Der Zoom H6 Handy Recorder ist ein umfangreich ausgestatteter mobiler Digitalrecorder mit einem für diese Gerätegattung verhältnismäßig großen Funktionsumfang. Schon alleine der Punkt, dass hier insgesamt sechs Kanäle, echte Phantomspeisung für mobile Aufnahmen und eine Zusatzfunktion als Audio-Interface geboten werden, hat uns aufhorchen lassen und ist uns natürlich einen ausführlichen bonedo-Test wert!
Im Bereich der mobilen Digitalrecorder hatte die japanische Firma Zoom mit ihrer H-Serie die Nase schon immer recht weit vorne. Ob nun der spartanisch reduzierte und relativ günstig zu habende H1, der mit zwei Stereo-Mikrofonen ausgestattete H2n oder der vierkanalige H4n – alle konnten in Sachen Klangqualität und Preis/Leistungs-Verhältnis bisher überzeugen. Ob der H6 als jüngster und sichtlich ambitioniertester Sprössling der Sippe mit ähnlichen Eigenschaften punkten kann, erfahrt ihr, wenn ihr weiterlest.
Details
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Lieferumfang und optionales Zubehör
Zunächst einmal ist sehr positiv anzumerken, dass sich in der Verpackung des H6 eine weitere „Verpackung“ in Form eines äußerst stabilen und innen mit Schaumstoff gepolsterten Hartplastik-Koffers befindet, in dem der Recorder und das mitgelieferte Zubehör bei Außeneinsätzen sicher verstaut werden können. Mit Maßen von etwa 25,5 x 20 x 5,5 cm passt das robuste Behältnis zwar nicht einfach so in eine Jackentasche, gemessen an den Funktionen, die der H6 bietet, darf man aber ruhigen Mutes von einer äußerst kompakten Lösung für mobile Mehrspuraufnahmen sprechen. Neben dem Recorder selbst finden sich in dem Köfferchen zwei aufsteckbare Stereo-Mikrofone (Kapselkonfigurationen XY und MS) inklusive Windschutz aus Schaumstoff, eine 2 GB Micro SD-Card mit Adapter-Karte für den SDXC-Slot, vier AA-Batterien und ein USB-Kabel. Eine Bedienungsanleitung auf Deutsch, Englisch und Französisch sowie eine DVD mit einer Version der abgespeckten DAW-Software Cubase LE 6 sind ebenfalls im Lieferumfang enthalten.
Ähnlich wie bei vielen vergleichbaren Geräten vermisst man dagegen einen Gewinde-Adapter, mit dem der Recorder statt nur wie vorgesehen auf einem Tripod oder am Aufsatz einer Kamera auch an einem handelsüblichen Mikrofon-Stativ angebracht werden kann. Das zugehörige USB-Netzteil, das auch zum H1 und H2n passt, ist ebenfalls nicht enthalten und entweder als Einzelteil (Zoom AD-17) oder zusammen mit einem haarigen Windschutz und einer Fernbedienung im Zubehör-Pack APH-6 zu finden. Bei Bedarf kann eine externe Stromversorgung aber über eine USB-Verbindung mit einem Computer eingerichtet werden.
Weiterhin gibt es im Sinne von „Pimp my H6“ eine Auswahl an optionalem Zubehör, mit dem der Recorder noch ein wenig aufgemotzt werden kann. Sehr interessant sind vor allem der XLR/Klinke-Kombo-Aufsatz, der an Stelle der Stereo-Mikrofone aufgesteckt wird und somit zwei weitere direkte Eingänge bietet (Zoom EXH-6), und das hier ebenfalls getestete Shotgun-Mikrofon (Zoom SGH-6).
Der H6 von allen Seiten
Der H6 hinterlässt einen robusten Eindruck und wirkt hervorragend verarbeitet. Die hin und wieder doch noch zutreffenden Vorurteile gegenüber technischen Geräten, die in China gefertigt werden, lassen sich in diesem Fall also nicht bestätigen, und wenn man den Recorder in der Hand hält, hat man durchaus das Gefühl, etwas absolut Hochwertiges für sein Geld bekommen zu haben. Die Mikrofone werden an der Oberseite des Gehäuses auf einen dafür vorgesehenen Port gesteckt und rasten sicher an ihrer Position ein. Auch die links und rechts seitlich angebrachten XLR/Klinke-Kombobuchsen für die vier weiteren Eingänge bieten sicheren Halt für entsprechende Stecker, ohne dabei zu wenig Griff zu haben oder zum Verkanten zu neigen.
Die Bedienelemente in Form von Level-Potis zum Regeln des Eingangspegels, PAD-Schaltern zum Absenken eines zu heißen Eingangssignals um 20 dB und Tastern für die Transportfunktionen (Aufnahme, Wiedergabe, etc.) bzw. die Navigation durch das Menü machen ebenfalls einen gut verarbeiteten Eindruck. Die Druckpunkte und Drehwiderstände wirken stimmig, und so kann es durchaus Spaß machen, an den Rädern des H6 zu drehen. Das 4 x 3 cm große LC-Display bietet eine ausreichende Auflösung von 320 x 240 Bildpunkten und ist, so wie man das heutzutage erwartet, natürlich hintergrundbeleuchtet und in Farbe gehalten. Um einen Touchscreen handelt es sich hier allerdings nicht.
Auf der Rückseite befindet sich ein kleiner Mono-Speaker mit einer Leistung von 400 mW. Zu Kontrollzwecken kann dieser Lautsprecher seinen Zweck natürlich erfüllen, ein Kopfhörer ist ihm aber jederzeit vorzuziehen, und ein solcher kann natürlich über eine entsprechende 3,5mm Miniklinken-Buchse mit dem H6 verbunden werden. Bemerkenswert ist, dass es parallel zum Kopfhörer-Ausgang einen zusätzlichen Line-Ausgang (ebenfalls Miniklinke) gibt, der die anliegenden Signale mit einer separaten Lautstärke-Regelung direkt an weitere Aufnahmegeräte weiterleitet. So kann man während eines Recordings also komfortabel abhören und gleichzeitig einen Mix der Einzelsignale beispielsweise direkt über eine Kamera mitschneiden.
Aufnahmeformate und Betriebsdauer
Der H6 speichert Audiodaten entweder im MP3-Format oder als unkomprimierte Wav-Dateien in unterschiedlichen Auflösungen ab, die vor allem bei der platzsparenden MP3-Variante natürlich einen direkten Einfluss auf die Klangqualität haben. Die geringste Bitrate von 48 kbps erzeugt eine erwartungsgemäß stark verlustbehaftete Klangqualität, die sich im besten Fall zum Aufzeichnen von Sprache im Sinne eines akustischen Notizbuchs eignet und ein wenig an den Klang gering aufgelöster Youtube-Videos erinnert. Im Gegenzug bietet die 2 GB große SD-Card in diesem Fall Platz für über 90 Stunden an Audio-Material. Mit jedem der weiteren 12 Schritte bis zur maximalen Bitrate von 320 kbps nehmen die Artefakte graduell ab und der Speicherbedarf entsprechend zu, sodass bei 128 kbps knapp 35 Stunden möglich sind, bei 320 kbps gut 13 Stunden.
Unkomprimierte Wav-Dateien stellen dagegen von Natur aus einen höheren Anspruch an den Speicherplatz. Die geringste Auflösung von 16 Bit/44,1 kHz entspricht der CD-Qualität und füllt die SD-Card nach Aufnahmen mit einer Gesamtdauer von etwa drei Stunden. Bei der feinsten Auflösung von 24 Bit/96 kHz (die in den meisten Anwendungsfällen unnötig hoch sein wird) findet sich Speicherplatz für etwas weniger als eine Stunde, wobei alle diese Zeitangaben natürlich für Stereo-Aufnahmen gelten. Sollten Mehrspuraufnahmen erzeugt werden, so kürzt sich die maximale Aufnahmezeit entsprechend, und für eine simultane Aufnahme von sechs Spuren in CD-Qualität bleibt somit noch etwa Platz für eine Stunde. Das Erzeugen von prinzipiell platzsparenderen Mono-Files ist im Zusammenspiel mit den enthaltenen Stereo-Mikrofonen nicht vorgesehen, kann aber mit externen Mikros über die vier zusätzlichen Eingänge umgesetzt werden.
Unabhängig von der Größe des Speicherplatzes, der durch die Verwendung einer bis zu 128 GB großen SDXC-Card natürlich erheblich erweitert wird, bietet der H6 mit vier vollen und möglichst hochwertigen AA-Batterien eine maximale Betriebsdauer von 21 Stunden für Stereo-Aufnahmen mit dem XY-Mikrofon (bei Wav, 16 Bit/44,1 kHz) und knapp zehn Stunden für eine Multitrack-Aufnahme mit sechs Spuren. Der Einsatz der 48 V Phantomspeisung (auch 12 V und 24 V sind möglich), über die sich externe Kondensator-Mikrofone mit Strom versorgen lassen, senkt diese maximale Betriebsdauer aber natürlich noch ein wenig ab, der erhöhte Energiebedarf ist aber geringer als man möglicherweise erwarten würde. Mit einem neuen Satz von vier AA-Batterien ging dem H6 bei der Aufnahme eines Tracks über das Neumann TLM 103 mit aktiver 48 V Versorgungsspannung nach etwa acht Stunden die Puste aus. Vor allem, wenn mehrere externe Kondensator-Mikrofone am H6 hängen und längere Aufnahmen geplant sind, ist aber trotzdem zur Verwendung des Netzteils oder einer USB-Verbindung zu einem Computer zu raten.
Rainer G sagt:
#1 - 11.11.2018 um 22:19 Uhr
Zu den Klangbeispielen:Der Test eines Stereomikrofons - sowohl X/Y als auch M/S - überzeugt nicht, wenn nur ein einzelnes Instrument in der Stereomitte aufgenommen wird. Die Raum- und Richtungsabbildung kann man wesentlich besser beurteilen wenn man eine AUSGEDEHNTE (!!) Schallquelle aufnimmt, z.B. ein Chor der über die ganze Bühne verteilt ist, oder ein Orchester, eine Bigband, oder eine große Orgel in einer großen Kirche. Denn man muß wissen, daß der Aufnahmebereich einer 90°-X/Y-Anordnung 180° (nach Williams) bzw. 270° (physikalisch) beträgt. Daher KANN eine solche Aufnahme wie in den anklickbaren Beispielen nicht überzeugen wo nur einen nahezu punktförmige Schallquelle - wie hier eine Gitarre - verwendet wird.
Und nochwas: Was ich bisher bei allen Tests festelle: Man kennt anscheinend nur GItarren und Drums. Bitte vergeßt eines nicht: Es gibt in der Musik auch noch viele, sehr viele andere Instrumente und Klangkörper als nur Gitarre, Gitarre, Gitarre... und Drums, Drums, Drums!
Und zu den X/Y-Mikrofonen: Die X/Y-Anordnung verlangt nun mal, daß die Mikrofone Druckgradientenempfänger sind. Dies haben physikalisch bedingt IMMER einen gewissen Baßabfall und klingen daher etwas "dünn".
Ansonsten ist dieses Gerät durchaus ein hervorragendes Erzeugnis!
Nick (Redaktion Recording) sagt:
#1.1 - 12.11.2018 um 05:57 Uhr
Hallo Rainer,danke für diesen Kommentar und den auf der Hauptseite des Testmarathons. Nun, die Auswahl der Schallquellen für die hier hörbaren Beispiele erfolgt nicht zuletzt aus praktischen Gründen: Einer Gitarre beispielsweise ist schneller "zur Hand" als ein großer Klangkörper. Das ist organisatorisch einfacher durchzuführen, ist aber auch deutlich pfegeleichter bei der Beachtung von Rechten. Gut, einen Organisten könnte man improvisieren lassen (aber eher selten mit beispielsweise XY überhaupt aufnehmen wollen), bei Big Band oder Orchester wird es da schon etwas schwieriger. Ein Orchester zu buchen, jedes Mal Verträge zu machen mit den einzelnem Musikern, Rechte an Stücken zu regeln, alleine für die Noten zu sorgen… Du siehst, das wir ein wenig sehr aufwändig. Dass nicht nur der axiale Schalleintritt ein Mikrofon bewertet, sondern besonders der abseits eintreffende viel zu den Eigenschaften eines Mikrofonsystems ausmacht, ist vollkommen richtig, da gebe ich Dir Recht. Bei Tests von Einzelmikrofonen gibt es zu diesem Zweck auch meist Audiofiles aus 45 Grad, manchmal auch 90 Grad. Und für diesem Test haben wir auch diffusere Aufnahmen durchgeführt (Atmo). Das Schlagzeug zeigt schon recht verschiedene Schalleinfallswinkel und nutzt damit einen guten Teil der Bühne, daran ließen sich die Eigenschaften hervorragend erkennen (auch Spektrum, Dynamik…). Auch die Gitarre mit den Vocals ist recht nah mikrofoniert, sodass die Aufnahme eine ordentliche Ausdehnung erhält, wie man sie in der Praxis auch wünscht. Zudem ist die Mikrofonierung noch so nah, dass der Proximity Effect durchaus seine Wirkung zeigt und sich das spektrale Verhalten im Bass gut erkennen und bestimmen lässt. Was ich noch wichtiger finde ist, dass mit der Stimme eine zur Bestimmung klanglicher Eigenschaften hervorragend geeignete Signalquelle mit dabei ist – dort haben alle Menschen eine massiv höhere Hörerfahrung als etwa bei einem Drumkit, erst recht als bei einer Kirchenorgel, Big Band oder Orchester (welches ja heute sehr viel mit Stützen mikrofoniert wird und auch selten mit One-Point-Stereo als HMS). Wir schauen natürlich auch, dass wir möglichst praxisnahe Beispiel liefern. Die meisten Interessenten für ein derartiges Gerät nehmen einzelne Instrumente, Interviews, Geräusche, Atmos und auch mal Musikgruppen auf, dann allerdings oft eher zu dokumentarischen Zwecken bei einer Probe. Mit unseren Testgeräten passieren noch andere Dinge, die natürlich nicht komplett in die Audioplayer wandern, wohl aber dazu beitragen, dass sich der Tester ein gutes Bild machen kann.Mit besten Grüßen
Nick Mavridis (Redaktion Recording)
Antwort auf #1 von Rainer G
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenRainer G sagt:
#1.1.1 - 12.11.2018 um 16:45 Uhr
Hallo Nick,Danke für das Reply. Na ja, ein paar Gitarristen werden sicher auch aufzutreiben sein. Es geht ja hauptsächlich darum, die Wirklung des Stereomikrofons zu demonstrieren. Und das verlangt eben eine ausgedehnte Schallquelle, was immer es auch für Instrumente sind. Auch ein paar Sprecher um das Mikrofon herum sind sehr wirkungsvoll.
Die Gegenüberstellung von X/Y und M/S ist immer etwas problematisch, nämlich den Aufnahmebereich entsprechend einzustellen, sodaß dieser bei beiden Konfigurationen gleich ist.Der Fehler der bei M/S häufig gemacht wird ist der, daß das S-Signal vom Pegel her zu groß eingestellt wird und dann kommen in jeden Kanal gegenphasige Komponenten des anderen Kanals was dann unscharfe Abbildungen zur Folge hat. Ohne Korrelationsmesser oder Stereosichtgerät ist ein Arbeiten mit M/S immer problematisch und daher für einen Anfänger nicht unbedingt zu empfehlen.Und dann muß - um überhaupt ein Unterschied festzustellen - eine unterbrechungsfreie Umschaltung möglich sein, sonst gibt es im Gehirn so etwas wie ein "total reset" und die Gefahr akustischer Täuschungen ist dabei sehr groß.Ich selbst arbeite relativ oft mit M/S weil ich große Klangkörper (meist Sinfonieorchester zusammen mit Chor und Gesangssolisten) aufnehmen muß. Das erfordert zwar ausnahmslos Stützmikrofone aber als Hauptsystem benutze ich dazu häufig M/S. Aber dann nicht mit Niere/Acht, sondern mit Kugel/Acht, weil es mir dabei auf die Verwendung eines DRUCKempfängers ankommt, denn M/S ist das einzige koinzidente Verfahren was die Verwendung eines Druckempfängers erlaubt. Bei Aufnahmen von Kirchenorgeln arbeite ich i.a.R. mit A/B mit Druckempfängern - weniger mit M/S.
Allgemein: M/S eignet sich eher für die Aufnahme großer Klangkörper. Und da wird wohl keiner auf die Idee kommen z.B. ein Händel-Oratorium mit dem Zoom H6 aufzunehmen um es dann zu vervielfältigen.
Wie gesagt, das Gerät ist sehr gut und ich bind dabei mir auch noch ein solches für spezielle Zweck zuzulegen, wenngleich ich ansonsten mit einer NAGRA V meine Aufnahmen mache..
Grüße
RainerG, VDT
Antwort auf #1.1 von Nick (Redaktion Recording)
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