhr und Presence auf 15 Uhr. Hierfür gibt es kein Patentrezept, weil auch der Wirkungsgrad der Regler von Amp zu Amp unterschiedlich ist. Spielt zum Test einen Groove auf den hohen Saiten, der sollte crisp und klar ausfallen, ohne dass es in den Ohren klingelt.
Effekte
Mit dem eben eingestellten Cleansound könnt ihr auf jeden Fall 95% der Songs aus den 60ern von Motown bis James Brown spielen. Für die restlichen 5 % benötigt ihr noch ein Wah Wah Pedal. Und das war’s eigentlich schon; zur Sicherheit würde ich noch ein Overdrive-Pedal zur Funk-Jam mitnehmen, man weiß ja nie, ob doch mal ein Gitarrensolo angesagt ist. Dies wäre also die Grundausstattung für Soul & Funk:
Gitarre > Wah Wah > Overdrive > Amp
Wer etwas flexibler sein und auch einen etwas moderneren Sound anbieten möchte, der kann natürlich ein erweitertes Setup spielen:
Gitarre > Wah Wah > Touch Wah > Compressor > Overdrive (Distortion, Fuzz) > Phaser > Chorus > Amp
Was man mit den Effekten alles anstellen kann, erfahrt ihr als nächstes.
Compressor
In diesem Kapitel widmen wir uns der Feinkosmetik. Der Kompressor ist ein guter Gehilfe, um Ghostnotes (oder auch Deadnotes genannt) lauter zu machen. Beim Rhythmus-Spiel wird oft mit Ghostnotes gearbeitet, die Saiten werden abgedämpft und es entsteht ein perkussiver Klang ohne wirklich definierte Tonhöhe. Die Abwechslung zwischen Ghostnotes und Akkorden sollten einen durchgehenden Groove erzeugen. In der Regel sind aber die gegriffenen Akkorde lauter als die Ghostnotes, und hier hilft der Compressor. Der begrenzt nämlich den lauten Pegel der Akkorde und hebt den leisen Pegel der Ghostnotes an. Wenn ihr den Compressor einstellt, spielt vier Ghostnotes und danach vier einzelne Töne, dann mit Attack und Sustain experimentieren, bis die Ghostnotes fast so laut wie die Töne sind. Dann wird der Pegel des Compressors mit dem Level-Regler dem normalen Cleansound angepasst. Beim Boss CS-3 hatte ich folgende Einstellung für das nächste Beispiel.
Gitarre | Pedal | Level | Tone | Attack | Sustain |
---|---|---|---|---|---|
Tele | Boss CS-3 | 13 | 12 | 12,5 | 11 |
Hier hört ihr den Unterschied mit einer einzelnen Saite:
Und hier kommt das Ganze mit Akkorden, also mehreren Saiten, einmal ohne und dann mit Compressor:
Overdrive
Es muss nicht immer clean sein bei Soul & Funk, ein leicht angeschmutzter Sound kommt auch ganz gut. Die Amps in den 60er und 70er Jahren wurden vor allem auf der Bühne an ihre Belastungsgrenze gefahren und mitunter hört man bei Live-Aufnahmen einen etwas kratzigeren Ton, der dem Ganzen aber sehr gut steht und für den schmutzigen Charm bei der Gitarrenarbeit sorgt. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Gitarrensound von John Frusciante, den er auf der Bühne mit Marshall-Amps und einer Strat erzeugt. Der Ton klingt immer etwas rotzig und angezerrt, das Gegenteil des Ultra-Cleansound der 80er. Mit einem Overdrive-Pedal und sehr geringem Einsatz des Gain-Reglers ist dieser Dirty-Funksound recht einfach nachzubasteln. Hier ist mein Einstell-Vorschlag mit einem Boss Blues Driver. Ihr hört einmal das Riff ohne Overdrive und dann mit.
Gitarre | Pedal | Level | Tone | Gain |
---|---|---|---|---|
Strat | Boss BD-2 | 12 | 11 | 9,5 |
Wah Pedal
Das Wah-Pedal ist eigentlich der wichtigste Effekt für uns Gitarristen, mir fällt im Moment kein Musikstil ein, wo man ein Wah-Wah nicht einsetzen könnte. Besonders bei Funk-Grooves verleiht die klangliche Bewegung durch das Pedal dem Ganzen eine extreme Lebendigkeit. Hört euch mal Songs wie”Papa Was A Rolling Stone” von den Temptations oder “Theme From Shaft” von Isaac Hayes an. Ohne Wah Wah wären die Gitarrenlinien nur einen Bruchteil wert. Resümee: Ein Wah-Pedal ist Pflicht! Wer noch keins hat, kann sich ja mal den Testmarathon von Robby Mildenberger ansehen, dann wisst ihr, was für euch in Frage kommt. Bei den Standard Wah Wah’s gibt es keine großen Einstellmöglichkeiten – einschalten und lostreten. Damit kann man selbst aus einem einzelnen Ton einen abwechslungsreichen Groove erzeugen. Hier ist ein Beispiel dazu, zuerst ohne Wah-Pedal, dann mit.
Auch einmalig angeschlagene Akkorde können mit dem Wah Wah einen Rhythmus erhalten. Zuerst das pure Signal und dann mit Effekt.
Touch Wah/Envelope Filter
Das Spielen mit Wah Wah kann mit der Zeit ganz schön anstrengend werden, denn die Wah-Wah-Wade wird ziemlich belastet. Entspannende Abhilfe bietet hier zumindest ab und zu ein Touch-Wah oder Envelope-Filter. Bei diesen wird der Wah-Effekt durch die Stärke des Anschlags ausgelöst. Es klingt schon ein wenig anders als mit einem Wah Pedal, denn der Effekt reagiert sehr schnell und quakt dadurch extremer. Ein Klassiker ist das Q-Tron von Electro Harmonix, das ihr im nächsten Beispiel hört. Um die Ansprache auf die Dynamik und die daraus resultierende Klangveränderung zu demonstrieren, schlage ich zu Beginn nur ganz leicht und dann immer stärker an.
Gitarre | Pedal | Peak | Gain | Range | Mode |
---|---|---|---|---|---|
Tele | Electro Harmonix Q-Tron | 11,5 | 8 | Hi | Mix |
Phaser
Die Siebziger waren für die Modulationssounds zuständig und der Phaser ist das Pedal für den Funksound. Obwohl ich ein großer Freund der “Ein-Regler-Phaser” wie dem Small Stone oder Phase 90 bin, benutze ich für Funksounds gerne den PH-3 von Boss, weil der eher etwas dünner und drahtiger rüberkommt. Die anderen beiden klingen wärmer und einen Hauch dezenter, die setze ich lieber bei allen Facetten im Rockbereich ein. Der PH-3 ist “the green Funk unit”, und so klingt das Teil:
Gitarre | Rate | Depth | Res | Mode |
---|---|---|---|---|
Tele | 11 | 16 | 14 | 8-Stage |
Hier lässt sich eine ganze Menge einstellen, bei Mode wird der Phaser-Modus ausgewählt, der 8-Stage hat für meinen Geschmack den schmatzigsten Phasing-Sound für Funky-Grooves.
Chorus
In den 80er Jahren war der Gitarrensound extrem clean. Wo es in den Seventies eher dreckig mit Phaser, Wah Wah und auch mal mit einem Fuzz-Sound zur Sache ging, wurde der Gitarrensound bei den Produktionen aus den 80er Jahren eher hochglanzpoliert – ultraclean und sehr oft mit Chorus-Effekt angereichert. Die Singlenote-Lines der Studiogitarristen Paul Jackson Jr. oder David Williams haben einen sehr typisches Soundideal kreiert. Ein knackiger Cleansound, bei dem durch den Einsatz eines Compressors jeder Anschlagsattack sehr gut hörbar ist und eine Prise Chorus für die Breite. Bei meinem Beispiel ist ein MXR Dynacomp und ein TC SCF (in Mono) am Start.
Gitarre | Pedal | Output | Sensivity |
---|---|---|---|
Tele | MXR Dynacomp | 14,5 | 11 |
Pedal | Speed | Intensity | Mode | Width |
---|---|---|---|---|
TC SCF | 11 | 10 | Chorus | 10 |
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