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Roland TR-606 Drumatix Vintage Drum Machine

Die Roland TR-606 Drumatix aus dem Jahr 1982 verblasst im Schatten ihrer großen Schwester TR-808. Und dass sie zu einer Ikone der elektronischen Musik geworden wäre wie die 808, die 909 oder ihr Bassgeschwister TB-303, kann man von der 606 auch nicht direkt behaupten. Trotzdem ist sie keineswegs nur die günstige Alternative, wenn man sich keine 808 leisten kann. Mit ihrem Minimalismus hat sie ihren eigenen Charme. Klanglich hat die kleine Drum Machine schließlich die gleichen analogen Gene wie ihre große Schwester.

Roland TR-606 Drumatix Vintage Drum Machine
Roland TR-606 Drumatix Vintage Drum Machine. (Quelle: Bonedo)

In 2016 ist Roland das wiedererwachte Interesse an der TR-606 Drumatix nicht entgangen und hat die TR-8 noch um ihre Sounds erweitert. Wir nehmen das zum Anlass, das Vorbild aus den frühen Achtzigern zu entstauben und wieder einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Details

Roland TR-606 Drumatix – preiswerte Alternative?

Äußerlich erinnert die kompakte Roland TR-606 Drumatix keineswegs an die TR-808. Stattdessen zeigt sie in ihrem silbernen Gehäuse eine unverkennbare Ähnlichkeit mit der legendären TB-303 Bassline Synth. Tatsächlich erschienen beide Maschinen als Bausteine eines Systems, mit dem man sich als Musiker selbst begleiten können sollte: die 606 für die Drums und die 303 für den Bass. Per DIN-Sync konnte man die beiden synchronisieren und so ergaben sie eine rudimentäre Begleitautomatik. Heute würde man das allerdings Groovebox nennen. Den Siegeszug ihrer analogen Klänge als stilprägende Elemente von Hip Hop, House, Acid und Techno konnte damals natürlich noch niemand ahnen. Und bei der ursprünglich anvisierten Zielgruppe waren die beiden mit ihren wenig “authentischen” Sounds nur mäßig erfolgreich.

Erfolgreicher in der Zukunft

Das sollte sich schließlich ein paar Jahre später drastisch ändern. Schließlich ist die Roland TR-606 eine interessante Alternative für alle geworden, die analogen Roland-Sound suchen und nicht gleich ein paar Tausender für eine originale 808 übrighaben. Übrigens gab es später auch eine TR-626, die aber im Gegensatz zum Duo 707/727 kaum etwas mit der 606 gemeinsam hat. Sie ist eher eine um zusätzliche Sounds erweiterte TR-505 und arbeitet mit Samples. Nur wenige Jahre später, ab 2019, erscheinen industrielle Nachbauten klassischer Instrumentenlegenden. Sei es im Synthesizer- oder im Drumcomputer-Segment, welche die Suche nach teuren Originalen auf dem Gebrauchtmarkt überflüssig machen. So bietet beispielsweise Behringer im Jahr 2020 den Nachbau der TR-606 für nur 139 € an. Und selbst Roland bringt die TR-06 auf den Markt, allerdings mit virtuell-analoger Klangerzeugung für 333 €.

Roland TR-606 Drumatix Vintage Drum Machine
Fotostrecke: 2 Bilder Die Roland TR-606 erinnert optisch an den TB-303 Synthesizer.

Die Bedieoberfläche der Roland TR-606

Die Roland TR-606 Drumatix kann längst nicht so viel wie die TR-808 und hat auch weniger Knöpfe und Regler. Auf der dreiteiligen Oberfläche findet man oben sechs Regler für die Lautstärke der einzelnen Instrumentengruppen und den Akzent. Die Lautstärke ist aber auch das Einzige, was man ändern kann, ohne den Sound zu modifizieren. In der Mitte befinden sich noch einige grundlegende Einstellungen. Hier gibt es noch einen Regler für das Tempo und den von der TR-808 bekannten Wahlschalter zum Aussuchen der verschiedenen Sounds für die Programmierung. Daneben befindet sich der MODE-Schalter, mit dem man den grundsätzlichen Betriebsmodus wählt und der so oder ähnlich bei allen TR-Drum Machines zu finden ist. Bei der TR-606 hat er die vier Stellungen TRACK PLAY, TRACK WRITE, PATTERN PLAY und PATTERN WRITE, also jeweils Abspiel- und Programmiermodi für Patterns und Songs. Ganz rechts befindet sich dann noch der Lautstärkeregler.

Unterer Teil der Bedienoberfläche

Im unteren Bereich wartet schließlich das Heiligtum in Form eines vollwertigen TR-Sequenzers. 16 Step-Taster samt LEDs bilden das Herzstück der TR-606. Im PATTERN WRITE-Modus werden damit die Steps für das ausgewählte Instrument eingestellt. Der SCALE-Schiebeschalter bestimmt dann das Metrum, wobei zwei binäre und zwei ternäre Varianten zur Auswahl stehen. Im PATTERN PLAY-Modus und in den Track-Modi dienen die Step-Taster zur Auswahl von Patterns. Der daneben liegende Schalter PATTERN GROUP schaltet dann zwischen zwei Sets um, was insgesamt 32 speicherbare Patterns mit jeweils bis zu 16 Steps Länge ergibt. Links davon befindet sich noch der RUN/STOP Taster, rechts der TAP-Taster für das Einspielen in Echtzeit. Fehlt nur noch der FUNCTION-Taster, mit dem man je nach gewähltem Modus verschiedene Sonderfunktionen der anderen Taster erreicht, beispielsweise die Programmierung von Wiederholungen im Song-Modus.

Roland TR-606 Vintage Drum Machine: Bedienung
Fotostrecke: 2 Bilder Die Bedienung der TR-606 ist 808-like: Das Instrument wird per Drehschalter gewählt.

Anschlüsse Der Roland TR-606 Drumatix

Wer die Roland TR-606 Drumatix nicht mit Batterien betreiben möchte, findet auf der Rückseite der Rhythmusmaschine einen Anschluss für ein 9V-Netzteil. Daneben liegen ein Line- und ein Kopfhörerausgang (beides Klinkenbuchsen). Zwei Triggerausgänge (Miniklinke) werden von den beiden Tom-Spuren gespeist. Hier können zwei unabhängige Triggersequenzen programmiert und beispielsweise an die Gate-Eingänge eines analogen Synthesizers, Sequenzers oder Drumcomputers gesendet werden. Auf der anderen Seite befindet sich die DIN-Sync-Buchse, die mit dem daneben liegenden Schalter zwischen Ein- und Ausgang umgeschaltet werden kann. Somit kann die TR-606 entweder als Sync-Master oder als Sync-Slave arbeiten. Ganz am Rand befindet sich schließlich noch ein Fußschalteranschluss für Run/Stop. Einzelausgänge für die verschiedenen Sounds hat die TR-606 leider nicht. Da die einzelnen Signale aber an den Lautstärkepotis in unmittelbarer Nähe der Gehäuserückwand abgenommen werden können, kann man diese relativ einfach nachrüsten (lassen). Bei vielen Maschinen auf dem Gebrauchtmarkt wurde diese Modifikation bereits durchgeführt, so auch bei unserem Exemplar.

Fotostrecke: 2 Bilder Bei dieser TR-606 wurden Einzelausgu00e4nge nachgeru00fcstet (neben ein paar anderen Mods).

Praxis

Wie unterscheidet sich die Roland TR-606 von der TR-808?

Die Roland TR-606 bietet sieben analoge Drumsounds: Bassdrum, Snare, zwei Toms, Becken sowie offene und geschlossene Hi-Hat. Die Sounds haben grundsätzlich die gleiche Klangästhetik wie die der TR-808 und werden auf die gleiche Weise erzeugt. Mit analogen Oszillatoren und Rauschgeneratoren. Allerdings lassen sich die Sounds der 606 nicht ohne Hardware-Modifikationen verändern (nicht einmal stimmen. Dies ist neben den fehlenden Einzelausgängen eine weitere große Einschränkung gegenüber der 808. Am deutlichsten wird dies sicherlich bei der Bassdrum, die man bei der 808 zwischen einem tiefen, tonalen Boooom und einem prägnanten Tock ziemlich frei einstellen kann. Das ist bei der TR-606 leider nicht möglich.

Wie klingt die Roland TR-606?

Klanglich erweist sich das voreingestellte Kick Setting als musikalisch sinnvoll gewählter Mittelweg und funktioniert in vielen Beats gut. Den massiven Wumms der 808 erhält man hier allerdings nicht. Ähnlich verhält es sich mit der Snare. Die passt zwar gut zur Kick, ist aber vielen 606-Besitzern nicht “snappy” genug, weshalb sie gerne gemodded wird. Bei den beiden Toms fehlt ferner die Möglichkeit zum Stimmen. Aber auch sie klingen so, wie man es von einer analogen Roland-Maschine erwartet. Schade ist allerdings, dass die TR-606 keinen Clap-Sound bietet, und auch auf die berühmte Cowbell der 808 muss man leider verzichten. Ein programmierbarer und in der Lautstärke regelbarer Akzent ist der achte “Sound”. Wie bei vielen anderen analogen Drumcomputern hat er durchaus Einfluss auf den Klang der anderen Sounds. Eine Bassdrum mit Akzent klingt nicht nur lauter, sondern auch etwas anders als ohne.

Audiobeispiele Roland TR-606 Drumatix

Audio Samples
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Bassdrum (ohne / mit Akzent) Snare (ohne / mit Akzent) Toms (ohne / mit Akzent) Hi-Hat (ohne / mit Akzent, offen) Cymbal

TR-606 Modifikationen

Für alle Sounds der Roland TR-606 kursieren in der Szene diverse Mods, die vom Austausch oder Hinzufügen einzelner Widerstände oder Kondensatoren bis hin zu kompletten Schaltungshacks reichen. Beliebt sind zum Beispiel Modifikationen, die die Bassdrum fetter klingen lassen oder einen Tune-Regler hinzufügen. Auch für die anderen Sounds haben sich die Tüftler einiges einfallen lassen. Am weitesten gehen Erweiterungen, die in einem externen Gehäuse viele zusätzliche Regler zur Klangregelung unterbringen. Hier gehört die Variante von Analogue Solutions zu den bekanntesten:

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Mehr Informationen

Weitere Tipps zu 606-Mods findet ihr zum Beispiel hier, hier und hier.  

Patterns programmieren

Das Erstellen von Patterns funktioniert bei der Roland TR-606 wie bei den anderen TR-Maschinen. Man ruft den PATTERN WRITE-Modus auf, wählt das zu bearbeitende Pattern aus und löscht es gegebenenfalls. Dann sucht man sich mit dem Drehschalter das Instrument aus und kann mit den 16 Tastern die Steps setzen oder in Echtzeit mit dem TAP-Taster “eintrommeln”. Danach geht es weiter zum nächsten Instrument.

Audiobeispiele Roland TR-606 Drumatix

Audio Samples
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Roland TR-606 Loop 1 Roland TR-606 Loop 2 Roland TR-606 Loop 3
TR-Sequenzer
Der TR-Sequenzer hatte großen Einfluss auf die Art und Weise, wie heute elektronische Musik gemacht wird. (Quelle: Bonedo)

Pattern-Chaining mit der Roland TR-606

Die Roland TR-606 ermöglicht im PATTERN PLAY-Modus das spontane Verketten von Patterns, was zum Beispiel bei einer Live-Performance sehr inspirierend sein kann. Man drückt einfach zwei Pattern-Taster gleichzeitig und das Gerät durchläuft die so definierte “Strecke” in einer Endlosschleife. Leider ist man dabei auf Patterns innerhalb eines der vier Viererblocks 1-4, 5-8 und so fort beschränkt – man kann beispielsweise keine Chain von Pattern 2 bis 5 definieren.

Tracks bauen mit der TR-606

Der Song-Modus, hier TRACK genannt, ermöglicht es, in der Roland TR-606 Patterns zu einem Song zu verketten. Die Maschine kann insgesamt acht Spuren speichern, die im Track-Modus mit dem Instrumenten-Drehschalter ausgewählt werden. Die Tracks 1-7 können dabei jeweils bis zu 64 Takte enthalten und bis zu vier solcher Tracks können zu einer längeren Sequenz mit bis zu 256 Takten verkettet werden. Track 8 allein hat eine Kapazität von 256 Takten. Beim Programmieren von Songs kann dann man mithilfe der Segno– und D.S.-Marker zudem Wiederholungen einfügen, um Takte zu sparen.

Fazit

Die Roland TR-606 Drumatix ist keine TR-808, das steht fest. Die analoge Drum Machine folgt zwar derselben Klangästhetik wie ihre berühmte Schwester, ihr fehlen aber viele Dinge. Dazu gehören Einstellmöglichkeiten, aber auch Sounds und Features der 808 und klanglich ist sie bei weitem nicht so vielseitig.  Im Gegensatz dazu ist der Preis der TR-606 nur ein Bruchteil dessen der 808, obwohl echte Schnäppchen auch bei der TR-606 selten geworden sind. Beides kann man aber mit den vielen Modifikationen, die es mittlerweile gibt, zumindest teilweise mildern. Wenn man sich auf dem Gebrauchtmarkt nach einer TR-606 umsieht, sollte man sich unbedingt darüber informieren, wie stark die Maschine modifiziert wurde. Die vergleichsweise einfache Analogtechnik ist attraktiv für Bastler, aber leider sind auch schon einige 606-Modelle “verschlimmbessert” worden. Wenn man jedoch ein gut erhaltenes Exemplar ergattert hat, kann man sich glücklich schätzen, einen echten analogen Roland-Drumcomputer aus den frühen 80ern sein Eigen zu nennen.

Roland TR-606 Drumatix Vintage Drum Machine: Schrägansicht
Roland TR-606 Drumatix Vintage Drum Machine. (Quelle: Bonedo)

Pro

  • Analogsound
  • gleicher Sequencer-Workflow wie bei der 808
  • Akzent in der Stärke regelbar
  • relativ leicht modifizierbar
  • 2 Trigger-Outputs

Contra

  • nur 7 Sounds, kein Clap und keine Percussion
  • Sounds nicht veränderbar (ohne Modifikation)
  • keine Einzelausgänge (ohne Modifikation)

Features

  • Erscheinungsjahr: 1982
  • Klangerzeugung: analog
  • Polyphonie: 7 Sounds + Akzent
  • Sounds: Bassdrum, Snare, Hi-Hat offen und geschlossen, 2 Toms, Cymbal
  • Pattern-Speicherplätze: 32 Patterns zu je bis zu 16 Steps
  • Song-Modus: 8 Songs (Tracks 1-7 bis zu 64 Takte, Track 8 bis zu 256 Takte)
  • Anschlüsse: Line Out, Kopfhörer, Trigger Out 1/2, DIN Sync (Master oder Slave), DC 9V Netzteil
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26.01.2024
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