Praxis
Handhabung und Positionierung geben keine Rätsel auf
Betrachtet man die Form und den anvisierten Anwendungsbereich, dürfte es kaum erstaunen, dass die praktische Arbeit mit dem Cobalt CO4 jener mit einem Shure SM57 entspricht. Im Gegensatz zu einigen Mikros der teureren EV ND-Serie, gibt es hier weder praktische Gelenke noch spezielle Halterungen für beispielsweise Toms, andererseits muss auch nicht das monströse Gewicht eines RE20 gebändigt werden. Wir haben das Mikrofon an der Snare, an zwei Toms sowie an einem Gitarren-Amp getestet. Dabei wird schnell klar, dass das günstige Teil durchaus was kann, eine ernsthafte Konkurrenz für die Referenzmikrofone stellt es jedoch eindeutig nicht dar.
Als Snare-Mikrofon macht das Cobalt eine recht gute Figur
Ein Testkandidat, welcher als Instrumentenmikrofon ausgewiesen wird, optisch an das allgegenwärtige Shure SM57 erinnert und gleichzeitig von einigen als Alternative zu eben diesem betrachtet wird, muss sich natürlich an der Snare beweisen. Als Schallquelle fungiert eine Yamaha Manu Katché Signature Snare in 14×5,5 Zoll, ihr Kessel ist aus Messing. Aufgezogen ist die Standardfellkonfiguration aus weißem Remo Ambassador sowie einer dünnen Resonanzfell-Variante des gleichen Typs. Die Stimmung würde ich als mittelhoch bezeichnen, Dämpfung gibt es nicht. Der Hörtest nach getaner Aufnahme offenbart zwei Charaktereigenschaften, die sich auch – soviel sei vorab schon verraten – auch durch die anderen Teststationen ziehen. Erstens fehlt es im Bereich von 150 Hertz an Volumen. Das Referenzmikrofon – natürlich ein SM57 – liefert hier deutlich mehr Substanz, welche an der Snare als „Bauch“ wahrgenommen wird und der ein Grund für die Beliebtheit des Shure an dieser Position ist. Hier müssen CO4-Besitzer zum EQ greifen. Die zweite Eigenschaft des Testmikros ist die deutlich hörbare, breitbandige Anhebung im Attack-Bereich um 5000 Hertz. Alleine abgehört gefällt mir das Ergebnis ganz gut, im Vergleich mit dem SM57 fällt allerdings auf, dass die Höhenspritze eher spröde und unnatürlich klingt, der edle Schimmer und die Griffigkeit, welche hier bei hochwertigen Mikros aufkommen, stellen sich beim CO4 nicht ein. Wer wenig Geld für eine Snare-Mikro hat oder ausgeben möchte, bekommt mit dem Cobalt jedenfalls durchaus gute Ergebnisse hin. Hier könnt ihr das anhand der Audiofiles selbst nachprüfen.
Besonders an tiefen Toms fehlt das Fundament
Als Toms kommen zwei Modelle meines Yamaha Recording Drumsets zum Einsatz, einmal ein 13×9, das andere misst mächtige 18×16 Zoll. Remo Ambassadors, oben weiß, unten klar, sind auch hier wieder die Felle der Wahl. Als Referenz_Mikro verwende ich ein Modell aus gleichem Hause, nämlich mein – deutlich teureres – EV N/D 468. Meine Vermutung, was das Ergebnis des CO4 an den Toms betrifft, bestätigt sich nach den Eindrücken an der Snare. Hier fehlt die räumliche Tiefe und der „Wumms“. Am 13er ist das zu verschmerzen, am 18er versagt das Mikro schlicht beim Versuch, mehr als nur den Anschlag und die Obertöne zu übertragen. Es kann den mächtigen Natur-Sound der großen Trommel nicht abbilden. Die Übersprechungen haben zudem deutlicheren „Dosen-Charakter“ als das N/D 468. Im Mix mit guten Overheads, in diesem Fall zwei AKG C214, tut es seinen Dienst als „Stütze“ trotzdem zufrieden stellend.
Zum „SM57-Killer“ reicht es auch am Gitarren-Amp nicht
Was an der Snare zum Einsatz kommt, wird von Sound-Freunden natürlich auch gern als Gitarrenmikrofon eingesetzt, und so habe ich wieder den Kollegen Michael Krummheuer gebeten, mir ein paar Files einzuspielen. Eine Patrick Eggle Gitarre, die über einen Buddha Kombo mit 2x12er Bestückung verstärkt wird, fungiert als Sound-Lieferant. Man braucht kein Prophet zu sein, um voraus zu ahnen, dass es auch beim Saiteninstrument für das Cobalt nicht zum neuen Referenzmodell in dieser Disziplin reichen wird. Schon beim Abhören der Clean-Spuren ohne das SM57-Vergleichsmikrofon stellt sich das Gefühl ein, dass etwas fehlt. Was genau das ist, offenbart dann das Shure. Dem Signal des Cobalt mangelt es an Substanz, es wirkt untenrum blass. Gleichzeitig klingt es obenrum zwar präsent, allerdings nicht sonderlich detailliert, Griffgeräusche verschluckt es teilweise. In Anbetracht des günstigen Preises ist das Ergebnis allerdings durchaus brauchbar, zu hoch sollten die Ansprüche an eine natürliche Abbildung allerdings nicht sein.
Für dich ausgesucht
Was für den Clean-Modus gilt, trifft grundsätzlich auch auf den Crunch-Betrieb zu. Auch hier wirkt das Audiofile etwas flach, man vermisst Dynamik. Die Präsenzanhebung im Frequenzgang sorgt allerdings für eine gewisse Frische und Durchsetzungskraft, die dem ein oder anderen Mix durchaus gut tut. Wirklich detailreich reproduziert das Cobalt die Schallquelle allerdings nicht. Bedenkt man, dass einige moderne Mikrofonkonstruktionen wie das Audio Technica ATM230 oder das EV ND46 noch wesentlich naturgetreuer als das Referenz-SM57 abbilden, kann man sich vorstellen, wie der Vergleich mit dem günstigen CO4 hier ausfallen würde. Fair ist dieser Vergleich aufgrunbd der unterschiedlichen Preise aber natürlich nicht.
Dass im High-Gain-Betrieb keine Wunder geschehen, war klar. Hier klingt das CO4 im Vergleich deutlich „dosiger“ und kratziger als das Shure SM57, den bekannten Druck des Shure sucht man vergebens. Auch der Komplexität des Klangspektrums einer stark verzerrten Gitarre wird das CO4 nicht wirklich gerecht. Das bedeutet wiederum nicht, dass es unbrauchbar wäre, der Abstand zum SM57 ist allerdings eben doch beträchtlich. Hier könnt ihr euch das natürlich wieder selber anhören.