Es gibt kaum etwas, was ich meinen Schlagzeug-Schülern so ans Herz lege, wie den Rat, sich selbst aufzunehmen. Dabei ist der Stand der Fähigkeiten eigentlich fast egal: Jeder profitiert von der Erkenntnis, sich auf den Recordings selbst Drums spielen zu hören, auch wenn es sich zunächst vielleicht etwas seltsam anfühlt.
Erkenntnisse über das eigene Schlagzeugspiel sind aber noch längst nicht der einzige Vorteil des Home-Recordings. Denn wer den Schritt vom Handy zu Mikrofonen, einem Interface und einem Computer wagt, bekommt die Kontrolle über den eigenen Sound. Und sogar eure ganze Band wird irgendwann von euren Erfahrungen profitieren. In dieser ersten Basics-Kurs-Folge zeige ich euch zunächst ganz grundlegend, was ihr braucht, um eine Mehrkanalaufnahme eures Schlagzeuges zu erstellen.
Welches Equipment ist nötig?
Harddisc-Recording: Drums aufnehmen mit dem Computer
Heute ist der Computer meist das Aufnahmemedium der Wahl. Harddisc-Recording ist dafür der Fachbegriff. So kann, entsprechende Programme, Mikrofone und Interface vorausgesetzt, selbst ein älterer Discounter-Rechner zum Highend-Aufnahmesystem mutieren. Die Wahrscheinlichkeit ist also ziemlich hoch, dass euer normaler Rechner bereits zum Aufnehmen reicht, denn dafür bedarf es gar nicht neuester Technologie, im Gegenteil: Die meisten halbwegs aktuellen Rechner sollten problemlos in der Lage sein, ein Drumset mehrspurig aufzunehmen. Bevor ihr also in einen nagelneuen, superschnellen Computer investiert, solltet ihr zunächst ausprobieren, was euer bereits vorhandenes System kann.
Laptop oder Desktop-Rechner für das Recording?
Wenn ihr sowieso gerade auf der Suche nach einem neuen PC oder Mac seid, fragt ihr euch vielleicht, welches Format am besten für Audio-Aufnahmen geeignet sein mag. Auch hier gibt es keine klare Empfehlung, es hängt davon ab, wie ihr den Computer insgesamt zu nutzen gedenkt. Steht euer Schlagzeug dort, wo ihr euch auch sonst aufhaltet, spricht nichts gegen eine Desktop-Lösung. Befindet sich euer Proberaum jedoch außerhalb eurer vier Wände, bietet sich ein Laptop an, insbesondere dann, wenn ihr die Aufnahmen vielleicht zu Hause in Ruhe anhören und bearbeiten möchtet.
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Welches Audio-Aufnahmeprogramm (DAW)?
Programme, mit denen sich Musik aufnehmen und bearbeiten läßt, werden auch Digital Audio Workstation (DAW) genannt. Hier gibt es eine große Auswahl an Möglichkeiten, gleichzeitig ähneln sich die Produkte in ihrer Funktionsweise und Bedienung oft stark. Das liegt daran, daß sie fast alle ein “echtes” Studio imitieren, welches aus Mischpult, Aufnahmemedium und Geräten zur klanglichen Weiterverarbeitung besteht. Die gängigsten Programme heißen Steinberg Cubase, Apple Logic (nur für Mac), Cockos Reaper, Presonus Studio One, Image Line FL Studio, Avid ProTools, MotU Digital Performer und Ableton Live. Aber mit welcher DAW seid ihr am besten bedient? Grundsätzlich gilt die Antwort: jene, an die ihr euch gewöhnt habt und mit der ihr gut arbeiten könnt. Das gilt also für alle, trotzdem solltet ihr ein paar Dinge bedenken. Gerade als Einsteiger nutzt man vom oft enormem Funktionsumfang nur einen kleinen Prozentsatz. Lasst euch also nicht von der Anzahl der enthaltenen Plug-Ins (Zusatzprogramme) oder einer besonders attraktiven Bedienoberfläche blenden, sondern hört euch lieber im Kollegenkreis mal um, welche DAWs dort so benutzt werden. Im Problemfall hättet ihr dann nämlich direkt jemanden in der Nähe, der euch helfen kann. Wenn ihr zunächst kein Geld ausgeben möchtet, könnt ihr auch die bei Interfaces oft mitgelieferten “Light”-Versionen der bekannten DAWs benutzen. Diese haben einen begrenzten Funktionsumfang, der aber am Anfang völlig ausreicht.
Welches Audio-Interface ist für die Schlagzeugaufnahme geeignet?
Um eure Mikrofonsignale in den Rechner zu bekommen, braucht es ein Gerät, welches aus den (analogen) Signalen der Mikros (digitale) Nullen und Einsen macht und diese über eine Schnittstelle wie USB zum Computer transportiert. Dieses Gerät wird Audio-Interface genannt und besitzt zusätzlich die Fähigkeit, auch in die entgegen gesetzte Richtung zu arbeiten, also digitale Informationen analog so zurück zu verwandeln, dass wir sie per Kopfhörer oder Lautsprecher hören können. Bei der Wahl der Kanäle solltet ihr als Schlagzeuger nur bei großer Geldknappheit auf Modelle mit weniger als acht Mikrofonvorverstärkern zurückgreifen. Denn wenn sich – was nicht unwahrscheinlich ist – erstmal der Spaß am Experimentieren eingestellt hat, werdet ihr euch ärgern, wenn mit eurem vier- oder gar nur zweikanaligen Interface nicht einmal ein mitspielender Gitarrist aufgenommen werden kann, ohne auf Snare- oder Bassdrum-Mikro verzichten zu müssen, von aufwendigeren Drumset-Mikrofonierungen ganz zu schweigen. Wichtig: Die oft werbewirksam verkündete Anzahl der insgesamt verfügbaren Kanäle am Interface ist für uns Trommler irrelevant. Aufschluß darüber, wieviele Mikrofone wir gleichzeitig anschließen und aufnehmen können, liefert die Anzahl der XLR-Buchsen am Gerät. Diese befinden sich manchmal vorne, manchmal sind sie aber auch zwischen Vorder- und Rückseite des Interfaces aufgeteilt. Werdet ihr also aus Beschreibungen nicht schlau, seht euch die Geräte an.
Kaufberatung: Einsteiger-Audiointerfaces
Welcher Anschluss: USB, Firewire oder Thunderbolt?
Drei Schnittstellen gibt es aktuell, wobei USB sicherlich die am weitesten verbreitete ist. Bei der Zusammenstellung eines ganz neuen Aufnahmesystems macht ihr mit USB 3.0 sicherlich nichts falsch, auf Firewire sollte man bei Neuanschaffungen nicht mehr setzen, da diese Schnittstelle ein Auslaufmodell ist und bei Apple gerade durch Thunderbolt ersetzt wurde. Solltet ihr bereits einen Rechner besitzen, empfiehlt sich ebenfalls, ein USB-Interface zu kaufen, schon deshalb, weil hier die Auswahl mit Abstand am größten ist. Jenseits von Kompatibilitätsfaktoren ist die Auswahl der Schnittstelle für uns Trommler eher unwichtig.
Alles da, wie nehme ich die Drums jetzt auf?
Vorbereitung
Zunächst sollte eure DAW installiert und betriebsbereit sein, anschließend verbindet ihr euren Rechner mit dem Interface. Nachdem ihr eure Mikrofone positioniert und mit dem Interface verbunden habt, solltet ihr checken, welche der Mics eine externe Speisespannung brauchen. Kondensatormikrofone wie eure Overheads müssen also per Knopfdruck am Interface erstmal mit Strom versorgt werden, damit ihr einen Ton hört. Der Schalter dazu heißt entweder “48V” oder “Phantom Power”. Viele Interfaces haben nicht für jeden Kanal eine Phantomspeisung, andere wiederum teilen sich einen Schalter für mehrere Kanäle. Solange ihr keine Bändchenmikrofone angeschlossen habt, müßt ihr euch keine Sorgen machen, euren dynamischen Snare-, Bassdrum-, und Tom-Mikrofonen ist der zusätzliche Saft egal. Nun könnt ihr das Interface einschalten, die DAW sollte es erkennen und wird möglicherweise eine entsprechende Meldung auf dem Display anzeigen. Nun wisst ihr, daß euer Computer nicht mehr die interne Soundkarte verwendet, sondern euer Interface. Wenn ihr keine Veränderung bemerkt, solltet ihr nachsehen, ob es im Menü unter Einstellungen/Preferences/Geräte angezeigt wird. Das solltet ihr dann dort anklicken und somit aktivieren.
Audio-Dateiformat, Samplingfrequenz und Bit-Tiefe
Die Theorie muss euch zu Beginn eurer Recording-Karriere nicht interessieren, wichtig ist, dass ihr ein übliches Format wie .wav oder .aif als Dateiformat eingestellt lasst. Auch wenn euer Audio-Interface hohe Samplerates wie 96 oder 192 kHz anbietet, reicht eine Samplingrate von 44,1 kHz aus, das belastet das System auch weniger. In der Audio-Software stellt ihr das ein, kontrolliert, ob die Einstellungen auch für das Interface übernommen wurden (Anzeige oder eine zusätzliche “Control Panel”-Software oder dergleichen). Sinnvoll hingegen ist es, mit 24 Bit statt 16 Bit Quantisierung zu arbeiten, das stellt ihr meist in den Audio-Einstellungen der DAW ein.
Erstellen und Zuweisen der Spuren in der DAW
Eure DAW weiß jetzt zwar, mit welchem Interface sie zusammenarbeiten soll und wieviele Eingänge dieses besitzt, sie weiß allerdings noch nicht, an wie vielen und welchen dieser Eingänge tatsächlich Mikros angeschlossen sind. Wie eure Spuren heißen sollen, weiß sie natürlich auch nicht. Ihr müsst also zunächst über die Funktion Neue Spur/New Track (die Bezeichnungen variieren hier von Hersteller zu Hersteller) eine Spur erzeugen. Dann wählt ihr den dieser Spur zugeordneten Eingangskanal (Input Channel), zum Beispiel 1. Habt ihr am Interface euer Bassdrum-Mikrofon in die XLR-Buchse mit der Nummer 1 gesteckt, kann dieses jetzt aufgezeichnet werden. Damit ihr sofort sehen könnt, welche Spur welchem Mikrofon zugeordnet ist, solltet ihr die Spuren auch benennen. In eurer DAW heißt eure erste Spur jetzt vermutlich nur “Audio 1”. Durch Doppelklicken benennt ihr sie zum Beispiel in “Bassdrum” um. So verfahrt ihr mit allen angeschlossenen Mikrofonen. Eine typische Kanalbelegung am Interface (und auch in der DAW) sieht so aus: Bassdrum: Kanal 1, Snaredrum: Kanal 2, Overheads: Kanal 3 und 4. Wenn ihr alle Spuren erzeugt und benannt habt, empfiehlt es sich, diese Belegung als Vorlage/Template abzuspeichern. Dazu geht ihr im Menü auf “Einstellungen” und dann auf “Als Vorlage speichern” (auch das variiert natürlich). So müßt ihr bei neuen Projekten immer nur die Vorlage öffnen und erspart euch das lästige Zuweisen und Benennen der Spuren.
An das Schlagzeug zum Soundcheck!
Nun wird es spannend! Nachdem ihr im virtuellen Mischpult eurer DAW mithilfe der Record (“R”)-Taste alle Spuren “scharfgeschaltet”, also aufnahmebereit habt, könnt ihr eure Aufnahmepegel einstellen. Ihr solltet euren Computer samt Interface natürlich in Reichweite eures Drum-Hockers platzieren, damit ihr gleichzeitig Trommeln anschlagen und Pegel einstellen könnt. Euren Sound kontrolliert ihr am besten mit einem geschlossenen Kopfhörer, der Außengeräusche stark abschirmt.
Zunächst solltet ihr alle “Gain”-Regler am Interface auf Minimum stellen. Dann beginnt ihr, in die Bassdrum zu treten und das Gain langsam aufzudrehen, bis ihr in der Pegelanzeige der DAW Ausschläge im Bereich von -12 bis -6 dB bekommt. Damit bewegt ihr euch in einem guten Bereich, der farblich meist zwischen Grün und Orange abgebildet wird. So verfahrt ihr mit allen Instrumenten, achtet dabei darauf, dass ihr so laut spielt, wie ihr es dann auch im Song tun werdet. Sonst übersteuert (“clippt”) es im “Ernstfall”, die Pegelanzeige wird dann rot und ihr lauft Gefahr, dass die Aufnahme unbrauchbar wird. Jetzt braucht ihr im Transportfeld der DAW nur noch auf den runden “Record”-Knopf drücken und schon könnt ihr aufnehmen!
In den folgenden Teilen erfahrt ihr, wie ihr eure Aufnahmen mit den Plug-Ins in eurer DAW bearbeiten könnt.