Electro-Harmonix Memory Boy Test

DETAILS
Konzept
Beim Memory Boy handelt es sich um eine verkleinerte Version des Deluxe Memory Man, einem recht großen Bodenpedal, das vielen Leuten einfach zu viel Platz auf dem Pedalboard wegnimmt. Die Elektronik des Memory Boy findet in einem kleineren und massiveren Metallgehäuse Platz. Klanglich orientiert sich der Boy an seinem Vorbild aus den Siebzigern, einem Delay, dessen Echosound alles andere als „schön“ oder klar war, das sich aber gerade deshalb größter Beliebtheit erfreute – und immer noch erfreut.
Auch das vom Memory Boy gelieferte Delay ist dumpfer und rauer als das ausgegebene Originalsignal und wirkt, wenn man es alleine hört, gesättigt und fast schon ein wenig angezerrt. Und auch die Dynamik der Echowiederholungen ist alles andere als natürlich. Doch genau diese Eigenschaften sind es, die den Charme der hier zur Anwendung kommenden Eimerkettenspeicherung ausmachen. Ergänzt wird das Ganze durch eine Modulationseinheit, die Electro Harmonix seinerzeit entwickelte, um das „Eiern“ von Bandechogeräten nachzuahmen.

Die Bedienelemente
Im Gegensatz zum Deluxe Memory Man ist der Memory Boy wie ein ganz normales Bodenpedal aufgebaut. Während beim Urvater die Regler allesamt im rechten Bereich des überdimensioniert wirkenden Blechgehäuses angeordnet waren, befindet sich hier alles in einer Reihe im oberen Bereich des Pedals.
„Delay“ regelt die Delay-Zeit, die man auf maximal 550 Millisekunden einstellen kann. Auch wenn das jetzt nach wenig klingt, halte ich diese Verzögerungszeit für ausreichend. Wer das Pedal live benutzt, kommt wegen fehlender Tap-Funktion und Programmierbarkeit ohnehin nicht in den Genuss von perfekten, auf die Geschwindigkeit der jeweiligen Songs angepassten Echogeschwindigkeiten. Aber was soll’s: Dank seiner typischen Sounds und der Modulationsmöglichkeiten erzeugt das Pedal dafür eine wirklich fette dritte Dimension.
„Depth“ ist für die Regelung der Tiefe der Modulation zuständig. Das Gerät besitzt zwei Modulationsarten, Rechteck und Dreieck, die beide zu völlig unterschiedlichen Klangergebnissen führen. Dreieck bringt eine weiche, chorusartige Modulation ins Spiel, besonders, wenn man die Delay-Zeit und das Feedback auf Minimum einstellt. Rechteck greift dagegen extremer ins Klanggeschehen ein und bietet einen leicht gewöhnungsbedürftigen Vibratoeffekt.
Kommen wir zum nächsten Poti, dem Blend-Regler. Hier wird der Effektanteil geregelt. In der 12 Uhr Position hat man 50% Prozent Direktsignal und 50% Delay. Dreht man den Blend-Regler komplett zurück, also in die Nullstellung, müsste das Pedal also genau so klingen wie im Bypass, was es aber nicht wirklich tut. Stattdessen wird der Pegel einen Tacken lauter. Erst wenn man den Effektanteil wieder reindreht, kommt man auf dieselbe Lautstärke wie im Bypass-Modus. Das ist jetzt zwar ein wenig Haarspalterei und in der Praxis unerheblich, dennoch soll es hier nicht unerwähnt bleiben. Der alte Deluxe Memory Man wird beim Einschalten übrigens sogar leiser und übersteuert das Direktsignal. Gut, dass man dieses Manko hier endlich ausgeglichen hat.
Der letzte Regler trägt die Bezeichnung „Feedback“ und ist für das Einstellen der Anzahl der Echowiederholungen zuständig. Bei höheren Werten lassen sich so herrliche 50er Jahre Science-Fiction Effekte im Stil startender UFOs nachbilden.

Die Anschlüsse
Das Gerät arbeitet im Monobetrieb. Deshalb gibt es hier auch nur eine monophone Eingangs- und Ausgangsbuchse. Einen zusätzlichen „Direct Out“ hat man sich beim Memory Boy (wie ich finde glücklicherweise) gespart. Eine zweite Buchse neben dem Eingang ist für den Anschluss eines Expressionpedals gedacht. Damit lassen sich Delay-Zeit und Modulation stufenlos regeln. Die Funktion ist eher für Klangtüftler und Soundwolkenerzeuger gedacht als für den normalen Einsatz auf der Bühne, denn hier entstehen in erster Linie flippige Soundwolken und abgefahrene Toneffekte. Auf der Stirnseite sitzt die Buchse für den Anschluss eines Standard 9-Volt-Netzteils.

ElectroHarmonix_MemoryBoy_004FIN
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Profilbild von Linsenpuppe

Linsenpuppe sagt:

#1 - 13.10.2011 um 14:15 Uhr

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Ich habe auch das Memory Boy und ein originales Deluxe Memory Man. Für sich genommen erinnert Boy schon an das Vorbild, im direkten Vergleich fällt er in meinen Ohren jedoch extrem ab - vorausgesetzt, man hat ein altes DMM, das exakt getrimmt ist und dessen Klang nicht zB durch gealterte Elkos leidet. Das DMM läuft intern mit 15V (24V Netzteil + sehr gute Stabilisierung/Filterung), was zu deutlich mehr Headroom führt. Auch produzieren die alten Panasonic Chips wesentlich weniger Artefakte, als die BDxxx im Boy. Deswegen werden im Boy die Höhen viel stärker beschnitten, es klingt also nicht untenrum wärmer, sondern obenrum fehlt was. (Ja, per Oszilloskop geprüft!).
Wenn das alte DMM des Testers das Direktsignal versaut, sind vermutlich Trimmer nicht optimal einstellt, was sich dann auf alle Aussagen auswirkt...
Beim aktuellen großen DMM ist der Bypass aber wirklich besser gelöst, man kann das alte aber auch einfach auf true Bypass umbauen.
Mein Fazit: Wenn Größe und Preis wichtig sind und man nur dezente Delaysounds einsetzt, kann der Boy LIVE (und nur da) das richtige DMM ersetzen, sonst eher nicht. Wer sehr auf dumpfere und dreckige Delaysounds steht, mag es mögen, da ist es evtl eine gute Alternative zu analogen Boss/Ibanez-Delays und ihren vielen Klonen, auch dank der Modulationsmöglichkeit (die sich übrigens per internem Trimmer leicht variieren lässt, die Modulation in meinem Exemplar klang ab Werk sehr aufdringlich, ließ sich dem DMM aber stark angleichen).

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Panda sagt:

#2 - 30.08.2015 um 07:52 Uhr

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Aus dem EHX Memory Boy Manual: "The delay time range is 30 mS to 550 mS..."
Wie man dann "...bei kurzen Delay-Zeiten unter 20 ms einen wirklich erstklassigen
Chorussound" erzeugen will, leuchtet mir nicht so ganz ein.Aber... das man einen gut klingenden Chorussound mit dem Pedal erzeugen kann, ist zumindest richtig. Und... das ist letztendlich die Hauptsache.

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