Bob Taylor begann 1974 mit der Produktion von High-End Westerngitarren in Lemon Grove, Kalifornien, und schon nach wenigen Jahren hatte seine Firma die Platzhirsche Gibson und Martin auf dem amerikanischen Markt in diesem Segment eingeholt. Auch heute noch lebt die Marke Taylor Guitars vom Edel-Image der Gründerjahre und Taylor verarbeitet nach wie vor hochwertige Materialien und edle Hölzer. Das Ergebnis sind mit handwerklicher Präzision und innovativen und computergestützten Fertigungstechniken hergestellte professionelle Instrumente, die für Musiker wie Bruce Springsteen, David Gilmore, Leo Kottke, Lenny Kravitz, Ron Wood, Keith Richards u.v.a. allererste Wahl sind. Mit Vertrieben in über 60 Ländern gehört Taylor Guitars weltweit zu den führenden Gitarrenherstellern im Premiumsegment und erobert auch zunehmend Marktanteile im mittleren Preissegment.
Im Line-up befinden sich neben Western-, Konzert- und Halbresonanzgitarren neuerdings auch Reise- und Dreiviertelgitarren. Letztere hat uns neugierig gemacht. Jedenfalls ist unsere aktuelle Testkandidatin, die Baby Taylor 1 – salopp gesprochen – nicht von schlechten Eltern. Unser Baby kam in Tecate in Mexico zur Welt, wo Taylor eine Filiale unterhält.
Details
Resonanzkörper
Mit eckigen Schultern und einer breiten Taille hat der Resonanzkörper die Gestalt einer Dreadnought angenommen. Der Korpus wurde jedoch um rund 25 % verkleinert, so dass die Spannweite an der breitesten Stelle am Unterbug nur noch 31,7 cm (- 20 %) statt 39,7 cm (Original) beträgt. Überproportional musste unser Baby allerdings an der Zarge abspecken. Diese vermindert mit einer Tiefe von 8,7 cm am Knopf (- 30 %) statt 12,5 cm (Original) das Luftvolumen erheblich, was wiederum Auswirkungen auf das Klangvolumen hat.
Die kleine BT1 mit Stahlsaitenbespannung hat nahezu keine Konkurrenten, denn handelsübliche Dreiviertelgitarren für den Nachwuchs werden üblicherweise mit weichen, fingerfreundlichen Nylonsaiten bespannt. Nylonsaiten sollten aber grundsätzlich kein Alleinstellungsmerkmal beim Kauf einer Dreiviertelgitarre bilden, denn auch der Nachwuchs wird durch seine Vorbilder in Pop und Rock motiviert. Die BT1 gehört nicht zur Familie der Billigheimer, was schon der erste Blick bestätigt. Mit ausgewählten Hölzern wie Sitkafichte (Decke), Sapele-Schichtholz (Boden und Zargen) und Ebenholz (Hals) spielt die BT1 rein materiell betrachtet in der Oberliga der Dreiviertelgitarren.
Man kann die Gitarre aber auch mit anderen Augen sehen. Wenn es richtig eng wird, kann unsere Probandin auch ihre Summengröße in die Waagschale werfen, vor allem unterwegs, denn dann mutiert sie zur Reisegitarre. Aus diesem Grunde sollte auch der gestandene Musiker die kleine Westerngitarre ruhig einmal in Augenschein nehmen.
Die zweiteilige helle Sitkafichtendecke wurde makellos seidenmatt poliert, allerdings verlaufen die feingezeichneten Maserungen nicht immer schnurgerade. Die Decke sollte noch mit einem selbstklebenden Deckenschoner nachgerüstet werden, da Stahlsaiten in der Regel auch mit dem Plektrum bearbeitet werden. Etwas weniger Einfluss auf den Ton nehmen Boden und Zargen aus afrikanischem Sapele-Schichtholz, einer Pflanze, die zur Familie der Mahagonigewächse zählt. Das Material ähnelt daher hinsichtlich Farbe, Maserung, Dichte und Eigenschaften auch dem teuren amerikanischen Mahagoni. Ansonsten hat der Hersteller auf preistreibende Intarsien völlig verzichtet und unserem Baby lediglich eine schlichte Schalllochverzierung aus Holz geschenkt. Allerdings werden auch die Stoßkanten am Korpus nicht – wie üblich – durch ein Binding geschützt. Feines teures Ebenholz (Saitenhalter und Griffbrett) werten unsere BT1 jedenfalls erheblich auf. Die Saiten werden konventionell mit den Ball-Ends arretiert und dann über eine längenkompensierte Stegeinlage aus Nubone geführt. Dieser Kunststoff sieht nicht nur einem echten Knochen sehr ähnlich, sondern bringt auch ähnliche Eigenschaften mit. Inkonsistenzen, die den Klang an weicheren Stellen negativ beeinflussen könnten, soll es bei diesem Kunststoff nicht geben, da er mit gleichmäßiger Dichte verarbeitet wird.
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Hals, Griffbrett, Kopfplatte
Die Kopfplatte, ein spitzer Halsfuß und das eigentliche Halsstück bestehen – wie der Resonanzkörper – aus afrikanischem Sapele-Schichtholz. Diese drei Komponenten wurden ebenfalls maßstabsgerecht um ca. 25 % verkleinert. Der Hals mit ausgeprägtem C-Shaping ist korrekt seidenmatt versiegelt und entspricht mit einem Umfang von 11,2 cm am Sattel im Prinzip dem einer normal dimensionierten Westerngitarre (z.B. Jumbo 615) von Taylor. Auch der Sattel nimmt nicht an der allgemeinen Verzwergung des Halses teil und hält mit 4,3 cm die Norm für Westerngitarren. Mit diesen Größenverhältnissen müssten auch ausgewachsene Musiker klarkommen. Allerdings vermindern sich mit der Mensur (57, 8 cm statt 64 cm) auch die Bundbreiten auf dem Griffbrett und zwar auf ganzer Länge. Dort ist nur noch für 19 Bünde (statt 20) Platz. Den letzten Bund könnte man konstruktionsbedingt (ohne Cutaway) ohnehin nicht erreichen. Der gestandene Musiker muss sich aber nicht wirklich vor den schmalen Bünden in den unteren Lagen der BT1 fürchten, denn die sind nicht schmaler als die Bünde einer normal dimensionierten Westerngitarre in der oberen Mitte des Griffbretts.
Der Hals ohne Halsfuß (!) ist stabil mit dem Halsblock im Innenraum und das Griffbrett auf der Decke am Oberbug verleimt. Zusätzlich ist er mit zwei Kreuzschrauben, die man im 16ten Bund auf dem Griffbrett sieht, mit dem Halsblock verschraubt.
Interieur
Die Decke wurde standardgerecht mit zwei Hauptstreben unterbaut, die sich am Schallloch kreuzen. Die BT1 wirft nur 1310 Gramm in die Waagschale, und das nicht zuletzt auch deshalb, weil der Boden ohne Bodenbalken und Bodenmittelstreifen auskommen muss. Die beiden Bodenhälften sind lediglich mit Nut und Feder verbunden. Boden und Decke werden mit einem dünnen Holzstreifen (statt Reifchen) mit den beiden Zargen verbunden. Einen fragilen Eindruck macht die Konstruktion aber deshalb nicht. Immerhin hat sich der Hersteller getraut, die BT1 mit einem kräftigen Satz Elixir Phosphor Bronze Medium mit einer .012er E-Saite (plain) und einer .053er E-Saite (wound) zu bespannen. Aufgrund der kurzen Mensur (57,8 cm) ist die Saitenspannung aber nicht so hoch wie bei einer großen Westerngitarre mit Normalmensur (64 cm) mit der gleichen Bespannung.
Norbert Binder sagt:
#1 - 30.01.2017 um 13:02 Uhr
Ein Vergleich mit den Martin LX-Gitarren wäre interessant. Ich habe vor kurzem die LX Ed Sheeran 2 gehört und fand den Sound beeindruckend gut. Allerdings kostet die auch übers Doppelte.