Das Roland System-100 ist ein analoger und semimodular aufgebauter Vintage Synthesizer mit einem festen internen Signalpfad, der durch Stecken von Patchkabeln überschrieben werden konnte. Der von der japanischen Roland Corporation hergestellte System-100 Synthesizer kam in 1975 auf den Markt und wurde bis 1979 hergestellt. Das nur der Fakten wegen vorne weg.
Eine nette Geste von Vince Clarke, seinem alten Kumpel Martyn Ware von Human League ein Roland System-100 zu schenken.
Vince Clark kann man schon zusprechen, dass er weiß, was er tut, wenn es sich um Synthesizer dreht. So hat er stilsicher eines der Schmuckstücke der Synthesizer-Geschichte für seinen Freund ausgesucht. Das Video-Special unter dem Titel Human League – Being Boiled & System-100 kann man hier anschauen. Nebenbei gewinnt man einen tiefen Eindruck, welche Rolle Synthesizer wie der Roland System-100 in der Vergangenheit gespielt haben.
Roland System-100: Aufbau des Synthesizers
Wer wie ich vom Englischen New Wave musikalisch geprägt wurde, wird beim ersten Anspielen eines Roland System-100 von einer bekannten Hitphrase in die nächste rutschen. Das System-100 „zwingt“ einen gerade dazu! Es ist schon erstaunlich, wie sehr das Instrument diese Musik beeinflusst hat, und wie wenig bekannt es dafür ist. Das gesamte Roland System-100 besteht aus fünf unterschiedlichen Komponenten: der Basis-Einheit mit Tastatur „Synthesizer 101“, dem „Expander 102“, dem „Mixer 103“, dem „Sequencer 104“ und dem Pärchen der „Monitor Speaker 109“. Jede Einheit ist für sich allein genommen funktionsfähig. Per Patchkabel kann man zudem in die Klangerzeugung eingreifen, um die einzelnen Module miteinander verknüpfen. So ist das Ganze mehr als die Summe der Teile. In dieser Folge werden wir uns um die beiden Synthesizer-Einheiten kümmern. In der Nächsten dann um die anderen Bauteile – und was man alles Schönes mit dem Roland System-100 anstellen kann.
Details & Praxis
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Roland System-100: Oszillatoren
Die beiden Synthesizer-Einheiten Model-101 und Model-102 des Roland System-100 verfügen jeweils über einen Oszillator mit Dreieck, Sägezahn, symmetrischem Rechteck und variabler Pulswelle. Damals normal, aber in der digitalen Welt von heute ungewöhnlich: die Oszillatoren haben keine Oktav-Wahlschalter, sondern lassen sich kontinuierlich über fast den gesamten Hörbereich durchstimmen. Das klingt zunächst unpraktisch, ist aber, dank des im Model-101 eingebauten Stimmton-Oszillators und der guten Regler, sogar live kein Problem. Auch wenn jede Komponente des Roland System-100 für sich einsetzbar ist, lohnt es sich, beide Synthesizer-Komponenten zu haben: Denn das Model-101 kann den Oszillator des 102 mit Hard- oder Soft-Sync zum Sägen bringen. Und dort, wo das Model-101 einen Rauschgenerator hat, glänzt das Model-102 mit einem Ringmodulator. Zudem öffnen sich im Verbund so noch mehr klangliche Möglichkeiten.
Filtersektion und VCA des Roland System-100
Beide Klangerzeugungseinheiten des Roland System-100 verfügen über je ein 24dB/Oct Tiefpassfilter und ein nicht modulierbares 6dB/Oct Hochpassfilter. Das Filter klingt wunderschön, rund und satt. Und das ist auch kein Wunder, denn es ist technisch eher mit einem Moog-Filter oder der TB-303 verwandt, als mit den typischen 4-Pol Filtern der späteren Roland Modulsysteme oder der SH-Serie. Mit voll aufgedrehter Resonanz erzeugt das VCF einen wunderbar klaren Sinus, dabei verliert der Gesamtsound dank einer eingebauten Pegelanpassung nicht an Druck. Der VCA kann zudem flexibel von LFO, Hüllkurve und Dauerpegel gesteuert werden.
Roland System-100: Hüllkurven & Modulationen
Beide Einheiten verfügen über je einen LFO und eine ADSR-Hüllkurve. Die maximalen Hüllkurven-Zeiten sind für den heutigen Geschmack etwas lang, mit den kürzesten Zeiten zeigt das Roland System-100 allerdings noch so manchem modernen Synthesizer, was eine Harke ist. Das Model-101 hat zudem eine „Autoglide“-Funktion – eine simple fest eingestellte Decay-Hüllkurve, mit welcher der VCO an jede neu angeschlagene Note von unten herangleitet. Ein ganz besonderes Schmuckstück ist die Sample & Hold-Sektion des Model-102. Ein eigener Clock-Generator pickt aus den Kurvenformen des LFOs oder aus einem externen Signal Kontrollspannungswerte heraus. Der erzeugten Spannungs-Abfolge kann man mit dem „Lag“-Regler ein Portamento hinzufügen. Einziges Manko: man kann den Sample & Hold-Takt nicht von außen triggern. Ein eigenes Portamento gibt es übrigens auch für die Keyboard-Spannung.
Roland System-100: Model-103 Mischermodul
Der Mischer Model-103 des Roland System-100 kommt in einem für heutige Verhältnisse sehr großen Gehäuse daher. Er bietet vier Mono-Eingänge für Mikrofon- oder Line-Signale (letzere high- oder low-schaltbar). Pro Kanal gibt es einen Effektsend-Regler, der jeweils zwischen dem internen Federhall und einem externen Effekt umschaltet. Das Signal kann über ein Panpot nach links oder rechts verteilt werden. Sowohl der Federhall als auch der externe Effekt verfügen über einen Return-Pegelregler, der externe Effekt noch über ein Panpot. Schließlich gibt es noch einen Summenregler, einen Regler für die Monitorlautstärke und zwei sehr cool hintergrundbeleuchtete Zeigerinstrumente für die Aussteuerung des Stereobusses. Der Mixer klingt nicht völlig neutral, sondern wärmt die Signale angenehm. Ich habe ihn nicht durchgemessen, aber vermutlich nimmt er es mit der Linearität oberhalb von 10kHz nicht so genau. Die wahre Geheimwaffe dieses kleinen Mischers ist aber der Federhall.
Besonderheit: Federhall des Roland Space Echo
Der Federhall ist schlicht eine Wucht. Man kennt ihn bereits aus dem Roland Space Echo, doch im Roland System-100 Mischer kann man ihn toll anfahren. Auch wenn er manchmal leicht brummt – er macht Legato-Sounds wunderbar sahnig und perkussive Klänge erhalten ein wohlig-altmodisches Flair. Ein zweiter Pluspunkt ist der eingebaute Verstärker. Das ist nicht nur irgendein Kopfhörerverstärker: Dieser hier ist laut – und zwar richtig LAUT. Zu Hause kann man damit die Nachbarn ärgern und ganz nebenbei kann man den Verstärker zur Aufbereitung von Mikrosignalen missbrauchen. Um sie dann im Ringmodulator durch die Mangel zu drehen, oder damit die Filterfrequenz zu steuern. Vergleicht man das Model-103 mit einem der üblichen Verdächtigen Mixer à la Yamaha MX oder Behringer Xenyx, so erhält man dort deutlich mehr Features auf weniger Platz und vermutlich auch für deutlich weniger Geld (dazu später). Ich gestehe, der warme Sound des System-100 Mischers hat’s mir angetan!
Roland System-100: Model-109, die Lautsprecher
Hier muss ich kurz auch die Lautsprecher Model-109 im Roland System-100 erwähnen. Es sind zwar nur einfache 8“ Lautsprecher in einem vergleichsweise kleinen Gehäuse, klanglich sind sie jedoch das mechanische Pendant zum Mixer. Der Frequenzgang ist sicher nicht der beste, aber was rauskommt, klingt rund, kraftvoll und gefällt. Die Lautsprecher waren übrigens in Europa offiziell nicht einzeln erhältlich und werden auch heute de facto nie gesondert angeboten. Extrem selten ist übrigens auch ein spezielles Tischgestell, das exklusiv für das Roland System-100 gebaut wurde.
Roland System-100: Model-104 Sequenzer
Einen nicht unbedeutenden Anteil am Ruhm des Roland System-100 hat der Sequencer Model-104. Peter Forrest nennt ihn in seinem „A-Z of Analogue Synthesizers“ nicht zu Unrecht das Juwel in der Krone. Betrachtet man ihn oberflächlich, so scheint er eher simpel strukturiert: zwei Reihen aus 12 Reglern werden entweder parallel oder nacheinander durchlaufen. Man kann die maximale Anzahl der Schritte einstellen, das Tempo und die Gate-Länge. Und natürlich gibt es Taster für Start, Stop, Continue und für Einzelschritte. Man vermisst sogar die sonst mittlerweile üblichen Gate-Schalter pro Schritt nicht. Wenn man aber genauer hinsieht, wird klar, was den englischen Synth-Guru begeistert. Die Zahl der Schritte kann jeden beliebigen Wert zwischen 1 und 24 annehmen und jede Funktion, außer der Gate-Länge, kann man per Spannung oder Trigger kontrollieren.
Vielseitige Funktionen im Model-104 Sequenzer
Den ausgegebenen Bereich der Regler wiederum kann man zwischen 2,5 Volt, 5 Volt und 10 Volt umschalten. Nimmt man die 10 Volt und setzt die Regler entweder auf Maximum oder Minimum, dann hat man die zuvor vermisste Gate-Zuschaltung pro Schritt. Regelt man dann dieses Quasi-Gatesignal auf unterschiedliche Level, dann reagieren die Hüllkurven plötzlich dynamisch darauf. Allerdings nur noch als AR-Hüllkurve. Die Decay/Sustain-Schaltung des Sequenzers im Roland System-100 kann allerdings nichts mit der schwächeren Gate anfangen (siehe unten). Gibt man den Keyboard-Trigger auf den Einzelschritteingang und steuert mit der so abgespielten Sequenz das Filter an, dann erhält man eine programmierbare, aber nach Sample und Hold klingende Filterbewegung.
Der Model-104-Sequenzer macht viel Spaß!
Steuert man mit einer der beiden Regler-Reihen die Geschwindigkeit des Model-104 Sequenzers, kann man unterschiedliche Notenlängen einstellen. Martyn Ware von „Human League“ verwendet dies übrigens für die Beatprogrammierung von „Beeing Boiled“. Ziemlich klasse sind dabei die sogenannten „Ratchet-Sounds“, die so klingen wie eine Kugel, die – auf den Boden fallen gelassen – immer kleinere, aber schneller werdende Sprünge macht. Komplexe Hüllkurve gefällig? Sequenzer auf „One-Time“ stellen, Temporegler hochdrehen, Keyboard-Trigger in den Start-Eingang geben, fertig. Programmierbarer Quasi-Random gesucht? Gleiche Einstellung, aber Sequenzer auf „Repeat“ setzen, den Start über einen frei laufenden LFO triggern … Dieser Sequenzer ist der Hammer!
Wie klingt der Roland System-100 Modularsynthesizer?
Um sich einen Höreindruck vom System-100 machen zu können, habe ich ein paar Audiobeispiele angefertigt und aufgeschrieben, WIE ich sie erzeugt habe.
Klangbeispiele zum Sequencer-/Filtersequencing
Einstellungen am Roland System-100: Links Synthesizer 101, VCO auf Sägezahn und VCF mit mehr Resonanz gewählt. Rechts Expander 102, VCO auf Rechteck, VCF mit weniger Resonanz. Die VCF-Cutoff-Frequenz wird jeweils von einer der beiden Sequenzer-Reihen des Model-104 gesteuert. Der Trigger für die VCA-Envelopes kommt vom Sequenzer, die Tonhöhe spiele ich von Hand auf der Klaviatur.
Roland System-100: Left VCO Seq – Right VCF Seq
Einstellungen am Roland System-100: Zuerst links Synthesizer 101, VCO auf Sägezahn, VCF wird vom Sequencer moduliert. Später rechts Expander 102, VCO auf modulierte Pulswelle, VCO-Tonhöhe moduliert der Sequenzer (klassischer Einsatz). Trigger für die VCA-Envelopes kommt vom Sequenzer, die spiele ich von Hand auf der Klaviatur. Sequenzer auf 4 Schritte eingestellt. Zuerst links ein Durchgang ohne Sequenzer-Modulation. Im zweiten Durchgang wird der Regler des dritten Sequenzschritts aufgedreht, was als Off-Betonung hörbar ist. Im dritten Durchgang wird der Regler des ersten Sequenzschritts dazu aufgedreht, und dann auf einen geringeren Wert als beim Off-Beat gesetzt. Das Ganze ergibt eine Sechzehntel-Sequenz mit Achtel-Feeling und Off-Betonung. So wie sie Giorgio Moroder gerne eingesetzt hat. Nach einem Cut kommt rechts eine „normale“ Tonhöhensequenz dazu, die einfach den Grundton, Oktave, Quint, Grundton spielt.
Ratchets mit dem Roland System-100
Einstellungen am Roland System-100: Der Sequenzer ist auf 24 Schritte und One-Time gestellt. Die Werte der einzelnen Schritte steigen von 1 bis 24 kontinuierlich an. Mit der erzeugten Spannung wird die Geschwindigkeit des Sequenzers selbst gesteuert. Der Sound selber wurde mit Ringmodulator erzeugt, mit beiden VCOs auf Dreieck, den abfallenden Envelope moduliert der Filtercutoff. Im ersten Durchgang ohne VCO-Modulation. Beim zweiten Durchgang wird der VCO1 vom gleichen Envelope moduliert, der den Filter steuert. Im dritten Durchgang wird zusätzlich der VCO2 aus dem Sequenzer ansteigend moduliert.
Roland System-100: Sequenced Envelope
Einstellungen am Roland System-100: Sequenzer läuft auf 12 Schritte parallel im One-Time-Modus. Das Gate des Keyboards triggert den Starttaster des Sequenzers. Sequenz A ist als an- und wieder absteigende Linie eingestellt. In der ersten Hälfte kontrolliert Sequenz A die Cutoff Frequenz des Modul 101. In der ersten Hälfte kontrolliert Sequenz B die Cutoff Frequenz des Modul-102. Bei Sequenz B wurden die Knöpfe auf zufällige Positionen gedreht.
Klangbeispiele zum Mischer Model-103
Alle Track-Beispiele sind durch den Mixer Model-103 aufgenommen. Bis auf den Bass verwenden alle Spuren den Federhall. Alles kommt aus dem Roland System-100. Zusätzlich habe ich in Logic nur ein Delay eingesetzt, sowie einen Limiter in der Summe, um der unverschämten Dynamik des alten Synthesizers Herr zu werden. Hier zunächst der Gesamtmix, im Folgenden dann die Einzelspuren.
Mischer Model-103: Bass
Einstellungen am Roland System-100: Synthesizer 101, VCO auf Sägezahn. Expander 102, VCO auf modulierte Pulswelle, Pulswellen-Modulation durch den Envelope.
Mischer Model-103: Drums
Die Drums aus dem Roland System-100 wurden mit dem Sequenzer 104 und S&H-Modul gesteuert. Der Sequenzer erzeugt mit Sequenz A die Gates für Bass und Snare. Bass und Snare sind mit rosa Rauschen im stark resonierenden Filter erzeugt, dessen Tonhöhe zum einen von Sequenz B gesteuert wird. Obendrein generiert das Filter durch einen extrem kurzen Envelope noch einen Zacken an den Notenanfang. Im dritten Takt kommt der Feder-Hall hinzu. Den Grundklang des Hihats erzeugen zwei VCOs durch den Ringmodulator und ein wenig Rauschen. VCO2 wird durch eine Zufallsreihe aus dem S&H-Bereich gesteuert. Die Clock des S&H steuert wiederum das Tempo der Sequenz für Bassdrum und Snaredrum.
Mischer Model-103: Percussion
Einstellungen am Roland System-100: Der Tom-Anteil ist ein Envelope-modulierter VCO mit Dreieck. Das pfeifende Rauschen ist im Prinzip der gleiche Sound wie die Snare der Drum-Spur mit leicht verändertem Envelope. Das Ganze wurde manuell gespielt, die Tonhöhe des VCOs und Filters werden vom Keyboard kontrolliert.
Mischer Model-103: Melodie
Einfacher Leadsound vom Roland System-100 mit beiden VCOs auf Rechteck.
Mischer Model-103: Strings
Stringsound nach dem Polymoog-Prinzip. Einstellungen am Roland System-100: links Synthesizer 101 mit VCO auf Sägezahn mit Vibrato. Rechts Expander 102 mit dem VCO auf Pulswellenmodulation. Der LFO mit leicht anderer Geschwindigkeit moduliert Pulsweite und Vibrato.
Lust auf das Roland System-100?
Wenn einen nun beim Lesen die Begeisterung für das Roland System-100 gepackt hat, dann muss ich selbige leider noch mit zwei Einwänden dämpfen. Zunächst ist es gar nicht so leicht, ein System-100 zu kaufen. Komplette Systeme werden weltweit vielleicht drei- oder viermal im Jahr angeboten. Am ehesten bekommt man sie noch von japanischen Händlern in einem allseits bekannten Internetauktionshaus. Und wenn man dann mal ein Angebot findet, dann muss der Synthesizerfreund sehr tief in den Sparstrumpf greifen. Die einzelnen Module schlagen mit ca. 1.200 Euro für die Klangerzeuger, 600 Euro (und mehr) für den Sequenzer und 450 Euro für den Mischer zu Buche. Die Klangerzeuger dürfen das kosten, denn sie klingen wirklich gut. Der Sequenzer mag bei Nutzung aller Features diesen Preis rechtfertigen. Wer aber nur Achtel-Sequenzen synchron zum 909er Downbeat laufen lassen will, der sollte sein Geld stecken lassen.
Zwischengedanken zur Technik des Roland System-100
Model-101 und Model-102 sind für sich genommen klanglich sehr präsent und solide klingende Synthesizer. Das Model-101 allein bietet zwar keine besonders aufregenden Austattungsmerkmale, aber allein der Druck des VCO-Klangs verweist ähnlich einfach aufgebaute Synthesizer auf die Plätze. Ob romantische Klingelglöckchen, feiste Sequenzen oder atonale Dampfhammersounds: Im Verbund mit dem Expander 102 kann das System einen mächtigen und trotzdem differenzierten Klang an den Tag legen, der nur von sehr wenigen anderen Synthesizern geboten wird. Das wussten auch die Helden des New Wave zu schätzen. Seine Mächtigkeit zeigt der Sequencer 104 jedoch nur im Standalone-Betrieb. Soll er synchronisiert laufen, dann fallen die vielen Tricks der sequenzierten Tempokontrolle weg. Beim Mischer 103 lässt sich der derzeitige Gebrauchtpreis nur noch über die Sammler-Leidenschaft rechtfertigen. Technisch ist er diesen Preis – bei aller Liebe zum Klang – nicht wert.
Teurer Spaß, das Roland System-100
Wem die Summe von circa 3500 Euro hoch erscheint, der bereite sich emotional einmal auf den Preis für ein komplettes System-100 vor, denn dafür sind derzeit mindestens 5000 Euro hinzulegen! Und sollte man final die finanzielle Hürde genommen haben, ist es auch nicht immer entspannend, das gute Stück zu besitzen. Denn jetzt heißt es sorgfältig alle Potis und Schalter im Gerät zu reinigen – oder alles vom Fachmann überarbeiten zu lassen. Später bemerkt man, dass es gar nicht so einfach ist, das System-100 von außen anzusteuern. Die CV-Eingänge bereiten keine Schwierigkeiten, aber die meisten üblichen Gate-Signale können mit ihren Maximalwerten von 0/+10 Volt die Hüllkurven des System-100 nicht zufriedenstellen. Intern arbeitet das System mit Gate-Signalen von -/+ 14 Volt; das schafft kaum ein modernes Gerät. Ich verwende einen CSQ-100-Sequencer als „Adapter“, der sich eingangsseitig mit meinem MIDI/CV-Interface verträgt und zudem ausgangsseitig das Roland System-100 anzusteuern. Alles nicht so einfach.
Fazit
Was bleibt uns also zum Schluss? Es gibt kaum einen rationalen Grund, sich ein System-100 zu kaufen. Natürlich klingt das System-100 toll, aber viele moderne analoge oder virtuelle Synthesizer bieten mittlerweile vergleichbare Ausstattungen. Und sie klingen auch nicht schlecht. Die Gebrauchtmarktpreise sind offen gestanden jenseits von Gut und Böse, aber das rührt ein Roland System-100 alles nicht an. Es steht als nobel zurückhaltendes Möbelstück zwischen all diesen Knöpfchenkisten und weiß um seine innere Größe – und die kann jeden Euro wert sein.
Pro
- Sehr guter Grundsound der einzelnen Module
- Als Gesamtsystem mächtig
- Mechanische Qualität hochwertig
- Expander Model-102: Ausgefeilte Sample&Hold Sektion
- Patchmöglichkeiten
- Mixer Model-103: Warmer Klang
- Geringe Verzerrungen
- Großartiger Federhall
- Sequencer Model-104: einzigartige Möglichkeiten
- Bis zu 24 Steps
- Selbststeuerung der Schrittlänge durch die Sequenz
Contra
- Kein Oktavschalter am Keyboard
- Doppeltrigger bei der Tastatur
- Kein MIDI
- Mixer Model-103: Effektreturn nur Mono
- Keine Klangregelung
- Sequenzer Model-104: Externe Synchronisation nur schwer realisierbar
- Sauberes Tuning ist schwierig
Wellenstrom sagt:
#1 - 09.02.2023 um 21:49 Uhr
Wichtiger Synth in der Musikgeschichte. Klingt zeitlos gut. Ist im Museum aber anno 2023 besser aufgehoben - Nostalgie hin, Nostalgie her.
ToRo sagt:
#2 - 09.12.2024 um 17:11 Uhr
Toller Testbericht, fundiert und mit aussagekräftigen Klangbeispielen.
ToRo sagt:
#3 - 09.12.2024 um 17:11 Uhr
Toller Testbericht, fundiert und mit aussagekräftigen Klangbeispielen.